Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. I ZR 288/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2173

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/01 Verkündet am: 22. Juli 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja
[X.]
UWG (Fassung ab dem 8.7.2004) §§ 3, 4 Nr. 11; [X.] § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a, Nr. 2

Ein Stoff natürlicher Herkunft, der in verschiedenen Anwendungsfällen Verwen-dung findet, ist dann kein unerlaubter Zusatzstoff, wenn er in einem Anwen-dungsfall nach allgemeiner Verkehrsauffassung überwiegend wegen seines Nähr-, Geruchs- oder [X.] Lebensmitteln zugesetzt wird.
[X.], [X.]. vom 22. Juli 2004 - [X.]/01 - [X.]

- 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 22. Juli 2004 durch [X.] Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], Dr. Schaffert und Dr. Bergmann für Recht erkannt:

Auf die Revision des [X.] wird das [X.]eil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 13. September 2001 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des [X.] er-kannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen - 3 - Tatbestand:

Die Beklagte produziert und vertreibt einen Joghurt mit der Bezeichnung "[X.] Joghurt mild". Auf den Aufklebern der Joghurtbecher wirbt sie für die-ses Produkt, das [X.] und [X.] enthält, wie folgt:
"Joghurt mild + Gesundheitskräuter beruhigend & ausgleichend [X.], [X.] [X.] Joghurt mild mit Gesundheitskräutern wurde in enger [X.] mit dem ältesten [X.] (gegr. 1915) entwickelt. Es enthält die altbewährten Gesundheitskräuter [X.] und [X.], die bekanntlich beruhigend und ausgleichend wirken. Damit unterstützen Sie sanft Ihre Gesundheit."
Der klagende [X.] hat geltend gemacht, die Beklagte ver-wende mit [X.] und [X.] zwei nicht zugelassene Zusatzstoffe. Die Herstellung und der Vertrieb des Produkts verstießen daher gegen § 1 UWG a.F. i.V. mit § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und Nr. 2 [X.]. Außerdem werde der An-schein eines Arzneimittels erweckt. Die Werbung sei ferner krankheitsbezogen und damit unzulässig.
Der Kläger hat beantragt,

der Beklagten zu untersagen, die nicht zugelassenen Zusatzstoffe Jo-hanniskraut und [X.] als Zusatzstoffe bei der Herstellung des [X.]s "[X.] Joghurt mild" zu verwenden sowie dieses so herge-- 4 - stellte Lebensmittel mit der Bezeichnung "[X.] Joghurt mild + Gesund-heitskräuter, beruhigend und ausgleichend" in den Verkehr zu bringen.
Hilfsweise hat er begehrt, der Beklagten die oben wiedergegebene [X.] auf den Aufklebern der Joghurtbecher zu untersagen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Sie hat die Klagebefugnis des [X.] bestritten. Weiter hat sie vorge-bracht, die Verwendung von [X.] und [X.] erfolge zur Abrundung des Geschmacks und verstoße daher nicht gegen das Lebensmittelrecht. Ihr Produkt sei kein Arzneimittel.
Das [X.] hat die Klage mit der Begründung als unzulässig abge-wiesen, dem Kläger fehle die Klagebefugnis i.S. des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F.
Mit seiner Berufung hat der Kläger sowohl den Haupt- als auch den [X.] weiterverfolgt. Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zum Hauptan-trag zurückzuweisen; den Hilfsantrag hat sie anerkannt. Das Berufungsgericht hat mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 25. November 1999 das [X.]eil des [X.]s aufgehoben und festgestellt, daß die Klage zulässig ist. Sodann hat es mit dem angefochtenen [X.]eil die Beklagte gemäß ihrem Anerkenntnis auf die Berufung des [X.] nach dem Hilfsantrag verurteilt; hinsichtlich des [X.] hat es dessen Berufung mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Klage insoweit als unbegründet abgewiesen wird ([X.] [X.] 2001, 885 = [X.], 109). - 5 - Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, wendet sich der Kläger im Umfange seiner Beschwer gegen das Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat den auf die Unterlassung der Verwendung der Zusatzstoffe [X.] und [X.] gerichteten Hauptantrag des [X.] mit der Begründung abgewiesen, das Produkt der Beklagten sei kein Arz-neimittel und es würden ihm keine unzulässigen Zusatzstoffe beigegeben.
Die Zugabe von [X.] und [X.] mache das [X.] nicht selbst zu einem Arzneimittel, weil ein derartig mit auch als Arzneimitteln bekannten Spezialitäten "angereicherter" Joghurt nach der Verkehrsanschauung ein Joghurt mit ernährungsphysiologischem Zweck bleibe.
[X.] sei kein Zusatzstoff i.S. des § 2 [X.], weil sie natürlicher Her-kunft sei und nach allgemeiner Verkehrsauffassung überwiegend wegen ihres [X.] verwendet werde, nämlich zum Würzen von Speisen. Sie falle daher unter die Ausnahme des § 2 Abs. 1 Halbs. 2 [X.]. Nach der zu-grundezulegenden abstrakten Betrachtungsweise reiche es aus, wenn ein Stoff in mindestens einem Anwendungsfall wegen des [X.] verwendet werde. Dies sei bei der [X.] (Zitronenmelisse) ungeachtet ihrer Verwendung auch als Arzneipflanze der Fall, weil sie bekanntermaßen zum Würzen von Speisen, insbesondere Salaten, Verwendung finde. - 6 - Ob es sich auch bei [X.] um einen Stoff handele, der überwie-gend wegen seines [X.] verwendet werde, könne dahingestellt bleiben, weil sich die Zulässigkeit der Verwendung des [X.]s aus [X.] Zulassung durch die Aromenverordnung vom 22. Dezember 1981 ([X.] 1625, 1676) ergebe. Durch diese Verordnung werde eine Ermächtigung für Zusatzstoffe gemäß § 12 [X.] ausgefüllt. Es handele sich bei [X.] um einen Aromastoff i.S. des § 1 [X.]. Der Wirkstoff des [X.]s sei [X.]. Das verwendete [X.] sei der natürliche Ausgangsstoff für das Aromamittel [X.], das im vorliegenden Fall nicht als solches selbst zum Aromatisieren verwendet werde, sondern in der Form seines Ausgangs-stoffs, § 2 Abs. 3 [X.]. Gemäß der Anlage 4 zu § 2 Abs. 3 [X.] sei [X.] als Zusatz zulässig, wenn die Höchstmenge in einem anderen [X.] als einem Getränk 0,1 mg/kg nicht übersteige, was unstreitig nicht der Fall sei. Damit sei der Joghurt mit einer entsprechenden Höchstmenge an enthaltenem [X.] verkehrsfähig gemäß § 2 Abs. 2 [X.].
I[X.] Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung, soweit die Klage mit dem Hauptantrag als unbegründet abgewiesen worden ist.
1. Die Beurteilung des mit dem Hauptantrag geltend gemachten, in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruchs richtet sich nach dem im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung geltenden Recht (st. Rspr.; vgl. [X.] 141, 329, 336 - Tele-Info-CD; [X.], [X.]. v. 4.7.2002 - [X.]/00, [X.], 1085, 1086 = [X.], 1263 - [X.], m.w.N.). Insoweit sind daher die [X.] des gemäß § 22 Satz 1 am 8. Juli 2004 in [X.] getretenen Geset-zes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vom 3. Juli 2004 ([X.] 1414) anzuwenden. - 7 -
2. Das Berufungsgericht hat mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 25. November 1999 die Zulässigkeit der Klage und damit die Prozeßführungs-befugnis (prozessuale Klagebefugnis) des [X.] nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. festgestellt. Der Kläger ist auch gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Soweit die Voraussetzungen der Klagebefugnis des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG mit denjenigen des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. übereinstimmen, hat das [X.] ihr Vorliegen zutreffend bejaht. Nach neuem Recht setzt die Klage-befugnis eines Verbands außerdem voraus, daß die Zuwiderhandlung die Inter-essen seiner Mitglieder berührt. Da die Beklagte ihren Joghurt mit den ange-priesenen Zutaten, die auch als Arzneipflanzen bekannt sind, in die Nähe sol-cher Waren rückt, die der Gesundheit im weiteren Sinne dienen sollen, sind die Interessen der Mitglieder des [X.], dem eine erhebliche Anzahl von Pharma- und Reformwarenherstellern angehört, i.S. des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berührt.
3. Gemäß § 3 UWG sind unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeig-net sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, unzu-lässig. Unlauter i.S. von § 3 UWG handelt insbesondere, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der [X.] das Marktverhalten zu regeln (§ 4 Nr. 11 UWG). Ein Verstoß gegen die Vorschriften der § 21 [X.], § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und Nr. 2 [X.], die auch dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, ist geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. - 8 - 4. Im vorliegenden Fall kann eine Zuwiderhandlung gegen eine gesetzli-che Vorschrift i.S. des § 4 Nr. 11 UWG nach den bislang getroffenen [X.] entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verneint werden.
a) Rechtlich unbedenklich hat das Berufungsgericht allerdings ange-nommen, daß der mit dem Hauptantrag des [X.] geltend gemachte [X.] nicht auf einen Verstoß gegen § 21 Abs. 1 [X.] gestützt werden kann, weil das Produkt der Beklagten kein mangels Zulassung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5, § 21 Abs. 1 [X.] verkehrsunfähiges Arzneimittel, sondern ein Lebensmittel i.S. der § 1 Abs. 1 [X.], § 2 Abs. 3 Nr. 1 [X.] ist.
Für die Einordnung eines Produkts als Arznei- oder Lebensmittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung ent-scheidend, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt (st. Rspr.; vgl. [X.] 151, 286, 291 - [X.]; [X.], [X.]. v. 6.5.2004 - I ZR 275/01, [X.], 793, 796 = [X.], 1024 - Sportlernahrung II; [X.]. v. 13.5.2004 - I ZR 261/01, [X.], 1277, 1278 - Honigwein). Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nimmt ein verständiger Durchschnittsverbraucher nicht an, daß der mit [X.] und [X.] an-gereicherte Joghurt der Beklagten ein Arzneimittel ist, sondern dieser bleibt für ihn ein Joghurt mit ernährungsphysiologischem Zweck, also ein Lebensmittel.
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision ferner dagegen, daß das [X.] in der Zugabe von [X.] keine Verwendung eines nicht zugelas-senen Zusatzstoffs i.S. des § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a und Nr. 2 [X.] i.V. mit § 2 [X.] gesehen hat. - 9 - aa) Zusatzstoffe sind gemäß § 2 Abs. 1 [X.] Stoffe, die dazu bestimmt sind, Lebensmitteln zur Beeinflussung ihrer Beschaffenheit oder zur Erzielung bestimmter Eigenschaften oder Wirkungen zugesetzt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die natürlicher Herkunft oder den natürlichen chemisch gleich sind und nach allgemeiner Verkehrsauffassung überwiegend wegen ihres Nähr-, [X.] oder [X.] oder als Genußmittel verwendet werden sowie Trink- und Tafelwasser.
Die Zugabe von [X.] beim Produkt der Beklagten erfüllt die Voraus-setzungen des § 2 Abs. 1 Halbs. 1 [X.]. Ohne Bedeutung für § 2 Abs. 1 Halbs. 1 [X.] ist es, ob ein Stoff allgemein oder nur in einem konkreten Fall dazu bestimmt ist, Lebensmitteln zur Beeinflussung ihrer Beschaffenheit oder zur Erzielung bestimmter Eigenschaften oder Wirkungen zugesetzt zu werden (Ruf in Zipfel/[X.], Lebensmittelrecht, [X.], Stand November 2002, § 2 Rdn. 18).
Die Frage, ob ein Stoff natürlicher Herkunft i.S. von § 2 Abs. 1 Halbs. 2 [X.] nach allgemeiner Verkehrsauffassung überwiegend wegen seines Nähr-, Geruchs- oder [X.] verwendet wird, beurteilt sich, wovon das Be-rufungsgericht zu Recht ausgegangen ist, nach einer abstrakten Betrachtungs-weise. Danach fällt ein Stoff, der überwiegend kein Zusatzstoff ist, auch dann nicht unter den Zusatzstoffbegriff, wenn er im Einzelfall hauptsächlich zu tech-nologischen Zwecken verwendet wird (vgl. Begründung des [X.] zu § 2 [X.], BT-Drucks. 7/255, [X.]). Ein Stoff, der in verschiedenen Anwendungsfällen Ver-wendung findet, ist dann "überwiegend" kein Zusatzstoff, wenn er in einem An-wendungsfall nach allgemeiner Verkehrsauffassung überwiegend wegen seines Nähr-, Geruchs- oder [X.] verwendet wird. Im Hinblick auf den mit - 10 - dem Zusatzstoffverbot verfolgten vorbeugenden Gesundheitsschutz ist es nicht erforderlich, daß er bei einer Gesamtbetrachtung aller seiner Anwendungsfälle überwiegend zu den in § 2 Abs. 1 Halbs. 2 [X.] genannten [X.] wird (vgl. Bericht des [X.] und Ge-sundheit, 13. Ausschuß, zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 7/2269, [X.]; OLG Düsseldorf [X.] 2000, 610, 621; OLG Karlsruhe [X.] 2000, 67, 70; Ruf aaO § 2 Rdn. 37; [X.] in [X.]/[X.], Strafrechtliche Nebengesetze, Stand November 2003, § 2 [X.] Rdn. 18; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 2 [X.] Rdn. 34).
Es ist nicht geboten, diese aus dem Zweck des § 2 [X.] folgende ab-strakte Betrachtungsweise wegen der Regelung des Begriffs des "Lebensmittel-Zusatzstoffs" in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen (89/107/[X.]; [X.]. Nr. L 40 v. 11.2.1989, S. 27, geändert durch die [X.]/EG des [X.] und des Rates vom [X.], [X.]. Nr. L 237 v. 10.9.1994, S. 1), zu-gunsten einer Einzelfallbetrachtung aufzugeben (vgl. [X.], [X.] 2000, 85, 87; [X.], [X.] 1995, 137, 140; [X.], [X.] 1997, 288, 290; ders., [X.] 1998, 231, 232; [X.], [X.] 1995, 145, 152; ders., [X.] 2001, 395, 401; a.A. insbeson-dere [X.]/[X.], [X.], 675, 677 f.; [X.], [X.] 2000, 70, 72; [X.], [X.] 2000, 962, 966 f.). Denn die bisher vom [X.] Gesetzgeber nicht um-gesetzte [X.]/[X.] gilt nicht für Stoffe, die - wie im vorliegenden Fall [X.] und [X.] beim Produkt der Beklagten - aus anderen als technologischen Gründen zugesetzt werden (Art. 1 Abs. 2 und Abs. 3 der Richt-linie; vgl. auch [X.]/[X.]/Streit, [X.] 2001, 891, 896). Dementsprechend hält der Entwurf eines [X.] 11 - [X.] ([X.]. 429/04), mit dem u.a. die [X.]/[X.] um-gesetzt werden soll, bei der Bestimmung der [X.] und der ihnen gleichgestellten Stoffe in § 2 Abs. 3 Satz 2 des Lebensmittel- und Futter-mittelgesetzbuchs - LFGB - daran fest, daß die in § 2 Abs. 1 Halbs. 2 [X.] genannten Stoffe ausgenommen sind (vgl. [X.]. 429/04, [X.], 132). Im übrigen läßt sich dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 2 der [X.]/[X.] ("in der Regel" und "charakteristische Lebensmittelzutat" bzw. "normally" und "cha-racteristic ingredient" in der [X.] Fassung) nicht entnehmen, daß es für die Beurteilung, ob ein Stoff ein "Lebensmittel-Zusatzstoff" im Sinne dieser Richtlinie ist, auf eine andere Betrachtungsweise, insbesondere auf den konkre-ten Einsatz eines Stoffes im jeweiligen Lebensmittel, ankommen soll.
[X.]) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungs-gerichts wird die - auch als Zitronenmelisse bekannte - [X.] in einem An-wendungsfall, nämlich beim Würzen von Speisen, nach allgemeiner Ver-kehrsauffassung überwiegend wegen ihres [X.] verwendet. Sie ist daher kein Zusatzstoff i.S. des § 2 Abs. 1 [X.] und darf ohne Zulassung als Zusatzstoff durch eine auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 [X.] beruhende Rechtsverord-nung bei der Herstellung von Lebensmitteln verwendet werden.
c) Dagegen kann der Auffassung des Berufungsgerichts, die Zulässigkeit der Verwendung von [X.] ergebe sich im vorliegenden Fall schon aus der Zulassung dieses Stoffs durch die Aromenverordnung vom 22. Dezember 1981 ([X.] 1625, 1676), nicht zugestimmt werden.
aa) Vom Verbot des § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a [X.] werden zwar nur nicht zugelassene Zusatzstoffe erfaßt. Ein Stoff ist im Sinne dieser Vorschrift aber nur dann ein zugelassener Zusatzstoff, wenn er nach einer aufgrund der [X.] 12 - gung gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erlassenen Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Lebensmittel oder für bestimmte Verwendungszwecke als Zusatzstoff zugelassen ist (vgl. Zipfel/[X.] aaO [X.] § 11 Rdn. 15).
[X.]) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist eine solche Zulas-sung für [X.] durch § 2 Abs. 3 [X.] schon deshalb nicht erfolgt, weil im Anhang 4 zu § 2 Abs. 3 [X.] als Stoff lediglich der Wirkstoff Hype-rizin genannt ist, nicht aber das [X.] selbst. [X.] ist, wie zwi-schen den Parteien unstreitig ist, nur einer von mehreren Inhaltsstoffen des Jo-hanniskrauts. Die Verbotsregelung des § 2 Abs. 3 [X.] betrifft allein die Verwendung der in der Anlage 4 zu dieser Vorschrift genannten Stoffe "als sol-che" (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Auch § 2 Abs. 3 Satz 3 [X.] re-gelt lediglich den zulässigen Gehalt des in der Anlage 4 genannten Stoffs "Hy-perizin", so daß aus § 2 Abs. 3 [X.] eine Zulassung von [X.] als Zusatzstoff i.S. der §§ 2, 11, 12 [X.] nicht hergeleitet werden kann.
d) Da es sich bei [X.] um einen Stoff natürlicher Herkunft han-delt, kommt allerdings in Betracht, daß er gemäß § 2 Abs. 1 Halbs. 2 [X.] ausgenommen ist. Das Berufungsgericht wird daher der von ihm bisher offenge-lassenen Frage nachzugehen haben, ob es sich, wie die Beklagte vorgetragen hat, bei [X.] um einen Stoff handelt, der nach allgemeiner Verkehrs-anschauung zumindest in einem Anwendungsfall überwiegend wegen seines [X.] verwendet wird. - 13 - II[X.] Danach ist das angefochtene [X.]eil aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, soweit das Berufungsgericht den Haupt-antrag des [X.] abgewiesen hat; die Entscheidung des Berufungsgerichts über den Hilfsantrag bleibt bestehen. Sollte das Berufungsgericht bei der [X.] zu dem Ergebnis kommen, daß der Hauptantrag begründet ist, hat es die Entscheidung über den Hilfsantrag von Amts wegen aufzuheben (vgl. [X.] 106, 219, 221; 120, 96, 103; [X.], [X.]. v. [X.] - VIII ZR 339/95, [X.], 1713, 1716).

[X.] Bornkamm Büscher

Schaffert Bergmann

Meta

I ZR 288/01

22.07.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.07.2004, Az. I ZR 288/01 (REWIS RS 2004, 2173)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2173

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