Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2015, Az. IV ZR 470/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14549

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 470/14

Verkündet am:

4. März 2015

Heinekamp

Amtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 11.
Februar 2015 einge-reicht
werden konnten,

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerseite wird das Urteil der 2.
Zivilkammer des [X.] vom 23.
Sep-tember
2011 aufgehoben und die Sache zur neuen [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht [X.].

Der Streitwert wird auf 657,22

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. [X.]) be-gehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) Rück-zahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer kapitalbildenden Le-bensversicherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
September 1999 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] 1
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in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.]) abgeschlossen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erhielt d. [X.] mit dem Versicherungsschein die Verbraucherinformation nach §
10a [X.]
a.F.
Zum 1.
November 2005
kündigte d. [X.] den Vertrag;
der Versicherer zahlte den Rückkaufswert aus. Mit Schreiben vom 11.
Ja-nuar 2008
erklärte d. [X.] schließlich den Widerspruch nach §
5a Abs.
1 Satz
1 [X.]

Mit der Klage verlangt d. [X.] -
soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung
-
Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten [X.] nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], ins-gesamt 657,22

.

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des -
gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden
-
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] habe der [X.] noch erklärt werden können.
Außerdem sei der Versicherer nach den Grundsätzen des Verschuldens beim Vertragsschluss wegen Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht aus §
5a [X.] zum Schadensersatz verpflichtet, da er die [X.] und die Verbraucherin-formation nicht vor Vertragsschluss überlassen habe.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt d. [X.] das Klagebegehren weiter.

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Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung
des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens beim Vertragsschluss verneint. Die grundsätzlich gemäß §
10a [X.] ge-botene Aufklärung sei erfolgt, wenn auch
erst mit Übersendung des [X.]. Die Folgen dieser "Verspätung"
regele §
5a [X.]

Auch ein Prämienrückerstattungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung
stehe d.
[X.] nicht zu. D. [X.] habe den Widerspruch nicht mehr wirksam erklären können, da der Versicherungsvertrag bereits durch die Kündigung beendet worden sei.

[X.] Die Revision ist begründet.

1. Soweit das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht verneint hat, ist dagegen aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Es fehlt jedenfalls auch schon an Anhaltspunkten für ein Verschulden des Versicherers.

2. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.
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a) Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachver-halt ist davon auszugehen, dass der von d. [X.] erklärte Widerspruch
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ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] normierten Jahresfrist
-
rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den [X.] geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekom-men ist.

aa) Das Berufungsgericht hat nur festgestellt, dass d. [X.] mit dem Versicherungsschein die Verbraucherinformation übersandt wurde. Es hat ebenso wie das Amtsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob d. [X.] auch die Versicherungsbedingungen und eine den Anforderungen des §
5a Abs.
2 Satz
1 [X.] genügende Widerspruchsbelehrung er-hielt.

Wenn d. [X.] -
was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist
-
die Versicherungsbedingungen und eine ordnungsgemäße [X.] nicht erhalten hatte, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 ([X.]/11,
BGHZ 201, 101
Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtlinienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im Anwendungsbereich der [X.] und der [X.] keine Anwendung findet und für davon er-fasste Lebens-
und Rentenversicherungen sowie Zusatzversicherungen 12
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zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.]

wie hier
für das Revisionsverfahren zu unterstellen

nicht ordnungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingun-gen nicht erhalten hat.

bb) Die Kündigung des Versicherungsvertrages steht dem späteren Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.). Ein Erlöschen des Widerspruchsrechts nach beiderseits vollständiger Leistungserbringung kommt ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
37 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

3. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).

Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-16
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zuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.] [X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.11.2008 -
451 C 1853/08 -

LG [X.], Entscheidung vom 23.09.2011 -
2 S 4/09 -

Meta

IV ZR 470/14

04.03.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2015, Az. IV ZR 470/14 (REWIS RS 2015, 14549)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14549

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IV ZR 76/11

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