Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.08.2017, Az. VIII ZR 19/17

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 6353

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[X.]:[X.]:BGH:2017:220817B[X.]19.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR
19/17

vom

22. August 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 22.
August 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterin Dr.
Hessel sowie [X.]
Dr.
Achilles, Dr.
[X.] und Dr.
Bünger
beschlossen:
Der Senat beabsichtigt, die Revision des Beklagten durch ein-stimmigen Beschluss gemäß §
552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe:
1. Es besteht kein Grund für die Zulassung der Revision. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt einer der anderen in §
543 Abs.
2 Satz
1 ZPO genannten Gründe für die Zulassung der Revision vor.
Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung zu, weil
die Behandlung von [X.] an einer Zweitwohnung höchstrichterlich ungeklärt sei. Insbesondere gebe es, wie
aus der Kommentierung von [X.] (Mietrecht, 12.
Aufl., §
573 BGB Rn.
104) ersichtlich sei, zur zeitlichen Ausfüllung des [X.] "Benötigen" bei einer Zweitwohnung sehr unterschiedliche Rechtsprechung.
Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, insbesondere kommt ihr die vom Berufungsgericht angenommene grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Wie das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf die grundlegende 1
2
3
-
3
-

Entscheidung des Senats (Beschluss [[X.]] vom 20.
Januar 1988 -
VIII
ARZ 4/87, [X.], 91; vgl. ferner Senatsurteil vom 4.
März 2015 -
VIII
ZR 166/14, [X.], 216 Rn.
14-16) und den Beschluss des Bundes-verfassungsgerichts vom 23.
April 2014 (NJW
2014, 2417) richtig erkannt hat, ist der Begriff des "Benötigens" (früher §
564b Abs.
2 Nr.
2, jetzt §
573 Abs.
2 Nr.
2 BGB) höchstrichterlich dahin geklärt, dass damit ernsthafte, vernünftige und nachvollziehbare Gründe des Vermieters vorausgesetzt werden, die [X.] künftig selbst oder durch nahe Angehörige zu nutzen. Zu Recht ist das Berufungsgericht ferner davon ausgegangen, dass diese Kriterien auch für die Beantwortung der Frage entscheidend sind, ob der Wunsch des Vermieters, die vermietete Wohnung künftig selbst als Zweitwohnung zu nutzen, eine Eigenbe-darfskündigung rechtfertigt, und dass es auch dabei maßgeblich auf die Würdi-gung der Umstände des Einzelfalls ankommt. Hieraus ergibt sich allerdings gleichzeitig, dass eine vom Berufungsgericht für wünschenswert erachtete (über den Einzelfall hinausgehende) zeitliche Ausfüllung des [X.] "Benötigen" bei einer Zweitwohnung nicht möglich ist, eben weil die erforderliche einzelfallbezogene tatrichterliche Würdigung allgemeinverbindliche Aussagen -
etwa über eine konkrete "Mindestnutzungsdauer" der Zweitwoh-nung
-
nicht zulässt.
Der Hinweis des Berufungsgerichts auf die von ihm zitierte Kommentie-rung von [X.] (aaO), die
eine Eigenbedarfskündigung entge-gen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur zulassen will, wenn der [X.] in der dem Mieter überlassenen Wohnung seinen Lebensmittelpunkt be-gründen will, ist nicht geeignet, ein Bedürfnis für eine nochmalige (beziehungs-weise ausdrückliche) höchstrichterliche Bestätigung zu begründen, dass auch eine beabsichtigte Nutzung als Zweitwohnung eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen kann. Aktuelle Entscheidungen von Berufungsgerichten, die die Möglichkeit einer Eigenbedarfskündigung wegen einer beabsichtigten Nutzung 4
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4
-

als Zweitwohnung grundsätzlich verneinen, sind nicht ersichtlich und werden auch in der vom Berufungsgericht
herangezogenen Kommentierung nicht ge-nannt; soweit dort auf einzelne, möglicherweise in diese Richtung
weisende Urteile einiger Amtsgerichte hingewiesen wird, sind diese erstinstanzlichen Ent-scheidungen nicht geeignet, die Notwendigkeit
eines
Eingreifens des [X.] zu begründen.
2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Eigenbedarfskündigung der Kläger in [X.] tatrichterliche Würdigung für begründet erachtet und deshalb der Räumungsklage zu Recht stattgegeben (§
546 Abs.
1 BGB). Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revi-sion sind unbegründet.
a) Insbesondere ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den [X.] aufgrund der vor-getragenen Indizien und ihrer persönlichen Anhörung für erwiesen erachtet hat. Der Vortrag der Revision zur Aufbewahrung von Fahrscheinen und steuerlichen Geltendmachung von Werbungskosten läuft lediglich auf eine von der tatrichter-lichen Würdigung des Berufungsgerichts abweichende Beurteilung der Indizien hinaus, zeigt aber einen Rechtsfehler nicht auf.
b) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht auch nicht einen nur unbestimmten und noch nicht ausreichend konkreten Nut-zungswunsch (sogenannte Vorratskündigung) für die Kündigung genügen las-sen. Es hat vielmehr den detaillierten Vortrag der Klägerin zu ihrer beruflichen und privaten Situation rechtsfehlerfrei dahin gewürdigt, dass sie die ernsthafte Absicht habe, sich regelmäßig mehrfach
im Jahr aus beruflichen Gründen für längere oder kürzere Zeiten in [X.] aufzuhalten und hierfür nicht mehr -
wie in der Vergangenheit
-
auf eine Unterkunft im Hotel oder bei
privaten Bekannten 5
6
7
-
5
-

zurückzugreifen, sondern einen privaten Wohnbereich vorzuhalten, an dem sie sich zu diesen Zeiten -
auch gemeinsam mit ihrem Ehemann
-
aufhalten könne.
c) Zu Unrecht macht die Revision ferner geltend, die Wohnung habe ausschließlich geschäftlichen Interessen der Klägerin dienen sollen und des-halb sei nach den im Senatsurteil vom 29.
März 2017 (VIII
ZR 45/16, NJW
2017, 2018, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen) aufgestellten Grundsätzen eine Kündigung gemäß §
573 Abs.
2 Nr.
3 BGB nur bei -
hier nicht ersichtlichen
-
Nachteilen von einigem Gewicht (etwa: anderenfalls mangelnde Rentabilität der geschäftlichen Aktivitäten) möglich. Denn die Klägerin hat ihre Kündigung -
berechtigterweise
-
auf §
573 Abs.
2 Nr.
2 BGB (Eigenbedarf) ge-stützt, weil sie die Wohnung selbst zu Wohnzwecken nutzen will.
d) Auch die Entscheidung des Berufungsgerichts zum Nichtvorliegen ei-ner unzumutbaren Härte (§
574 Abs.
1 Satz
1 BGB) weist keinen
Rechtsfehler auf. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich allein aus dem Umstand, dass der Beklagte nach seinem Vortrag derzeit von Ersparnissen lebt und erst nach deren Verbrauch ein Anspruch auf staatliche Transferleistungen haben könnte, schon
nicht der von ihr gezogene Schluss, dass er mangels Nachwei-ses eines regelmäßigen Einkommens von vornherein keinen angemessenen Ersatzwohnraum finden könnte.
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6
-

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles

Dr. [X.]
Dr. Bünger

Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.
Vorinstanzen:
AG [X.]-Charlottenburg, Entscheidung vom 14.10.2015 -
231 [X.]/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 19.01.2017 -
18 [X.]/15 -

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Meta

VIII ZR 19/17

22.08.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.08.2017, Az. VIII ZR 19/17 (REWIS RS 2017, 6353)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6353

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