Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2013, Az. XI ZR 508/12

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 472

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
XI [X.]
Verkündet am:
10. Dezember 2013
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 767
[X.] § 780
Eine Vollstreckungsabwehrklage, mit der ausschließlich die Vollstreckung wegen ei-nes Anspruchs aus §
780 [X.] bekämpft wird, kann nur vom [X.] selbst erhoben werden. Eine gewillkürte Prozessstandschaft findet nicht statt. Das gilt auch im Falle der Abtretung des Anspruchs, der Grundlage der mit der Voll-streckungsabwehrklage geltend gemachten Einwendung sein soll, an den gewillkür-ten Prozessstandschafter (Bestätigung von Senatsurteil vom 5.
Juni 2012 -
XI
ZR
173/11, juris Rn.
18).
[X.] §
138 Aa
Besteht zwischen dem Kaufpreis und dem Verkehrswert des [X.] kein besonders grobes, sondern lediglich ein auffälliges Missverhältnis, führt der [X.], dass der Käufer den Kaufpreis voll finanziert, für sich genommen auch dann nicht zur Sittenwidrigkeit des
Kaufvertrages, wenn die finanzierende Bank im eigenen und im Interesse der Sicherheit des Bankensystems nach entsprechender Ankündi-gung gegenüber dem Käufer den Wert des [X.] ermittelt (Fortführung von [X.], Urteil vom 2.
Juli 2004 -
V
ZR
213/03, [X.]Z
160, 8, 16
f.).
[X.], Urteil vom 10. Dezember 2013 -
XI [X.] -
OLG [X.]

[X.]
-
2
-

-
3
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10.
Dezember 2013 durch [X.] [X.],
die Richter
Dr.
[X.], Dr.
Grüneberg und Pamp
sowie
die Richterin Dr.
Menges

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] vom 28.
Juni 2012 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als
zum
Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Die Berufung des [X.] gegen das Urteil der 5.
auswärtigen Zi-vilkammer in [X.] des [X.] vom 13.
Oktober 2011 wird, soweit das Rechtsmittel darauf gerichtet ist, die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde des Notars K.

S.

, [X.]

, UR-Nr.
8...

, vom 24.
November 2005 gegenüber
Sa.

L.

, für unzu-lässig zu erklären, mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

-
4
-
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich aus eigenem Recht gegen die dingliche und per-sönliche sowie zugunsten
seiner Ehefrau gegen die persönliche [X.] aus einer notariellen Urkunde.
Der Kläger erwarb im [X.] 2005 aufgrund eines Angebots vom 26.
Oktober 2005 Wohnungseigentum in P.

zu einem Kaufpreis von 190.000

nach Angabe des [X.] eine Woche vor Erklä-rung der Annahme vom 22.
November 2005
für 95.000

einem Schreiben vom 16.
November 2005
wies die Beklagte als in Aussicht genommenes [X.] den Kläger und seine Ehefrau darauf hin, ein von ihr unterbreitetes "Finanzierungsangebot"
stehe "unter dem Vorbehalt eines positiven Besichtigungsergebnisses, welches ein wesentlicher Bestandteil der Beleihungsprüfung"
sei. Die Beklagte bewertete den "Sachwert"
des [X.] mit 187.200

Der Kläger und seine Ehefrau schlossen unter dem 22.
November 2005 mit der Beklagten einen Darlehensvertrag über 190.000

. In einer notariellen Urkunde des Notars K.

S.

mit Amtssitz in [X.]

zu UR-Nr.
8

vom 24.
November 2005 bestellte der damalige Eigentümer an dem Wohnungseigentum eine Grundschuld über 190.000

g-ten, wobei er sich als gegenwärtiger und der Kläger sich als künftiger Eigentü-mer der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in das Pfandobjekt unterwarfen. Außerdem übernahm der Kläger die persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der vereinbarten Grundschuld und [X.] er sich wegen dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstre-ckung aus der Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Mit notariell beurkundetem "Nachtrag"
vom 29.
November 2005
zu UR-Nr.
3

des Notars Dr.

Fl.

in F.

wurde die "Übernahme der persönlichen Haftung 1
2
3
-
5
-
mit Zwangsvollstreckungsunterwerfung"
von der Ehefrau des [X.] dahin "abgeändert", dass auch sie die "persönliche Haftung für die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe der vereinbarten Grundschuld"
übernahm und sich we-gen dieser Zahlungsverpflichtung der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde in ihr gesamtes Vermögen unterwarf. Der
Darlehensvertrag wurde ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr bedient. Die Beklagte betreibt wegen eines Teilbetrages
die Zwangsvollstreckung.
Das [X.] hat die Klage
nach Einholung eines [X.] zum Wert des
Wohnungseigentums
abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht die Zwangsvollstreckung aus der näher bezeichneten "vollstreckbaren Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkun-de des Notars K.

S.

, [X.]

"
sowohl gegenüber dem Kläger als auch gegenüber seiner Ehefrau für unzulässig erklärt. Dagegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Beklagten erkannt hat,
zur Aufhebung des Berufungsurteils und insoweit, als sie die Vollstreckungsabwehrklage zugunsten der
Ehefrau des [X.] betrifft, zur Zurückweisung der Berufung des [X.]
mit der Maßgabe, dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist. Im Übrigen ist die Sache im [X.] der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

4
5
-
6
-
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner unter anderem in MDR
2013, 47
f.
veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Soweit der Kläger mit der Vollstreckungsabwehrklage die [X.] zulasten seiner Ehefrau bekämpfe, bestünden
gegen seine Prozess-führungsbefugnis keine Bedenken. Der Kläger gehe insoweit zulässig im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft gegen die Beklagte vor.
Der
Kläger könne
zwar nicht die Art und Weise der Zwangsvollstreckung
in Frage stellen und sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, die formularmä-ßige Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung beinhalte eine un-angemessene Benachteiligung und entfalte daher keine Wirkung. Die [X.] sei aber begründet, soweit der Kläger der Beklagten ent-gegenhalte, sie hafte ihm und seiner Ehefrau aus schuldhafter Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvor-sprungs. Selbst wenn zuungunsten des [X.] und seiner Ehefrau unterstellt werde, dass
der Wert des Wohnungseigentums 106.000

Kaufpreis von 190.000

sei im Verhältnis zur Beklagten von einer sittenwidrigen Überhöhung des [X.] auszugehen. Die Beklagte habe die vollständige Finanzierung über-nommen und dem Kläger und seiner Ehefrau vor Abschluss des [X.] den Vorbehalt eines "positiven Besichtigungsergebnisses"
mitgeteilt. Dies und der Umstand, dass die mit der Bewilligung des Darlehens befassten Mitarbeiter ihre Augen vor dem tatsächlichen Wert verschlossen hätten, führe zur Haftung der Beklagten.

6
7
8
-
7
-
II.
Dies hält rechtlicher Überprüfung in entscheidenden Punkten
nicht stand.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens
ist
nur die Entscheidung des Be-rufungsgerichts zur
Vollstreckungsabwehrklage
in direkter Anwendung des §
767 Abs.
1 ZPO. Eine prozessuale Gestaltungsklage
des [X.] analog §
767 Abs.
1 ZPO des Inhalts, die formularmäßige Unterwerfung unter die [X.] Zwangsvollstreckung benachteilige den Schuldner unangemessen, die ihrerseits mit der Vollstreckungsabwehrklage
wegen mehrerer in dem voll-streckbaren Titel festgestellter Ansprüche ([X.], Beschluss vom 11.
Februar 1976 -
IV
ZB
64/75, VersR
1976, 664, 665) im Wege der objektiven Klagenhäu-fung
verbunden werden konnte
(Senatsurteil vom 30.
März 2010

XI
ZR
200/09, [X.]Z
185, 133 Rn.
15 mwN), ist
im Revisionsverfahren nicht
anhän-gig. Das Berufungsgericht hat die Berufung des [X.] gegen das klageabwei-sende Urteil des [X.]s insoweit wenn auch nicht im Tenor, so doch hin-reichend deutlich in den Gründen zurückgewiesen. Ob die Klage ursprünglich hinreichend bestimmt war oder der Kläger eine Rangfolge zwischen der Voll-streckungsabwehrklage in direkter und in analoger Anwendung des §
767 ZPO hätte angeben müssen, kann in dritter Instanz dahinstehen.
Ein etwaiger Ver-fahrensfehler ist jedenfalls prozessual überholt (vgl. Senatsurteil vom 22.
Oktober 2013 -
XI
ZR
42/12, WM
2013, 2216
Rn.
29).
2. Soweit die Entscheidung des Berufungsgerichts in der [X.] angefallen ist, weist sie Rechtsfehler zum Nachteil der Beklagten auf.
a) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass, was das Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten hat
([X.], Urteil vom 25.
Juli 2012 -
XII
ZR
22/11, WM
2013, 1089
Rn.
16),
die Vollstreckungsabwehrklage insoweit, als der Klä-ger die Einstellung der Zwangsvollstreckung zugunsten seiner Ehefrau erstrebt, mangels Prozessführungsbefugnis des [X.] unzulässig ist. Eine Vollstre-9
10
11
12
-
8
-
ckungsabwehrklage, mit der wie hier ausschließlich die Vollstreckung wegen eines
Anspruchs aus §
780 [X.] bekämpft wird, kann nur vom [X.] selbst erhoben werden (vgl. Senatsurteil vom 5.
Juni 2012

XI
ZR
173/11, juris Rn.
18 mwN). Eine gewillkürte Prozessstandschaft findet nicht statt (anders bei gesetzlicher Prozessstandschaft; vgl. [X.], Urteil vom 5.
April 2006 -
IV
ZR
139/05, [X.]Z
167, 150
Rn.
7
ff.). Sie wird auch durch die Abtretung des Anspruchs, der Grundlage der mit der Vollstreckungsabwehrkla-ge geltend gemachten Einwendung sein soll, nicht statthaft, weil Streitgegen-stand der Vollstreckungsabwehrklage nach §
767 ZPO die gänzliche oder teil-weise, endgültige oder zeitweilige Vernichtung der Vollstreckbarkeit, nicht da-gegen die Aufhebung des Titels oder die Feststellung ist, dass der Anspruch nicht oder nicht mehr besteht ([X.], Urteil vom 20.
September 1995

XII
ZR
220/94, WM
1995, 2120, 2121; Beschluss vom 2.
Juli 2009

V
ZB
40/09, NJW-RR
2009, 1431 Rn.
15).
b)
Soweit das Berufungsgericht der den Kläger selbst betreffenden Voll-streckungsabwehrklage stattgegeben hat, hat es bei der Prüfung einer dem Kläger aus §
242 [X.] zustehenden Einrede (vgl. Senatsurteile vom 16.
Mai 2006 -
XI
ZR
6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
61,
vom 23.
Oktober 2007 -
XI
ZR
167/05, WM
2008, 154 Rn.
26 und vom
5.
Juni 2012 -
XI
ZR
173/11, juris Rn.
21)
die Anforderungen an eine vorvertragliche Aufklärung
durch die Beklagte
über-spannt.
aa) Im Ausgangspunkt ist das Berufungsgericht allerdings zutreffend da-von ausgegangen, dass eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauher-ren-, Bauträger-
und Erwerbermodellen über die Risiken des
finanzierten
Ge-schäfts
nur unter ganz besonderen Voraussetzungen aufklären muss, weil sie regelmäßig davon ausgehen darf, dass ihre Kunden entweder selbst über die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der [X.] von Fachleuten bedient haben, und sich nur ausnahmsweise Aufklärungs-
13
14
-
9
-
und Hinweispflichten aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergeben
können, wenn etwa die Bank
in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens ei-nen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (st.
Rspr., Senatsurteile vom 16.
Mai 2006

XI
ZR
6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
41, vom 29.
Juni 2010

XI
ZR
104/08, [X.]Z
186, 96 Rn.
16 und vom 23.
April 2013 -
XI
ZR
405/11, BKR
2013, 280 Rn.
19 mwN).
[X.]) Die Feststellungen des Berufungsgerichts tragen indessen seine An-nahme nicht, die Beklagte habe über einen konkreten
Wissensvorsprung hin-sichtlich einer sittenwidrigen Übervorteilung des [X.]
durch den Verkäufer verfügt.
(1) Das
Berufungsgericht hat wiederum im Ansatz zutreffend erkannt, dass nach ständiger Rechtsprechung des [X.] von einem [X.] groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, das den Schluss auf das

für das [X.] des §
138 Abs.
1 [X.] unerlässliche

subjektive Unrechtsmerkmal der verwerflichen Gesinnung des Verkäufers zu-lässt, erst ausgegangen werden kann, wenn der Wert der Leistung knapp dop-pelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (Senatsurteil vom [X.] 2007

XI
ZR
324/06, WM
2008, 967 Rn.
35; [X.], Urteil vom 19.
Januar 2001

V
ZR
437/99, [X.]Z
146, 298, 303
ff.; Urteil vom 21.
März 1997

V
ZR
355/95, WM
1997, 1155, 1156). Es hat weiter richtig gesehen, dass dann, wenn kein
besonders grobes, sondern nur ein auffälliges Missverhältnis
besteht, die Anwendung des
§
138 Abs.
1 [X.] in Betracht kommt, wenn weite-re
Umstände hinzutreten, die
in Verbindung mit dem auffälligen Missverhältnis den Vorwurf der sittenwidrigen Übervorteilung
begründen
([X.], Urteil vom 2.
Juli 2004

V
ZR
213/03, [X.]Z
160, 8, 16
f.; Urteil vom 4.
Juni 2013

II
ZR
207/10, WM
2013, 1556 Rn.
25). Diese zweite Konstellation hat das Be-rufungsgericht, das ein auffälliges, aber kein besonders grobes Missverhältnis
von Leistung und Gegenleistung festgestellt hat, zum Ausgangspunkt seiner 15
16
-
10
-
Überlegungen gemacht. Der Einwand der Revision, das Berufungsgericht habe einem -
im Revisionsverfahren zu unterstellenden
-
Verkehrswert von 106.000

nicht einen Verkaufspreis von
190.000

wegen einer nachträglichen Erstattung in Höhe von 11.400

lediglich einen Betrag von 178.600

n-überstellen dürfen, spielt
in diesem Zusammenhang keine Rolle, weil das [X.] auch auf der Grundlage einer Verkehrswertüberschreitung von nur 68% zwar nicht von einem besonders groben (vgl. Senatsurteil vom 18.
März 2003 -
XI
ZR
422/01, ZIP
2003, 894, 895), wohl aber von
einem auffälligen Missverhältnis ausgehen durfte ([X.], Urteil vom 2.
Juli 2004 aaO).
(2) Die vom Berufungsgericht herangezogenen weiteren Umstände sind
indessen nicht geeignet, im Verein mit einem auffälligen Missverhältnis zwi-schen Leistung und Gegenleistung den Vorwurf der sittenwidrigen Überteue-rung zu begründen.

Dass
der Kläger den Kaufpreis voll finanziert, macht den Kaufvertrag
nicht sittenwidrig ([X.], Urteil vom 2.
Juli 2004

V
ZR
213/03, [X.]Z
160, 8, 17; [X.]/[X.], [X.], Neubearb.
2011, §
138 Rn.
274 a.E.). Das gilt auch in Anbetracht der Tatsache, dass die Beklagte die Finanzierung von einer Wertermittlung des Wohnungseigentums abhängig gemacht hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats prüfen Kreditinstitute den Wert der ihnen gestellten Sicherheiten im eigenen Interesse sowie im Interesse der [X.] des Bankensystems, nicht im Interesse des Kunden
(Senatsurteile vom 8.
Mai 2001

XI
ZR
192/00, [X.]Z
147, 343, 349,
vom 16.
Mai 2006

XI
ZR
6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
45 und vom 6.
November 2007 -
XI
ZR
322/03, WM
2008, 115 Rn.
43; Senatsbeschluss vom 15.
Juni 2010

XI
ZR
318/09, WM
2010, 1448 Rn.
9). Daran ändert die Kundgabe des Vorhabens, eine Wert-ermittlung durchführen zu wollen, nichts
(richtig OLG Frankfurt
am Main, Urteil vom 10.
April 2013

4
U
258/12, juris Rn.
65 in einem dasselbe Grundstück betreffenden [X.]). Entsprechend kann
die Durchführung einer Werter-17
18
-
11
-
mittlung die Bewertung des finanzierten Geschäfts als sittenwidrig nicht beein-flussen.
(3) Das
Berufungsgericht hat überdies einen konkreten Wissensvor-sprung der Beklagten unzutreffend begründet.
Eine
kreditgebende Bank ist unter dem Gesichtspunkt eines konkreten Wissensvorsprungs zur Aufklärung über eine sittenwidrige
Überteuerung nur verpflichtet, wenn sie von
ihr positive Kenntnis hat. Die sittenwidrige Überteue-rung
führt
auch im Falle eines institutionalisierten Zusammenwirkens nicht zu der widerleglichen Vermutung, die Bank habe von ihr gewusst (Senatsbe-schluss
vom 15.
Juni 2010 -
XI
ZR
318/09, WM
2010, 1448 Rn.
11; Senatsurteil vom 29.
April 2008 -
XI
ZR
221/07, WM
2008, 1121 Rn.
17 mwN).
Zwar steht ausnahmsweise die bloße Erkennbarkeit der sittenwidrigen Überteuerung der positiven Kenntnis gleich, wenn sie sich, was vom Kunden darzulegen und zu beweisen ist (Senatsbeschluss vom 15.
Juni 2010

XI
ZR
318/09, WM
2010, 1448 Rn.
11), einem zuständigen Bankmitarbeiter nach den Umständen des Einzelfalls aufdrängen musste (Senatsurteil vom 29.
April 2008

XI
ZR
221/07, WM
2008, 1121 Rn.
20; Senatsbeschluss vom 15.
Juni 2010 aaO Rn.
10 mwN). Voraussetzung ist indessen, dass die sitten-widrige Überteuerung
als solche
feststeht. Dass ein Bankmitarbeiter vor Um-ständen die Augen verschließt, die für sich nicht aufklärungspflichtig sind, kann nicht zugleich die aufklärungspflichtige Tatsache und den konkreten Wissens-vorsprung der Bank begründen. Das hat das Berufungsgericht verkannt.

19
20
21
-
12
-
III.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar (§
561 ZPO).
1.
Über das Wertverhältnis hinausgehende nachteilige rechtliche Bedin-gungen des Kaufvertrages, die zusammen mit einem auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu §
138 Abs.
1 [X.] führen, hat das [X.] nicht festgestellt. Darauf, ob der Verkäufer das Wohnungseigen-tum zuvor zu einem Preis erworben hatte, der noch unter dem vom Berufungs-gericht angenommenen Verkehrswert lag, kommt es nicht an, weil für die Be-stimmung des [X.] allein die objektiven Wertverhältnisse den Ausschlag geben ([X.], Urteil vom 30.
März 1984

V
ZR
61/83, WM
1984, 874, 875; Urteil vom 20.
April 1990

V
ZR
256/88, NJW-RR 1990, 950; Urteil vom 22.
Dezember 1999

VIII
ZR
111/99, WM
2000, 431, 432; [X.]/
[X.], [X.], Neubearb.
2011, §
138 Rn.
206).

2. Ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung, das ohne das Hinzutreten weiterer Umstände den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten
erlaubte, hat das Berufungsgericht nicht ermittelt. Zum einen
fehlen sichere Feststellungen zu
einem Wert des Wohnungseigen-tums im [X.] 2005
von nur 97.000

. Zum anderen hat das Berufungsgericht bei seinen Überlegungen, welche Werte zueinander ins Verhältnis zu setzen seien, nicht bedacht, dass, was ihm hätte Anlass geben müssen, einem ent-sprechenden Einwand der Beklagten nachzugehen,
in den Kaufpreis einge-rechnete Nebenkosten von der Leistung des [X.] abzuziehen gewesen wä-ren
(Senatsurteile
vom 18.
April
2000

XI
ZR
193/99, WM
2000, 1245, 1247
und vom 26.
Februar 2008

XI
ZR
74/06, WM
2008, 683 Rn.
38). Nur ein [X.] von 190.000

zu einem Verkehrswert von 97.000

n-ders groben Missverhältnis. Ein besonders grobes Missverhältnis liegt
dagegen 22
23
24
-
13
-
nicht in einer Verkehrswertüberschreitung von 84%, die sich ergibt, wenn 178.600

11.400

sind
(vgl. Senatsurteile vom 20.
Mai 2003

XI
ZR
248/02, WM
2003, 1370, 1372
und vom 18.
März 2003

XI
ZR
188/02, WM
2003, 918, 921). Bezogen auf ein besonders grobes
Missverhältnis mangelt es
schließlich

vom Rechts-standpunkt des Berufungsgerichts aus betrachtet konsequent

an
Feststellun-gen zu einem konkreten Wissensvorsprung der Beklagten.
3. Auch sonst ergeben die Feststellungen des Berufungsgerichts die [X.] einer vorvertraglichen
Aufklärungspflicht nicht.
a) Eine Verpflichtung der Beklagten, den Kläger auf ein
bloß
ungünstiges Verhältnis von Verkehrswert und Kaufpreis hinzuweisen, bestand unabhängig davon, ob die Beklagte dazu über Erkenntnisse verfügte, nicht. Schon der [X.] muss im Regelfall darauf nicht hinweisen. Erst recht trifft die Bank, die nur
die Finanzierung übernimmt, vorvertraglich keine Verpflichtung, den Käufer auf einen für ihn unwirtschaftlichen
Kauf hinzuweisen (vgl. Senatsurteile vom 16.
Mai 2006

XI
ZR
6/04, [X.]Z
168, 1 Rn.
47, vom 3.
Juni 2008

XI
ZR
131/07, WM
2008, 1394 Rn.
25
und vom 23.
April 2013

XI
ZR
405/11, BKR
2013, 280 Rn.
20; zur Haftung beim Beratungsvertrag
[X.], Urteil vom 15.
Juni 2000

III
ZR
305/98, WM
2000, 1548
ff.).
b) Die Beklagte schuf
mittels der Gewährung einer Vollfinanzierung kei-nen besonderen Gefährdungstatbestand, an den eine vorvertragliche Aufklä-rungspflicht anzuknüpfen wäre. Eine solche Gefährdung ist zu bejahen, wenn das Kreditinstitut das eigene wirtschaftliche Wagnis auf den Kunden verlagert und diesen bewusst mit einem Risiko belastet, das über die mit dem zu finan-zierenden Vorhaben normalerweise verbundenen Gefahren hinausgeht ([X.]
vom 18.
November 2003

XI
ZR
322/01, WM
2004, 172, 174; [X.], Urteil vom 11.
Februar 1999 -
IX
ZR
352/97, WM
1999, 678, 679). Eine
Vollfi-25
26
27
-
14
-
nanzierung vergrößert
indessen in erster Linie
nur das eigene Ausfallrisiko der Bank.

IV.
Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO).
Soweit der Kläger in gewillkürter Prozessstandschaft für seine Ehefrau vorgeht, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen einer Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur End-entscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO). Insoweit ist die Berufung des [X.], was ohne Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot geschehen kann
([X.] vom 13.
Januar 2009

XI
ZR
66/08, WM
2009, 402
Rn.
24
ff., 34; [X.], Urteil vom 5.
März 2009

IX
ZR
141/07, WM
2009, 918 Rn.
15; Urteil vom 10.
Dezember 1998

III
ZR
2/98, WM
1999, 753, 754, insoweit nicht abge-druckt in [X.]Z
140, 208
ff.), mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Voll-streckungsabwehrklage
als unzulässig abzuweisen
ist.

28
29
-
15
-
Im Übrigen ist die Sache mangels Entscheidungsreife zur neuen [X.] und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Sollte das Berufungsgericht eine Einwendung nach §
242 [X.] wegen einer sittenwidrigen Überhöhung des Kaufpreises nach nochmali-ger Überprüfung anhand der oben dargestellten Maßstäbe verneinen, wird es dem weiteren Vortrag zu einer arglistigen Täuschung des [X.] durch den Vermittler
nachzugehen haben.

[X.]
[X.]
Grüneberg

Pamp
Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.10.11 -
5 [X.]/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.06.12 -
9 U 1758/11 -

30

Meta

XI ZR 508/12

10.12.2013

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.12.2013, Az. XI ZR 508/12 (REWIS RS 2013, 472)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 472

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XI ZR 508/12

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