Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2016, Az. 3 StR 550/15

3. Strafsenat | REWIS RS 2016, 13639

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:050416B3STR550.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 550/15
vom
5. April 2016
in der Strafsache
gegen

wegen erpresserischen [X.]
u.a.

-
2
-
[X.]er 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu
2. auf dessen Antrag -
am 5.
April 2016 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 8. September 2015 mit den [X.] aufgehoben; jedoch bleiben die Feststellungen zum objek-tiven Tatgeschehen aufrecht erhalten.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückver-wiesen.

2. [X.]ie weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
[X.]as [X.] hat den Angeklagten wegen erpresserischen
[X.] in Tateinheit mit versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung und gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. [X.]agegen wendet sich die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Beschwerdeführers. [X.]as Rechtsmittel hat in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.

1
-
3
-
1. Nach den Feststellungen des [X.]s traf sich der Angeklagte am Freitag, den 20. Februar 2015, mit dem sich für dieses Wochenende im [X.] befindenden Zeugen

S.

. Gemeinsam fuhren beide zu [X.] in [X.].

.
In der Wohnung fragte der Angeklagte S.

nach dem Aufenthalt des gemeinsamen Bekannten [X.]

und erklärte, dieser schulde ihm aus einem [X.]rogengeschäft
120.000

.

erwidert hatte, dass er nicht wisse, wo sich [X.]

aufhalte, forderte der Angeklagte mit der Begründung, er habe [X.]

seinerzeit über ihn, S.

, kennengelernt, die Zahlung nunmehr von [X.] ein. [X.]ieser lehnte das Ansinnen ab. [X.]er Angeklagte verlangte daraufhin immer bestimmter die Zahlung und erklärte schließlich, S.

solle seinen Bru-der im [X.] anrufen, damit dieser sein Haus verkaufe, um die geforderte Summe aufzubringen. Ihm war bewusst, dass er keinen Anspruch
auf Zahlung gegenüber S.

hatte.

Nachdem S.

sich weiterhin weigerte, entschloss sich der Angeklagte, seinen zuvor gefassten [X.] umzusetzen und diesen am Verlassen der Wohnung zu hindern, um den verlangten Geldbetrag -
gegebenenfalls unter Einsatz von [X.]rohungen und Gewalt -
zu erhalten. Zunächst brachte er S.

gegen 18:00 Uhr unter einem Vorwand dazu, sich von ihm Hände und Füße fesseln zu lassen. Sodann beharrte der Angeklagte auf die Begleichung der Schuld des [X.]

, wobei er den Betrag im weiteren Verlauf auf 200.000

h-te. [X.]a S.

es weiterhin ablehnte, für die Schuld des [X.]

einzustehen und seinen Bruder im [X.] anzurufen, ging der Angeklagte dazu über, diesen zu knebeln sowie dessen Mund und Nase mit Klebeband zu umwickeln. Er bekräf-tigte seine Forderungen mit Schlägen gegen den Kopf und äußerte diverse [X.]rohungen. [X.]a dies erfolglos blieb und S.

den Anruf bei seinem Bruder immer noch nicht tätigen wollte, traktierte er ihn weiter mit Schlägen und be-2
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4
-
gann, ihm unter Verwendung einer Säge, einer Rohrzange und einer Fein-mechaniker-Zange Verletzungen zuzufügen. Betroffen waren insbesondere die Schienbeine und die Zehennägel des linken Fußes, die der Angeklagte mit den Zangen versuchte herauszureißen. Trotz der Misshandlungen und [X.]rohungen weigerte er sich jedoch, dem Verlangen des Angeklagten nachzukommen.

[X.]ieser verließ mehrfach die Wohnung. Am Nachmittag des 21. Februar 2015 erklärte er schließlich, S.

habe noch eine Stunde Bedenkzeit, danach werde er dessen [X.] holen; dieser sei dann "dran", sofern er nicht einlenke. Nachdem der Angeklagte die Wohnung verlassen hatte, gelang es S.

, sich von den Fesseln zu befreien und -
nach fast 24 Stunden des gewaltsamen Festhaltens -
durch ein Fenster der im Erdgeschoss gelegenen Wohnung zu flüchten.

2. [X.]ie Verfahrensrüge bleibt aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] ohne Erfolg. Hingegen hält der Schuldspruch wegen tateinheitlichen erpresserischen [X.] (§ 239a Abs. 1 StGB) mate-riellrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Zutreffend ist die [X.] zwar davon ausgegangen, dass sich der Angeklagte seines Opfers bemächtigt hatte. [X.]ie Urteilsgründe belegen jedoch nicht, dass der Angeklagte in der Absicht handelte, die von ihm geschaffene Lage zu einer (besonders schweren räuberischen) Erpressung auszunutzen. Zwischen der [X.] und der beabsichtigten Erpressung muss ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang in der Weise bestehen, dass der Täter das Opfer (oder einen [X.]ritten) während der [X.]auer der Zwangslage er-pressen will. [X.]enn der Zweck der Regelung des §
239a
StGB besteht gerade darin, das Entführen oder Sichbemächtigen deshalb besonders unter Strafe zu 4
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6
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5
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stellen, weil der Täter seine [X.]rohung während der [X.]auer der Zwangslage [X.] realisieren kann und das Opfer aus Sorge um sein Wohl die erstrebte Vermögensverfügung noch während des Bestehens der [X.] vornehmen wird ([X.], Beschlüsse vom 28. November 1995 -
4 [X.], [X.]R StGB § 239a Abs.
1 Sichbemächtigen 5;
vom 19. Juni 2007 -
3 [X.], [X.], 429 mwN).

[X.]iese Voraussetzungen belegen die Urteilsgründe nicht. Sie ergeben nicht, dass es dem Angeklagten darauf ankam, die angewendete Gewalt und die ausgesprochenen [X.]rohungen dazu zu benutzen, dem Opfer die verlangte Geldleistung bereits während der [X.] vollständig oder auch nur teilweise abzupressen. Hiergegen spricht insbesondere, dass der Angeklagte den Geschädigten schon vor der Fesselung aufgefordert hatte, seinen Bruder im [X.] anzurufen und zum Hausverkauf zu bewegen. [X.]anach war ihm [X.], dass es diesem nicht möglich war, die -
während des Geschehens [X.] noch um 80.000

-
Forderung kurzfristig zu begleichen. [X.]ass der Angeklagte vor diesem Hintergrund plante, S.

bis zur Realisierung des [X.] und der hierdurch ermöglichten Begleichung seiner Forderung festzuhalten, lässt sich den Urteilsgründen auch in ihrem Gesamtzusammen-hang nicht entnehmen. Hiergegen spricht nicht nur der Zeitraum, den das vom Angeklagten angestrebte Vorgehen in Anspruch genommen hätte, sondern auch, dass sich der Geschädigte für das Wochenende im [X.] befand und seine nicht rechtzeitige Rückkehr in die Justizvollzugsanstalt B.

na-heliegend umgehend Ermittlungen nach seinem Aufenthalt ausgelöst hätte. Schließlich verhalten sich die getroffenen Feststellungen auch nicht dazu, ob der Angeklagte während der [X.] zumindest eine Teilleistung erstrebte.

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3. [X.]ie Aufhebung erfasst auch die in Tateinheit stehenden, für sich be-trachtet rechtsfehlerfrei festgestellten [X.]elikte der versuchten besonders schwe-ren räuberischen Erpressung und der gefährlichen Körperverletzung. Von dem Rechtsfehler nicht betroffen sind hingegen die Feststellungen zum objektiven Geschehen; sie können daher bestehen bleiben (§
353 Abs.
2 StPO). Ergän-zende, zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehende Feststellungen blei-ben möglich.

[X.] Ri[X.] Hubert
befindet sich

Schäfer

im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Ri[X.] [X.] ist erkrankt Tiemann

und daher gehindert zu

unterschreiben.

[X.]
8

Meta

3 StR 550/15

05.04.2016

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.04.2016, Az. 3 StR 550/15 (REWIS RS 2016, 13639)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 13639

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