Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.11.2011, Az. I ZR 154/10

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1127

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Gegenstand

Wettbewerbsverstoß: Verstoß gegen Marktverhaltensregeln oder gezielte Behinderung von Mitbewerbern durch Telefonbucheintrag eines Autovermietungsunternehmens - Mietwagenwerbung


Leitsatz

Mietwagenwerbung

1. § 49 Abs. 4 Satz 5 PBefG ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG.

2. Eine als solche ohne weiteres erkennbare Anzeige eines Mietwagenunternehmens, die in einem Telefonbuch unmittelbar unter dem Buchstaben „T“, nicht aber unter der Rubrikenüberschrift „Taxi“ platziert ist, führt auch dann nicht zu einer Verwechslung mit dem Taxenverkehr nach § 49 Abs. 4 Satz 5 PBefG, wenn das Mietwagenunternehmen auf diese Weise einen Teil der Nachfrage nach einem Taxitransport auf sich ziehen will.

3. In einem solchen Fall liegt auch keine unlautere gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG vor.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 20. Juli 2010 wird auf Kosten des Klägers, der auch die Kosten des Streithelfers zu tragen hat, zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger, der in [X.] ein Taxiunternehmen betreibt, wendet sich gegen eine Werbung des Beklagten für dessen Mietwagenunternehmen mit Sitz in [X.].

2

Der Beklagte warb in dem vom Streithelfer verlegten Telefonverzeichnis „Das Örtliche“ für [X.], [X.] und Umgebung, Ausgabe 2008/2009, in den Abschnitten für [X.] und [X.] mit einer direkt unter dem Buchstaben „T“ platzierten Werbeanzeige jeweils wie folgt:

Abbildung

Abbildung

3

Der Text dieser Anzeigen lautete:

[X.] MÜLLER
Service mit Tradition!
• Flughafentransfer
• Krankenfahrten (sitzend)
• Busse a 8 Personen
[X.] ' 0 64 32 - 20 11

4

Der Kläger hält die Werbung für unlauter, weil Verbraucher, die fernmündlich ein Taxi bestellen wollten, gezielt abgefangen würden. Außerdem wirft er dem Beklagten Irreführung und einen Verstoß gegen § 49 Abs. 4 Satz 5 [X.] vor, da die Werbung zur Verwechslung mit dem [X.] führen könne.

5

Das [X.] hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, im Telefonbuch „Das Örtliche“ von [X.] und von [X.] Einträge bzw. Werbung unter dem Buchstaben „T“ vorzunehmen oder vornehmen zu lassen. Ferner hat es dem Kläger seinem Antrag entsprechend Abmahnkosten zugesprochen. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen ([X.], [X.], 140).

6

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte sowie der Streithelfer beantragen, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat einen [X.]verstoß des Beklagten verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

8

Ein unlauteres Abfangen von Kunden liege nicht vor. Indem der Beklagte in der Nähe der Rubrik „[X.]“ werbe, ziele er nicht auf die Verdrängung der mit ihm im Wettbewerb stehenden [X.]unternehmen. Er stelle sich nicht zwischen die Mitbewerber und deren Kunden, sondern gleichsam neben die Mitbewerber, um den an einer [X.]fahrt interessierten Verbrauchern sein Leistungsangebot als frei wählbare Alternative zu präsentieren.

9

Die beanstandete Werbung für [X.] führe auch nicht zur Verwechslung mit dem [X.] und verstoße deshalb weder gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 49 Abs. 4 Satz 5 [X.] noch gegen das [X.]. Aus der deutlich herausgestellten Überschrift „Mietwagen [X.]“ gehe hervor, dass der Beklagte keinen [X.] anbiete.

II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 49 Abs. 4 Satz 5 [X.] liegt nicht vor.

a) Gemäß § 49 Abs. 4 Satz 5 [X.] darf Werbung für [X.] nicht geeignet sein, zur Verwechslung mit dem [X.] zu führen. Diese Vorschrift ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Sie bezweckt, den mit besonderen Pflichten verbundenen Betrieb des [X.]s in gewissem Umfang vor der Konkurrenz des weniger belasteten [X.]s zu schützen. § 49 Abs. 4 Satz 5 [X.] soll [X.]verzerrungen zwischen beiden Betriebsarten vermeiden, zu denen es käme, wenn der [X.] für das breite Publikum nicht mehr ohne weiteres vom [X.] zu unterscheiden wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 8. November 1983 - 1 BvL 8/81, [X.]E 65, 237, 247).

b) Die Werbung des Beklagten ist jedoch nicht geeignet, zur Verwechslung mit dem [X.] zu führen. Dies gilt zunächst für Text und Gestaltung der Anzeigen. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, erkennt der [X.] aufmerksame, durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher schon aufgrund der deutlich herausgestellten Überschrift „Mietwagen [X.]“, dass es sich nicht um die Anzeige eines [X.]unternehmens handelt.

Aber auch die Position der Anzeigen unmittelbar unter dem Buchstaben „T“ führt nicht zu einer relevanten Verwechslung mit dem [X.]. Die gesonderte und deutlich erkennbare Rubrikenüberschrift „[X.]“ findet sich erst in deutlichem Abstand - im Telefonbuch von Limburg sogar erst auf der folgenden Seite - nach dem Buchstaben „T“ und damit nach den beanstandeten Anzeigen. Auch wenn der Beklagte mit den Anzeigen einen Teil der Nachfrage nach einem [X.]transport auf sich ziehen will, haben die angesprochenen Verbraucher unter diesen Umständen keinen Anlass, die Anzeige des Beklagten der Rubrikenüberschrift „[X.]“ zuzuordnen. Soweit der Kunde durch die Anzeige erfährt, dass der Beklagte mit Flughafentransfer und Krankenfahrten bestimmte Dienstleistungen anbietet, die auch von [X.]unternehmen ausgeführt werden, liegt darin eine zulässige Information über das Leistungsangebot des Beklagten. [X.] sind durch § 49 Abs. 4 Satz 5 [X.] nicht daran gehindert, für ihr Unternehmen auch und insbesondere durch Hervorheben von Merkmalen, die ihr Gewerbe von der bloßen Fahrzeugvermietung unterscheiden (etwa „Mietwagen mit Fahrer“ oder „Mietfahrten“), in einer Weise zu werben, welche die irreführende Bezeichnung [X.] vermeidet ([X.]E 65, 237, 248).

2. Da die beanstandeten Anzeigen nicht zu einer Verwechslung mit dem [X.] führen, kommt ein Verstoß gegen das [X.] nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 UWG gleichfalls nicht in Betracht.

3. Die beanstandete Anzeige stellt auch keine unlautere gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG dar (vgl. Harte-Henning/Omsels, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 10 Rn. 81; [X.] in Piper/[X.]/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., § 4 Rn. 10.49; aA zu § 1 UWG aF [X.], [X.] 1993, 50).

Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagte mit seiner Werbung Kunden des [X.] nicht in unlauterer Weise abfängt. Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis und das Ausspannen sowie Abfangen von Kunden gehören grundsätzlich zum Wesen des [X.]. Eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers ist deshalb erst gegeben, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen sind, in unangemessener Weise eingewirkt wird, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten. Eine solche unangemessene Einwirkung auf den Kunden liegt insbesondere dann vor, wenn sich der [X.] gewissermaßen zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung seines Entschlusses, die Waren oder Dienstleistungen des Mitbewerbers in Anspruch zu nehmen, aufzudrängen (st. Rspr.; vgl. zuletzt [X.], Urteil vom 5. Februar 2009 - I ZR 119/06, [X.], 876 Rn. 21 = [X.], 1086 - Änderung der Voreinstellung II, mwN).

Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt sich der Beklagte nicht zwischen die [X.]unternehmen und deren Kunden, sondern gleichsam neben diese, um den an einer [X.]fahrt interessierten Verbrauchern sein Leistungsangebot als frei wählbare Alternative zu präsentieren. Auch die Annahme des Berufungsgerichts, dass ein durchschnittlich verständiger Verbraucher - wenn er auf der Suche nach der Telefonnummer eines [X.]unternehmens die beanstandeten Anzeigen wahrnimmt - durch die Werbeanzeige des Beklagten nicht davon abgehalten wird, die Einträge unter der Rubrik „[X.]“ in den Blick zu nehmen und auf dieser Basis seine geschäftliche Entscheidung zu treffen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

III. Die Revision ist daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Der Kläger hat auch die Kosten des Streithelfers zu tragen (§ 101 Abs. 1 Halbsatz 1 ZPO).

Bornkamm                                               Pokrant                                            Büscher

                            [X.]                                                 Koch

Meta

I ZR 154/10

24.11.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Frankfurt, 20. Juli 2010, Az: 6 U 186/09

§ 3 UWG, § 4 Nr 10 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 5 Abs 1 S 1 UWG, § 5 Abs 2 UWG, § 49 Abs 4 S 5 PBefG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.11.2011, Az. I ZR 154/10 (REWIS RS 2011, 1127)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1127

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI R 22/10 (Bundesfinanzhof)

Grundsätzlich kein ermäßigter Umsatzsteuersatz für Personenbeförderungsleistungen von Mietwagenunternehmern


Referenzen
Wird zitiert von

I ZR 164/12

I ZR 3/16

I ZR 210/16

I ZR 137/15

I ZR 274/14

I ZR 154/10

31 O 92/20

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