Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.05.2021, Az. 1 StR 502/20

1. Strafsenat | REWIS RS 2021, 6169

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Gegenstand

Gewerbsmäßige Steuerhehlerei: Einziehung bei Weiterverkauf geschmuggelter Zigaretten


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten und die zu Gunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 10. März 2020 dahingehend abgeändert, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 36.200 € angeordnet wird; die darüberhinausgehende Einziehungsanordnung entfällt. Von den im Verfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeklagten, die die Einziehung betreffen, hat die Staatskasse die Hälfte zu tragen.

2. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.

3. Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Jedoch wird die Gebühr für das Rechtsmittelverfahren um die Hälfte ermäßigt. [X.] hat die Hälfte der insoweit entstandenen Auslagen sowie der notwendigen Auslagen des Angeklagten zu tragen.

4. [X.] hat die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft und die dem Angeklagten hierdurch erwachsenen notwendigen Auslagen zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger [X.]ei in Tateinheit mit Beihilfe zur gewerbsmäßigen [X.]ei in elf Fällen sowie wegen Beihilfe zur gewerbsmäßigen [X.]ei in einem weiteren Fall zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt, wobei wegen überlanger Verfahrensdauer zwei Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten. Weiter hat das [X.] die Einziehung des Wertes von [X.] in Höhe von 69.192 € angeordnet.

2

Hiergegen richtet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten, die er gleich mit Einlegung wirksam auf die [X.] beschränkt und innerhalb derer er später den Einziehungsbetrag von 2.400 € von seinem Angriff ausgenommen hat. Sein Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist im Übrigen unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

3

Die zu Gunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hat in Bezug auf die Einziehung des Wertes von [X.] ebenfalls Erfolg. Die weitergehende zu Ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft, mit der sie das Strafmaß und die Strafaussetzung zur Bewährung angegriffen hatte, ist wirksam zurückgenommen worden.

4

1. Das Rechtsmittel des Angeklagten und das zu Gunsten des Angeklagten eingelegte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft haben insoweit Erfolg, als der Ausspruch über die Einziehung des Wertes von [X.] nur in Höhe eines Betrages von 36.200 € von den Feststellungen getragen wird, im Übrigen aber entfallen muss.

5

a) Soweit das [X.] im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von [X.] (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB) auch die bei den jeweiligen Taten 2 bis 12 der Urteilsgründe ([X.] f.) hinterzogene Tabaksteuer einbezogen hat, kann die Einziehungsentscheidung keinen Bestand haben, da der Angeklagte insoweit nichts erlangt bzw. keine rechtswidrige Tat einer Steuerhinterziehung (§ [X.]) begangen hat.

6

Zwar kann ein Täter auch dadurch „etwas“ [X.]. § 73 Abs. 1 StGB erlangen, dass er sich Aufwendungen erspart. Infolgedessen kann bei einer Steuerhinterziehung grundsätzlich auch ein Betrag in Höhe nicht gezahlter Steuern in Gestalt ersparter Aufwendungen der Einziehung unterliegen ([X.], Beschlüsse vom 4. Juli 2018 - 1 [X.] Rn. 7, [X.]R StGB § 73 Abs. 1 Anwendungsbereich 1 zu §§ 73 ff. StGB nF und vom 28. Juni 2011 - 1 StR 37/11 Rn. 11 mwN zu § 73 StGB aF). Der Angeklagte als [X.] nach § 374 AO hat jedoch weder „durch die Tat“ noch „für sie“ die von den Lieferanten hinterzogenen Steuern und Abgaben erlangt. Er ersparte sich „durch die Tat“ auch keine Aufwendungen (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 11. Juli 2019 - 1 [X.] Rn. 28 mwN).

7

b) Jedoch erweist sich die Einziehung hinsichtlich des Wertes der weiterverkauften Zigaretten in Höhe von 33.800 € und des an den Angeklagten bezahlten [X.]s in Höhe von 2.400 € als rechtsfehlerfrei.

8

Der [X.] erlangt dadurch, dass er Zigaretten ankauft oder sich sonst verschafft, zunächst die Zigaretten und durch den anschließenden Weiterverkauf den hieraus erzielten Erlös ([X.], Urteil vom 11. Juli 2019 - 1 [X.] Rn. 29; Beschlüsse vom 23. Mai 2019 - 1 [X.] Rn. 20 und vom 4. Juli 2018 - 1 [X.] Rn. 8). Nach den Feststellungen des [X.]s ([X.] ff.) erlöste der Angeklagte aus dem Weiterverkauf der bei den Taten 2 bis 12 der Urteilsgründe jeweils erlangten 200 Stangen Zigaretten insgesamt 33.800 €; dies entspricht unter den gegebenen Umständen dem Wert der Zigaretten (§ 73 Abs. 1 Alternative 1, § 73c Satz 1 StGB).

9

c) Ferner unterliegt der an den Angeklagten gezahlte [X.] von je 200 € bei den Taten 1 bis 12 der Urteilsgründe und damit ein weiterer Betrag in Höhe von 2.400 € der Einziehung (§ 73 Abs. 1 Alternative 2, § 73c Satz 1 StGB). In Höhe eines Gesamtbetrags von 36.200 € ist die Entscheidung des [X.]s zur Einziehung des Wertes von [X.] daher rechtsfehlerfrei. Die Einziehungsentscheidung des [X.]s ist daher durch den Senat entsprechend abzuändern (§ 354 Abs. 1 StPO analog).

2. a) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels des Angeklagten beruht auf § 473 Abs. 3 und 4 Satz 1, 2 StPO. Im Übrigen folgt die Verteilung der notwendigen Auslagen des Angeklagten, die durch die Einziehung entstanden sind, insbesondere der ʺzusätzlichen [X.] gemäß Nr. 4142 der Anlage 1 Teil 4 Abschnitt 1 Unterabschnitt 5 zum RVG, aus § 465 Abs. 2 StPO (entsprechend), § 464d StPO (vgl. [X.], Beschluss vom 25. Februar 2021 - 1 [X.] Rn. 6 ff.).

b) Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft ergibt sich aus § 473 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 StPO.

Raum     

        

Jäger     

        

Bellay

        

Bär     

        

Leplow     

        

Meta

1 StR 502/20

05.05.2021

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 10. März 2020, Az: 43 KLs 8/16

§ 73 Abs 1 StGB, § 73c S 1 StGB, § 374 AO, § 1 TabStG, §§ 1ff TabStG, § 261 StPO, § 267 StPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 05.05.2021, Az. 1 StR 502/20 (REWIS RS 2021, 6169)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 6169

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