Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.02.2015, Az. XI R 14/14

11. Senat | REWIS RS 2015, 16078

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Gegenstand

Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen beim Verkauf einzelner Unternehmensteile durch mehrere Veräußerer an verschiedene Erwerber


Leitsatz

Beim Verkauf verpachteter Altenheime von einer Unternehmensgruppe an eine andere Unternehmensgruppe liegt keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vor, wenn die Fortführung der Verpachtungstätigkeit die Übertragung von Grundbesitz, Inventar und Gesellschaftsanteilen erfordert und diese Übertragungen von verschiedenen (selbständigen) Veräußerern an verschiedene (selbständige) Erwerber erfolgen.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 13. März 2014  6 K 1396/10 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GbR. Gesellschafter der Klägerin sind die Eheleute [[X.].] Die Klägerin vermietete Grundbesitz an die [[X.].]etreiber von drei "Seniorenresidenzen" in [[X.].], [[X.].] und [[X.].]; deren [[X.].]etreiber sind Schwestergesellschaften der Klägerin in der Rechtsform einer OHG, an denen die Eheleute [X.] ebenfalls je zur Hälfte beteiligt sind. Die Vermietung der Grundstücke erfolgte steuerfrei. Soweit die Klägerin auch Eigentümerin des Inventars war, vermietete sie dieses den [[X.].]etreibern steuerpflichtig; aus den [[X.].]nschaffungskosten für das Inventar wurde ihr der Vorsteuerabzug gewährt. Die Grundstücke und das Inventar waren bei der Klägerin als Gesamthandsvermögen bilanziert.

2

[[X.].]b dem 1. Januar 2006 wurden die drei Seniorenresidenzen von den [[X.].]etreibergesellschaften unterverpachtet an die [X.]-GmbH (im Folgenden [X.]).

3

Daneben verpachtete die Klägerin Grundstücke an die [[X.].]etreiber von weiteren Seniorenresidenzen; bei den [[X.].]etreibern handelte es sich u.a. um die [X.] GmbH & [[X.].]o. KG sowie weitere Schwestergesellschaften.

4

Mit notariellem Vertrag vom 22. Dezember 2006 wurden sämtliche Seniorenresidenzen zum 1. Januar 2007 zu einem Kaufpreis von ... € an eine aus vier [[X.].]ktiengesellschaften bestehende [X.] Investorengruppe veräußert. In dem Vertrag traten elf verschiedene Verkäufer auf. Herr [X.] wurde als "Verkäufer 1" und seine Ehefrau als "Verkäuferin 2" --beide gemeinsam auch als "Eheleute [X.]"-- bezeichnet. Sie handelten u.a. --in ihrer Eigenschaft als allein vertretungsberechtigte, persönlich haftende Gesellschafter-- für die Seniorenresidenz [[X.].] OHG ("Verkäufer 9"), für die Seniorenresidenz [[X.].] OHG ("Verkäufer 10") und für die Seniorenresidenz [[X.].] OHG ("Verkäufer 11").

5

Der Verkäufer 1 und die Verkäuferin 2 veräußerten u.a. den Grundbesitz an die Gesellschaft I [[X.].][[X.].] (Grundstückskäuferin) und als "die Verkäufer" das Inventar an die Gesellschaft J [[X.].][[X.].] ([X.]). [X.]ugleich veräußerten der Verkäufer 1 und die Verkäuferin 2 die [[X.].]eteiligungen an den Personengesellschaften an zwei weitere Gesellschaften, nämlich die K [[X.].][[X.].] (Gesellschaftskäuferin 1) und die L [[X.].][[X.].] (Gesellschaftskäuferin 2); die Erwerber traten gemäß [X.]iffern 1.5 und 6. des Vertrages vom 22. Dezember 2006 in die Pachtverträge mit der [X.] ein.

6

Die Klägerin nahm eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen gemäß § 1 [[X.].]bs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) an und reichte deshalb für das [X.] (Streitjahr) keine Umsatzsteuererklärung ein. Der [[X.].]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --F[[X.].]--) führte bei der Klägerin eine [X.] durch. Die Prüferin ging wegen des Erwerbs von Grundbesitz und Inventar durch verschiedene Gesellschaften von einer gemäß § 1 [[X.].]bs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG steuerbaren --und auch steuerpflichtigen-- Veräußerung des Inventars der Seniorenresidenzen in [[X.].], [[X.].] und [[X.].] durch die Klägerin aus.

7

Das F[[X.].] erließ am 25. Juni 2009 entsprechend den Prüfungsfeststellungen gegenüber der Klägerin einen Umsatzsteuerbescheid für das [X.], mit dem es die Umsatzsteuer auf ... € festsetzte. Der dagegen gerichtete Einspruch, mit dem die Klägerin vorgetragen hatte, die Veräußerungsvorgänge seien als Einheit anzusehen, da die Investorengruppe das Unternehmen habe unverändert fortführen wollen, wurde mit Einspruchsentscheidung vom 17. März 2010 als unbegründet zurückgewiesen.

8

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage statt. Es war der [[X.].]uffassung, dass die Umsätze aus dem notariellen Vertrag vom 22. Dezember 2006 hinsichtlich des (allein) streitbefangenen Inventars zu Recht der Klägerin zugerechnet worden seien, auch wenn diese insoweit nicht ausdrücklich als Verkäuferin bezeichnet worden sei. Die Veräußerung des Inventars sei nicht steuerbar. Denn "hinsichtlich der Veräußerung der Grundstücke, des Inventars und der [[X.].]nteile" an den [[X.].]etriebsgesellschaften sei eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S. von § 1 [[X.].]bs. 1a UStG anzunehmen. Werde --wie im [X.] ein Geschäftsbetrieb von einer Veräußerergruppe an eine Erwerbergruppe --ohne dass die Voraussetzungen der Organschaft erfüllt [X.] veräußert, so könne gleichwohl insgesamt eine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegen. Insoweit folge der Senat den [[X.].]usführungen des [X.] Nürnberg in dessen Urteil vom 6. [[X.].]ugust 2013  2 K 1964/10 (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2013, 1964).

9

Im Streitfall sei die Fortführung des Unternehmens "Verpachtung an die [X.]" in der bisherigen Form nur unter Einbeziehung aller --bewusst in einem [X.]ug übertragenen-- "Komponenten" möglich gewesen. Unerheblich sei, dass auf der [X.] mehrere Gesellschaften --und nicht nur ein einziger Erwerber-- die für die Fortführung des Unternehmens erforderlichen Gegenstände erworben hätten und dass auch auf der [X.] im Streitfall mehrere Personen beteiligt seien, eine davon die Klägerin.

Das Urteil des [X.] ist in E[X.] 2014, 1036 veröffentlicht.

[X.]ur [[X.].]egründung der Revision beruft sich das F[[X.].] auf die Verletzung materiellen Rechts.

Nach seiner [[X.].]uffassung sind die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen schon deshalb nicht erfüllt, weil auf der [X.] und auf der [X.] jeweils mehrere Unternehmer vorhanden seien. In den insoweit eindeutigen unionsrechtlichen Vorgaben und in § 1 [[X.].]bs. 1a UStG seien jeweils einzelne Personen auf [X.] und [X.] genannt. Die vom [X.] vorgenommene rein wirtschaftliche [[X.].]etrachtungsweise stehe damit nicht im Einklang. Die vom [X.] letztendlich vollzogene Verkäufergruppenbildung sei im Übrigen nicht handhabbar. Erschwerend komme der komplexe Sachverhalt mit [[X.].]uslandsbezug hinzu. Schließlich fehlten tatsächliche Feststellungen des [X.] zur entscheidungserheblichen Rechtsfrage, ob überhaupt eine Fortführung des Unternehmens durch die Erwerber stattgefunden habe. Während die Grundstücksübertragung nach § 4 Nr. 9 [[X.].]uchst. a UStG und die [[X.].]nteilsveräußerung nach § 4 Nr. 8 [[X.].]uchst. f UStG steuerfrei seien, sei die von der Klägerin durchgeführte Übertragung des Inventars mithin steuerbar und auch steuerpflichtig.

Das F[[X.].] beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung der Vorinstanz für zutreffend.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des [[[X.].].] und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[[[X.].].]O--).

Das [[[X.].].] hat zu Unrecht entschieden, dass im Streitfall hinsichtlich der Veräußerung des Inventars unter Einbeziehung der Übertragungen des [[X.].] und der Gesellschaftsanteile die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG vorliegen.

1. Die Entscheidung des [[[X.].].], dass die Klägerin hinsichtlich der (allein) streitbefangenen Übertragung des Inventars als Leistende anzusehen ist, begegnet im Ergebnis keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

a) Wer [[[X.].].] ist, kann regelmäßig den zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen entnommen werden (vgl. z.B. Urteil des [[[X.].].] --[[X.].]-- vom 24. April 2013 [[X.].]I R 7/11, [[[X.].].], 459, [[[X.].].], 648, Rz 22; vgl. dazu auch Gerichtshof der [[[X.].].] --[[X.].]--, Urteil vom 20. Juni 2013 [[[X.].].]/11, [[[X.].].], [[[X.].].] --[[X.].]-- 2013, 373, [[[X.].].] --[[X.].]-- 2013, 628). [[[X.].].] ist grundsätzlich derjenige, der im eigenen Namen Lieferungen oder sonstige Leistungen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde im Außenverhältnis gegenüber [[[X.].].] im eigenen Namen oder im Namen des anderen aufgetreten ist (vgl. z.B. [[X.].]-Urteil vom 28. November 1990 V R 31/85, [[[X.].].], 134, [[[X.].].] 1991, 381; vgl. auch [[[X.].].], Umsatzsteuer, 23. Aufl., S. 83).

b) Die vom [[[X.].].] vorgenommene Auslegung des [[[X.].].] dahingehend, dass die Veräußerung des Inventars der Klägerin als leistende Unternehmerin i.S. von § 2 Abs. 1 UStG --und nicht jeweils den Eheleuten [[X.].] als [[X.].] zuzurechnen ist, wird von den Beteiligten nicht in [[X.].]weifel gezogen, ist möglich, verfahrensfehlerfrei zustande gekommen, verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze und bindet daher gemäß § 118 Abs. 2 [[[X.].].]O den Senat (vgl. z.B. [[X.].]-Urteile vom 18. Oktober 2011 I[[X.].] R 58/10, [[X.].], 423, [[[X.].].] 2012, 286, Rz 14, m.w.N.; vom 11. Juli 2012 [[X.].]I R 11/11, [[X.].], 560, [[X.].], 326, Rz 26 f., m.w.N.).

2. Entgegen der Auffassung des [[[X.].].] ist die Steuerbarkeit der Lieferung des Inventars nicht wegen des Vorliegens einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nach § 1 Abs. 1a UStG ausgeschlossen.

a) Nach § 1 Abs. 1a UStG unterliegen die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird (§ 1 Abs. 1a Satz 2 UStG). Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a Satz 3 UStG).

aa) Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 8 der [[X.].]/[[X.].] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern [[X.].] 77/388/[[X.].] (nunmehr Art. 19 der Richtlinie 2006/112/[[X.].] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--). Danach können die Mitgliedstaaten die Übertragung des Gesamtvermögens oder eines Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich oder durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, so behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen.

bb) Art. 5 Abs. 8 der [[X.].]/[[X.].] bezweckt nach der Rechtsprechung des [[X.].], die Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen ([[X.].]-Urteile vom 27. November 2003 [[X.].]/01, [[X.].], Slg. 2003, [[X.].], [[X.].] Beilage 2004, 128, Rz 39; vom 10. November 2011 [[X.].]/10, Schriever, Slg. 2011, [[X.].], [[[X.].].] 2012, 848, [[X.].] 2011, 937, Rz 23; vom 30. Mai 2013 [[X.].]/11, [[X.].] BV, [[X.].] 2013, 337, [[X.].] 2013, 582, Rz 41) und erfasst dementsprechend die Übertragung von Geschäftsbetrieben und von selbständigen Unternehmensteilen, die als [[X.].]usammenfassung materieller und immaterieller Bestandteile ein Unternehmen oder einen Unternehmensteil bilden, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit fortgeführt werden kann ([[X.].]-Urteile [[X.].] in Slg. 2003, [[X.].], [[X.].] Beilage 2004, 128, Rz 40; [[X.].] Slg. 2011, [[X.].], [[[X.].].] 2012, 848, [[X.].] 2011, 937, Rz 25; [[X.].]-Urteile vom 18. Januar 2012 [[X.].]I R 27/08, [[X.].], 571, [[[X.].].] 2012, 842, und vom 19. Dezember 2012 [[X.].]I R 38/10, [[X.].], 366, [[[X.].].], 1053, Rz 33).

Der Erwerber muss dabei beabsichtigen, den übertragenen Geschäftsbetrieb oder Unternehmensteil zu betreiben. Nicht begünstigt ist die sofortige Abwicklung der übernommenen Geschäftstätigkeit ([[X.].]-Urteil [[X.].] in Slg. 2003, [[X.].], [[X.].] Beilage 2004, 128, Rz 44; [[X.].]-Urteile vom 30. April 2009 V R 4/07, [[X.].], 138, [[[X.].].] 2009, 863, unter [[X.].]; in [[X.].], 571, [[[X.].].] 2012, 842, Rz 19; in [[X.].], 366, [[[X.].].], 1053, Rz 34).

cc) Der Begriff des Teilvermögens bezieht sich nicht auf einen oder mehrere lose Bestandteile eines Unternehmens, sondern auf eine Kombination von ihnen, die zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausreicht, auch wenn diese Tätigkeit nur Teil eines größeren Unternehmens ist, von dem sie abgespalten wurde (vgl. [[X.].]-Urteil in [[X.].], 366, [[[X.].].], 1053, Rz 35, m.w.N.).

dd) Im Rahmen einer Gesamtwürdigung ist es für die Annahme einer Geschäftsveräußerung entscheidend, ob das übertragene Unternehmensvermögen als hinreichendes Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht (vgl. [[X.].]-Urteile in [[X.].], 571, [[[X.].].] 2012, 842, und in [[X.].], 366, [[[X.].].], 1053, Rz 36) und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich hinreichend ähneln (vgl. z.B. [[X.].]-Urteil in [[X.].], 366, [[[X.].].], 1053, Rz 36, m.w.N.). Es kommt insoweit nicht darauf an, ob beim Veräußerer eine eigenständige betriebliche Organisation vorlag, sondern vielmehr darauf, ob ein Teilvermögen übertragen wird, das vom Erwerber als selbständiges Unternehmen fortgeführt werden kann (vgl. z.B. [[X.].]-Urteil [[X.].] BV in [[X.].] 2013, 337, [[X.].] 2013, 582, Rz 53); die organisatorischen Verhältnisse beim Veräußerer sind damit unmaßgeblich (vgl. z.B. [[X.].]-Urteil in [[X.].], 366, [[[X.].].], 1053, Rz 45, m.w.N.).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das [[[X.].].] unzutreffend angenommen, die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen lägen vor. Es hat zu Unrecht bei dem streitbefangenen Verkauf des Inventars auch die Veräußerungen des [[X.].] und der Gesellschaftsanteile berücksichtigt und dabei als unmaßgeblich angesehen, dass mehrere Veräußerer und mehrere Erwerber mehrere Veräußerungen vorgenommen haben.

aa) Der [[X.].] hat u.a. mit Hinweis darauf, dass Art. 5 Abs. 8 der [[X.].]/[[X.].] die Formulierung "Übertragender" nur im Singular verwendet, inzwischen geklärt, dass bei Prüfung der Voraussetzungen dieser Bestimmung und Vorliegen mehrerer Leistungsbeziehungen "jeder Vorgang einzeln und selbständig zu beurteilen" ist ([[X.].]-Urteil [[X.].] BV in [[X.].] 2013, 337, [[X.].] 2013, 582, Rz 45 bis 47). Dies gilt gleichermaßen für die seit dem 1. Januar 2007 geltende Regelung in Art. 19 MwStSystRL, in der die Person "des Übertragenden" ebenfalls nur in der Einzahl erwähnt ist. Dementsprechend heißt es in § 1 Abs. 1a Satz 3 UStG, dass "der erwerbende Unternehmer an die Stelle des Veräußerers" tritt (vgl. dazu auch [[X.].]-Urteil vom 4. Februar 2015 [[X.].]I R 42/13, zur amtlichen [[X.].] bestimmt, [[X.].] 2015, 937).

bb) Dies bedeutet, dass für die Prüfung der Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen im Rahmen der streitbefangenen umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der [[X.].] Leistungen außer Betracht bleiben müssen, die --wie hier-- Gegenstand von weiteren --davon zu unterscheidenden-- umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen zwischen anderen Unternehmern sind (so auch [[X.].], [[X.].] 2014, 409).

cc) Die Begründung des [[[X.].].], im zu beurteilenden Fall gehe es "wirtschaftlich" um die Veräußerung eines Geschäftsbetriebs "Verpachtung von Seniorenheimen" durch eine Unternehmergruppe an eine "gänzlich anders strukturiert[e]" andere Unternehmergruppe, das Unternehmen "Verpachtung von Seniorenheimen" an die [[X.].] werde jedoch "von der Erwerbergruppe in gleicher Weise wie vom Veräußerer" fortgeführt (Rz 76 des Urteils), ist mithin nicht maßgeblich.

Auch soweit das [[[X.].].] --im Anschluss an das einen anderen Sachverhalt betreffende, nicht rechtskräftige Urteil des [[[X.].].] Nürnberg in E[[[X.].].] 2013, 1964-- meint, der [[X.].]weck des § 1 Abs. 1a UStG, die Übertragung von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen zu erleichtern sowie der [[X.].] geböten es, eine Geschäftsveräußerung auch dann anzunehmen, wenn ein Geschäftsbetrieb zwar auf mehrere Unternehmer übertragen werde, diese den Geschäftsbetrieb aber in der bisherigen Form nur gemeinsam fortführen könnten und dies auch täten (Rz 95 f. des Urteils), folgt der Senat dem aus den dargelegten Gründen nicht (ebenso Meiisel/Walzer, Der Betrieb 2014, 83; [[X.].], [[X.].] 2014, 409; wohl auch [[X.].], [[X.].] 2013, 744; [[X.].], E[[[X.].].] 2013, 1966).

dd) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ergibt sich für den Streitfall, dass hinsichtlich der streitbefangenen Veräußerung des Inventars durch die Klägerin keine Geschäftsveräußerung im Ganzen vorlag, weil die Erwerber durch diese Anschaffung allein nicht einen selbständigen Unternehmensteil erworben haben, der sie in die Lage versetzt hätte, das von der Klägerin vorher betriebene Vermietungs- und Verpachtungsunternehmen fortzusetzen (vgl. dazu z.B. [[X.].]-Urteil [[X.].] in Slg. 2003, [[X.].], [[X.].] Beilage 2004, 128, Rz 40). Vielmehr waren dazu --wie das [[[X.].].] wiederholt dargelegt hat-- noch die Übertragungen der Gesellschaftsanteile und des [[X.].] erforderlich. Diese Vorgänge durften aber nicht bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen hinsichtlich des streitbefangenen Umsatzes zwischen der Klägerin und der [[X.].] einbezogen werden, weil es sich insoweit um umsatzsteuerrechtliche Leistungsbeziehungen zwischen anderen Vertragspartnern handelte.

ee) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des [[[X.].].] nicht aus dem [[X.].]-Urteil vom 6. Mai 2010 V R 25/09 ([[X.].] 2010, 1873), wonach eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung durch Grundstücksübertragung im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung aufgrund besonderer Umstände auch dann vorliegen kann, wenn auf den Erwerber kein bestehender Mietvertrag übergeht.

Denn diese Rechtsprechung betrifft allein die Frage der Fortführung einer unternehmerischen Tätigkeit durch den Erwerber im Falle der Übertragung von Grundstücken ohne Übergang eines entsprechenden Pacht- oder Mietvertrages (vgl. [[X.].]-Urteil in [[X.].] 2010, 1873, Rz 17 ff.). Darum --oder um [[X.].] geht es im vorliegenden Fall nicht. Hier ist ausschließlich entscheidend, ob die von den Veräußerern vorgenommenen Übertragungen von Grundbesitz und Gesellschaftsanteilen an dritte Erwerber in die Würdigung der Leistungsbeziehung zwischen der Klägerin und der [[X.].] einbezogen werden dürfen. Auf diese --zu verneinende-- Frage ist die Rechtsprechung im [[X.].]-Urteil in [[X.].] 2010, 1873 nicht übertragbar.

ff) Dem steht nicht die Rechtsprechung des [[X.].] und des [[X.].] entgegen, wonach bei dem Erwerb eines Warenbestandes und der Geschäftsausstattung eines Einzelhandelsgeschäfts unter gleichzeitiger Vermietung des Ladenlokals an den Erwerber eine Geschäftsveräußerung im Ganzen gegeben sein kann (vgl. [[X.].]-Urteil [[X.].] Slg. 2011, [[X.].], [[[X.].].] 2012, 848, [[X.].] 2011, 937, und [[X.].]-Urteil in [[X.].], 571, [[[X.].].] 2012, 842). Denn der Streitfall ist mit dem diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar.

3. Die streitbefangene Lieferung des Inventars war auch steuerpflichtig.

a) Insoweit greift keiner der in § 4 UStG genannten gesetzlichen Steuerbefreiungstatbestände ein.

b) Eine Steuerbefreiung kommt insbesondere nicht deshalb in Betracht, weil die Übertragung des [[X.].] nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei ist und die von der Klägerin ausgeführte Lieferung des Inventars als dieser Hauptleistung untergeordnete Nebenleistung anzusehen wäre. Denn mehrere Leistungen können unter dem Gesichtspunkt von Haupt- und Nebenleistung nur dann als einheitliche Leistung gelten, wenn die Leistungen durch einen Leistenden gegenüber ein und demselben Leistungsempfänger erbracht werden (vgl. z.B. [[X.].]-Urteile in [[[X.].].], 459, [[[X.].].], 648, Rz 62, und vom 14. Mai 2014 [[X.].]I R 13/11, [[X.].]E 245, 424, [[[X.].].] 2014, 734, Rz 37; [[[X.].].], [[X.].] 2009, 289 ff.). Davon ist auch das [[[X.].].] ausgegangen (Rz 54 des Urteils). Dies war im Streitfall nicht gegeben, weil das Inventar und der Grundbesitz an verschiedene Erwerber verkauft wurden.

Dasselbe gilt im Verhältnis der streitbefangenen Lieferung des Inventars zu den von den Eheleuten [[X.].] durchgeführten Veräußerungen der Gesellschaftsanteile, die nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG steuerfrei waren, was das [[[X.].].] zutreffend ausgeführt hat (Rz 83 f. des Urteils) und zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist.

4. Das [[[X.].].] ist im Hinblick auf die Anwendung des § 1 Abs. 1a UStG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Seine Entscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif im Sinne einer Klageabweisung.

5. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [[[X.].].]O.

Meta

XI R 14/14

04.02.2015

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 13. März 2014, Az: 6 K 1396/10, Urteil

§ 1 Abs 1a UStG 2005, § 4 Nr 8 Buchst f UStG 2005, § 4 Nr 9 Buchst a UStG 2005, Art 5 Abs 8 EWGRL 388/77, Art 19 EGRL 112/2006, UStG VZ 2007

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.02.2015, Az. XI R 14/14 (REWIS RS 2015, 16078)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 16078

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