Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.09.2014, Az. X R 30/13

10. Senat | REWIS RS 2014, 2933

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Gegenstand

Erweiterung des Prüfungszeitraums einer Außenprüfung wegen der Erwartung nicht unerheblicher Änderungen der Besteuerungsgrundlagen -   Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung - berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit einer nach Abschluss der Außenprüfung erledigten Prüfungsanordnung


Leitsatz

NV: Die Begründung einer Erweiterungsanordnung nur mit dem Verweis auf § 4 Abs. 3 Satz 2 BpO 2000 ist im Hinblick auf § 121 Abs. 2 Nr. 2 AO ausnahmsweise dann ausreichend, wenn das FA dem Stpfl. die Gründe für die Erwartung nicht unerheblicher Änderungen der Besteuerungsgrundlagen bereits zuvor im Rahmen einer Besprechung mitgeteilt hat.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte u.a. aufgrund einer Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Anfang Mai 2012 ordnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[[X.].]--) eine auf § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung ([[X.].]) gestützte Außenprüfung für die Jahre 2008 bis 2010 bei ihm an. Die Prüfung umfasste die Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer und wurde zeitnah begonnen.

2

Der Prüfer beanstandete u.a. die Berücksichtigung bestimmter Schuldzinsen als Betriebsausgaben. Dabei ging es zum einen um ein Darlehen, das die [[X.].] (GmbH) dem Kläger seit Mai 1988 gewährt hatte (Konto 705), zum anderen um ein von der GmbH erst mit Vertrag vom 1. Juli 2008 gewährtes Darlehen (Konto 707). Das [[X.].] nutzte der Kläger laut den Feststellungen des Prüfers nach Art eines laufenden [[X.].]. Da seit dem [[X.].] nur Anschaffungen von Wirtschaftsgütern in geringer Höhe getätigt wurden, nahm der Prüfer an, dass das Darlehen überwiegend nicht betrieblich veranlasst sei und die insoweit angefallenen Zinsen in Höhe von vorläufig 24.628 € (2008), 23.557 € (2009) und 32.251 € (2010) im Schätzungswege in einen privaten und einen betrieblichen Teil aufzuteilen seien. Bezüglich des weiteren Darlehens (Konto 707) stellte er fest, dieses entfalle vollumfänglich auf ein von dem Kläger zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung genutztes Objekt.

3

Mit Verfügungen vom 5. Oktober 2012 erweiterte das [[X.].] die Prüfung u.a. auf die allein noch streitige Einkommen- und Gewerbesteuer 2007. Zur Begründung führte es aus, die Erweiterung des [[X.].] sei nach § 4 Abs. 3 der Betriebsprüfungsordnung (Steuer) [[X.].] erforderlich, weil mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei. Dem vorausgegangen war eine Besprechung mit dem Prozessbevollmächtigten des [[X.].], Steuerberater … ([X.]), bei der auch über eine etwaige Prüfungserweiterung gesprochen worden war. In einem hierüber angefertigten Vermerk hielt das [[X.].] im Zusammenhang mit den das Konto 705 betreffenden Schuldzinsen fest, der Prüfungszeitraum werde evtl. auf die Jahre 2006 und 2007 erweitert.

4

In den [X.] vom 28. November 2012 sah der Prüfer sowohl die Schuldzinsen im Zusammenhang mit dem [[X.].] als auch die das [X.] betreffenden Zinsen als zu 100 % privat veranlasst an.

5

Die Einsprüche gegen die Erweiterungsanordnungen wies das [[X.].] durch [X.] vom 10. Dezember 2012 als unbegründet zurück. In diesen Entscheidungen stellte es zunächst die Feststellungen der Außenprüfung sowohl in Bezug auf das Konto 705 als auch hinsichtlich des Kontos 707 dar. Die Annahme einer nicht unerheblichen Nachforderung sah es "allein aus der Doppelberücksichtigung der Schuldzinsen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und den Einkünften aus Gewerbebetrieb" als gerechtfertigt an.

6

Im Klageverfahren wies das [[X.].] darauf hin, die über das Konto 707 gebuchten Schuldzinsen seien für die Prüfungserweiterung ohne Bedeutung gewesen. Die Begründung, dass mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei, habe sich vielmehr auf die über das Konto 705 gebuchten Schuldzinsen bezogen. Des Weiteren erließ das [[X.].] u.a. für das [X.] geänderte Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide, gegen die der Kläger wiederum Einspruch einlegte. Auf einen entsprechenden Hinweis des Finanzgerichts ([X.]) ging der Kläger zu einer Fortsetzungsfeststellungsklage über, die das [X.] mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 1383 veröffentlichten Gründen abwies.

7

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das [[X.].] habe bei der Erweiterung der Außenprüfung auf die Einkommen- und Gewerbesteuer 2007 ermessensfehlerhaft gehandelt, in dem es bei Erlass der Erweiterungsanordnung sein Ermessen gar nicht und bei Erlass der Einspruchsentscheidung fehlerhaft ausgeübt habe.

8

Der Kläger beantragt,
das angefochtene [X.]-Urteil aufzuheben und festzustellen, dass die Prüfungserweiterungsanordnungen vom 5. Oktober 2012 in Gestalt der [X.] vom 10. Dezember 2012 insoweit, als in ihnen die Prüfung der Einkommensteuer 2007 und Gewerbesteuer 2007 angeordnet wurden, rechtswidrig waren.

9

Das [[X.].] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet.

1. Zu Recht hat das [[[[X.].].].] ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der nach Abschluss der Außenprüfung erledigten Prüfungsanordnungen vom 5. Oktober 2012 bejaht, da dieser insbesondere die aufgrund der getroffenen Feststellungen ergangenen Bescheide angefochten hat (vgl. hierzu Urteil des [[[[X.].].].] --BFH-- vom 16. Dezember 1986 VIII R 123/86, [[[[X.].].].], 426, [[[[X.].].].] 1987, 248, mit umfangreichen Nachweisen).

2. Das [[[[X.].].].] hat die Erweiterungsanordnungen vom 5. Oktober 2012 im Ergebnis zutreffend als rechtmäßig angesehen. Die Voraussetzungen für eine Erweiterung des [[[[X.].].].] haben vorgelegen (unter a). Darüber hinaus ist auch den Begründungsanforderungen Genüge getan (unter b). Der Erlass der [[[[X.].].].] führt zu keinem anderen Ergebnis (unter c).

a) Das [[[[X.].].].] war im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Satz 2 [[[[X.].].].] 2000 berechtigt, die ursprünglich für die Jahre 2008 bis 2010 angeordnete Außenprüfung in zeitlicher Hinsicht auf das [[[[X.].].].] zu erweitern.

aa) Gemäß § 193 Abs. 1 [[[[X.].].].] ist eine Außenprüfung bei Steuerpflichtigen zulässig, die --wie der [[[[X.].].].] einen gewerblichen Betrieb unterhalten. Nach § 194 Abs. 1 Satz 2 [[[[X.].].].] kann eine Außenprüfung mehrere Steuerarten und [[[[X.].].].] umfassen oder sich aber auch auf bestimmte Sachverhalte beschränken. Den Umfang der Außenprüfung hat gemäß § 196 [[[[X.].].].] die zuständige Finanzbehörde [[[[X.].].].] Streitfall das [[[[X.].].].]-- in einer schriftlichen Prüfungsanordnung zu bestimmen. Die Bestimmung des [[[[X.].].].] ist eine von den Gerichten nur gemäß § 102 der Finanzgerichtsordnung ([[[[X.].].].]O) zu überprüfende Ermessensentscheidung (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 21. Juni 2012 IV R 42/11, [[[[X.].].].], 1927).

bb) Die Finanzbehörden haben sich für die Ausübung ihres Ermessens durch die [[[[X.].].].] 2000 dahin gebunden, dass bei Steuerpflichtigen, die --wie der [[[[X.].].].] kein Großbetrieb oder Unternehmen i.S. der §§ 13 und 19 [[[[X.].].].] 2000 sind, der Prüfungszeitraum in der Regel nicht mehr als drei zusammenhängende [[[[X.].].].] umfassen soll (§ 4 Abs. 3 Satz 1 [[[[X.].].].] 2000). Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 [[[[X.].].].] 2000 kann der Prüfungszeitraum aber u.a. dann drei [[[[X.].].].] übersteigen, wenn mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist. Diese [[[[X.].].].] ist als Maßnahme der Selbstbindung der Verwaltung bei der Ermessensausübung auch im gerichtlichen Verfahren zu beachten (BFH-Urteil in [[[[X.].].].], 1927).

cc) Die Feststellung, ob mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen --und damit letztlich mit nicht unerheblichen Steuernachforderungen-- zu rechnen ist, erfordert eine Voraussage, die durch Tatsachen gestützt sein muss (vgl. hierzu BFH-Urteile vom 1. August 1984 I R 138/80, [[[[X.].].].], 198, [[[[X.].].].] 1985, 350; vom 25. April 1985 IV R 342/84, [[[[X.].].].] 1987, 79; vom 28. April 1988 IV R 106/86, [[[[X.].].].], 210, [[[[X.].].].] 1988, 857; vom 14. September 1993 VIII R 56/92, [[[[X.].].].] 1994, 677).

[[[[X.].].].]) Nach den tatsächlichen Feststellungen des [[[[X.].].].], die für den erkennenden Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 [[[[X.].].].]O), bestand sowohl bei Erlass der Erweiterungsanordnungen als auch noch im Zeitpunkt der [[[[X.].].].] aufgrund konkreter, durch die Prüfung der Jahre 2008 bis 2010 aufgedeckter Umstände --nämlich der gewinnmindernden Berücksichtigung der Schuldzinsen für das auf dem Konto 705 geführte Darlehen, obwohl keine betriebliche Veranlassung erkennbar war-- die begründete Vermutung, dass aufgrund vergleichbarer Verhältnisse mit einer nicht unerheblichen Änderung des Gewinns aus Gewerbebetrieb des Jahres 2007 zu rechnen war.

Insbesondere ist dabei die Würdigung des [[[[X.].].].], dieser Sachverhalt sei erkennbar für die Entscheidung des [[[[X.].].].] ausschlaggebend gewesen, den Prüfungszeitraum auch auf das [[[[X.].].].] auszudehnen, in revisionsrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers ist dies durch den gefertigten Vermerk über die Besprechung zweifelsfrei dokumentiert. Da die Voraussetzungen für eine Ausdehnung des [[[[X.].].].] --wie vorstehend ausgeführt-- tatsächlich vorlagen, ist die Entscheidung des [[[[X.].].].] unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden, insbesondere sind Anhaltspunkte für ein willkürliches, schikanöses oder unverhältnismäßiges Verhalten des [[[[X.].].].] nicht ersichtlich.

b) Dem Erfordernis, die Erweiterung der Außenprüfung zu begründen, ist vorliegend hinreichend Rechnung getragen worden.

aa) Als schriftlicher Verwaltungsakt ist die Erweiterung einer Prüfungsanordnung (§ 196 [[[[X.].].].]) nach § 121 Abs. 1 [[[[X.].].].] schriftlich zu begründen, soweit dies zu ihrem Verständnis erforderlich ist.

Nach ständiger Rechtsprechung muss, wenn das [[[[X.].].].] den Prüfungszeitraum über die von der Finanzverwaltung im Wege einer Selbstbindung ihres Ermessens festgelegten regelmäßig vorgesehenen Zeitgrenze hinaus verlängern will, die Anordnung so begründet werden, dass das [[[[X.].].].] in der Lage ist, seiner gerichtlichen Ermessenskontrolle (vgl. § 102 [[[[X.].].].]O) nachzukommen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1978 I R 131/75, [[[[X.].].].], 379, [[[[X.].].].] 1979, 162, m.w.N.; Senatsurteil vom 2. September 2008 [[[[X.].].].], [[[[X.].].].] 2009, 3).

Wird die Ausdehnung des [[[[X.].].].] im Hinblick auf die Erwartung nicht unerheblicher Steuernachforderungen vorgenommen, so muss die erforderliche Zukunftsprognose --wie ausgeführt-- auf Tatsachen gestützt werden. Diese Gesichtspunkte bestimmen und begrenzen die Anforderungen an den Begründungszwang des [[[[X.].].].] (vgl. BFH-Urteil in [[[[X.].].].], 379, [[[[X.].].].] 1979, 162; Senatsurteil in [[[[X.].].].] 2009, 3). Indessen sind auch in diesem Fall die konkreten Ermessenserwägungen nicht im Einzelnen darzustellen (BFH-Urteil in [[[[X.].].].] 1994, 677, unter II.2.d; Senatsurteil in [[[[X.].].].] 2009, 3). Wird der Prüfungszeitraum --wie im [[[[X.].].].] im Rahmen einer Routineprüfung erweitert, so wird die mit der Durchführung der Außenprüfung verbundene generelle Belastung nicht wesentlich erhöht (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 1989 III R 36/88, [[[[X.].].].], 54, [[[[X.].].].] 1989, 445).

Eine Begründung ist dann entbehrlich, wenn dem Adressaten des Verwaltungsakts die Auffassung der Finanzbehörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schriftliche Begründung ohne Weiteres erkennbar ist (§ 121 Abs. 2 Nr. 2 [[[[X.].].].]).

bb) Bei Heranziehung dieser Rechtsgrundsätze hat das [[[[X.].].].] die Prüfungserweiterung ausreichend begründet.

Das [[[[X.].].].] hat für den Senat bindend festgestellt, dass das [[[[X.].].].] eine Prüfungserweiterung "wegen der auf dem Konto 705 gebuchten Schuldzinsen" vor Erlass der Erweiterungsanordnungen zwar nicht mit dem Kläger persönlich, wohl aber mit [[[X.].].] besprochen hatte, der den Kläger später über das Gesagte informierte. Angesichts des von dem Prüfer über die Besprechung gefertigten Vermerks und nicht zuletzt der Einlassung des [[[X.].].] in der mündlichen Verhandlung begegnet die Würdigung des [[[[X.].].].], dem Kläger sei damit hinreichend bekannt gewesen, auf welchen Sachverhalt sich der in den Erweiterungsanordnungen angegebene Grund stützte, es sei mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen, aus revisionsrechtlicher Sicht keinen Bedenken. Eine durchgreifende Verfahrensrüge hat der Kläger insoweit nicht erhoben. Insbesondere reicht es nicht aus, wenn er nun geltend macht, für ihn sei aus dem Gespräch nicht erkennbar gewesen, aus welchen konkreten Gründen eine Prüfungserweiterung in Betracht gekommen sei, zumal der Kläger selbst bei der maßgeblichen Besprechung gar nicht anwesend war.

c) Soweit das [[[[X.].].].] seine Prognose, es seien nicht unerhebliche Steuernachforderungen zu erwarten, in den [[[[X.].].].] mit den gewinnmindernd berücksichtigten Schuldzinsen für das erst Mitte des Jahres 2008 gewährte Darlehen (Konto 707) begründet hat, macht dies die Anordnung der Prüfungserweiterung unter den Gegebenheiten des Streitfalls nicht ermessenwidrig.

aa) Zu Recht ist das [[[[X.].].].] zunächst davon ausgegangen, dass das [[[[X.].].].] seine Prognose als Grundlage für die Erweiterung der Betriebsprüfung auf das Vorjahr 2007 hierauf nicht stützen konnte, da die Feststellungen auf einem besonders gelagerten, erst während des regulären [[[[X.].].].] beginnenden Sachverhalt basierten.

bb) Auch wenn das [[[[X.].].].] die Erweiterung der Betriebsprüfung in zeitlicher Hinsicht auf das [[[[X.].].].] somit nicht mit dem erst Mitte des Jahres 2008 gewährten Darlehen "707" begründen konnte, hat es doch in der Einspruchsentscheidung zum Darlehen "705" zumindest diejenigen tatsächlichen Feststellungen getroffen, die die Begründung der Prüfungserweiterung ohne Weiteres getragen hätten.

(1) Zwar macht der Kläger zu Recht geltend, entscheidend sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Es stellt indes keinen Ermessensfehler dar, wenn eine Behörde ihre Entscheidung auf mehrere Ermessenserwägungen stützt, von denen zwar eine oder einzelne fehlerhaft sind, die Behörde aber zum Ausdruck gebracht hat, dass bereits jede einzelne der Ermessenserwägungen sie dazu veranlasst hat, die von ihr getroffene Entscheidung vorzunehmen, also insofern bereits allein tragend ist [[[[X.].].].]/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 20. Aufl., § 114 Rz 6a, m.w.N.). Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung genügt es, dass ein selbständig tragender Grund rechtlich fehlerfrei ist (z.B. Urteile des [[X.].] --BVerwG-- vom 19. Mai 1981  1 [[X.].] 169/79, [[X.].], 215; vom 21. September 2000  2 [[X.].] 5/99, [[X.].] 2001, 216).

(2) Der Senat kann offenlassen, ob die Formulierung in der Einspruchsentscheidung vom 10. Dezember 2012, wonach die Annahme einer nicht unerheblichen Nachforderung "Allein aus der Doppelberücksichtigung der Schuldzinsen im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und den Einkünften aus Gewerbebetrieb" nur auf die für das Streitjahr nicht einschlägigen Feststellungen zum Darlehen bezogen sind oder auch die ursprünglichen zutreffenden Erwägungen zum Konto 705 umfassten. Jedenfalls konnte ein objektiver Empfänger die Einspruchsentscheidung nicht in dem Sinn verstehen, das [[[[X.].].].] halte die ursprünglichen (zutreffenden) Erwägungen nicht mehr aufrecht (vgl. § 44 [[[[X.].].].]O). Das [[[[X.].].].] hat im Tatbestand seiner Einspruchsentscheidung die Feststellungen zu beiden Darlehen (705 und 707) angesprochen. In den Gründen der Einspruchsentscheidung sind keine Ausführungen enthalten, wonach an den ursprünglichen dem [[[X.].].] bekannt gegebenen Erwägungen (s. oben bei [X.]) nicht mehr festgehalten werde.

Bei einer solchen Sachlage war das [[[[X.].].].] gemäß § 102 Satz 2 [[[[X.].].].]O befugt, die von ihm bereits im Verwaltungsverfahren angestellten zutreffenden Erwägungen hinsichtlich des Verwaltungsakts zu verdeutlichen (Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 102 Rz 20). Dies hat das [[[[X.].].].] getan, indem es im Klageverfahren seine Erwägungen hinsichtlich der über das Konto 705 gebuchten Schuldzinsen als maßgeblichen Grund für die Prüfungserweiterung hervorgehoben hat. Mit seiner Klageerwiderung hat das [[[[X.].].].] nichts in das Verfahren eingeführt, was den Rahmen des § 102 Satz 2 [[[[X.].].].]O hätte sprengen können, sondern lediglich an Stelle der bisherigen [X.] präzise und korrekt mitgeteilt, warum die Prüfungserweiterung erlassen wurde und erlassen werden durfte.

(3) Jedenfalls bei Vorliegen einer solchen Konstellation war die Verdeutlichung der Ermessenserwägungen im Rahmen des finanzgerichtlichen Verfahrens auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil Gegenstand des Prozesses eine die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts betreffende Fortsetzungsfeststellungsklage war (die Möglichkeit der Ergänzung von Ermessenserwägungen bejahend: BVerwG-Beschluss vom 15. März 2000  2 B 98/99, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2000, 1186; [[[[X.].].].] in [X.]/ [X.], Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rz 206; a.A.: Bamberger in [X.], Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rz 29; [X.] in [X.], Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rz 41; [X.] in [X.]/[[[[X.].].].], Verwaltungsgerichtsordnung, § 114 Rz 43.1, und auch Lange in [X.]/[X.]/[X.], § 102 [[[[X.].].].]O Rz 75).

(4) Es spricht nichts dafür, dass nach Auffassung der [X.] des [[[[X.].].].] nur beide Gründe zusammen die Entscheidung rechtfertigen sollten. Vielmehr ist angesichts der Umstände des Streitfalls davon auszugehen, dass das [[[[X.].].].] die Entscheidung zur Prüfungserweiterung (weiterhin) auch dann getroffen hätte, wenn es nicht fehlerhaft davon ausgegangen wäre, die Erwartung nicht unerheblicher Änderungen der Besteuerungsgrundlagen im Streitjahr 2007 auch mit den zu Unrecht als Betriebsausgaben berücksichtigten Schuldzinsen für das (private) Darlehen "707" begründen zu können. Dies folgt neben den Tatsachenfeststellungen zum Darlehen "705" auch daraus, dass das [[[[X.].].].] in der Einspruchsentscheidung Bezug auf die BFH-Rechtsprechung zum Ausmaß der zu erwartenden Mehrsteuern genommen hat. Ihm war damit bewusst, dass in betraglicher Hinsicht jeder Sachverhalt für sich allein eine Prüfungserweiterung rechtfertigte, es insoweit mithin gerade keiner Kumulation bedurfte.

3. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 [[[[X.].].].]O).

Meta

X R 30/13

16.09.2014

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 14. Juni 2013, Az: 14 K 135/13 AO, Urteil

§ 121 AO, § 194 Abs 1 S 2 AO, § 4 Abs 3 S 2 BpO 2000, § 102 FGO, § 100 Abs 1 S 4 FGO, § 5 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.09.2014, Az. X R 30/13 (REWIS RS 2014, 2933)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2933

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