Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2013, Az. X ZR 70/11

X. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 8854

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
X ZR 70/11
Verkündet am:

22. Januar 2013

Wermes

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der X. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. Januar
2013
durch [X.], die Richter Dr.
[X.], Dr.
Bacher, [X.] und die Richterin Schuster
für
Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 6.
Zivilsenats des [X.] vom 11.
Mai 2011 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Übertragung eines [X.] Patents.
Die Beklagte nahm im Jahr 2002 Kontakt zur Klägerin auf mit dem Ziel, eine Maschine zur Herstellung bestimmter Bohrwerkzeuge -
entspre-chend den Anforderungen einer Kundin -
zu erwerben. Bis zur Bestellung einer solchen Werkzeugmaschine im August 2002 fertigte die Klägerin für 1
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die Beklagte verschiedene Probebohrer als Prototypen an, die teilweise auch bei der Kundin der Beklagten getestet wurden.
Am 23.
Januar 2003 meldete die Beklagte ein Bohrwerkzeug unter Inanspruchnahme der Priorität einer Anmeldung zum
Gebrauchsmuster-schutz vom 18.
Juli 2002
zum [X.] Patent
an und gab ihren Ge-schäftsführer W.

H.

als Erfinder an. Der Hinweis auf die Ertei-
lung des [X.] Patent
1
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410 wurde am 26.
April 2006 veröf-fentlicht; ein Einspruchsverfahren ist mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit ausgesetzt.
[X.]spruch 1 lautet:
"Bohrwerkzeug (1), hergerichtet zum Lösen und Aufbohren geschweißter oder gelöteter Verbindungselemente an [X.], umfassend einen Schaft (3) mit einem ersten Ende (5) und einem zweiten Ende (7), wobei zumindest eines der [X.] einen Bohrkopf (8, 81, 82) mit [X.] (10) aufweist und das Bohrwerkzeug einen Zentrierkegel (11) aufweist, der aus einer Fläche, die durch Rotation des Bohrwerkzeugs um seine Schaftachse (2) von [X.] (91) [X.] wird, hervorragt wobei die [X.] (91) des Bohrkopfs (8, 81, 82) zumindest abschnittsweise hinterschliffen sind dadurch gekennzeichnet, dass der [X.] zumindest drei Schneiden (9) aufweist und der Zentrier-kegel
(11) zumindest drei Schneidkanten (93) aufweist und die Schneidkanten (93) des [X.] (11) zumindest abschnittsweise positiv hinterschliffen sind."
Die Klägerin hat behauptet, die Erfindung sei von ihrem
Geschäfts-führer H.

H.

und einem ihrer Mitarbeiter, dem Maschinenbautech-niker B.

B.

, gemacht worden, die ihre Ansprüche auf Übertra-gung der beiden Schutzrechte an die Klägerin abgetreten haben.
Das [X.] hat die unter anderem auf Übertragung des euro-päischen Patents gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist
erfolglos
geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel
hinsichtlich des [X.] Patents
weiter; im 3
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Übrigen haben die Parteien übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin könne von der Beklagten nicht die Übertragung der Schutzrechte verlangen.
Die im [X.] Patent unter Schutz gestellte Erfindung [X.] im [X.] ein Bohrwerkzeug mit zumindest drei Schneidkanten, die [X.] abschnittsweise hinterschliffen seien, und einem Zentrierkegel, der aus einer Fläche hervorrage, die durch die Rotation des [X.] um seine Schaftachse von den Schneidkanten beschrieben werde, und ebenfalls mindestens drei Schneidkanten aufweise, die zumindest abschnittsweise positiv hinterschliffen seien. Ein solches Bohrwerkzeug ermögliche es, auch bei der Lösung punktgeschweißter Verbindungen sehr harter Bleche unter Verwendung einer Handbohrmaschine zufrieden-stellende Ergebnisse zu erzielen. Die Beweisaufnahme habe nicht zur Überzeugung des Gerichts die Behauptung der Klägerin bestätigt, der Vorschlag, einen Bohrer mit drei Schneiden und einem Zentrierkegel ein-zusetzen, gehe auf ihren Geschäftsführer und ihren Mitarbeiter B.

zu-
rück. Die widerstreitenden Zeugenaussagen der von beiden Seiten ange-botenen Zeugen hätten auch in Zusammenschau mit den weiteren Um-ständen des Geschehens zu keinem eindeutigen Bild geführt. Zugunsten der Klägerin könne unterstellt werden, dass einzelne Details der [X.], wie etwa bestimmte [X.], von ihrem Mitarbeiter B.

entwickelt worden seien. Für die mit der Klage verfolgten Ansprüche komme es indessen darauf an, von wem die in den Schutzrechten unter Schutz gestellte Merkmalskombination entwickelt worden sei. Diese ent-halte keine konkreten Angaben zu derartigen Details.
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II.
Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung in einem ent-scheidenden Punkt nicht stand.
1.
Das Berufungsgericht hat nicht die Überzeugung gewinnen können, dass die erfindungsgemäß vorgesehenen drei Schneidkanten, die Anordnung des [X.] sowie die Maßnahme, die [X.] und die Schneidkanten des [X.] zumindest abschnitts-weise zu hinterschleifen, auf den Geschäftsführer oder den an der Ent-wicklung beteiligten Mitarbeiter der Klägerin zurückgehen. Dies lässt kei-nen Rechtsfehler erkennen. Die dagegen von der Revision
erhobene Ver-fahrensrüge greift nicht durch; von einer Begründung wird insoweit abge-sehen (§ 564 ZPO).
Ein Anspruch der Klägerin auf Übertragung der Alleininhaberschaft an dem Patent scheidet damit aus.
2.
Hingegen schließen die Feststellungen des Berufungsgerichts nicht aus, dass der Klägerin ein Anspruch auf Einräumung einer Mitbe-rechtigung zusteht.
a)
Die Frage, wer die technische Lehre eines Patents erfunden hat, ist nicht allein anhand der Ansprüche und der darin zum Ausdruck kommenden Merkmalskombination(en) zu beantworten. Schöpferische Beiträge zu der Erfindung (s. dazu [X.], Urteil vom 17.
Oktober 2000 -
X
ZR
223/98, [X.], 226 unter 1
a mwN
-
Rollenantriebseinheit) können sich vielmehr auch in technischen Merkmalen von Ausführungs-beispielen und anderen Hinweisen der Beschreibung zu möglichen Aus-gestaltungen der Erfindung widerspiegeln. Maßgeblich für die Erfassung einer möglichen schöpferischen Beteiligung an dem Gegenstand des Schutzrechts ist deshalb nicht allein die Formulierung der Ansprüche, sondern der Gesamtinhalt der [X.]meldung einschließlich der [X.] und der
Zeichnungen ([X.],
Urteil vom 17.
Mai 2011, [X.], 903 Rn.
17 -
Atemgasdrucksteuerung). Auf die Fassung der An-9
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6
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sprüche des erteilten oder später beschränkten Patents kommt es dabei nur insofern an, als sich aus ihnen ergeben kann, dass ein Teil der in der Beschreibung dargestellten Erfindung nicht (mehr) zu demjenigen Gegen-stand gehört, für den mit dem Schutzrecht Schutz gewährt wird, weil eine beschriebene Ausführungsform nicht (mehr)
unter die Ansprüche subsu-miert werden und daher eine Miterfinderschaft an dem geschützten Ge-genstand auch nicht begründen kann ([X.],
Urteile vom 20.
Februar 1979 -
X
ZR
63/77, [X.]Z 73, 337, 343
f. -
Biedermeiermanschetten; vom 17.
Mai 2011 aaO Rn.
16 -
Atemgasdrucksteuerung).
b)
Das Berufungsgericht durfte daher nicht offenlassen, ob Details der Bohrergeometrie,
wie bestimmte [X.],
auf den Maschinenbau-techniker B.

zurückgehen. Denn mit [X.]spruch 2 wird ein Bohr-
werkzeug beansprucht, bei dem die Schneidkanten des [X.] schräg zur Vorschubrichtung verlaufen, insbesondere einen kleineren Spitzenwinkel als die [X.] aufweisen. [X.]spruch 8 sieht konvex geformte Bereiche der Freiflächen der [X.] vor, die nach [X.]spruch 9 derart geformt sein sollen, dass der Bohrer ver-kantungsfrei bis zu 10° zur Normalen
einer Werkstückoberfläche arbeitet. In der Beschreibung der Patentschrift werden [X.] ver-schiedentlich erörtert (Abs.
16, 23, 32 f., 35, 37).
Die Feststellungen des Berufungsgerichts schließen nicht aus, dass hierin -
gegebenenfalls in abstrahierter Form -
schöpferische Beiträge des Mitarbeiters der Klägerin zu einer gegenüber [X.]spruch 1 konkretisierten vorteilhaften Geo-metrie des erfindungsgemäßen Bohrers zum Ausdruck kommen, die [X.] bereits Gegenstand eines Unteranspruchs sind oder bei einer etwa notwendig werdenden Beschränkung des Patents im Einspruchsverfahren zum Gegenstand eines [X.]spruchs gemacht werden könnten, wie dies im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren geschehen ist, in dem [X.] des Verlaufs der Schneidkanten in Schutzanspruch 1 aufge-nommen worden sind.
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III.
Das Berufungsurteil erweist sich insoweit auch nicht aus ande-ren Gründen als im Ergebnis zutreffend.
Für die von der [X.] angenommene Verwirkung der [X.] bieten die tatsächli-chen Feststellungen des Berufungsgerichts keine Grundlage.
IV.
Die Sache ist daher zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Meier-Beck
Richter am Bundesgerichtshof

Bacher

Dr. [X.] kann wegen Urlaubs

nicht unterschreiben.

Meier-Beck

[X.]
Schuster
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 24.11.2009 -
2 O 278/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 11.05.2011 -
6 [X.] -

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Meta

X ZR 70/11

22.01.2013

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.01.2013, Az. X ZR 70/11 (REWIS RS 2013, 8854)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8854

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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X ZR 70/11

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