Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2017, Az. 4 StR 406/16

4. Strafsenat | REWIS RS 2017, 14757

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:020317B4STR406.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 406/16

vom
2. März
2017
in der Strafsache
gegen

wegen über eine
Woche dauernder Freiheitsberaubung u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung
des Generalbun-desanwalts und der Beschwerdeführerin
am 2.
März
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
354 Abs.
1
StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 21.
April 2016, soweit es die Ange-klagte betrifft, dahin geändert, dass die Angeklagte wegen über eine Woche dauernder Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Beihilfe zur Freiheitsberaubung und Beihilfe zur gefähr-lichen Körperverletzung in zwei tateinheitlichen Fällen zu der Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt ist.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
3.
Die Angeklagte trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen Beihilfe zur tateinheitlich mit gefährlicher Körperverletzung begangenen Freiheitsberaubung in zwei Fällen und wegen Freiheitsberaubung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Hiergegen richtet sich die auf die nicht näher ausgeführte Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung des Schuld-
und Strafausspruchs; im Übrigen
ist es unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1
-
3
-
Die Annahme von zwei selbständigen,
[X.] Taten [X.] durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1.
Nach den Feststellungen brachten die Täter am 2.
März 2015 die bei-den Tatopfer M.

und I.

u.a. durch Schläge und Tritte in ihre Gewalt
und legten sie an Händen und Füßen mit Kabelbindern gefesselt in den Lade-raum eines Transporters, um sie durch Drohungen zur Rückgabe der Beute aus einer von einem der Täter begangenen [X.] zu veranlassen. Die Angeklagte unterstützte das Vorgehen gegen die Opfer, indem sie die Anmietung des Transporters übernahm, Fahrdienste leistete und die Opfer unter einem [X.] zum Tatort brachte. Nachdem M.

zur Verhinderung einer Tatent-
deckung getötet worden war, verblieb der Geschädigte I.

weiter bis zu
seiner Freilassung in W.

am 19.
März 2015 in der Gewalt der Täter.
Die Angeklagte, die ursprünglich davon ausgegangen war, dass beiden Opfern nur kurze [X.] ihre Bewegungsfreiheit genommen werden sollte, beteiligte sich aufgrund eines neuen Entschlusses ab dem Nachmittag des 3.
März 2015 auf vielfältige Weise an dem weiteren Festhalten des I.

. So mietete sie ein
Hotelzimmer zur gemeinsamen Übernachtung, stellte ihr Fahrzeug zur Verfü-gung, fungierte als Fahrerin, fertigte ein zur Einschüchterung des [X.] be-stimmtes Video und bewachte zeitweise das Opfer.
2.
Während die [X.] die von der Angeklagten geleistete [X.] der Täter bei der Überwältigung der Opfer als Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung in Tateinheit mit Beihilfe zur Freiheitsberaubung

jeweils in zwei tateinheitlichen Fällen

gewürdigt hat, hat es die spätere Mitwirkung an dem Festhalten des Opfers I.

als mittäterschaftlich begangene Freiheits-
beraubung nach §
239 Abs.
3 Nr.
1 StGB gewertet. Beide Taten stehen nach Auffassung des [X.]s in Tatmehrheit, da die Angeklagte den Ent-2
3
4
-
4
-
schluss, sich an dem vom ursprünglichen [X.] nicht mitumfassten Vorgehen gegen I.

zu beteiligen, erst zu einem [X.]punkt gefasst habe, als ihre
[X.] beendet war.
Die konkurrenzrechtliche Bewertung der [X.] hält einer recht-lichen Prüfung nicht stand. Indem die Angeklagte ab dem 3.
März 2015 an dem weiteren Festhalten des [X.] täterschaftlich mitwirkte, ist sie bezogen auf die Freiheitsberaubung zum Nachteil des I.

in Kenntnis und Billigung des
bisher Geschehenen in die laufende Ausführungshandlung eingetreten und hat sich mit den anderen vor Beendigung der
Tat zu deren gemeinschaftlichen wei-teren Ausführung verbunden. Damit bezieht sich ihr Einverständnis auf die [X.], sodass ihr nach den Grundsätzen der sukzessiven Mittäterschaft (vgl. [X.], Urteil vom 28.
April 2016

4
StR
563/15, [X.], 607, 609
mwN) die gesamte Tat zugerechnet werden kann. Die mittäterschaftliche Zurechnung der Freiheitsberaubung in ihrer Gesamtheit führt dazu, dass die frühere,
zur selben materiell-rechtlichen Tat geleistete Beihilfe hinter der schwerer wiegenden tä-terschaftlichen Tatbeteiligung zurücktritt (vgl. [X.] in [X.]/Schluckebier/
[X.], StGB, 3.
Aufl., §
27 Rn.
14 mwN; [X.] in [X.] Kommentar zum StGB, 12.
Aufl., vor §
52 Rn.
137 mwN). Die durch dieselbe Handlung erbrachte Beihilfe zu den gefährlichen Körperverletzungen zum Nachteil beider Tatopfer und der Freiheitsberaubung zum Nachteil des [X.] steht zu der mittäterschaftlichen Freiheitsberaubung gemäß §
239 Abs.
3 Nr.
1 StGB in Tateinheit.
3.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei die von der [X.] zutreffend angenommene Verwirklichung der Qualifikation des §
239 Abs.
3 Nr.
1 StGB in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen ist (vgl. [X.], Beschluss vom 4.
März 2009

2
StR
578/08). §
265 StPO steht nicht 5
6
-
5
-
entgegen. Der Senat setzt die bisherige Gesamtfreiheitsstrafe in entsprechen-der Anwendung des §
354 Abs.
1 StPO als Einzelstrafe fest. Da der [X.] von der abweichenden Beurteilung des [X.] unberührt bleibt und die [X.] die enge Ver-knüpfung der als selbständig bewerteten Taten ausdrücklich strafmildernd [X.] hat, ist auszuschließen, dass das [X.] bei zutreffender An-nahme einer materiell-rechtlichen Tat auf eine niedrigere Freiheitsstrafe
erkannt hätte.
4.
Der geringe Teilerfolg der Revision rechtfertigt es nicht, die Angeklagte von den Kosten und Auslagen ihres Rechtsmittels teilweise freizustellen (§
473 Abs.
4 StPO).
Franke
Roggenbuck
Cierniak

Bender
Feilcke
7

Meta

4 StR 406/16

02.03.2017

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.03.2017, Az. 4 StR 406/16 (REWIS RS 2017, 14757)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14757

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