Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2017, Az. 3 StR 93/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 7480

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:250717B3STR93.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 93/17

vom
25. Juli
2017
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen gefährlicher Körperverletzung u.a.

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] -
zu
2. auf dessen Antrag
-
am 25.
Juli 2017 gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
354 Abs.
1 analog [X.] einstimmig be-schlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird
a)
das Urteil des [X.] vom 4.
November 2016 in den [X.] dahin geändert, dass die Ange-klagten im Fall
2 der Urteilsgründe wie folgt schuldig sind:
[X.])
die Angeklagten E.

und [X.]

der gefährlichen
Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand ge-gen Vollstreckungsbeamte, der Angeklagte E.

zusätzlich in Tateinheit mit Beleidigung;
bb)
der Angeklagte [X.]

der Körperverletzung in
Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbe-amte;
b)
das vorgenannte Urteil aufgehoben
[X.])
im Fall 1 der Urteilsgründe mit den zugehörigen Feststellungen, soweit es die Angeklagten [X.]

und E.

betrifft;
bb)
in den (verbleibenden) Strafaussprüchen; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrecht-erhalten.
-
3
-
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.
2.
Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten wie folgt verurteilt: die Angeklagten [X.]

und E.

jeweils wegen gefährlicher
Körperverletzung in drei tatein-
heitlichen Fällen und wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Wi-derstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei tateinheitlichen Fällen
-
den An-geklagten E.

insoweit zusätzlich in weiterer Tateinheit mit Beleidigung
-
zu
Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren (Angeklagter [X.]

) bzw. vier Jahren
(Angeklagter E.

) und den Angeklagten [X.]

wegen gefährlicher Körperver-
letzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in zwei tat-einheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Mona-ten; im Übrigen hat es den Angeklagten [X.]

freigesprochen. Die Beschwer-
deführer [X.]den sich mit ihren Revisionen gegen ihre Verurteilungen und rü-gen die Verletzung materiellen Rechts; der Angeklagte [X.]

beanstandet zu-
dem das Verfahren. Die Rechtsmittel haben den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweisen sie sich als unbegründet im Sinne von §
349 Abs.
2 [X.].
1
-
4
-
I.
Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:
Die Angeklagten beschlossen in der Tatnacht, nachdem sie an einem Clubtreffen des Motorradclubs C.

MC teilgenommen hatten, gemeinsam
mit zwei Bekannten eine Kneipentour durch T.

zu unternehmen. Sie tranken
dabei Alkohol, ohne dass festgestellt werden konnte,
was genau und wieviel jeder von ihnen zu sich nahm. Gegen 5:30
Uhr morgens begegneten sie den später Geschädigten und deren Begleiterin, die von einer Weihnachtsfeier ka-men, dort ebenfalls Alkohol getrunken hatten und leicht angetrunken waren. Eine Person aus der Gruppe um die Angeklagten hob einen Gullideckel aus seiner Fassung und legte ihn mitten auf die [X.]. Dies sah der Zeuge
M.

, war darüber verärgert, äußerte dies laut und begann, den Deckel
wieder zurückzuschieben. Darauf entwickelte sich eine zunächst verbale Aus-einandersetzung zwischen dem Zeugen und den Angeklagten [X.]

und
E.

, die kurz darauf begannen, auf M.

und die beiden anderen Ge-
schädigten, die Zeugen K.

und V.

, einzuschlagen und davon auch
nicht abließen, als die Zeugen zu Boden gegangen waren. Der Angeklagte
E.

schlug dem Zeugen V.

unter anderem mit der Faust ins Gesicht;
weitere konkrete Feststellungen dazu, wer wie oft und [X.] schlug, hat das [X.] nicht treffen können (Fall
1 der Urteilsgründe).
Dem Zeugen M.

gelang es, sich zu befreien und loszulaufen, um
Hilfe zu holen. Er traf nach etwa 100
Metern auf zwei uniformierte Polizisten, die sich mit ihm zurück zum [X.] begaben. Der Angeklagte [X.]

schlug zu
diesem Zeitpunkt noch auf einen der Geschädigten ein, ohne dass aufgeklärt werden konnte, auf [X.]. [X.] S.

gab sich sofort als Polizeibeamter zu
erkennen und forderte
[X.]

auf, den Angriff zu beenden. Dieser ließ da-
raufhin von seinem Opfer ab und wollte -
wie auch der Rest der Gruppe um die 2
3
4
-
5
-
Angeklagten
-
fliehen. [X.] S.

setzte den Angeklagten nach und befahl
ihnen, stehen zu bleiben. Der Angeklagte E.

fragte daraufhin: "Was willst du
Scheißbulle machen, [X.]n nicht?",
und schlug ihm unmittelbar danach vor die Brust. Der Angeklagte [X.]

war währenddessen hinter [X.] S.

herge-
gangen und versetzte ihm von der Seite einen Faustschlag, so dass er zu [X.] ging. Sodann schlugen und traten die Angeklagten [X.]

und E.

-
teils
massiv
-
gemeinsam auf Kopf und Körper des Polizeibeamten ein, der [X.], sich mit seinem Schlagstock zu schützen und diesen auch zu Schlägen ein-setzte. Nachdem der Angeklagte [X.]

, der weiter auf [X.] S.

hatte ein-
wirken wollen, von einer unbekannten Person weggezogen worden war, kniete der Angeklagte E.

auf dem immer noch am Boden liegenden Polizeibeam-
ten. In diesem Moment kam ihm die zweite Polizistin, [X.]

, zu Hilfe und
schlug dem Angeklagten E.

mit ihrem Schlagstock auf den Rücken. Dies
nahm wiederum der Angeklagte [X.]

zum Anlass, [X.]

wegzuziehen
und ihr einen Faustschlag zu versetzen. In der rechtlichen Würdigung hat die [X.] ausgeführt, dass der Angriff
der Angeklagten [X.]

und E.

auf
[X.] S.

nicht ausschließbar bereits beendet war, als der Angeklagte
[X.]

[X.]

angriff (Fall
2 der Urteilsgründe).
II.
Die von dem Angeklagten [X.]

erhobene Verfahrensrüge hat aus
den in der Antragsschrift des [X.] genannten Gründen kei-nen Erfolg.
III.
Die auf die [X.] der Verletzung materiellen Rechts veranlasste um-fassende Überprüfung des Urteils führt zur Aufhebung der Verurteilungen der Angeklagten [X.]

und E.

im Fall
1 der Urteilsgründe, zur Änderung der
Schuldsprüche betreffend alle Angeklagten im Fall
2 der Urteilsgründe sowie zur Aufhebung der (verbleibenden) Strafaussprüche. Im Einzelnen:
5
6
-
6
-
1.
Im Fall
1 der Urteilsgründe hält die Verurteilung der Angeklagten [X.]

und E.

wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §
224 Abs.
1
Nr.
4 StGB revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist eine gemeinschaft-liche Begehungsweise im Sinne der Vorschrift nicht belegt; eine solche ist nur gegeben, [X.]n Täter und Beteiligter bei Begehung der Körperverletzung ein-verständlich zusammenwirken, wobei es bereits genügt, [X.]n ein am [X.] anwesender Tatgenosse die Wirkung der Körperverletzungshandlung des [X.] bewusst in einer Weise verstärkt, welche die Lage des Verletzten zu [X.] geeignet ist ([X.], Beschluss vom 17.
Juli 2012 -
3
StR
158/12, [X.]R StGB §
224 Abs.
1 Nr.
4 Gemeinschaftlich
4 mwN). Daran kann es indes fehlen, [X.]n sich mehrere Opfer jeweils nur einem Angreifer ausgesetzt sehen, ohne dass die Positionen ausgetauscht werden. Denn in einem solchen Fall stehen dem jeweiligen Opfer die Beteiligten gerade nicht gemeinschaftlich ge-genüber. Damit fehlt es an dem Grund für die Strafschärfung des §
224 Abs.
1 Nr.
4 StGB, der in der erhöhten abstrakten Gefährlichkeit der Tat liegt, weil
einem Geschädigten mehrere Angreifer körperlich gegenüberstehen und er deshalb in seiner Verteidigungsmöglichkeit tatsächlich oder vermeintlich einge-schränkt ist ([X.],
Beschluss vom 30.
Juni 2015 -
3
StR
171/15, [X.]R StGB §
224 Abs.
1 Nr.
4 Gemeinschaftlich
5 mwN). Da die [X.] -
bis auf
einen Faustschlag des Angeklagten E.

gegen den Zeugen V.

-
nicht
feststellen konnte, wer von den Angeklagten welchen Geschädigten schlug, bleibt offen, ob die Angeklagten bei der Verletzung der Geschädigten in dem für die Verwirklichung des [X.] erforderlichen Sinn zusam-menwirkten.
7
8
-
7
-
Da der [X.] in diesem Fall nicht ausschließen kann, dass in einer neu-en Hauptverhandlung weitergehende Feststellungen getroffen werden, die eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung erlauben, hebt er das Urteil insoweit mit den zugehörigen Feststellungen auf.
2.
Im Fall
2 der Urteilsgründe gilt Folgendes:
a)
Indem die Angeklagten [X.]

und E.

gemeinsam auf [X.] S.

einschlugen und -traten, haben sie sich gemäß §
224 Abs.
1 Nr.
4, 5 StGB we-gen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht. In diesem Fall ist ein [X.] Vorgehen im Sinne der Vorschrift ausdrücklich festgestellt; zudem liegen wegen der massiven Tritte gegen den Kopf auch die Vorausset-zungen einer (abstrakt) lebensgefährlichen Behandlung im Sinne von §
224 Abs.
1 Nr.
5 StGB vor. [X.] verwirklichten sie den Tatbestand des [X.] gegen Vollstreckungsbeamte gemäß §
113 Abs.
1 StGB und der An-geklagte E.

darüber hinaus denjenigen der Beleidigung nach §
185 StGB.
Allerdings fehlt es an der Begehung der gefährlichen Körperverletzung in [X.] "in zwei tateinheitlichen Fällen": Die Tätlichkeiten der Angeklagten richteten sich nur gegen [X.]
S.

. Die Angeklagten [X.]

und E.

haben damit nur einem Vollstre-
ckungsbeamten Widerstand geleistet und auch nur zum Nachteil eines Men-schen gemeinschaftlich eine Körperverletzung begangen. Die allein durch den Angeklagten [X.]

begangene Körperverletzung zum Nachteil von [X.]
B.

könnte ihnen in diesem Zusammenhang allenfalls zugerechnet werden,
[X.]n dadurch weitere Tätlichkeiten der Angeklagten zum Nachteil von [X.] S.

ermöglicht worden wären. Das hat das [X.] indes nicht festzu-
stellen vermocht, sondern ist zu Gunsten des Angeklagten [X.]

davon aus-
9
10
11
-
8
-
gegangen, dass der Angriff der
Angeklagten [X.]

und E.

bereits beendet
war, als der Angeklagte [X.]

in das Geschehen eingriff.
b)
Aus dem gleichen Grund hat der Angeklagte [X.]

, der allein auf
[X.]

einwirkte, nur einer Vollstreckungsbeamtin Widerstand geleistet und
nur zum Nachteil eines Menschen eine Körperverletzung begangen. Dies ge-schah -
wie dargelegt
-
auch nicht mit einem anderen Beteiligten gemeinschaft-lich und erfüllte auch keinen anderen Qualifikationstatbestand des §
224 Abs.
1 StGB, so dass eine gefährliche Körperverletzung durch ihn insoweit nicht be-gangen wurde. Allerdings hat er sich wegen einer Körperverletzung nach §
223 Abs.
1 StGB strafbar gemacht; Strafantrag ist von [X.]

rechtzeitig gestellt
worden (§
230 Abs.
1, §
77 Abs.
1 StGB).
c)
Der [X.] hat die Schuldsprüche
in diesem Fall
in entsprechender An[X.]dung von §
354 Abs.
1 [X.] geändert; er schließt aus, dass ein neues Tatgericht in diesem Fall weitere Feststellungen würde treffen können, die zu anderen [X.] führen würden.
3.
Die Aufhebung des Urteils im Fall
1 der Urteilsgründe führt zum Weg-fall der gegenüber den Angeklagten [X.]

und E.

verhängten Einzelstra-
fen und bedingt die Aufhebung der Gesamtstrafen. Aus den [X.] im Fall
2 der
Urteilsgründe folgt darüber hinaus die Aufhebung der [X.] verhängten (Einzel-)Strafen gegenüber allen drei Angeklagten. Dies folgt hinsichtlich des Angeklagten [X.]

bereits daraus, dass der Qualifikations-
tatbestand, aus dessen -
gemilderten
-
Strafrahmen die [X.] die Strafe entnommen hat, nicht erfüllt ist. Hinsichtlich der Angeklagten [X.]

und E.

hat das [X.] -
wie bei dem Angeklagten [X.]

im Übrigen auch
-
zu-
dem straferschwerend berücksichtigt, dass durch die Tat mehrere Personen 12
13
14
-
9
-
verletzt wurden, was indes -
wie dargelegt
-
nicht der Fall ist. Der [X.] kann deshalb nicht ausschließen, dass die [X.] unter Zugrundelegung der zutreffenden Schuldsprüche zu niedrigeren (Einzel-)Strafen gelangt wäre.
Die zu den
Strafaussprüchen getroffenen Feststellungen sind von den [X.] indes nicht betroffen und können deshalb bestehen bleiben.
Becker
Gericke
Spaniol

Tiemann
Berg
15

Meta

3 StR 93/17

25.07.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.07.2017, Az. 3 StR 93/17 (REWIS RS 2017, 7480)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7480

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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21 KLs - 23 JS 532/20 - 33/20 (Landgericht Detmold)


26b Ls-841 Js 210/18-2/20 (Amtsgericht Recklinghausen)


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