Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2006, Az. VIII ZR 284/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3085

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 19. Juni 2006 Kirchgeßner, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 566 Abs. 1, 535 Abs. 1 Satz 2, 320 Abs. 1 Satz 1 Wird vermieteter Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, verliert der Mieter dem Veräußerer gegenüber sein Zu-rückbehaltungsrecht an der rückständigen Miete wegen eines Mangels der Mietsa-che, der vor der Veräußerung entstanden ist. Vom [X.]punkt der Veräußerung an ist nur noch der Erwerber zur Mangelbeseitigung verpflichtet und kann der Mieter nur die Leistung der diesem geschuldeten Miete bis zur Mangelbeseitigung verweigern. [X.], Urteil vom 19. Juni 2006 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juni 2006 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richter [X.], [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der [X.] des [X.] vom 11. November 2005 wird [X.]. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Die Klägerin war Eigentümerin und Vermieterin einer von der Beklagten seit dem 1. November 2000 gemieteten Wohnung. Für die [X.] von Dezember 2002 bis September 2003 war eine Nettokaltmiete von 809,45 • vereinbart. Wegen eines [X.]s oberhalb des Balkonfensters der Wohnung gewährte die Klägerin eine Minderung von 15 %, so dass die [X.] noch 688,03 • betrug. Die Beklagte zahlte darauf von Dezember 2002 bis September 2003 monatlich jeweils 568,48 •. 1 Im Dezember 2003 ließ die Klägerin Arbeiten an dem [X.] vornehmen. Am 29. Juni 2004 ist das Eigentum an der [X.] - 3 - ten Wohnung auf die [X.]

Aktiengesellschaft in B. übergegangen. 3 Mit der Klage hat die Klägerin unter anderem restliche Miete für [X.] 2002 bis September 2003, - nach Abzug von weiteren Minderungsbeträgen für andere, im Januar 2003 beseitigte Mängel - insgesamt 1067,65 • nebst Zin-sen, begehrt. Die Beklagte hat demgegenüber ein Zurückbehaltungsrecht we-gen des [X.] geltend gemacht, der nach ihrem Vortrag bereits kurze [X.] nach den von der Klägerin veranlassten Mangelbeseitigungsarbeiten er-neut aufgetreten sei, wie sie dieser mit Schreiben vom 10. Dezember 2003 auch mitgeteilt habe. Das Amtsgericht hat der Klage hinsichtlich der restlichen Miete für [X.] 2002 bis September 2003 nur Zug um Zug gegen Beseitigung des [X.] stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und die Beklagte uneinge-schränkt zur Zahlung der rückständigen Miete von 1067,65 • nebst Zinsen ver-urteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zuge-lassenen Revision, mit der sie weiterhin ein Zurückbehaltungsrecht an der [X.] bis zur dauerhaften Beseitigung des [X.] geltend macht. 4 - 4 - Entscheidungsgründe: 5 Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] 6 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - veröf-fentlicht in [X.], 145 - ausgeführt: 7 Der Klägerin stehe für den [X.]raum von Dezember 2002 bis einschließ-lich Oktober 2003 (richtig: September 2003) gemäß § 535 Abs. 2 [X.] in [X.] mit § 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrages ein restlicher Mietanspruch in Höhe von 1067,65 • zu. Die Beklagte könne sich ge-genüber der Klägerin nicht auf ein Zurückbehaltungsrecht gemäß §§ 320, 322 [X.] berufen, weil die Klägerin seit dem 29. Juni 2004 nicht mehr Eigentümerin der Wohnung sei. Mit dem Eigentumsübergang sei die [X.]

gemäß § 566 [X.] in das Mietverhältnis eingetreten und Vermieterin geworden. [X.] stünden der Beklagten nach § 566 [X.] nur noch gegenüber der neuen Vermieterin zu. Voraussetzung für ein Zurückbehaltungsrecht sei der synallagmatische Zusammenhang zwischen dem Mängelbeseitigungsanspruch des Mieters auf der einen Seite und dem Mietzahlungsanspruch des Vermieters auf der anderen Seite. Daran fehle es im Verhältnis zum alten Vermieter. Dieser habe nach § 566 Abs. 2 [X.] nur für Schadensersatzansprüche des Mieters gegenüber dem Erwerber wie ein Bürge einzustehen; darum handele es sich bei dem Zurückbehaltungsrecht wegen eines Mangelbeseitigungsanspruchs jedoch nicht. Der Mieter verliere daher das bis zur Veräußerung dem Vermieter gegenüber bestehende Zurückbehaltungsrecht und müsse die bis dahin einbe-haltenen Beträge an den aus dem Mietverhältnis ausscheidenden alten [X.] zahlen. Denn der Gegenanspruch des Mieters aus § 536 [X.] und ein [X.] 5 - auf gestütztes Zurückbehaltungsrecht richte sich nun nur noch gegen den Er-werber. I[X.] 8 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Das Be-rufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Beklagten gegenüber dem Anspruch der Klägerin aus § 535 Abs. 2 [X.] auf Zahlung der Mietrückstände von 1067,65 • für die [X.] von Dezember 2002 bis September 2003 ein [X.] nach § 320 [X.] bis zur Beseitigung des nach der Behauptung der Beklagten erneut aufgetretenen [X.] in der Wohnung nicht zusteht. Der von der Beklagten mit dem Leistungsverweigerungsrecht geltend gemachte Anspruch auf Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemä-ßen Gebrauch geeigneten Zustand (§ 535 Abs. 1 Satz 2 [X.]) ist zwar ein ech-ter Erfüllungsanspruch, der neben den Gewährleistungsrechten nach den §§ 536 ff. [X.] besteht und grundsätzlich gegenüber dem Anspruch des [X.] auf Mietzahlung als vertragliche Gegenleistung die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 [X.]) rechtfertigen kann ([X.], Urteil vom 26. Februar 2003 - [X.], NJW-RR 2003, 727 unter 4; [X.] 84, 42, 44 ff.). Das Berufungsgericht ist jedoch zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte Mangelbeseitigung gemäß § 535 Abs. 1 Satz 2 [X.] von der Klä-gerin nach § 566 [X.] nicht mehr fordern kann und dass der an die Stelle die-ser Forderung getretene Mangelbeseitigungsanspruch gegenüber der neuen Eigentümerin und Vermieterin der Beklagten nicht das Recht gibt, die Zahlung der Miete zu verweigern, die sie der Klägerin für die [X.] vor dem Eigentums-übergang schuldet. 9 - 6 - 1. Gemäß § 566 Abs. 1 [X.] tritt der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis erge-benden Rechte und Pflichten ein. Durch den Eigentumsübergang tritt hinsicht-lich der vertraglichen Ansprüche eine Zäsur ein: alle schon vorher entstandenen und fällig gewordenen Ansprüche bleiben bei dem bisherigen Vermieter, und nur die nach dem [X.]punkt des [X.] fällig werdenden Forde-rungen stehen dem [X.] zu. Ebenso richten sich vertragliche Ansprüche des Mieters gegen den Erwerber, falls sie erst nach dem [X.] entstehen oder fällig werden (Senatsurteil vom 9. Februar 2005 - [X.] ZR 22/04, NJW 2005, 1187 unter [X.] a m.w.Nachw.). 10 Zu den erst nach dem Eigentumswechsel entstehenden oder fällig wer-denden Ansprüchen in diesem Sinne gehört auch der Anspruch des Mieters aus § 535 Abs. 1 Satz 2 [X.] auf Erhaltung der Mietsache in gebrauchsfähigem Zustand. Das gilt entgegen der Ansicht der Revision unabhängig davon, ob ein nach § 535 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu beseitigender Mangel vor oder nach dem Ei-gentumsübergang entstanden ist (MünchKomm[X.]/Häublein, 4. Aufl., § 566 [X.]. 38; [X.]/Jendrek, [X.], 11. Aufl., § 566 [X.]. 11; Wolf/[X.]/[X.], Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., [X.]. 1311). Denn bei der Verpflichtung des Vermieters, die Mietsache wäh-rend der Mietzeit in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zu-stand zu erhalten, handelt es sich um eine Dauerverpflichtung, die auch hin-sichtlich solcher Mängel, die bereits vor Eigentumsübergang aufgetreten sind, in die Zukunft gerichtet ist und die Gegenleistung für die laufend geschuldete Miete darstellt. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vermieters be-gründet der Anspruch des Mieters auf Herstellung eines zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes der Mietsache deshalb unabhängig davon, ob der mangelhafte Zustand vor oder nach Eröffnung des Verfahrens entstanden ist, eine Masseschuld ([X.], Urteil vom 3. April 2003 - [X.], [X.], 11 - 7 - 984 = [X.], 472 unter [X.] und 3). Entsprechend trifft bei einer Veräuße-rung der Mietsache gemäß § 566 Abs. 1 [X.] die [X.] und damit die Verpflichtung zur Beseitigung von Mängeln ab dem [X.]punkt des [X.] den Erwerber der Mietsache, auch wenn der Mangel schon vor dem Eigentumsübergang vorhanden war. 12 Der Erwerber wird "anstelle des (bisherigen) Vermieters" verpflichtet, das heißt, der auf Mangelbeseitigung gerichtete Erfüllungsanspruch gegen den [X.] geht unter (Senatsurteil, [X.] 51, 273, 274; [X.], Mietrecht, 8. Aufl., § 536 [X.] [X.]. 350; [X.]/Jendrek, aaO, § 566 [X.]. 13). Insofern gilt für die Erhaltung der Mietsache in einem zum ver-tragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand entgegen der Auffassung der Revision nichts anderes als für die Gebrauchsüberlassung, die der Mieter ab dem [X.]punkt des [X.] ebenfalls nur noch von dem Erwerber verlangen kann ([X.]/[X.], [X.], 65. Aufl., § 566 [X.]. 20). 2. Da die Klägerin danach nicht mehr zur Beseitigung des von der [X.] behaupteten Mangels verpflichtet ist, fehlt es für ein Leistungsverweige-rungsrecht der Beklagten gegenüber dem Mietzahlungsanspruch der Klägerin an einem - damit synallagmatisch verbundenen (§ 320 [X.]) oder dazu im Ge-genseitigkeitsverhältnis stehenden und auf demselben [X.] (§ 273 [X.]) - Gegenanspruch der Beklagten (Schenkel, [X.], 502, 504; [X.], aaO; a. [X.], [X.], 126, 129 f.; [X.], Mängel in Mieträumen, 4. Aufl., § 536 Abs. 1 [X.]. 140). Einen Schaden wegen Nichterfüllung der [X.] durch die Erwer-berin, für den die Klägerin als ehemalige Vermieterin nach § 566 Abs. 2 Satz 1 [X.] wie eine [X.] einzustehen hätte, macht die Beklagte nicht geltend. Der nunmehr gegenüber der Erwerberin und neuen Vermieterin bestehende [X.] aus § 535 Abs. 1 Satz 2 [X.] berechtigt die Beklagte 13 - 8 - weder gemäß § 320 [X.] noch gemäß § 273 [X.] zur Zurückhaltung der Miete, die sie der Klägerin für die [X.] vor dem Eigentumsübergang schuldet. 14 Eine Fortdauer des Leistungsverweigerungsrechts des Mieters gegen-über dem Veräußerer über den [X.]punkt des [X.] hinaus ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb geboten, damit sich der durch § 566 Abs. 1 [X.] angeordnete [X.] nicht zum Nachteil des Mieters auswirkt. Die Regelung des § 566 [X.] bezweckt zwar grundsätz-lich den Schutz des Mieters und soll dessen Schlechterstellung durch den [X.] des Mietobjektes vorbeugen ([X.] 141, 239, 247). Sie bewirkt diesen Schutz aber dadurch, dass der Erwerber mietrechtlich an die Stelle des Veräu-ßerers tritt und letzterer - vorbehaltlich der sich aus § 566 Abs. 2 [X.] ergeben-den Schadensersatzpflicht - aus dem Mietverhältnis ausscheidet. Soweit damit ein Nachteil des Mieters verbunden ist, weil er ein ihm bis zum Eigentumsüber-gang zustehendes Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Mietzahlungs-verlangen des Veräußerers verliert, ist dies die notwendige Folge davon, dass nach diesem [X.]punkt im Interesse des Mieters anstelle des Veräußerers der Erwerber für alle sich aus dem Mietverhältnis ergebenden Pflichten einzustehen hat. Der Mieter kann deshalb bis zu der nunmehr von dem Erwerber geschulde-ten Mängelbeseitigung die von diesem zu fordernde Miete zurückhalten. Allein auf diese Weise erfüllt das Leistungsverweigerungsrecht aus § 320 [X.] seinen Zweck, als Druckmittel zur Mangelbeseitigung zu dienen ([X.] 127, 245, 253). Das Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung bleibt [X.] davon auch im Verhältnis zum Veräußerer dadurch gewahrt, dass eine schon vor dem Eigentumsübergang wegen des Mangels nach § 536 [X.] ein-getretene - hier einvernehmlich erfolgte - Mietminderung diesem gegenüber fortbesteht. Es ist deshalb entgegen der Auffassung der Revision nicht aus [X.] geboten, dem Mieter darüber hinaus so lange ein [X.] - 9 - verweigerungsrecht gegenüber dem Mietzahlungsverlangen des Veräußerers zu gewähren, bis der vertragsgemäße Zustand der Mietsache - durch den Er-werber - hergestellt worden ist. [X.] [X.] [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 07.12.2004 - 3 C 182/04 - [X.], Entscheidung vom 11.11.2005 - 63 S 37/05 -

Meta

VIII ZR 284/05

19.06.2006

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.06.2006, Az. VIII ZR 284/05 (REWIS RS 2006, 3085)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3085

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