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PDF anzeigen [X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 13. Mai 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja
Honigwein
UWG § 1; [X.] § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit Nr. 1 Buchst. a
Nach dem Zweck des § 2 Abs. 1 [X.] ist ein Stoff, der einem Lebensmittel beigefügt wird, nicht als Zusatzstoff anzusehen, wenn er nach allgemeiner Ver-kehrsauffassung zweifelsfrei ein gebräuchliches, "normales" Lebensmittel ist, das regelmäßig dazu bestimmt ist, als solches verzehrt zu werden. Zu beurteilen ist dies nach einer auf den Stoff als solchen bezogenen Betrachtungsweise.
[X.], Urt. v. 13. Mai 2004 - [X.] - [X.]
LG München II - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2004 durch [X.] [X.], Prof. [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 16. August 2001 aufgeho-ben.
Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.], [X.] für Handelssachen, vom 29. März 2000, wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittel zu tragen.
Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand:
Die Beklagte produziert und vertreibt das nicht als Arzneimittel zugelas-sene Mittel "[X.]" als "[X.] zur täglichen Nahrungsergän-zung". Der Vertrieb erfolgt in Packungen zu 15 oder 30 Trinkfläschchen mit je 10 ml Inhalt über Apotheken. Ein Fläschchen enthält einen Extrakt aus 3.000 mg multifloralen Gebirgsblütenpollen, 1.000 mg Weizenkeim-Extrakt, 700 [X.], 200 mg Gelee Royale, 100 mg Holunderbeer-Konzentrat und 15 mg Hefe-Autolysat. Diese Bestandteile sind in Honigwein (Met) gelöst, wodurch das Produkt einen Alkoholgehalt von 17,5 Vol.-% hat. Honigwein ist ein durch Vergären einer Honig-Wasser-Lösung mit Hilfe von Reinzuchthefen unter kontrollierten Bedingungen hergestelltes weinähnliches Getränk, das bei Anwendung geeigneter Herstellungsverfahren einen Alkohol-gehalt von ca. 18 Vol.-% erreicht. Alkohol tötet in hohen Konzentrationen [X.] ab und wirkt daher als Zusatz zu Lebensmitteln konservierend.
Nach dem Vorbringen des klagenden [X.] handelt es sich bei dem Mittel "[X.]" ungeachtet dessen, daß von seiner Wirkungs-losigkeit auszugehen sei, insbesondere nach dem Inhalt der Produktinformation und nach seinem Preis - eine Packung mit 15 Fläschchen kostete im Jahr 2001 79,75 DM - um ein Stärkungs- und Kräftigungsmittel, d.h. um ein Tonikum und damit um ein Arzneimittel. Sein Vertrieb verstoße daher gegen § 1 UWG i.V. mit § 21 Abs. 1 [X.]. Zumindest sei das Produkt als Spirituose einzustufen. Wenn es ein Lebensmittel sei, sei sein Vertrieb unzulässig, da Honigwein ein nicht zugelassener Zusatzstoff sei. - 4 - Der Kläger hat vor dem [X.] beantragt,
der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu un-tersagen,
im geschäftlichen Verkehr das Mittel "[X.]", welches einen Alkohol-gehalt von 17,5 Vol.-% aufweist und dabei als "[X.]" in den Verkehr gebracht wird, ohne Zulassung als Arzneimittel (gemäß § 21 [X.]) zu bewerben und/oder zu vertreiben,
hilfsweise,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des [X.] das von ihr unter der Bezeichnung "[X.]" vertriebene Produkt als Nahrungsergän-zungsmittel (Lebensmittel) zu vertreiben und/oder zu bewerben.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Sie hat vor dem [X.] zunächst vorgebracht, das Produkt "[X.]
" sei nach Inhalt, Aufmachung, Text der Produktinformation und Werbung weder ein Arzneimittel noch ein alkoholisches Getränk, sondern als Lebensmit-tel eigener Art mit erhöhtem Gehalt an Vitaminen ein Nahrungsergänzungsmit-tel. Der Honigwein bilde für dieses wegen seiner konservierenden Wirkung eine optimale Grundlage und sei zur Stabilisierung/Haltbarmachung des Produkts technisch notwendig.
Später hat die Beklagte dann behauptet, der Honigwein sei als [X.] Getränk und damit als Genußmittel eine zum Geschmack ihres Produkts beitragende gewöhnliche Zutat ohne technologische Wirkung. Er stelle daher - zumal unter Berücksichtigung der [X.]/[X.] des [X.] Mitgliedstaaten über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen (v. 21.12.1988, [X.]. Nr. L 40 v. - 5 - 11.2.1989, S. 27, geändert durch die [X.]/[X.] und des [X.], [X.]. Nr. L 237 v. 10.9.1994, [X.]) - keinen Zusatzstoff dar.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung des [X.] hat zur Verurteilung der Beklagten nach dem im zweiten Rechtszug als Hauptantrag gestellten erstinstanzlichen Hilfsantrag geführt ([X.] [X.] 2002, 90 = [X.], 102).
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat zugunsten der Beklagten unterstellt, daß der Verkehr deren Mittel nach seiner Zweckbestimmung und seiner Aufmachung weder als Arzneimittel noch als Spirituose, sondern als Nahrungsergänzungs- und damit als Lebensmittel ansehe. Seine Bewerbung und sein Vertrieb seien auch unter dieser Voraussetzung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 [X.] und damit zugleich gemäß § 1 UWG unzulässig, weil der in dem Mittel enthaltene Honig-wein nach der allgemeinen Verkehrsauffassung primär einen Konservierungs-stoff und damit einen nicht zugelassenen Zusatzstoff darstelle. Die Ausschluß-bestimmung des § 2 Abs. 1 Halbsatz 2 [X.] greife nicht ein. Honigwein sei weder ein Stoff natürlicher Herkunft noch mit einem solchen chemisch gleich; - 6 - auch lasse sich keine Verkehrsauffassung feststellen, daß Honigwein wenig-stens in einem im Verkehr vorkommenden Produkt zumindest überwiegend we-gen seines Nähr-, Geruchs- oder Geschmackswertes oder als Genußmittel zu-gesetzt werde. Das damit gewonnene Ergebnis sei sachgerecht und auch nicht im Hinblick auf die [X.]/[X.] zu korrigieren. Diese sei nach ihrem Art. 1 Abs. 1 nur auf die in ihrem Anhang I aufgeführten Kategorien von Le-bensmittelzusatzstoffen anzuwenden, zu denen Honigwein und sonstige Ge-nußmittel nicht gehörten.
I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Da sich die angefochtene Entscheidung auch nicht aus anderen Grün-den als richtig darstellt, führt die Revision zu ihrer Aufhebung und zur Abwei-sung der Klage.
1. Entgegen der Beurteilung des Berufungsgerichts hat die Klägerin kei-nen Unterlassungsanspruch aus §§ 1, 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Nr. 2 i.V. mit Nr. 1 Buchst. a [X.], weil Honigwein nicht i.S. des § 2 Abs. 1 Halbsatz 1 [X.] dazu bestimmt ist, Lebensmitteln zugesetzt zu werden.
Die Vorschrift des § 2 Abs. 1 [X.] grenzt mit einer teils positiv, teils ne-gativ formulierten Begriffsbestimmung "Zusatzstoffe" von den "Nicht-Zusatz-stoffen" ab (vgl. [X.], [X.] 418.711 [X.] Nr. 21; Zipfel/[X.], [X.], [X.], Stand November 2002, § 2 [X.] Rdn. 16). [X.] von der Ansicht des Berufungsgerichts ist nach dem Zweck dieser Vor-schrift ein Stoff, der einem Lebensmittel beigefügt wird, nicht als Zusatzstoff anzusehen, wenn er nach allgemeiner Verkehrsauffassung zweifelsfrei ein ge-bräuchliches, "normales" Lebensmittel ist, das regelmäßig dazu bestimmt ist, - 7 - als solches verzehrt zu werden. Zu beurteilen ist dies nach einer auf den Stoff als solchen bezogenen Betrachtungsweise.
Danach ist Honigwein kein Zusatzstoff i.S. des § 2 Abs. 1 [X.], weil er als solcher unstreitig ein herkömmliches Genußmittel ist.
2. Das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot stellt sich nach den getroffenen Feststellungen auch nicht aus anderen Gründen als gerechtfer-tigt dar (§ 563 ZPO a.F.).
a) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann nicht auf § 1 UWG i.V. mit § 21 Abs. 1 [X.] gestützt werden. Das Produkt der Beklagten ist kein mangels Zulassung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 21 Abs. 1 [X.] verkehrsun-fähiges Arzneimittel, sondern ein Lebensmittel i.S. der § 1 Abs. 1 [X.], § 2 Abs. 3 [X.].
Für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel ist sei-ne an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung ent-scheidend, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt (st. Rspr.; vgl. [X.], Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, [X.], 528, 529 = [X.], 510 - L-Carnitin; [X.] 151, 286, 291 - [X.]; [X.], Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 275/01, [X.]. [X.]5 - Sportlernahrung II). Die Verkehrsauffassung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichba-rer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche [X.] solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung des Produkts kann weiter durch die - 8 - Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthal-tenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie durch die [X.], in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt ([X.] [X.], 528, 529 f. - L-Carnitin; [X.] 151, 286, 292 - [X.]; [X.], Urt. v. 6.5.2004 - I ZR 275/01, [X.]. [X.]5 - Sportlernahrung II). Ein ver-ständiger Durchschnittsverbraucher wird im allgemeinen nicht annehmen, daß ein Präparat, das wie "[X.]" als Nahrungsergänzungsmittel angeboten wird, tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat (vgl. [X.] 151, 286, 292 - Muskel-aufbaupräparate). Trotz des dazu vom Berufungsgericht gegebenen rechtlichen Hinweises hat der Kläger nichts vorgetragen, was eine gegenteilige Beurteilung rechtfertigen könnte.
b) Die Bewerbung und der Vertrieb von "[X.]
" verstoßen entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht gegen § 1 UWG i.V. mit § 57 Nr. 1 Buchst. b [X.], § 12 Abs. 2 Nr. 2 Alkoholhaltige [X.] ([X.], [X.]. 2003 I [X.]256; früher: § 8 Abs. 2 Nr. 2 der Verordnung über [X.]). Dieses Produkt ist keine Spirituose i.S. der in § 12 Abs. 2 Nr. 2 [X.] in Bezug genommenen Verordnung ([X.]) Nr. 1576/89 des Rates vom 29. Mai 1989 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Be-zeichnung und Aufmachung von Spirituosen ([X.]. Nr. L 160 vom 12.6.1989, [X.]). Nach der Definition in Art. 1 Abs. 2 der [X.] Verordnung enthal-ten Spirituosen durch Destillation gewonnenen Alkohol, d.h. Spirituosen sind Destillate oder Mischungen von Destillaten mit anderen Getränken. Honigwein wird dagegen ohne Destillation durch das Vergären von Honigwasser erzeugt - 9 - (vgl. [X.], [X.] 2002, 98 f.; [X.] in: Zipfel/[X.] aaO, [X.], Stand Juni 2001, § 2 ZZulV Rdn. 329).
II[X.] Danach war auf die Revision der Beklagten das die Klage [X.] Urteil des [X.]s wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.] [X.] Büscher
Schaffert Bergmann
Meta
13.05.2004
Bundesgerichtshof I. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.05.2004, Az. I ZR 261/01 (REWIS RS 2004, 3180)
Papierfundstellen: REWIS RS 2004, 3180
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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