Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2013, Az. 2 StR 468/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 8548

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

2 StR 468/12
vom
30. Januar 2013
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

4.

wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 30.
Januar 2013, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof

Becker

[X.] am Bundesgerichtshof

Dr. [X.],

[X.],

[X.],
[X.]in am Bundesgerichtshof

Dr. [X.],
als [X.],

[X.] am [X.]

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

als Verteidiger
des

M.

,

Rechtsanwalt

als Verteidiger des

[X.]

,

Rechtsanwalt

als Verteidiger des

[X.]

,

Rechtsanwältin

als Verteidigerin des

S.

,

-
3
-
Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 23.
März 2012 mit den Feststellun-gen aufgehoben.

2.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten vom Vorwurf der räuberischen [X.] mit gefährlicher Körperverletzung und mit Freiheitsbe-raubung aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Mit ihrer hiergegen gerich-teten Revision beanstandet die Staatsanwaltschaft das Verfahren und rügt die
Verletzung sachlichen Rechts. Das vom [X.] vertretene Rechtsmittel
hat mit der Rüge Erfolg, das [X.]
habe einen Beweisantrag in rechtsfehlerhafter Weise abgelehnt (§
244 Abs.
3 Satz
2 StPO).
Auf die Sachrüge kommt es daher nicht mehr an.

1
-
4
-
1. Mit der Anklageschrift
vom 11.
August 2011 hat die Staatsanwaltschaft den Angeklagten Folgendes zur Last gelegt:
Die Angeklagten, bei denen es sich um Geschäftsführer und Mitarbeiter eines
Sportwetten-Unternehmens
handele, hätten sich
am 17.
Oktober 2010 gegen 23.00 Uhr zu einer
Filiale begeben,
auf die kurz zuvor ein Raubüberfall verübt worden sei. Dort hätten die Angeklagten die Ladentür verschlossen und dem an diesem Tag als Kassierer tätig gewesenen
Geschädigten C.

unterstellt, in den Überfall involviert gewesen zu sein. Sie hätten
ihn aufgefor-dert, den Namen des
Täters
zu nennen. Nach
seiner
Beteuerung, mit der Tat nichts zu tun zu haben, hätten ihm die Angeklagten M.

, [X.]

und
[X.]

abwechselnd jeweils mit der Faust wuchtig ins Gesicht geschlagen. Weiter hätten die Angeklagten mit einem Tischbein gegen Kopf und Körper des Geschädigten C.

geschlagen und ihn eine Treppe hinunter zur [X.] getreten. Dort hätten sie seinen Kopf in die Toilettenschüssel ge-drückt und währenddessen mehrfach die Spülung betätigt. Die Angeklagten hätten den Geschädigten dabei wiederholt aufgefordert, den durch den Raub entstandenen Schaden von rund 6.000

hätten sie von ihm Autoschlüssel und Fahrzeugpapiere für seinen Pkw [X.] [X.] verlangt. Während zwei der Angeklagten das Auto erfolglos nach dem geraubten Geld abgesucht und den dabei gefundenen Fahrzeugbrief ein-behalten hätten, sei der Geschädigte C.

von
den
anderen Angeklagten
weiter geschlagen
worden. Schließlich hätten die Angeklagten einen hand-schriftlichen Kaufvertrag zwischen dem Angeklagten M.

und dem [X.] über dessen
Pkw aufgesetzt. Der Kaufvertrag habe als Sicherheit dienen sollen, damit die Angeklagten den Pkw unter Vorlage des Vertrages und der Fahrzeugpapiere an Dritte hätten weiterverkaufen können. Der Geschädigte C.

habe durch die Misshandlungen neben zahlreichen Hämatomen u.a. 2
3
-
5
-
Frakturen des [X.], des Orbitalbodenknochens, des Oberkiefers und des Nasenseptums erlitten.
2.
In den Urteilsgründen hat das [X.] zur Würdigung der Beweise im Wesentlichen ausgeführt, dass es bereits an einem unmittelbaren Beweis-mittel fehle, da sowohl der Geschädigte C.

als auch die [X.]

, A.

und J.

, die zur Tatzeit in der [X.] anwesend und an den Taten beteiligt gewesen sein sollen
und deshalb ursprünglich ebenfalls der verfahrensgegenständlichen Tat angeklagt gewesen seien, von ihrem Aus-kunftsverweigerungsrecht nach §
55 StPO Gebrauch gemacht hätten. Allein aufgrund der Aussagen der Polizeibeamten, die seinerzeit die polizeilichen [X.] des Geschädigten C.

durchgeführt hätten, habe die Kam-mer nach dem [X.] das angeklagte Geschehen nicht mit einer zur Verurteilung ausreichenden Sicherheit feststellen können. Der Tatverdacht habe sich dadurch relativiert, dass die Herkunft der erheblichen Verletzungen des Geschädigten C.

im Bereich seines Auges völlig unklar geblieben sei und er gegenüber den ihn behandelnden Ärzten angegeben habe, seine
Verletzungen rührten von einer tätlichen
Auseinandersetzung bereits am 16.
Oktober 2010 her.
3. In der Hauptverhandlung hat die Staatsanwaltschaft die Vernehmung der drei Polizeibeamten B.

, K.

und L.

zum Beweis der Tat-sache
beantragt, dass der Geschädigte C.

am 17.
Oktober 2010 bei [X.] zwar einen leichten blauen Fleck unter dem Auge gehabt, nicht jedoch die auf den Lichtbildern in der Akte dokumentierten Verletzungen

nämlich insbesondere einen blauen Fleck auch auf dem Oberlid, eine geschwollene Nase und einen geschwollenen Kiefer

aufgewiesen habe. Das [X.] hat den Antrag als Beweisermitt-lungsantrag gewertet, dem aus Gründen der Aufklärungspflicht nachzugehen es keinen Anlass gesehen hat. Zur [X.] Begründung der Ablehnung des 4
5
-
6
-
Antrags hat das [X.] ausgeführt, bei den Zeugen handele es sich um ungeeignete Beweismittel, weil die im Antrag in Bezug genommenen Lichtbilder erst im Nachhinein aufgenommen und den Zeugen nie bekannt geworden [X.], sodass sie keine Rückschlüsse ziehen könnten.
4. [X.], der den an einen Beweisantrag zu stel-lenden Anforderungen genügte, ist rechtsfehlerhaft und zwingt zur Aufhebung des Urteils.
a) Ein Beweisantrag kann wegen völliger Ungeeignetheit des Beweismit-tels im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden, wenn dessen Inanspruchnahme von vornherein gänzlich aussichtslos wäre, so dass sich die Erhebung des Beweises in einer reinen Förmlichkeit erschöpfen müsste (st. Rspr., vgl. [X.], Beschlüsse vom 12.
Januar 2010

3 StR 519/09, [X.], 211; vom 5.
Oktober 2011

4
StR 465/11, [X.], 51). Dies ist dann der Fall, wenn mit dem vom Antragsteller benannten Beweismittel die be-hauptete [X.] nach sicherer Lebenserfahrung nicht bestätigt werden kann (LR-Becker, StPO, 26. Aufl., § 244, Rn. 230
mwN). Hier
sollten die drei als Zeugen benannten Polizeibeamten ihre eigenen Wahrnehmungen zu etwaigen Verletzungen des Zeugen C.

zu
dem benannten Zeitpunkt bekunden.
Der vom [X.] angeführte Umstand, dass den
Polizeibeamten die später von Verletzungen des Zeugen C.

gefertigten Lichtbilder nie bekannt ge-worden seien, steht in keinem Zusammenhang mit der Frage, ob die Zeugen die in ihr Wissen gestellten Wahrnehmungen gemacht haben und sich an sie erinnern können, und spricht daher nicht gegen ihre Eignung als Beweismittel. Für eine völlige Ungeeignetheit der benannten Zeugen ist auch sonst nichts erkennbar.
b) Das Urteil beruht auf der fehlerhaften Ablehnung des Beweisantrags, denn es ist nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen, dass die 6
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-
7
-
Strafkammer zu einer anderen Beurteilung gelangt wäre, wenn es die [X.] Beweiserhebung durchgeführt hätte.
5. Der Senat weist zum grundsätzlichen Aufbau eines freisprechenden Urteils auf die Ausführungen in der Antragsschrift des [X.]s hin
(vgl. zu den formellen Anforderungen, die gemäß §
267 Abs.
5 Satz 1 StPO an ein freisprechendes Urteil zu stellen sind, auch [X.], StPO,
55.
Aufl., §
267 Rn.
33; [X.]/[X.], [X.], 28.
Aufl., Rn. 619 ff.).

Becker

[X.]

Berger

Eschelbach

[X.]
9

Meta

2 StR 468/12

30.01.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.01.2013, Az. 2 StR 468/12 (REWIS RS 2013, 8548)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 8548

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2 StR 468/12

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