Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.02.2014, Az. VI R 54/13

6. Senat | REWIS RS 2014, 7514

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Gegenstand

Regelmäßige Arbeitsstätte einer Kabinenchefin


Leitsatz

NV: Eine Kabinenchefin unterhält am Heimatflughafen ihrer Fluglinie auch dann keine regelmäßige Arbeitsstätte, wenn sie diesen arbeitstäglich anfährt.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob [X.]ufwendungen einer [X.] (Teampurserette) für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen nach Maßgabe der Entfernungspauschale zu berücksichtigen sind.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) arbeitet als [X.] für die Fluggesellschaft [X.] Sie lebt in B. Ihr Einsatz- bzw. Heimatflughafen ist [X.]. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2010 die Kosten der Klägerin für die Wege der Klägerin zwischen ihrer Wohnung und dem [X.] erklärungsgemäß entsprechend § 9 [X.]bs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG-- (65 Tage x 285 km x 0,30 €).

3

Der aus anderen Gründen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Die Klägerin begehrte erstmals im Klageverfahren, die Kosten für die Wege in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der [X.] in [X.] sei nicht ihre regelmäßige [X.]rbeitsstätte. Sie sei auswärts tätig. Das Finanzgericht ([X.]) gab, auch soweit es hier von Bedeutung ist, der Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1580 veröffentlichten Gründen statt.

4

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

5

Das [X.] beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit Kosten der Klägerin für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen in [X.] über die Entfernungspauschale in Höhe von 5.361 € hinaus als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger [X.]rbeit abgezogen worden sind, und die Klage insoweit abzuweisen.

6

Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung am 26. Februar 2014 hat das [X.] die Revision mit Schriftsatz vom 5. März 2014 zurückgenommen.

7

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

8

Die Klägerin hat in die Rücknahme der Revision nicht eingewilligt (Schriftsatz vom 19. März 2014).

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 [X.]bs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Zu Recht hat das [X.] entschieden, dass die Kosten der Klägerin für die Wege zwischen ihrer Wohnung und dem Heimatflughafen [X.] in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten abziehbar sind. Über die Revision ist sachlich zu entscheiden, weil das F[X.] die Revision wegen des fehlenden Einverständnisses der Klägerin nicht mehr wirksam zurücknehmen konnte (§ 125 [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]O).

1. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 [X.]bs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen [X.]ufwands als Werbungskosten zu berücksichtigen. Erwerbsaufwendungen in diesem Sinne sind auch die Kosten des [X.]rbeitnehmers für seine Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger [X.]rbeitsstätte. [X.]llerdings dürfen diese Kosten gemäß § 9 [X.]bs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG nur nach Maßgabe einer Entfernungspauschale als Werbungskosten in [X.]bzug gebracht werden.

a) Regelmäßige [X.]rbeitsstätte im Sinne dieser die beruflichen Mobilitätskosten lediglich eingeschränkt berücksichtigenden Regelung ist nur der ortsgebundene Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit des [X.]rbeitnehmers und damit der Ort, an dem der [X.]rbeitnehmer seine aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldete Leistung zu erbringen hat (s. etwa Senatsurteil vom 28. März 2012 VI R 48/11, [X.], 82, [X.], 926).

b) Das ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des [X.]rbeitgebers (Senatsurteile vom 17. Juni 2010 VI R 20/09, [X.], 533, [X.], 32; vom 19. Dezember 2005 VI R 30/05, [X.], 218, [X.], 378, betreffend ein Schiff; in [X.], 82, [X.], 926, betreffend einen LKW bzw. LKW-Wechselplatz). Der [X.]rbeitnehmer muss der ortsfesten dauerhaften betrieblichen Einrichtung zugeordnet sein und diese nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsuchen (Senatsurteil vom 9. Februar 2012 VI R 44/10, [X.] 236, 431, [X.], 234).

c) Eine [X.]rbeitsstätte ist allerdings nicht jeder beliebige Tätigkeitsort, sondern der Ort, an dem der [X.]rbeitnehmer typischerweise seine [X.]rbeitsleistung im Schwerpunkt zu erbringen hat. Insoweit ist entscheidend, wo sich der ortsgebundene Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit eines [X.]rbeitnehmers befindet. Dort liegt die eine regelmäßige [X.]rbeitsstätte, die ein [X.]rbeitnehmer nur haben kann. Dieser Mittelpunkt der dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit bestimmt sich nach den qualitativen Merkmalen einer wie auch immer gearteten [X.]rbeitsleistung, die der [X.]rbeitnehmer an dieser [X.]rbeitsstätte im Einzelnen wahrnimmt oder wahrzunehmen hat, sowie nach dem konkreten Gewicht dieser dort verrichteten Tätigkeit (Senatsurteile vom 19. Januar 2012 VI R 36/11, [X.] 236, 353, [X.], 503; VI R 32/11, [X.], 936; vom 9. Juni 2011 VI R 55/10, [X.] 234, 164, [X.], 38; VI R 36/10, [X.] 234, 160, [X.], 36; VI R 58/09, [X.] 234, 155, [X.], 34).

d) Ist der [X.]rbeitnehmer nicht an einer solchen dauerhaften betrieblichen Einrichtung tätig, liegt regelmäßig eine [X.]uswärtstätigkeit vor, weil der [X.]rbeitnehmer entweder vorübergehend von seiner Wohnung und dem ortsgebundenen Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit entfernt tätig wird, oder weil er schon über keinen dauerhaft angelegten ortsgebundenen Bezugspunkt für seine berufliche Tätigkeit verfügt, sondern nur an ständig wechselnden Tätigkeitsstätten oder auf einem Fahrzeug eingesetzt wird (Senatsurteil vom 18. Juni 2009 VI R 61/06, [X.] 226, 59, [X.], 564).

2. Nach diesen Grundsätzen hat das [X.] zu Recht die Tätigkeit der Klägerin als [X.]uswärtstätigkeit beurteilt.

Die der Fluggesellschaft [X.] als [X.]rbeitgeberin möglicherweise zuzuordnende betriebliche Einrichtung auf dem [X.] erfüllt nicht die Voraussetzungen einer regelmäßigen [X.]rbeitsstätte. Denn die Klägerin war dort nicht in einer Weise tätig, die es rechtfertigt, diesen Tätigkeitsort als regelmäßige [X.]rbeitsstätte zu qualifizieren. Nach den bindenden Feststellungen des [X.] war die Klägerin schwerpunktmäßig im Flugzeug, das mangels Ortsfestigkeit seinerseits keine regelmäßige [X.]rbeitsstätte ist, tätig. Es genügt nach [X.]uffassung des Senats nicht, dass die Klägerin den Betriebssitz mit einer gewissen Nachhaltigkeit aufgesucht hat. Entscheidend ist, dass sie ihrer eigentlichen Tätigkeit außerhalb des [X.] nachgegangen ist.

3. [X.] beruht auf § 135 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

VI R 54/13

26.02.2014

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 2. Juli 2013, Az: 11 K 4527/11 E, Urteil

§ 9 Abs 1 S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 4 EStG 2009, EStG VZ 2010

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 26.02.2014, Az. VI R 54/13 (REWIS RS 2014, 7514)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7514

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