Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2012, Az. I ZR 103/11

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 7467

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BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I
ZR
103/11
vom
4. April 2012
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 4.
April 2012 durch [X.]
Dr.
[X.] und [X.], Prof.
Dr.
Büscher, Dr.
Koch und Dr.
Löffler
beschlossen:
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Urteil des 4.
Zivilsenats des [X.] vom 5.
April 2011 wird auf Kosten der Beklagten zurück-gewiesen.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf
35.000

festgesetzt.
Gründe:
[X.] Die Parteien stehen auf dem Gebiet der Energieversorgung von [X.] miteinander im Wettbewerb.
Die Beklagte vertreibt ihre Produkte sowohl über den [X.] als auch über den Haustürvertrieb. Sie schloss mit der [X.] einen Ko-operationsvertrag, wonach die [X.] die Vermittlung von Energieversorgungs-verträgen zwischen der Beklagten und den Endkunden übernehmen und hierzu ausschließlich im Bereich des Telefonvertriebs durch eigene oder beauftragte Call-Center tätig werden sollte; die Beauftragung von [X.] sollte der Zustimmung der Beklagten bedürfen. Die [X.] beauftragte als [X.] die [X.], deren Mitarbeiterin im August 2009 Haus-türwerbung für die Beklagte betrieb.
1
2
-
3
-
Die
Klägerin hat behauptet, die Mitarbeiterin der [X.] habe zum ei-nen damit geworben, dass die Kunden der Klägerin Verträge mit der Beklagten abschließen müssten, wenn sie weiterhin mit Strom versorgt werden wollten, und zum anderen damit, dass
die Stromversorgung durch die Beklagte 200

günstiger sei als die Versorgung durch die Klägerin. Die Klägerin sieht in dieser Werbung eine unlautere Irreführung
und hat die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Die Beklagte hat gel-tend gemacht, sie sei für
das beanstandete Verhalten nicht verantwortlich, weil sie von der Beauftragung der [X.] keine Kenntnis gehabt und dieser nicht zugestimmt habe.
Die Klage ist in den Vorinstanzen überwiegend erfolgreich gewesen.
I[X.] Die gegen die Nichtzulassung der Revision im Berufungsurteil gerich-tete Beschwerde der Beklagten hat keinen Erfolg, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.] nicht erfordern (§
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO).
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte für das gegen §
5 Abs.
1 [X.] verstoßende Verhalten der Mitarbeiterin der [X.] gemäß §
8 Abs.
2 [X.] einzustehen hat, selbst wenn die Beklagte nach ihrem Vorbringen von der Tätigkeit der [X.] keine Kenntnis erlangt und dieser nicht zugestimmt haben sollte. Entgegen der Ansicht der Beschwerde wirft diese Entscheidung keine
klärungsbedürftigen
Rechtsfragen auf, über die in einem Revisionsverfahren zu entscheiden wäre.
a) Es ist anerkannt, dass die [X.] eines Beauftragungsverhält-nisses der Anwendung des §
8 Abs.
2 [X.] nicht entgegensteht (vgl. [X.], 3
4
5
6
7
-
4
-
Urteil vom 6.
Juni 1958 -
I
ZR
22/57, [X.]Z 28, 1, 13 -
Buchgemeinschaft
II; Urteil vom 17.
August 2011 -
I
ZR
134/10, [X.], 82 Rn.
13 = [X.], 198 -
Auftragsbestätigung; [X.], Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10.
Aufl., Kap.
14
Rn.
26 mwN; Fezer/Büscher, [X.], 2.
Aufl., §
8 Rn.
225; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 30.
Aufl., §
8 Rn.
2.43).
b) Der Unternehmensinhaber wird nicht dadurch entlastet, dass
er den Beauftragten im Hinblick auf den Einsatz eines Unterbeauftragten vertraglich gebunden und sich der Beauftragte über diese vertraglichen
Einschränkungen seiner Befugnisse hinweggesetzt hat. Dies gilt unabhängig davon, ob der Un-ternehmensinhaber mit einer solchen Verletzung vertraglicher Pflichten konkret rechnen musste.
Für die Haftung nach §
8 Abs.
2 [X.] ist es unerheblich, wie die Beteilig-ten ihre
Rechtsbeziehungen ausgestaltet haben (vgl. für §
14 Abs.
7 [X.] [X.], Urteil vom 7.
Oktober 2009 -
I
ZR
109/06, [X.], 1167
Rn.
21 = [X.], 1520 -
Partnerprogramm), ob der Beauftragte gegen den Willen des Unternehmensinhabers seine vertraglichen Befugnisse überschritten hat (vgl. [X.], Urteil vom 28.
Juni 2007 -
I
ZR
153/04, [X.], 186 Rn.
23 = [X.], 220 -
Telefonaktion; [X.] in Piper/[X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
8 Rn.
147; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
2.47) oder ob der Beauftragte ohne Wissen oder sogar gegen den Willen des Unternehmensinhabers gehan-delt hat (vgl. für §
14 Abs.
7 [X.] [X.], [X.], 1167
Rn.
21 -
Part-nerprogramm; Urteil vom 18.
November 2010 -
I
ZR
155/09, [X.], 617
Rn.
54 = [X.], 881 -
Sedo; Harte-Henning/[X.], [X.], 2.
Aufl.,
§
8 Rn.
254). Die Bestimmung in §
8 Abs.
2 [X.] regelt vielmehr den Unterlas-sungsanspruch gegen den Unternehmensinhaber bei Zuwiderhandlungen sei-ner Mitarbeiter und Beauftragten im Sinne einer Erfolgshaftung ohne jegliche Entlastungsmöglichkeit (vgl. zu
§
13 Abs.
4 [X.] aF [X.], Urteil vom 29.
Juni 8
9
-
5
-
2000 -
I
ZR
29/98,
GRUR 2000, 907, 909
= WRP 2000, 1258 -
Filialleiterfehler; Urteil vom 7.
April 2005 -
I
ZR
221/02, [X.], 864 = [X.], 1248 -
Meißner Dekor
II; zu
§
8 Abs.
2 [X.]
[X.],
Urteil vom 28.
Oktober 2010 -
I
ZR
174/08, [X.], 543 Rn.
13 = [X.], 749
-
Änderung der [X.]; [X.] aaO Kap.
14
Rn.
19; [X.] in Piper/[X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
143; [X.] in [X.]/[X.] aaO §
8 Rn.
2.33; Lehmler in
Büscher/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz
Urheberrecht Medienrecht, 2.
Aufl., §
8 Rn.
56; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., Vor §§
14-19 Rn.
43; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 10.
Aufl., §
14 Rn.
552).
c) Allerdings haftet der Auftraggeber nicht als Unternehmensinhaber im Sinne von §
8 Abs.
2 [X.], wenn das betreffende geschäftliche Handeln nicht der Geschäftsorganisation des Auftraggebers, sondern derjenigen eines [X.] oder des Beauftragten selbst zuzurechnen ist, etwa weil er noch für andere Personen oder Unternehmen tätig wird oder weil er neben dem Geschäftsbe-reich, in
dem er für den Auftraggeber tätig wird, noch weitere, davon zu unter-scheidende Geschäftsbereiche
unterhält. Die Haftung nach §
8 Abs.
2 [X.] erstreckt sich nicht auf jegliche geschäftliche Tätigkeit des ([X.] auch außerhalb des ihm zugewiesenen Geschäftsbereichs. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Auftrag auf einen bestimmten Geschäftsbereich des Beauftrag-ten beschränkt ist und der Auftraggeber nicht damit rechnen muss, dass der Beauftragte auch anderweitig für ihn tätig wird. Nur in diesem Umfang ist es im Hinblick auf das vom Auftraggeber beherrschbare Risiko gerechtfertigt, ihn der weiten Haftung des §
8 Abs.
2 [X.] zu unterwerfen
(vgl. zu
§
14 Abs.
7 Mar-kenG [X.], [X.], 1167 Rn.
27 -
Partnerprogramm).
Derartige Umstände liegen im Streitfall aber nicht vor.
Die von der Beklagten beauftragte [X.] hat keine weiteren Geschäfts-bereiche unterhalten, innerhalb deren
sie für sich oder Dritte Stromverträge ak-10
11
-
6
-
quiriert hat und innerhalb deren
eine hinreichende Kontrolle der übertragenen Tätigkeit der Beklagten nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre. Selbst wenn die [X.] -
unterstellt -
nur mit der von ihr selbst
durchzuführen-den
Telefonakquise beauftragt gewesen wäre, nicht aber für eine Direktanspra-che an der Haustür mittels einer Unterbeauftragten, gehören beide Vertriebs-zweige

zum selben Geschäftsbereich Stromverträge, den die Beklagte durch die Beauftragte betreiben ließ,
und der für sie daher auch beherrschbar war.
2. Die auf
Verletzung von Verfahrensgrundrechten gestützten [X.] greifen ebenfalls nicht durch. Von einer weitergehenden Begründung wird ge-mäß §
544 Abs.
4 Satz
2 Halbsatz
2 ZPO abgesehen.
12
-
7
-
II[X.] Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.
[X.]
Pokrant
Büscher

Koch
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.09.2010 -
I-12 [X.]/09 -

OLG Hamm, Entscheidung vom 05.04.2011 -
I-4 [X.] -

13

Meta

I ZR 103/11

04.04.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.04.2012, Az. I ZR 103/11 (REWIS RS 2012, 7467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7467

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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