Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2000, Az. I ZB 22/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 2290

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[X.] ZB 22/98Verkündet am:11. Mai 2000Führinger,[X.] Geschäftsstellein der [X.] die Markenanmeldung Nr. 39 500 611.2Nachschlagewerk: ja[X.]Z : [X.]: ja[X.] [X.] [X.][X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist das Vorliegen [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] (Fehlen jeglicher Unter-scheidungskraft) und § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] (Vorliegen eines Freihaltebe-dürfnisses) für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit festzustellen.[X.], [X.]. v. 11. Mai 2000 - [X.] - [X.]- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 11. Mai 2000 durch [X.] Dr. Erdmannund [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], Pokrant und [X.]:Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der [X.]uß des30. Senats ([X.]) des [X.] 2. Februar 1998 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidungan das [X.] zurückverwiesen.Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf50.000 DM festgesetzt.Gründe:[X.] Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 10. Januar 1995 eingereichtenAnmeldung die Eintragung der [X.] [X.] [X.]für die Waren- 3 -"Computer-Software zur Verwendung auf dem Gebiet der Pro-grammierwerkzeuge; Computer-Software auf dem Gebiet der Ent-wurfsunterstützungswerkzeuge; Computer-Software auf dem [X.] und der computerunterstützenden [X.] ([X.]); Computerprogramme und -hardware zur [X.] sicheren [X.] zwischen [X.] und Drucker für lokale Netzwerke; Computerprogrammezur Entwicklung von [X.]; [X.] in Form von Compilern; sämtliche vorstehenden Waren soweitin Klasse 9 enthalten; Bedienungsanleitungen und [X.] für die vorstehenden Waren in Klasse 9".Die zuständige Markenstelle des [X.] hat die Anmel-dung wegen fehlender Unterscheidungskraft und wegen eines [X.] zurückgewiesen.Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben.Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin [X.] weiter.I[X.] Das [X.] hat das Zeichen aufgrund der [X.] gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] als von der [X.] angesehen und zur Begründung [X.]" sei ein vom [X.] ratio abgeleitetes Wort der [X.], das sich nicht mit einem einzigen Wort deckungsgleich über-setzen lasse und nur mit sinnähnlichen Wörtern umschrieben werden [X.] -"Rational" bezeichne eine Eigenschaft, die im Sinn von logisch, verstandesbe-tont, vernünftig, schlußfolgernd für die angemeldeten Waren des [X.] beschreibend sei."Software" sei ein Begriff, der in die [X.] übernommenworden sei und sich nicht direkt übersetzen lasse. Darunter würden die [X.] einer EDV-Anlage erforderlichen nicht apparativen Funktionsbestand-teile verstanden. Dieser Zeichenteil sei nur geeignet, einen großen Teilbereichder Waren ausdrücklich oder sinngemäß zu bezeichnen oder als [X.] oder Inhaltsangabe zu dienen."Corporation" sei auch im [X.] bekannt und werde aufgrund sei-ner allgemeinsprachlichen Bedeutung als "Gesellschaft" verstanden.Die Kombination der drei isoliert nicht schutzfähigen Wörter führe nichtzu einer Schutzfähigkeit des [X.]. Die [X.] seien ihremursprünglichen Sinn entsprechend aneinandergereiht. Der Kombination könnekein individuell prägender Eindruck entnommen werden. Reine Firmenbezeich-nungen, wie Corporation, seien als gesellschaftsrechtliche Zusätze ohne mar-kenrechtliche Kennzeichnungskraft anzusehen. Software bezeichne den [X.] und werde in Verbindung mit der Gesellschaftsformverstanden.Das Eintragungsbegehren könne auch nicht wegen der [X.] angemeldeten Zeichens in anderen Ländern Erfolg haben. Bei Wörtern,die Bestandteil der [X.] seien, habe die ausländische Registrie-rung keine indizielle Bedeutung. In Anbetracht von jährlich über 50.000 Mar-- 5 -kenanmeldungen könne das [X.] zudem die rechtliche Bewer-tung in anderen [X.] nicht berücksichtigen.II[X.] Die zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.1. Die Annahme des [X.]s, der angemeldeten [X.] jede Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], hält derrechtlichen Nachprüfung nicht [X.]) Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einerMarke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungs-mittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren eines Unternehmensgegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl. [X.],[X.]. [X.], [X.], 408, 409 - [X.]; [X.].v. 15.7.1999 - I ZB 47/96, [X.], 1093, 1094 = [X.], 1169 - [X.]; [X.]. v. 15.7.1999 - I ZB 16/97, [X.], 1089, 1091 = [X.],1167 - YES). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszu-gehen, d.h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um [X.] zu überwinden (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 12/6581, [X.] = [X.] 1994, Sonderheft, [X.]). Kann einer Wort-marke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibenderBegriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um eingebräuchliches Wort der [X.], das vom Verkehr - etwa auchwegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als [X.] und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinentatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr die vorerwähnte [X.] damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt ([X.] [X.], 1089, 1091- YES).- 6 -b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft i.S. des § 8Abs. 2 Nr. 1 [X.] genügt das Zeichen "[X.] [X.][X.]".Das [X.] hat im vorliegenden Fall nicht ausreichend [X.], daß der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner [X.] mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt,ohne es einer zergliedernden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.],[X.]. v. 7.6.1996 - I ZB 10/94, [X.], 771, 772 = [X.], 1160- [X.] HOME [X.]; [X.]. v. 8.12.1999 - [X.], [X.], 502, 503= [X.], 520 - [X.], jeweils m.w.[X.]). Deshalb ist auch bei ausmehreren Wörtern bestehenden Marken das Vorliegen des [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] für die Wortfolge in ihrer Gesamtheit festzu-stellen (vgl. für einen Werbeslogan: [X.], [X.]. v. 8.12.1999 - [X.]/97,[X.], 323, 324 = [X.], 300 - Partner with the Best).In diesem Zusammenhang beanstandet die Rechtsbeschwerde zu [X.] Annahme des [X.]s, in dem [X.] seien die [X.] in ihrem ursprünglichen Sinn aneinandergereiht und wiesen [X.] prägenden Eindruck auf. Das [X.] hat vielmehr bezogenauf die angemeldeten Waren keinen rein beschreibenden Begriffsinhalt. Es istvielmehr von interpretationsbedürftiger Mehrdeutigkeit.Nach den Feststellungen des [X.]s ist "[X.]"nicht mit einem einzigen Wort zu übersetzen. Es kann nur mit sinnähnlichenWörtern verständlich gemacht werden. Sein Bedeutungsinhalt wird mit derÜbersetzung "vernünftig" nicht ausgeschöpft, sondern ist im Sinne von "lo-- 7 -gisch", "[X.]", "vernünftig" und "schlußfolgernd" zu verstehen. DieWörter logisch (im Sinne von folgerichtig, denknotwendig), [X.],vernünftig und schlußfolgernd sind aber für die konkret angemeldeten Warenaus dem Bereich Computer-Software und -Hardware nicht beschreibend. [X.] gegenteilige Annahme des [X.]s fehlen konkrete Feststel-lungen.Zudem bezieht sich, wie das [X.] festgestellt hat,"[X.]" in dem angemeldeten Zeichen weder auf "[X.]" noch auf"[X.]". Denn "[X.]" wird in dem Zeichen nicht als Adjektivzu "[X.]" oder zu "[X.]" in Beziehung gesetzt. [X.] keine gedankliche Verbindung zwischen "[X.]" einerseits und"[X.] [X.]" andererseits und weist der [X.]"[X.]" verschiedene für die Waren nicht beschreibende Bedeutungenauf, kommt dem angemeldeten Zeichen kein rein beschreibender Begriffsinhaltzu. Vielmehr weist die Wortmarke aufgrund der Verknüpfung von "[X.]"und "[X.] [X.]" eine gewisse Mehrdeutigkeit und Interpre-tationsbedürftigkeit auf, die der Annahme, dem Zeichen fehle jede Unterschei-dungskraft, entgegensteht (vgl. [X.] [X.], 323, 324 - Partner with theBest; [X.]. v. 10.2.2000 - I ZB 37/97, [X.], 720, 721 f. = [X.],739 - Unter Uns; [X.]. v. [X.] - [X.], [X.], 722, 723 =[X.], 741 - LOGO).2. Die Beurteilung des [X.]s, an dem [X.] bestehe ein die Eintragung hinderndes Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2Nr. 2 [X.]), hält der rechtlichen Nachprüfung ebenfalls nicht stand.- 8 -Das [X.] hat die Bezeichnung "[X.] [X.][X.]" für die in Rede stehenden Waren als freihaltungsbedürftigeSachangabe angesehen.a) Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind von der Ein-tragung solche Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die [X.] (u.a.) zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder zur [X.] sonstiger Merkmale der Waren (oder Dienstleistungen) dienen können.Dabei ist bei der Prüfung dieses [X.] auch ein aktuell nochnicht bestehendes, jedoch aufgrund konkreter Tatsachen mit hinreichenderSicherheit prognostizierbares zukünftiges Freihaltebedürfnis zu beachten (vgl.[X.], [X.]. v. 18.3.1999 - [X.], [X.], 988, 989 = [X.],1038 - HOUSE OF [X.]; [X.] [X.], 1093, 1094 - [X.] bei der Annahme des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2[X.] hat das [X.] nicht hinreichend beachtet, daß [X.] in ihrer Gesamtheit der Beurteilung zugrunde zu legen und keinezergliedernde Analyse vorzunehmen ist (vgl. [X.] [X.], 771, 772 - [X.]HOME [X.]; [X.]. v. 19.6.1997 - [X.], [X.], 394, 396 = WRP1998, 185 - [X.]). Entgegen der Ansicht des [X.]s [X.] insoweit auch kein Widerspruch zwischen den Entscheidungen des [X.] "[X.]" ([X.], Urt. v. 27.9.1995 - I ZR 199/93,[X.], 68, 69 = [X.], 446), "[X.] HOME [X.]" ([X.] GRUR1996, 771, 772) und "[X.]" ([X.] [X.], 394, 396), die die Beur-teilung der kennzeichnungsrechtlichen Unterscheidungskraft eines [X.] ("[X.]") und des [X.] nach § 8Abs. 2 Nr. 2 [X.] ("[X.] HOME [X.]" und "[X.]") zum Gegen-stand haben und in denen jeweils auf das Kennzeichen in seiner [X.] 9 -oder - was dem entspricht - auf die Verbindung der Wörter abgestellt wordenist.Das [X.] hat für das gesamte Zeichen einen beschrei-benden Inhalt nicht konkret festgestellt, sondern nur für die [X.]. [X.] für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses des angemeldeten [X.] in seiner Gesamtheit nicht aus.Zudem enthalten auch nicht sämtliche Kennzeichenbestandteile be-schreibende Angaben. Der Begriff "[X.]" ist - wovon auch das [X.] ausgeht - mehrdeutig und für die Waren, für die die Marken-anmeldung erfolgt ist, nicht warenbeschreibend (vgl. [X.] 1 b).Konkrete Anhaltspunkte für ein sich in der Zukunft abzeichnendes Frei-haltebedürfnis fehlen ebenfalls.b) Die Rechtsbeschwerde weist auch zu Recht darauf hin, das [X.] habe dem Umstand, daß es sich bei dem angemeldeten [X.] um eine Wortfolge der [X.] handelt, die für die Anmelde-rin nach ihrem Vorbringen in [X.] und in [X.] eingetragen ist,nicht die notwendige indizielle Bedeutung für das Fehlen eines Freihaltebe-dürfnisses beigemessen (vgl. [X.] [X.], 988 f. - HOUSE OF [X.],m.w.[X.]). Das [X.] konnte die Bedeutung derartiger ausländi-scher Eintragungen nicht unter Hinweis darauf außer acht lassen, die [X.] Wörter des angemeldeten Zeichens seien Bestandteil der [X.]. Bei diesen auf den "Premiere"-[X.]uß des [X.]gestützten Erwägungen (vgl. [X.], [X.]. v. 27.5.1993 - [X.], [X.], 746 = [X.], 385) hat das [X.] außer acht gelas-- 10 -sen, daß in der genannten Entscheidung eine indizielle Wirkung von Ausland-seintragungen nur deswegen verneint worden ist, weil das Fremdwort "[X.]" mit einem von der Bedeutung in der Fremdsprache abweichenden Bedeu-tungsgehalt in die [X.] übernommen worden ist. Eine vergleich-bare Sachlage hat das [X.] im vorliegenden Fall nicht [X.].Schließlich steht der indiziellen Bedeutung derartiger Auslandseintra-gungen auch die vom [X.] angeführte Zahl von jährlich 50.000Markenanmeldungen beim [X.] Patentamt nicht entgegen. Diese abso-lute Zahl aller Markenanmeldungen sagt nichts aus über die Anzahl der Fälle,in denen [X.] wegen der vorgenannten indiziellen Bedeu-tung in Betracht zu ziehen sind, und über Schwierigkeiten bei der [X.] Voreintragungen, zumal nach dem Vorbringen der Anmelderin eine derim Streitfall maßgeblichen Voreintragungen im Geltungsbereich der [X.], und zwar in [X.], erfolgt [X.]. Danach war der angefochtene [X.]uß aufzuheben und die [X.] § 89 Abs. 4 [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidungan das [X.] zurückzuverweisen.[X.]. Ungern-Sternberg[X.] [X.]

Meta

I ZB 22/98

11.05.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2000, Az. I ZB 22/98 (REWIS RS 2000, 2290)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2290

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