Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.01.2017, Az. 1 StR 481/16

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 16883

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Gegenstand

Gewerbsmäßiger Schmuggel: Fehlerhafte Gesamtstrafenbildung; Anordnung von Wertersatzverfall


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. März 2016 aufgehoben

a) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und

b) im Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Zudem hat es den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 5.400 Euro angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

I.

2

Nach den Feststellungen des [X.]s wurde der Angeklagte auf Veranlassung seines Halbbruders   [X.]   zur Unterstützung beim Vertrieb gefälschter     Software tätig, die in nicht der [X.] angehörenden [X.] erworben wurde. Im Rahmen dieser Tätigkeit verbrachte er bei drei von ihm im Mai und Juni 2013 durchgeführten Transportfahrten aus der [X.] stammende DVDs mit gefälschter Software, die insgesamt einen Transaktionswert von 97.123 Euro hatten, über [X.] und die [X.] nach [X.]. Um Zollkontrollen zu vermeiden, wurde die Ware wahrheitswidrig als Diplomatengepäck ausgewiesen. Obwohl er die Ware bei der Einfuhr in die [X.] zu gestellen hatte, kam er dieser Verpflichtung nicht nach und verkürzte dadurch die anfallende [X.] - bei Zugrundelegung eines Steuersatzes von 19 % - in Höhe von 18.453,37 Euro.

3

Im Rahmen des Vertriebs gefälschter      Software führte der Angeklagte auf Weisung seines Halbbruders    [X.]    noch weitere Tätigkeiten aus. Für die Vielzahl der unterstützenden Tätigkeiten erhielt er von    [X.]   monatlich einen Betrag von 450 Euro, für das [X.] mithin insgesamt 5.400 Euro.

II.

4

[X.] und die Einzelstrafen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Demgegenüber haben die Gesamtfreiheitsstrafe und die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes keinen Bestand.

5

1. [X.] ist rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte hat sich gemäß § 373 Abs. 1 und 4 [X.], § 53 StGB wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in drei Fällen strafbar gemacht, indem er gewerbsmäßig Einfuhrabgaben dadurch hinterzogen hat, dass er entgegen der ihn treffenden Verpflichtung aus Art. 40 ZK umsatzsteuerpflichtige Waren bei der Einfuhr in die [X.] nicht gestellt hat. Bei der [X.] handelt es sich um eine Einfuhrabgabe im Sinne des § 373 [X.] (vgl. [X.]/[X.], Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 373 [X.], Rn. 12 sowie § 370 [X.], Rn. 445). Der Umstand, dass die Waren jeweils nach [X.] weitertransportiert wurden, lässt die im [X.] verwirklichte Strafbarkeit wegen Schmuggels und deren Verfolgbarkeit in [X.] gemäß § 373 Abs. 4, § 370 Abs. 6 [X.] unberührt (vgl. auch [X.], Beschluss vom 14. Oktober 2015 - 1 StR 521/14, [X.], 74).

6

2. Der Rechtsfolgenausspruch hat nur zum Teil Bestand.

7

a) Die Einzelstrafen weisen weder hinsichtlich der [X.] noch bezüglich der Strafzumessung innerhalb dieses Strafrahmens Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insbesondere beschwert es den Angeklagten nicht, dass das [X.] bei Berechnung des [X.] den Steuersatz von 19 % gemäß § 12 Abs. 1 ([X.]) UStG und nicht den jedenfalls höheren Steuersatz des [X.]es, in dem die Straftaten begangen wurden (vgl. [X.]), zugrunde gelegt hat.

8

b) Demgegenüber hat die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand. Das [X.] hat im Rahmen der Zumessung der Gesamtstrafe den Umstand, dass die [X.] bisher nicht beglichen wurde, strafschärfend gewertet ([X.]). Damit hat es rechtsfehlerhaft das Nichtvorliegen eines Strafmilderungsgrundes, nämlich einer Schadenswiedergutmachung, als [X.] berücksichtigt. Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.] ohne diesen Rechtsfehler eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als die verhängte von zwei Jahren und acht Monaten festgesetzt hätte. Die Sache ist daher zu neuer Gesamtstrafenbildung an das [X.] zurückzuverweisen.

9

c) Auch die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes gemäß § 73 Abs. 1, § 73a StGB hat keinen Bestand.

Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ordnet das Gericht den Verfall an, wenn der Täter oder Teilnehmer für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr etwas erlangt hat. Unter den Voraussetzungen des § 73a StGB ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrages an, der dem Wert des [X.] entspricht. Danach kam hier gemäß §§ 73, 73a StGB lediglich der Verfall des Wertersatzes für dasjenige Entgelt in Betracht, das der Angeklagte für die drei abgeurteilten Schmuggeltaten erhalten hat. Ein derartiges Entgelt hat das [X.] jedoch nicht festgestellt. Vielmehr erhielt der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen über das gesamte [X.] hinweg eine monatliche Vergütung von 450 Euro für eine Vielzahl verschiedener Hilfstätigkeiten bei der Durchführung der betrügerischen Unternehmungen des gesondert verfolgten     [X.]   . Damit konnte der Wertersatzverfall nicht wie vom [X.] angenommen an § 73 StGB anknüpfen.

Zwar käme - wie der [X.] in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - unter den Voraussetzungen des § 73d StGB i.V.m. § 263 Abs. 7 StGB ein erweiterter Verfall in Betracht (vgl. auch [X.], Urteile vom 7. Juli 2011 - 3 [X.], [X.]R StGB § 73d Anwendungsbereich 3 und vom 23. Juli 2014 - 2 StR 20/14, [X.], 282). Die Voraussetzungen eines erweiterten Verfalls gemäß § 73d StGB werden durch die vom [X.] getroffenen Feststellungen jedoch nicht hinreichend tragfähig belegt, zumal das [X.] das Verfahren gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfes u.a. der Beihilfe zum Betrug im besonders schweren Fall eingestellt hat ([X.]). Die Sache ist daher auch im Hinblick auf den Verfall des Wertersatzes zu neuer tatrichterlicher Prüfung an das [X.] zurückzuverweisen.

d) Einer Aufhebung von Urteilsfeststellungen bedarf es demgegenüber nicht. Diese wurden rechtsfehlerfrei getroffen und sind von den Wertungs- und Rechtsanwendungsfehlern, die zur Teilaufhebung des angefochtenen Urteils führen, nicht betroffen. Das [X.] kann ergänzende, mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.

Graf     

      

Jäger     

      

Bellay

      

Radtke     

      

Fischer     

      

Meta

1 StR 481/16

24.01.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Halle (Saale), 8. März 2016, Az: 2 KLs 11/15

§ 53 StGB, § 73 StGB, § 73a StGB, § 373 Abs 1 AO, § 373 Abs 4 AO, Art 40 ZK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.01.2017, Az. 1 StR 481/16 (REWIS RS 2017, 16883)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16883

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