Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2009, Az. XII ZR 173/06

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 514

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/06 Verkündet am: 18. November 2009 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 1353 Abs. 1 Satz 2; EStG §§ 10 d, 26 Ein Ehegatte kann auch dann verpflichtet sein, dem - der steuerlichen Entlastung des anderen Ehegatten dienenden - Antrag auf Zusammenveranlagung zur [X.] zuzustimmen, wenn er während der [X.] Verluste erwirtschaftet hat, die er im Wege des Verlustvortrags in einem späte-ren Veranlagungszeitraum zur Verminderung seiner eigenen Steuerlast einsetzen könnte. Wenn die Ehegatten die mit Rücksicht auf eine - infolge der Verluste zu er-wartende - geringere Steuerbelastung zur Verfügung stehenden Mittel für ihren Le-bensunterhalt oder eine Vermögensbildung, an der beide Ehegatten teilhaben, ver-wendet haben, ist es einem Ehegatten im Verhältnis zu dem anderen verwehrt, für sich die getrennte steuerliche Veranlagung zu wählen. Durch die Verweigerung der Zustimmung zur Zusammenveranlagung macht er sich schadensersatzpflichtig. [X.], Urteil vom 18. November 2009 - [X.]/06 - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. November 2009 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], Prof. Dr. [X.], [X.] und Schilling für Recht erkannt: Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 21. Zivilsenats des [X.] vom 28. September 2006 aufge-hoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Oberlan-desgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte wegen Verweigerung der Zustimmung zur steuerlichen Zusammenveranlagung zum Schadensersatz verpflichtet ist. 1 Die Parteien haben 1997 geheiratet und leben seit Anfang 2000 getrennt; seit 2003 sind sie geschieden. Der Kläger erzielte als Arzt in den [X.] und 1999 aus selbständiger sowie aus nicht selbständi-ger Tätigkeit positive Einkünfte. Die Beklagte erwirtschaftete demgegenüber in 2 - 3 - denselben [X.]räumen Verluste aus Gewerbebetrieb. Unter dem 4. März 2000 gaben die Parteien, die zu diesem [X.]punkt bereits getrennt lebten, die [X.] für 1998 ab. Das Finanzamt veranlagte sie aufgrund ihrer Wahl in der Steuererklärung zusammen zur Einkommensteuer und ver-rechnete die positiven Einkünfte des [X.] mit den Verlusten der Beklagten. Hierdurch ergab sich ein Erstattungsbetrag von 4.061,27 •. Unter dem 5. Oktober 2001 beantragte die Beklagte, die Parteien für 1998 und 1999 ge-trennt zur Einkommensteuer zu veranlagen. Das Finanzamt veranlagte [X.] den Kläger für 1998 und 1999 getrennt und verlangte den Erstattungsbetrag für 1998 von ihm zurück. Durch die getrennte Veranlagung ergab sich zu Las-ten des [X.] eine [X.] von 11.008,07 • für den Veranla-gungszeitraum 1998. Für den Veranlagungszeitraum 1999 führte die getrennte Veranlagung zu einer Mehrbelastung von 13.384,20 •. Für die Beklagte ergab sich dagegen aufgrund der getrennten Veranlagung jeweils ein verbleibender Verlustabzug, den das Finanzamt zum 31. Dezember 1998 auf 20.233,86 • (39.574 DM) und zum 31. Dezember 1999 auf 18.671,36 • (36.518 DM) fest-stellte. Der Kläger legte gegen den Rückforderungsbescheid und die [X.]bescheide Einspruch ein und erwirkte darüber hinaus, dass das Fi-nanzamt die Vollziehung bis zur Einspruchsentscheidung aussetzte. Im Jahre 2002 verhandelten die Parteien über eine Zustimmung der [X.] zur Zusammenveranlagung für die [X.] und 1999. Die Beklagte, die in den [X.] 2000 und 2001 positive Einkünfte erzielt hatte und die festgestellten [X.] im Wege des Verlustvortrags einset-zen wollte, um ihre [X.] zu vermindern, machte ihre Zustim-mung von einem Ausgleich der Nachteile abhängig, die ihr aufgrund einer [X.] ab 2000 entstehen. Hierzu war der Kläger jedoch nicht bereit, so dass die Verhandlungen scheiterten. 3 - 4 - Das Finanzamt wies die Einsprüche des [X.] im Jahre 2004 zurück und forderte ihn auf, die Steuerbeträge zu entrichten. Die Aussetzungszinsen setzte es auf 2.191,75 • fest. Sämtliche Steuerschulden wurden vom Kläger beglichen, nach seiner Behauptung unter Verwendung eines - unstreitigen - [X.] über 23.500 •. 4 5 Der Kläger hat geltend gemacht, die Beklagte habe sich durch die Wei-gerung, der Zusammenveranlagung uneingeschränkt zuzustimmen, schadens-ersatzpflichtig gemacht. Sie habe sich durch die steuerliche Handhabung der Parteien in der Vergangenheit und die Wahl der Zusammenveranlagung in der Einkommensteuererklärung 1998 zumindest konkludent verpflichtet, zur Sen-kung der Steuerlast einer solchen Veranlagung zuzustimmen. Seinen Schaden hat der Kläger zuletzt mit 31.013,29 • beziffert. Die Beklagte hat demgegenüber die Auffassung vertreten, sie habe es nicht entschädigungslos hinnehmen müs-sen, dass der Kläger ihre in den [X.] 1998 und 1999 er-wirtschafteten Verluste dazu nutze, seine [X.] zu vermindern. Der Verlustabzug stehe ihr als derjenigen zu, die die Verluste erlitten habe. Hilfsweise hat die Beklagte die Aufrechnung mit einem angeblichen Gegenan-spruch wegen der Aufzehrung der Verlustvorträge erklärt, den sie mit 12.633,64 • beziffert hat. Das [X.] hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 30.645,29 • nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage insgesamt abgewiesen. Mit der vom Senat zuge-lassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des [X.]s. 6 - 5 - Entscheidungsgründe: 7 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 8 1. Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der Beklagten gegen die Pflicht, an der steuerlichen Zusammenveranlagung mitzuwirken, verneint, weil sie ihre Zustimmung von einem Nachteilsausgleich habe abhängig machen [X.]. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei nicht vertraglich verpflichtet gewesen, der Zusammenveranlagung für 1998 und 1999 uneingeschränkt zuzustimmen. Eine solche Pflicht sei zwar nicht schon deshalb zu verneinen, weil die Steuerbescheide für 1998 und 1999 erst nach der Tren-nung der Parteien ergangen seien. Ehegatten könnten ausdrücklich oder kon-kludent eine Abrede des Inhalts treffen, zum Zwecke einer Nutzung steuerlicher Vorteile einer Zusammenveranlagung zuzustimmen, solange diese steuerrecht-lich möglich sei. Eine derartige Abrede werde auch nicht durch die Trennung hinfällig, da eine Zusammenveranlagung nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG auch noch im Trennungsjahr möglich sei. Die Parteien hätten aber weder ausdrück-lich noch konkludent eine Vereinbarung getroffen, aus der sich eine Regelung über die Nutzung steuerlicher Vorteile im Wege der Zusammenveranlagung in den Jahren 1998 und 1999 herleiten lasse. Die steuerliche Handhabung hin-sichtlich des Veranlagungszeitraums 1997 sei hierfür unergiebig. Als die [X.] für (richtig:) 1997 abgegeben worden sei, hätten die Parteien noch zusammengelebt. Soweit die Beklagte damals ihre negativen Einkünfte in die [X.] eingebracht habe, habe dies er-sichtlich darauf beruht, dass sie von der damit verbundenen Senkung der Steu-erlast des [X.] ebenso profitiert habe wie dieser selbst. Eine Zusage, nach einer etwaigen Trennung in derselben Weise zu verfahren, obwohl Verluste der Beklagten dann allein dem Kläger zugute gekommen wären, könne nach der - 6 - Interessenlage nicht angenommen werden. Dass die Parteien in ihrer unter dem 4. März 2000 - bereits zum [X.]punkt des [X.] - abgegebenen Einkommensteuererklärung für den [X.]raum 1998 die Zusammenveranlagung gewählt hätten, stelle keine bindende Zusage der Beklagten dar, hieran festzu-halten. Die Beklagte sei vielmehr nach § 26 Abs. 2 EStG berechtigt gewesen, die Erklärung gegenüber dem Finanzamt zu widerrufen oder abzuändern. Sie sei auch nicht kraft Gesetzes verpflichtet, für die Veranlagungszeiträume 1998 und 1999 der Zusammenveranlagung uneingeschränkt zuzustimmen, denn durch die Zustimmung wäre ihr ein Nachteil entstanden, den sie ohne den von dem Kläger verweigerten Ausgleich nicht hinnehmen müsse. Die Beklagte habe in den [X.] 2000 und 2001 positive Einkünfte erzielt. Sie habe daher bei einer getrennten Veranlagung die in den streitbefangenen [X.] erwirtschafteten Verluste im Wege des Verlustvortrags nach § 10 d Abs. 2 EStG dazu nutzen können, ihre [X.] zu vermindern. [X.] der Einkommensteuerbescheide vom 10. April 2003 und der Bescheide über die gesonderte Feststellung des verbleibenden [X.] zum 31. Dezember 2000 und 31. Dezember 2001 habe sie die [X.] auch tatsächlich vollständig dazu eingesetzt, ihre Steuerlast auf Null zu reduzieren. Ohne diesen Verlustabzug hätte sich die Steuerlast der Beklagten nach der von ihr vorgelegten Vergleichsberechnung auf 12.633,64 • belaufen. Dass ihr die [X.] im Falle einer Zusammenveranlagung verloren gegangen wären, begründe einen Nachteil der Beklagten. Der Verlustvortrag sei im vorliegenden Fall nicht eine bloße Chance gewesen, sondern sei tatsächlich durch Verrech-nung mit positiven Einkünften aufgezehrt worden. Hieraus folge eine Verpflich-tung des [X.] zum Nachteilsausgleich. Es sei nicht einzusehen, aus [X.] Grund die Beklagte gehalten gewesen sei, ihre negativen Einkünfte "ent-schädigungslos" in die [X.] einzubringen. - 7 - Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand. 9 10 2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien hätten weder ausdrücklich noch konkludent eine Vereinbarung über die Nutzung steuerlicher Vorteile im Wege der Zusammenveranlagung getroffen. Dies erscheint hinsicht-lich des Zustandekommens einer Regelung durch schlüssiges Verhalten zwar zweifelhaft. Denn nach den getroffenen Feststellungen haben die Parteien im Jahr 1997 die steuerliche Zusammenveranlagung beantragt, die auch [X.] wurde. Für das [X.] war zunächst ebenfalls die Zusammenveranla-gung beantragt und durchgeführt worden; für 1999 war eine Zusammenveran-lagung geplant. Die Beklagte ist erst im Nachhinein hiervon abgerückt und hat für sich die getrennte Veranlagung beantragt. Das Berufungsgericht hat inso-weit aber im Hinblick auf die Interessen der Beklagten, die nach der Trennung nicht dahin gegangen seien, die von ihr erwirtschafteten Verluste steuerlich [X.] dem Kläger zugute kommen zu lassen, eine sie weiterhin bindende Rege-lung verneint. Diese Würdigung greift die Revision nicht an, so dass die betref-fende Feststellung für das Revisionsverfahren zugrunde zu legen ist. 3. Zutreffend und in Übereinstimmung mit der ständigen Rechtsprechung des Senats ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass sich aus dem Wesen der Ehe für beide Ehegatten die - aus § 1353 Abs. 1 BGB abzuleitende - Verpflichtung ergibt, die finanziellen Lasten des anderen Teils nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehegatte ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommenssteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert und der auf Zustim-mung in Anspruch genommene Ehegatte keiner zusätzlichen steuerlichen Be-lastung ausgesetzt wird ([X.] Urteil vom 13. Oktober 1976 - [X.]/74 - 11 - 8 - FamRZ 1977, 38, 40; Senatsurteile vom 4. November 1987 - [X.] b ZR 83/86 - FamRZ 1988, 143, 144; vom 12. Juni 2002 - [X.] ZR 288/00 - FamRZ 2002, 1024, 1025 m. Anm. [X.] FamRZ 2002, 1181; [X.] 155, 249, 252 f. = FamRZ 2003, 1454, 1455; vom 3. November 2004 - [X.] ZR 128/02 - FamRZ 2005, 182, 183 und vom 23. Mai 2007 - [X.] ZR 250/04 - FamRZ 2007, 1229 m. Anm. [X.]). Durch die unberechtigte Verweigerung der Zustimmung macht sich der betreffende Ehegatte schadensersatzpflichtig. Dass die Verletzung der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft keinen Schadensersatzanspruch [X.], gilt nur für Pflichten, die dem eigentlichen, höchstpersönlichen Bereich der Ehe angehören, nicht dagegen für rein geschäftsmäßiges Handeln, wie es bei der Verweigerung der Zustimmung zur Zusammenveranlagung in Rede steht ([X.] Urteil vom 13. Oktober 1976 - [X.]/74 - FamRZ 1977, 38, 41; Senatsurteil vom 4. November 1987 - [X.] b ZR 83/86 - FamRZ 1988, 143 f.). 4. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG, nach dem [X.] zwischen getrennter Veranlagung (§ 26 a EStG) und Zusammenveranla-gung (§ 26 b EStG) wählen können, haben für die Parteien in den Jahren 1998 und 1999 unstreitig vorgelegen. Beide waren unbeschränkt einkommensteuer-pflichtig und lebten nicht dauernd getrennt. Da das Gesetz für die Ausübung des Wahlrechts keine Frist vorsieht und es grundsätzlich auch keine Bindung an die einmal getroffene Wahl gibt, können Ehegatten ihr Veranlagungswahl-recht bis zur Unanfechtbarkeit sogar eines Berichtigungs- oder Änderungsbe-scheids ausüben und bis zu diesem [X.]punkt die einmal getroffene Wahl - außer im Falle rechtsmissbräuchlichen oder willkürlichen Verhaltens - im [X.] zur Finanzverwaltung frei widerrufen ([X.], 412; 155, 91; 165, 345; 171, 407). Die Beklagte hätte deshalb, auch nachdem sie die getrennte Veran-lagung beantragt hatte und Einzelveranlagungsbescheide ergangen waren, dem Begehren des [X.] noch entsprechen und einer Zusammenveranla-gung zustimmen können. 12 - 9 - 5. Eine Zusammenveranlagung der Parteien für die [X.] und 1999 hätte zu einer geringeren Steuerbelastung des [X.] geführt, während sich für die Beklagte für die betreffenden Jahre keine Steuerbelastung ergeben [X.]. Ausweislich des aufgrund der Zusammenveranlagung für 1998 ergangenen Steuerbescheids vom 11. April 2000 erhielt der Kläger eine Steuererstattung von 4.061,27 •. Auch für das [X.] hätte sich nach der Berechnung seiner Steuerberaterin bei einer Zusammenveranlagung eine Steuererstattung erge-ben. Die Beklagte brauchte schon deshalb nicht mit einer Steuerbelastung für diese Jahre zu rechnen; die Steuern für die [X.] und 1999 hatte der Klä-ger entrichtet. 13 Eine steuerliche Belastung der Beklagten wäre allerdings im Nachhinein entstanden, wenn sie die für die streitigen Jahre mit 39.574 DM und mit 36.518 DM festgestellten [X.] nicht im Wege des Verlustvortrags gemäß § 10 d Abs. 2 EStG zur Verrechnung mit den in den Jahren 2000 und 2001 erzielten positiven Einkünften hätte nutzen können. Im Rahmen des § 10 d EStG wird nämlich die steuerrechtliche Leistungsfähigkeit des [X.] nicht für den Veranlagungszeitraum berücksichtigt, in dem der [X.] entstanden ist, sondern in davor (§ 10 d Abs. 1 EStG) oder danach (§ 10 d Abs. 2 EStG) liegenden [X.]. Die geminderte Leistungsfä-higkeit eines Ehegatten kann sich für diesen selbst aber nicht mehr auswirken, wenn der Verlust bei einer Zusammenveranlagung bereits von positiven [X.] des anderen Ehegatten aufgezehrt worden ist. Der Verlust ist dann - entgegen seiner steuerlichen Zuweisung - demjenigen Ehegatten Steuer min-dernd zugute gekommen, der positive Einkünfte hatte und deshalb im Innen-verhältnis die gesamte Steuerbelastung tragen musste. 14 - 10 - In welcher Weise und unter welchen Umständen ein derartiger - sich tat-sächlich realisierender - Nachteil im Verhältnis der Ehegatten zueinander aus-zugleichen ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum nicht einheitlich beant-wortet (vgl. zum [X.] FamRZ 1993, 626, 629). Soweit die Streitfrage die Fallgestaltung betrifft, dass sich erst nach der Trennung entstan-dene Verluste gemäß § 10 d Abs. 1 EStG noch auf die Zusammenveranlagung der Ehegatten auswirken, bedarf sie im vorliegenden Fall indes keiner Ent-scheidung. Denn die Verluste sind in der [X.] eingetreten, in der die eheliche Lebensgemeinschaft der Parteien noch bestand. 15 6. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass ein Ehegatte die Zustim-mung zur Zusammenveranlagung nicht verlangen kann, wenn der andere da-durch einer zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Letzteres [X.] aber der Einschränkung dahin, dass es sich um eine Belastung handeln muss, die der andere nach den gegebenen Umständen im Innenverhältnis nicht zu tragen hat, denn nur dann werden seine berechtigten eigenen Interessen verletzt. 16 a) Dass ein Ehegatte solche Belastungen zu tragen hat, kann der Fall sein, wenn die Ehegatten eine bestimmte Aufteilung ihrer Steuerschulden (kon-kludent) vereinbart haben, etwa indem sie die Steuerklassen III und V wählen, um damit monatlich mehr bare Geldmittel zur gemeinsamen Verwendung zur Verfügung zu haben, als dies bei einer Wahl der [X.] und [X.] der Fall gewesen wäre. Damit haben die Ehegatten in Kauf genommen, dass das höhere Einkommen des einen relativ niedrig und das niedrigere Einkommen des anderen relativ hoch besteuert wird. An einer solchen bis zur Trennung praktizierten Handhabung haben sich die Ehegatten mangels einer [X.] Vereinbarung für die [X.] ihres Zusammenlebens festhalten zu [X.] mit der Folge, dass die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht von 17 - 11 - einem Ausgleich der bis zur Trennung angefallenen steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden darf (vgl. Senatsurteil vom 23. Mai 2007 - [X.] ZR 250/04 - FamRZ 2007, 1229, 1230). Möglich ist auch eine Vereinbarung der Ehegatten, dass der eine sich im Innenverhältnis die aus seinen Verlusten re-sultierenden Vorteile für sich alleine vorbehält mit dem Ergebnis, dass der [X.] die daraus folgende steuerliche Mehrbelastung auszugleichen hat, [X.] auch mit der weiteren Konsequenz, dass dann für den Familienunterhalt insgesamt weniger Mittel zur Verfügung stehen. b) Ein Ehegatte kann eine Belastung aber auch zu tragen haben, weil sich dies aus der tatsächlichen Gestaltung im Rahmen der ehelichen [X.] ergibt. Insofern ist davon auszugehen, dass sich üblicherweise die Lebensverhältnisse den vorhandenen Mitteln anpassen, also mit Rücksicht auf eine zu erwartende geringere Steuerbelastung ein höherer Lebensstandard gepflegt wird. Die insofern eingesetzten Mittel können, wenn ein Ehegatte trotz Erwerbstätigkeit nicht über positive Einkünfte verfügt, zunächst nur von dem anderen Ehegatten stammen, der entsprechend mehr für den Familienunterhalt aufwendet, als er es ohne die Erwartung einer steuerlichen Entlastung tun könnte und würde. Zur Finanzierung dieser Vorleistung bringt der andere [X.] letztlich seinen Verlust als Beitrag zum Familienunterhalt in die eheliche Lebensgemeinschaft ein. Fällt mithin der [X.]raum, in dem der Verlust entstan-den ist, in die [X.] des Zusammenlebens, ist die vorhandene Liquidität durch das Zusammenwirken der Ehegatten erhöht, entweder schon dadurch, dass bereits [X.] angepasst wurden oder entfallen sind, oder aber durch erfolgende Steuererstattungen. Jedenfalls nachdem beide [X.] in einer solchen Weise nach ihren jeweiligen Möglichkeiten zum Familienun-terhalt beigetragen haben, ist es ihnen nach [X.] und Glauben, aber auch nach dem Rechtsgedanken des § 1360 b BGB, verwehrt, dieser Gestaltung rückwir-kend die Grundlage zu entziehen. Das wäre aber der Fall, wenn einem [X.] - 12 - ten im Verhältnis zu dem anderen die Möglichkeit zustünde, seine Verluste nachträglich anderweit, nämlich zu seinem alleinigen Vorteil, zu nutzen. Die steuerrechtlich bestehende Möglichkeit einer Wahl der getrennten Veranlagung hat in solchen Fällen der familienrechtlichen "Überlagerung" außer Betracht zu bleiben, weil sie zu einer auf den [X.]raum des gemeinsamen Lebens und Wirt-schaftens zurückwirkenden Korrektur führen würde (vgl. Senatsurteile vom 23. Mai 2007 - [X.] ZR 250/04 - FamRZ 2007, 1229, 1230 und vom 31. Mai 2006 - [X.] ZR 111/03 - FamRZ 2006, 1178, 1181; [X.] Vermögensauseinanderset-zung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts 4. Aufl. [X.]. 787; [X.] in [X.]/[X.] Familienvermögensrecht 2. Aufl. [X.]. 9.97; [X.] FF 2005, 60, 63; Sonnenschein NJW 1980, 257, 260; [X.] 2002, 209, 210; [X.] FamRZ 1991, 441; [X.] FamRZ 1998, 241, 242; [X.] OLGR 1993, 25, 27 f. - insoweit jeweils zur [X.]). 7. Auch im vorliegenden Fall kann nicht ausgeschlossen werden, dass beide Parteien ihre finanziellen Beiträge zum Familienunterhalt so geleistet ha-ben, wie es den vorhandenen Mitteln entsprach. Der Kläger, der ausweislich der Steuerbescheide für 1998 und 1999 trotz erheblicher Einkünfte aus selb-ständiger Tätigkeit für 1998 keine [X.] zu leisten brauchte und für 1999 nur solche in moderater Höhe, kann das Zusammenleben bereits unter Berücksichtigung der aus den negativen Einkünften der Beklagten zu [X.] Steuerersparnis finanziert haben. Unter solchen Umständen wäre es der Beklagten verwehrt, ihren eigenen Beitrag rückgängig zu machen und nach-träglich anderweit zu nutzen. Sie hätte bei einer derartigen Sachlage der [X.] vielmehr uneingeschränkt zustimmen müssen und die Erklärung nicht davon abhängig machen dürfen, so gestellt zu werden, wie sie tatsächlich aufgrund der Nutzung der Verluste gemäß § 10 d Abs. 2 EStG steht. 19 - 13 - Demgegenüber kann die Beklagte nicht damit durchdringen, sie sei auch mit den ihren Verlusten zugrunde liegenden Verbindlichkeiten auf sich allein gestellt. Da die Parteien - bis zum Abschluss einer Scheidungsfolgenregelung - im gesetzlichen Güterstand lebten, hätten die Verbindlichkeiten der Beklagten grundsätzlich im Rahmen eines Zugewinnausgleichs, in den auch Ansprüche auf Steuererstattungen einzubeziehen gewesen wären, berücksichtigt werden können. In jedem Fall hätte die Beklagte, wenn sie nicht über [X.] Einkünfte verfügte, Trennungsunterhalt geltend machen können. 20 8. Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Der [X.] ist zu einer abschließenden Entscheidung nicht in der Lage, da es hierzu weiterer Feststellungen bedarf. 21 Ob die Parteien die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für ihren Lebensunterhalt eingesetzt haben, ist nicht ersichtlich. War das der Fall, so war es der Beklagten verwehrt, nachträglich anders zu disponieren und die von ihr erwirtschafteten Verluste für einen späteren [X.]raum zu ihrem alleinigen Vorteil zu nutzen. [X.] es sich dagegen so, dass die Mittel, die den Parteien [X.] der zu erwartenden Steuerentlastung zur Verfügung standen, der [X.] zugeführt wurden, kommt es für die Zustimmungspflicht darauf an, ob die Beklagte an dieser Vermögensbildung partizipiert hat. Auch dann hätte sie der Zusammenveranlagung zustimmen müssen. Das gilt auch dann, wenn die Beklagte nur teilweise - sei es über den allgemeinen Lebensunterhalt, sei es über eine Vermögensbildung - von den betreffenden Mitteln profitiert ha-ben sollte. Auch unter solchen Umständen muss sie sich daran festhalten [X.], dass die Verluste beiden Ehegatten zugute gekommen sind. Deshalb [X.] die Verluste nicht nachträglich zum alleinigen Vorteil des Ehegatten einge-setzt werden, der sie erwirtschaftet hat. 22 - 14 - Den behaupteten Schaden hat der Kläger für das [X.] durch eine Berechnung seiner Steuerberaterin belegt. Diese Berechnung stimmt hinsicht-lich der aufgeführten Abzüge für Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer nicht mit dem Steuerbescheid für 1999 überein. Dann kann aber nicht ausgeschlos-sen werden, dass es insgesamt zu Veränderungen der Berechnung kommt. Darüber hinaus wird ggf. dem Einwand der Beklagten nachzugehen sein, der Kläger müsse sich eine Verzinsung der Erstattung für 1998 bis zu deren Rück-zahlung anrechnen lassen. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. 23 Hahne [X.] [X.] Klinkhammer Schilling Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 23.11.2005 - 3 O 548/04 - [X.], Entscheidung vom 28.09.2006 - 21 U 5/06 -

Meta

XII ZR 173/06

18.11.2009

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.11.2009, Az. XII ZR 173/06 (REWIS RS 2009, 514)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 514

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