Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2007, Az. IV ZR 208/03

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5604

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/03 Verkündet am:

24. Januar 2007

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: nein [X.] §§ 149, 152; [X.] § 4 Nr. 5 Zur Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den [X.] beim Risi-koausschluss der Schadenstiftung durch wissentliche Pflichtverletzung in der [X.] (Fortführung von [X.], Urteil vom 18. Februar 2004 - [X.]/02 - VersR 2004, 590). [X.], Urteil vom 24. Januar 2007 - [X.]/03 - [X.][X.] - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 24. Januar 2007 für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 20. Zi-vilsenats des [X.] vom 16. Juli 2003 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Deckungsschutz aus einer Haftpflichtversicherung in Anspruch. Versichert war seine gesetzliche Haftpflicht für Vermögensschäden aus der Tätigkeit als selbständiger Generalvertreter der W.
-Versicherungsgruppe. 1 [X.] Versicherung AG (–.) hatte vom Kläger Schadensersatz verlangt, weil er sich bei der Aufnahme und Weiterlei-tung eines Antrags vom 13. Mai 1997 auf Abschluss einer Hausratversi-cherung pflichtwidrig verhalten habe. Im Antrag war anzugeben, ob für 2 - 3 -

den Antragsteller oder seinen Ehegatten bereits gleichartige [X.] bestehen oder bestanden hatten, wer den Vertrag gekündigt [X.] und wie viele Schäden welcher Art und in welcher Höhe in den letzten fünf Jahren eingetreten waren. Nach den Regeln für die [X.] mussten Fragen nach früheren Versicherungen/Schäden in jedem Fall beantwortet werden. Nach den Annahmerichtlinien wurden [X.] nicht übernommen, wenn ein gleichartiger Versicherungsvertrag nach einem Schaden vom Versicherer gekündigt worden war. Obwohl die Antragstellerin den jetzigen Kläger - so die Klägerin des [X.] auf die Kündigung durch den vorherigen [X.] wegen zwei Schäden über insgesamt 200.000 DM durch [X.] hingewiesen habe, habe er dies in den Antrag nicht aufgenommen. Dieser bewusste Verstoß gegen die ihm bekannten Richt-linien habe dazu geführt, dass der Antrag angenommen worden sei und die Versicherungsnehmerin wegen eines Einbruchdiebstahls vom 10. Oktober 1998 in Höhe von 83.293,60 DM entschädigt werden [X.]. Im [X.] hat das [X.] den Kläger durch Urteil vom 7. Dezember 2001 rechtskräftig zum Schadensersatz verurteilt, weil er seine vertraglichen Pflichten bei der Vermittlung des Versicherungsvertrages jedenfalls fahrlässig verletzt habe.
Die Beklagte behauptet, der Kläger habe seine Pflichten als Versi-cherungsvermittler wissentlich verletzt. Für Haftpflichtansprüche wegen Schadenstiftung durch wissentliche Pflichtverletzung bestehe nach § 4 Nr. 5 der vereinbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen ([X.]) kein Versicherungsschutz. 3 - 4 -

4 Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision erstrebt die Beklagte die Zurück-weisung der Berufung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 5 I. Das [X.] (r+s 2004, 17) meint, eine wissentliche Pflichtverletzung, für die die Beklagte die Beweislast trage, lasse sich auf der Grundlage der in gewissem Umfang bestehenden Bindungswir-kung des Urteils des [X.]s im [X.] nicht fest-stellen. Danach stehe im [X.] bindend fest, dass der Kläger mit der Antragstellerin [X.]

und ihrem Ehemann verabredet habe, davon auszugehen, dass die Schäden mehr als fünf Jahre zurücklägen, wenn er von den Eheleuten nichts mehr höre, und dass er fälschlich da-von ausgegangen sei, die Fragen nach Vorversicherungen und Vorschä-den könnten verneint werden, wenn die Schäden und die Kündigung der Vorversicherung mehr als fünf Jahre zurücklägen. Soweit diese Tatsa-chen vorliegend relevant seien, bestehe auch [X.]. Keine Bindungswirkung bestehe hinsichtlich der Bewertung der Pflicht-verletzungen des [X.] im Haftpflichturteil als fahrlässig. Eine wissent-liche Pflichtverletzung sei nicht anzunehmen. Es lasse sich jedenfalls nicht feststellen, dass der Kläger die Richtlinien der – und den Inhalt des Antrags wissentlich verkannt hätte. Seine zugrunde zu legende Fehlvorstellung über die Bedeutung der [X.] und die zu [X.] - 5 -

stellende Verabredung mit den Eheleuten R.

lasse sein Verhal-ten vielmehr lediglich als grob fahrlässig erscheinen. Dem mit den Zeu-gen [X.] unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten, sie [X.] dem Kläger zu den Vorschäden hinreichend präzise Zeitangaben gemacht und es sei besprochen worden, dass ein Versicherungsantrag wegen der Vorschäden heikel sei, sei wegen der Bindungswirkung nicht nachzugehen.

[X.] Die Revision beanstandet zu Recht, dass das Berufungsgericht den Umfang der Bindungswirkung des Haftpflichturteils für den [X.] verkannt hat. 7 1. Der Senat hat im Urteil vom 18. Februar 2004 ausführlich zu den Grenzen der Bindungswirkung Stellung genommen ([X.]/02 - VersR 2004, 590 unter [X.] und 2 m.w.[X.]). Danach entfalten Feststellun-gen im vorangegangenen [X.] zwischen dem Geschädigten und dem Versicherungsnehmer im nachfolgenden [X.] zwi-schen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer Bindungswirkung nur bei [X.]. Nach dem in der Haftpflichtversicherung geltenden Trennungsprinzip ist grundsätzlich im [X.] zu entscheiden, ob und in welcher Höhe der Versicherungsnehmer dem [X.] gegenüber haftet. Notwendige Ergänzung des Trennungsprinzips ist die Bindungswirkung des rechtskräftigen Haftpflichturteils für den nachfolgenden Deckungsrechtsstreit. Damit wird verhindert, dass die im [X.] getroffene Entscheidung und die zugrunde liegenden Feststellungen im [X.] erneut überprüft werden können. Die Bindungswirkung geht aber nicht weiter, als sie danach geboten ist. Geboten ist die Bindungswirkung nur insoweit, als eine für die [X.] - 6 -

dung im [X.] maßgebliche Frage sich auch im [X.] nach dem vom Haftpflichtgericht gewählten rechtlichen Begrün-dungsansatz bei objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung als ent-scheidungserheblich erweist, also [X.] vorliegt. Nur dann ist es gerechtfertigt anzunehmen, eine Feststellung sei Grundlage für die Entscheidung im [X.]. Die Begrenzung der Bin-dungswirkung auf Fälle der [X.] ist insbesondere deshalb geboten, weil der Versicherungsnehmer und der Versicherer keinen Einfluss darauf haben, dass der [X.] "überschießen-de", nicht entscheidungserhebliche Feststellungen trifft oder nicht ent-scheidungserhebliche Rechtsausführungen macht. Beruht die [X.] im [X.] auf einer lediglich fahrlässigen Pflichtverlet-zung, ist im [X.] in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen, ob der Versicherungsnehmer diese Pflicht wissentlich verletzt hat, wenn der Versicherer sich darauf beruft (Senatsurteil vom 28. Sep-tember 2005 - IV ZR 255/04 - [X.], 106 unter II 2 m.w.[X.]; vgl. auch [X.], Urteil vom 28. April 1958 - [X.]/57 - [X.], 361 unter 1).
2. Daran gemessen besteht die vom Berufungsgericht angenom-mene Bindungswirkung nicht. Die für die Entscheidung im Deckungspro-zess maßgebliche Frage der wissentlichen Pflichtverletzung war nach dem vom [X.] im [X.] gewählten rechtlichen Begründungsansatz nicht entscheidungserheblich, so dass es an der [X.] fehlt. 9 a) Nur für die Beurteilung der Pflichtverletzung als wissentlich im Sinne von § 4 Nr. 5 [X.] kommt es auf tatsächliche Feststellungen dazu an, ob dem Kläger bei Aufnahme und Weiterleitung des Antrags und dem 10 - 7 -

späteren Telefongespräch mit dem Innendienstmitarbeiter S. , wie die Beklagte unter Beweisantritt behauptet hat, bekannt war, dass die Vorschäden innerhalb der [X.] lagen und der [X.] deshalb gesprächsweise als heikel bezeichnet worden ist.
b) Für die Entscheidung des [X.]s im [X.] war dies unerheblich. Es hat die Verurteilung des [X.] zum Schadensersatz unter objektiv zutreffender rechtlicher Würdigung schon auf der Grundlage des insoweit in der Verhandlung des [X.] festgestellten Sachverhalts auf eine fahrlässige Verletzung seiner Pflichten als Vermittler gestützt. Unter Verstoß gegen die Richtlinien der – habe er den Antrag auf Abschluss der [X.], obwohl die Fragen nach früheren Versicherungen und [X.] nicht beantwortet waren; die Frage des Innendienstmitarbeiters S. nach einer gleichartigen Vorversicherung habe er objektiv falsch mit nein beantwortet. Der darüber hinausgehenden Behauptung der – , der Kläger habe den Antrag trotz genauer Kenntnis von den Vorschäden, deren Zeitpunkt und der Vorversicherung bewusst [X.] weitergeleitet, um die Ablehnung zu vermeiden, ist das Oberlan-desgericht im [X.] mit Recht nicht nachgegangen; darauf kam es für seine Entscheidung schon nicht mehr an. 11 3. Die für die Beurteilung der Pflichtverletzung als wissentlich er-forderlichen Tatsachen sind demgemäß im [X.] festzustel-len. Da dies rechtsfehlerhaft unterblieben ist, wird das Berufungsgericht dies unter Berücksichtigung des Parteivortrags und der Beweisangebote nachzuholen haben. 12 - 8 -

13 I[X.] Die Beklagte ist auch nicht, wie das Berufungsgericht hilfsweise kurz anmerkt, verpflichtet, aufgrund ihres Schreibens vom 7. Juni 1999 die Kosten der erstinstanzlichen Rechtsverteidigung im [X.] zu tragen. Die Revision weist mit Recht darauf hin, dass die Be-klagte Kostendeckungsschutz in Unkenntnis der wissentlichen [X.] und nur in [X.] Umfang zugesagt hat. Gibt der Haftpflichtversicherer zur Verteidigung gegen den Haftpflichtanspruch in Unkenntnis eines Ausschlussgrundes eine Deckungszusage ab, kann er sich, wenn die Voraussetzungen des Ausschlusses später festgestellt werden, in vollem Umfang auf Leistungsfreiheit berufen (vgl. [X.], [X.] vom 20. September 1978 - [X.] - VersR 1978, 1105 unter I und vom 7. November 1966 - [X.] - VersR 1967, 27 unter III; - 9 -

[X.] in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 149 Rdn. 26 a.E.; [X.]/ [X.] in [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. § 149 Rdn. 7; vgl. zur [X.] in der Rechtsschutzversicherung [X.], Urteil vom 18. März 1992 - [X.] - [X.], 568 unter 2).
[X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.11.2002 - 16 O 265/02 - [X.], Entscheidung vom 16.07.2003 - 20 U 36/03 -

Meta

IV ZR 208/03

24.01.2007

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2007, Az. IV ZR 208/03 (REWIS RS 2007, 5604)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5604

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