Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2017, Az. XI ZR 552/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 848

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[X.]:[X.]:BGH:2017:121217UXIZR552.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
XI ZR 552/16
Verkündet am:
12. Dezember 2017
Herrwerth
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 12.
Dezember 2017 durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, die Richter Dr.
Joeres und Dr.
Matthias sowie die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Dauber

für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 27.
September 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die beklagte Bank wegen fehlerhafter Anlageberatung auf Schadensersatz in Anspruch.
Der Kläger zeichnete am 8.
November 2005 nach dem Besuch einer von der [X.] durchgeführten Informationsveranstaltung und im [X.] an ein Beratungsgespräch mit einer Mitarbeiterin der [X.] eine Kommandit-beteiligung in Höhe von 20.000

.

GmbH & Co. KG. Die [X.] sollte sich konzeptionsgemäß an der Projektgesellschaft S.

Ltd. beteiligen, die in S.

ein Rie-1
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senrad ("S.

Flyer") nach dem Vorbild des "L.

Eye"
errichten und betreiben sollte. Das Projekt umfasste auch den Bau eines [X.] mit zu vermietenden Gewerbeflächen. In dem von der Streithelferin herausge-gebenen
Verkaufsprospekt "S.

Beteiligungsfonds 2005" (Stand 6.
Oktober 2005)
heißt es auf Seite 45 im Abschnitt "Baubeschreibung des [X.]"
unter der Überschrift "Baubeschreibung":
"Das Objekt besteht aus dem [X.], einem ringförmigen dreistöckigen Terminalge-bäude mit einer Netto-ausschließlich von der Projektgesellschaft S.

genutzt wird, ist die breite Vermietung des Erdgeschosses sowie des 1. OG (insgesamt ca. 8.264 qm) an passende Einzel-handels-

"
Das [X.] wurde 2008 fertiggestellt und in Betrieb genommen. Auf
Grund von Abweichungen im Baugenehmigungsverfahren und in der Baupla-nung wurde lediglich eine vermietbare Gewerbefläche von 4.816
qm hergestellt. Über die [X.] wurde der Kläger von der [X.] durch die Übersendung des Zwischenberichts Nr.
4/
Oktober 2008 unterrichtet. Weil die Besucherzahlen hinter den Erwartungen zurückblieben, geriet die [X.] in wirtschaftliche Schwierigkeiten und meldete schließlich [X.] an.
Mit seiner am 19.
November 2014 beim [X.] eingegangenen und der [X.] am 2.
Januar 2015 zugestellten Klage hat der Kläger von der [X.] die Zahlung von 21.000

Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche aus der Kommanditbeteiligung,
die Feststellung des [X.] der [X.] sowie den Ersatz außergerichtlicher [X.] nebst Zinsen begehrt. Sein Klagebegehren hat er auf verschiedene Beratungspflichtverletzungen, insbesondere im Zusammenhang mit diversen Prospektfehlern, sowie auf verschwiegene Rückvergütungen gestützt. Das 3
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[X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil weitgehend abgeändert und der Klage mit Ausnahme der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten sowie eines Teils der Zinsforderungen stattgegeben. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Re-vision begehren die Beklagte und ihre Streithelferin die vollständige Wiederher-stellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Sie führt
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist,
und insoweit zur Zurückverweisung der Sache
an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ([X.], [X.], 1409) im Wesentlichen ausgeführt:
Zwischen den Parteien sei ein Anlageberatungsvertrag durch die Auf-nahme eines Beratungsgesprächs zustande gekommen. Aus diesem Bera-tungsvertrag habe die Beklagte ihre Pflicht verletzt, den Kläger entweder darauf hinzuweisen, dass sie den Prospekt der [X.] nicht auf Plausibilität geprüft habe,
oder darauf, dass der Prospekt das falsche Bild vermittle, die prospektierten Planungen würden (nahezu) zur Gänze umgesetzt. Der Prospekt weise nicht darauf hin, dass sich Abweichungen in der Bauausführung infolge von im Baugenehmigungsverfahren notwendigen Änderungen mit Auswirkun-gen auf die Kalkulation des Objekts ergeben könnten.
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Die Versäumnisse der [X.] seien für die Anlageentscheidung [X.] geworden, denn die Beklagte habe die für den Anleger streitende Vermu-tung aufklärungsrichtigen Verhaltens nicht widerlegt.
Die Klageforderung sei auch nicht verjährt. Der Kläger habe zwar im [X.] 2008 den Geschäftsbericht der [X.] erhalten, aus dem sich ergebe, dass nach
der Baufertigstellung nur eine reduzierte [X.] zur Verfügung gestanden habe. Daraus habe er aber nicht den Schluss ziehen müssen, dass die Beklagte ihre Prospektprüfungspflicht verletzt habe. Wenn der Kläger legitimer Weise von einem vertragsgerechten Verhalten der Beklag-ten ausgegangen sei, habe auch die Möglichkeit bestanden, dass es trotz Nachfragen der [X.] hinsichtlich der Gewährleistung der Umsetzung der prospektierten Planung infolge unvorhergesehener Umstände zu einer Abände-rung der Bauausführung gekommen sei. Mithin könne nicht davon ausgegan-gen werden, dass der Kläger bereits im Jahre 2008 die für eine Klageerhebung erforderlichen
Kenntnisse von der Pflichtverletzung der [X.] hatte bzw. sich diesen leichtfertig verschlossen hätte.

II.
Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung in
entschei-dungserheblichen Punkten
nicht stand.
1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegan-gen, dass zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag zustande ge-kommen ist. Tritt ein Anlageinteressent an eine Bank oder der Anlageberater einer Bank an einen Kunden heran, um über die Anlage eines Geldbetrages beraten zu werden bzw. zu beraten, so wird das darin liegende Angebot zum 8
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Abschluss eines Beratungsvertrages stillschweigend durch die Aufnahme eines Beratungsgesprächs angenommen (st. Rspr. seit Senatsurteil vom 6.
Juli 1993

XI
ZR 12/93, [X.], 126, 128). Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Berufungsgerichts erfüllt,
nachdem zwischen dem Kläger und der [X.] im [X.] an die von der [X.] durchgeführte [X.] ein Beratungsgespräch über die Zeichnung einer [X.] an der S.

GmbH & Co. KG stattfand.

2. Auf der Grundlage seiner Feststellungen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft angenommen, die Beklagte habe ihre aus dem Beratungsver-trag
folgende Pflicht zur objektgerechten
Beratung verletzt.
Soweit das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung der [X.] alter-nativ darin gesehen
hat, den Kläger entweder nicht darauf hingewiesen zu ha-ben, den Prospekt der [X.] nicht geprüft zu haben
(vgl. dazu ein-gehend Senatsurteil vom 7.
Oktober 2008

XI
ZR 89/07, [X.], 149 Rn.
14),
oder nicht darauf, dass der Prospekt das falsche Bild vermittle, die prospektierten Planungen würden (nahezu) zur Gänze umgesetzt, hat es be-reits im Ansatz verkannt, dass solche auf den Prospekt bezogene Pflichten der [X.]

selbst wenn man einen Prospektfehler unterstellt

schon dem Grunde nach nur bestehen können, wenn die Beklagte den streitbefangenen Prospekt dem Kläger so rechtzeitig vor der Zeichnung der Kommanditbeteili-gung übergeben hat, dass er sich mit dessen Inhalt vertraut machen konnte
(vgl. dazu auch Senatsurteil vom 25.
September 2007

XI
ZR 320/06, [X.], 199 Rn.
17
und Senatsbeschluss vom 19.
Juli 2011

XI
ZR 191/10, [X.], 1506 Rn.
18),
oder wenn die Beklagte den Kläger
auf der
Grundlage des Prospektes beraten hat (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 17.
September 2009

XI
ZR 264/08, [X.], 471 Rn.
5). Beides hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
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7
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3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch die Verjährung des

unterstellten

Schadensersatzanspruchs wegen der von ihm angenommenen Pflichtverletzungen verneint.
Dabei kann dahinstehen, ob der vom Berufungsgericht angenommene Prospektfehler tatsächlich vorliegt und ob die Beklagte diesen bei der [X.] des Prospektes hätte bemerken können. Der Durchsetzbarkeit eines etwa-igen
Schadensersatzanspruchs
gegen die Beklagte wegen eines [X.] auf der Grundlage des vom Berufungsgericht angenommenen [X.] stünde die Einrede der Verjährung entgegen

214 Abs.
1 BGB). Der Kläger hätte -
was das
Berufungsgericht verkannt hat
-
bereits im Jahr 2008 die für den Beginn der Verjährung erforderliche Kenntnis von den [X.] (§
199 Abs.
1 Nr.
2
BGB) gehabt. Nach den
Feststel-lungen des Berufungsgerichts hat der Kläger den von der [X.] übersandten Zwischenbericht Nr.
4/
Oktober 2008 (Anlage [X.]) erhalten. Dieser unterrichtete den Kläger darüber, dass nach Baufertigstellung aus den prospektierten 8.264
qm vermietbare Gewerbefläche nur 4.816
qm für eine dauerhafte Vermietung zur Verfügung standen.
Damit hatte der Kläger Kenntnis von der Abweichung der tatsächlichen Bauausführung von den Angaben im Prospekt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hatte er damit auch Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen eines

unter-stellten

Schadensersatzanspruchs gegen die Beklagte wegen der von ihm angenommenen
Pflichtverletzungen aus dem Beratungsvertrag

280 Abs.
1 BGB). Auf der Grundlage der Annahmen des Berufungsgerichts ist die
Gefahr einer
negativen
[X.] der Umstand, über den die Beklagte den Kläger hätte aufklären müssen oder der ihr bei der ihr obliegenden Prüfung [X.] auffallen müssen, weswegen sie nach Ansicht des Berufungsgerichts den Kläger auf eine unterlassene Prüfung hätte hinweisen müssen. Durch den Zwi-schenbericht Nr.
4/ Oktober 2008 war der Kläger

die Pflichtverletzungen der 14
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8
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[X.] unterstellt

davon unterrichtet, dass die Beklagte im Beratungsge-spräch nicht auf die sich tatsächlich realisiert
habende Gefahr einer Flächen-abweichung hingewiesen hatte bzw.
dass sie ihn nicht auf ihre unterlassene Prüfung des Investments, bei der die tatsächlich realisierte Gefahr einer negati-ven [X.] erkennbar geworden wäre, hingewiesen hat.
Danach endete die Verjährungsfrist mit Ablauf des 2.
Januar 2012 (Montag), mithin vor Einreichung der Klageschrift am 19.
November 2014.

III.
Das angefochtene Urteil ist im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist

562 Abs.
1 ZPO). Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur
neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO).
Das Berufungsgericht wird sich mit den weiteren vom Kläger geltend gemachten, verjährungsrechtlich selbständig zu behandelnden Pflichtverletzun-gen (vgl. Senatsurteil vom 23.
Juni 2009

[X.], [X.], 372 Rn.
14) auseinanderzusetzen haben.
Im Zusammenhang mit den weiteren vom Kläger gerügten Prospektfehlern wird es dabei zunächst Feststellungen dazu zu
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9
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treffen haben, ob dem Kläger der Prospekt rechtzeitig vor der Zeichnung der Kommanditbeteiligung übergeben bzw. der Kläger
auf der Grundlage des [X.] beraten worden ist.

Ellenberger
Joeres
Matthias

Menges
Dauber
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.12.2015 -
27 O 22051/14 -

[X.], Entscheidung vom 27.09.2016 -
5 [X.] -

Meta

XI ZR 552/16

12.12.2017

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2017, Az. XI ZR 552/16 (REWIS RS 2017, 848)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 848

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