Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2016, Az. I ZR 252/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7380

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:280716UIZR252.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

28. Juli 2016

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
HGB § 415 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und
2
a)
Die in §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 und 2 HGB geregelten, wahlweise gege-benen Ansprüche stellen bloße Modifikationen des [X.] dar, der dem Frachtführer gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB zu-steht, wenn der Absender den [X.] aus Gründen kündigt, die nicht dem Risikobereich des Frachtführers zuzurechnen sind.
b)
Ein Frachtführer, der nach der Kündigung des [X.]s durch den Absender zunächst den Anspruch auf die vereinbarte Fracht abzüglich seiner ersparten Aufwendungen gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB geltend gemacht hat, kann nachfolgend stattdessen noch die [X.] gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB beanspruchen.
[X.], Urteil vom 28. Juli 2016 -
I [X.] -
LG [X.] I

AG [X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 28.
Juli 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
Löffler und Fed[X.]en

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts [X.]
I
13.
Zivilkammer
vom 27.
Oktober 2015 im Kosten-punkt und insoweit aufgehoben, als dort in Höhe eines Betrags von 924

dem Basiszinssatz seit dem 17.
Juli 2015 zum Nachteil der Kläge-rin erkannt worden ist.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 5.
Februar 2015 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird unter Zurückweisung der weitergehen-den Berufung der Klägerin verurteilt, an sie 924

Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.
Juli 2015 zu zahlen.
Die Klägerin hat die Kosten der in erster Instanz durchgeführten Beweisaufnahme zu tragen. Von den übrigen Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 11/20 und der Beklagte 9/20. Die Kos-ten der Berufung hat die Klägerin zu tragen; die Kosten der Revi-sion fallen dem Beklagten zur Last.
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Parteien schlossen am 2.
Juni 2014 einen Vertrag über die Beförde-rung von Umzugsgut des Beklagten von

M.

in die [X.]
zum Preis von 2.772

Umsatzsteuer. Mit [X.] vom 23.
Juni 2014 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass der Umzug nicht stattfinden könne, weil
sein Vater zwischenzeitlich schwer erkrankt sei.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin den Beklagten auf Zahlung der vereinbarten Fracht abzüglich ihrer ersparten Aufwendungen in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat die auf Zahlung von 2.000,30

281,30

e abgewie-sen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurück-weisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren in zweiter Instanz hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf ein Drittel der vereinbarten Fracht ([X.]) weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nach den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts die Vereinbarung eines Umzugs auf den 9.
Juli 2014 nicht beweisen können und zu ihren auf den geltend ge-machten Frachtanspruch anzurechnenden Ersparnissen, für die sie die Darle-gungs-
und Beweislast trage, keinen spezifizierten Vortrag gehalten. Der von der Klägerin im Berufungsverfahren geltend gemachte Anspruch auf [X.] in Höhe von 924

l-tendmachung ihres Anspruchs auf die vereinbarte Fracht entschieden habe. Das Gesetz wolle dadurch, dass es dem Frachtführer den Anspruch auf die 1
2
3
4
-
4
-
pauschale [X.] gebe, nicht nur die Planungs-, Kalkulations-
und Rechts-sicherheit zwischen den Parteien, sondern auch eine prozessökonomische Streitbeilegung fördern. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn der Frachtführer von der Einzelabrechnung zur [X.] wechseln könnte, falls
diese ihm auf einmal günstiger erschiene.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin ist zu-lässig (dazu unter
II
1) und begründet (dazu unter
II
2).
1. Die Revision der Klägerin ist aufgrund ihrer Zulassung durch das [X.] gemäß §
543 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Satz
2 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Unerheblich ist dabei,
ob das Berufungsgericht das Rechtsmittel

worauf die Formulierung im Tenor
des Berufungsurteils unter
4 "Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen." hinweist
-
im vollen Umfang oder aber
wie
die Formulierung unter III
3 der Entscheidungsgründe des Beru-fungsurteils "Zur Fortbildung des Rechts (Wahlrecht bei §
415 Abs.
2 S.
1 HGB) war die Revision zuzulassen." nahelegt

lediglich
im Blick auf den von der Klä-gerin erstmals mit Schriftsatz vom 26.
Juni 2015 geltend gemachten Anspruch auf [X.] in Höhe von 924

e-vision allein den von ihr im Berufungsverfahren hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf [X.] weiterverfolgt.
2. Die Revision ist begründet und führt in Höhe von einem Drittel der ver-einbarten Fracht, in der die Klägerin ihren Klageanspruch im Revisionsverfah-ren
weiterverfolgt hat, zur Stattgabe der Klage.
a) Die Revision ist nicht deshalb unbegründet, weil die Klägerin -
wie die Revisionserwiderung in der mündlichen Revisionsverhandlung geltend gemacht hat
-
ihr auf §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB gestütztes Zahlungsbegehren nicht wirksam in den Rechtsstreit eingeführt hat, da sie ihren Zahlungsanspruch in erster Instanz allein auf §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB gestützt, den von ihr aus 5
6
7
8
-
5
-
§
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB hergeleiteten Zahlungsanspruch im Berufungs-verfahren nur hilfsweise und erst in dritter Instanz allein geltend gemacht und ihr im Rahmen des §
415 Abs.
2
Satz
1 HGB zustehendes
Wahlrecht damit nicht rechtzeitig ausgeübt hat.
aa) Eine Klageänderung ist allerdings nach §§
263, 267 ZPO schon in erster Instanz nur unter den dort genannten Voraussetzungen und im Beru-fungsverfahren weitergehend nur unter den in §
533 ZPO genannten Voraus-setzungen zulässig und damit wirksam.
In der Revisionsinstanz, in der nach §
559 Abs.
1 Satz
1 ZPO
neuer Tatsachenvortrag nicht zulässig ist,
ist eine Klageänderung sogar regelmäßig
ausgeschlossen. Sie ist jedoch nach §
264 Nr.
2 ZPO zulässig, wenn sie nur eine Beschränkung oder Modifikation eines bereits zuvor gestellten Antrags darstellt und sich auf einen Sachverhalt stützt, den der Tatrichter bereits
gewürdigt hat (st.
Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 30.
Oktober 2013

XII
ZR
113/12, [X.]Z 198, 337 Rn.
33; Urteil vom 14.
März 2014
V
ZR
115/13, NJW 2014, 2199 Rn.
14; Urteil vom 19.
November 2014

VIII
ZR
191/13, [X.]Z 203, 256 Rn.
23; Urteil vom 20.
August 2015

III
ZR
57/14, [X.] 2016, 115 Rn.
31, jeweils mwN).
[X.]) In dem zuletzt dargestellten Sinn verhält es sich im Streitfall.
(1) Die in §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 und 2 HGB geregelten, wahlweise
gegebenen Ansprüche stellen bloße Modifikationen des [X.] dar, der dem
Frachtführer gemäß
§
415 Abs.
2 Satz
1 HGB zusteht,
wenn der Absender den [X.] aus Gründen kündigt, die nicht dem [X.] des
Frachtführers zuzurechnen sind
(vgl. Begründung des [X.] des [X.], BR-Drucks.
368/97 S.
44 r.
Sp.: "Das in [§
415] Absatz
2 [HGB] vorgeschlagene [X.] kombiniert die bisher im geltenden Recht dem Unternehmer für den Fall der Vertragsbeendigung eingeräumten Rechte.").
Damit stellte der -
zunächst hilfs-weise und in der Revisionsinstanz endgültig
erklärte
-
Wechsel
der Klägerin von 9
10
11
-
6
-
dem Anspruch gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB zum
Anspruch gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB ebensowenig eine Klageänderung dar wie etwa der Übergang des [X.] in einem Schadensersatzprozess vom "kleinen" zum "großen" Schadensersatz (vgl. dazu [X.], Urteil vom 23.
Juni 2015

XI
ZR
536/14, NJW 2015, 3160 Rn
33; Urteil vom 4.
Dezember 2015

V
ZR
142/14, [X.], 597 Rn.
35, jeweils mwN).
(2) Das Berufungsgericht ist

von der Revisionserwiderung unangegrif-fen

vom
Vorliegen der Voraussetzungen ausgegangen, von denen der [X.] gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB ebenso abhängt wie der [X.] gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB. Es hat die die Klage
abweisende Entscheidung des Amtsgerichts allein deshalb bestätigt, weil es den der Kläge-rin bei dem Anspruch gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB obliegenden [X.], dass sie über die von ihr angegebenen Aufwendungen hinaus nichts [X.] hat, als nicht geführt und das Wahlrecht, auf den Anspruch gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB überzugehen, als bereits verbraucht angesehen hat.
b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, dass die Klägerin nicht berechtigt war, statt des
zunächst geltend gemachten Anspruchs gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB später den Anspruch gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB geltend zu machen. Die in der Rechtsprechung der Instanz-gerichte und im Schrifttum umstrittene und vom [X.] (vgl. Urteil vom 15.
Oktober 2001
II
ZR
22/01, [X.] 2002, 36, 37) bislang offen gelas-sene Frage, ob ein Frachtführer, der nach der Kündigung des [X.]s durch den Absender zunächst den Anspruch auf die vereinbarte Fracht abzüg-lich seiner ersparten Aufwendungen gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB gel-tend gemacht hat, nachfolgend
stattdessen noch die
[X.] gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB beanspruchen
kann, ist
zu bejahen.
aa) Kein Streit besteht in diesem Zusammenhang darüber, dass es sich bei dem in §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB geregelten Wahlrecht nicht um einen Fall 12
13
14
-
7
-
der Wahlschuld im Sinne der §§
262 bis 265 BGB, sondern um einen Fall der gesetzlich nicht geregelten, aber in Rechtsprechung und Lehre anerkannten sogenannten elektiven Konkurrenz handelt, bei der einem Gläubiger mehrere Ansprüche zustehen, die sich gegenseitig ausschließen, zwischen denen der Gläubiger aber wählen kann (vgl. [X.], HGB, 5.
Aufl., §
415 Rn.
25; [X.], Transportrecht, 8.
Aufl., §
415 HGB Rn.
15, jeweils mwN; allgemein zur elektiven Konkurrenz [X.]/[X.], BGB [März 2014], §
262 Rn.
7 bis 10). Damit sind die §§
262 bis 265 BGB und insbesondere §
263 BGB, wonach die vom Wahlberechtigten durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil gewählte Leistung als die von Anfang an allein geschuldete gilt, auf das Wahlrecht des Frachtführers gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB weder unmittelbar noch analog anwendbar.
Dementsprechend ist die Frage, ob eine vom Frachtführer in
dieser Hinsicht
vorgenommene Wahl bindend ist oder noch geändert werden kann, im Wege der Auslegung dieser Bestimmung zu beantworten ([X.] aaO
§
415 Rn.
25).
[X.]) Nach der einen
Ansicht, der das Berufungsgericht gefolgt ist, soll die erstmalige Ausübung des dem Frachtführer in §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB einge-räumten Wahlrechts bindende Wirkung entfalten (vgl. [X.]
aaO §
415 Rn.
26; [X.], Transportrecht, 7.
Aufl.
[2010], §
415 HGB Rn.
15; [X.]. weiter-hin in [X.][X.]/[X.]/[X.], HGB, 8.
Aufl.
[2015], §
415 Rn.
1; Münch-Komm.HGB/Thume, 3.
Aufl., §
415 Rn.
10; [X.]/[X.], HGB, 2.
Aufl., §
415 Rn.
8; [X.]/[X.], HGB, 4.
Aufl., §
415 Rn.
4; [X.]/[X.]/[X.], HGB, 36.
Aufl., §
415 Rn.
2; Ensthaler/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
415 Rn.
2; [X.]/Valder, Speditions-, Fracht-
und Lagerrecht, Lief.
1/05, §
415 Rn.
19a; BeckOK
HGB/G.
Kirchhof, Stand: 01.05.2016, §
415 Rn.
2; [X.] in v.
Waldstein/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
415 HGB Rn.
6). Neben
der vom Berufungsgericht herangezogenen Argumentation (vgl. oben unter
I sowie [X.] aaO
§
415 Rn.
26) wird für diese Ansicht auch darauf verwiesen, dass die Pauschalierung gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 15
-
8
-
Nr.
2 HGB Prozesse und Streitigkeiten über die Berechnung des Anspruchs gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB soll vermeiden helfen.
Es
dürfe
dem Frachtführer nicht erlaubt sein, von der Einzelabrechnung zur [X.] zu wechseln, da
dieser sonst einen Anreiz hätte, zunächst immer die streitträchti-gen Ansprüche gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB zu verfolgen
([X.], Transportrecht,
7.
Aufl.,
§
415 HGB Rn.
15). Dass die dahinter stehenden [X.] Erwägungen maßgebliche Berücksichtigung verdienten, werde daran deutlich, dass das Gesetz lediglich eine einzige Methode der [X.]sberechnung hätte vorsehen können.
Im Verhältnis dazu stelle die nach dem geltenden Recht bestehende Wahlmöglichkeit den Frachtführer trotz [X.] an die von ihm einmal getroffene Wahl immer noch besser
([X.] aaO §
415 Rn.
26
aE).

cc) [X.] ist die Gegenansicht, nach der
das
Wahlrecht für den Frachtführer gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB so lange
besteht, bis der geltend gemachte Anspruch erfüllt ist (vgl. [X.], [X.] 2015, 382, 384; [X.], Transportrecht, 8.
Aufl.
[2013], §
415 HGB Rn.
15; [X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.], HGB, 3.
Aufl., §
415 Rn.
6; [X.], 7.
Aufl., §
415 Rn.
3; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 46.
Lief., §
415 HGB Rn.
5; [X.],
jurisPR-[X.] 3/2015 Anm.
1 unter
C).
(1) Für die Ansicht, dass die vom Frachtführer einmal getroffene
Wahl
bindend ist, gibt es schon keinen
Anhaltspunkt
im Gesetz. Dieses geht
im Ge-genteil von der Parallelität der Anspruchsgrundlagen aus, da
es bei einem aus der Risikosphäre des Frachtführers kommenden Kündigungsgrund gemäß §
415 Abs.
2 Satz
2 Halbsatz
2 HGB nicht nur den geltend gemachten [X.], sondern beide Ansprüche entfallen lässt (vgl. [X.], jurisPR-[X.] 3/2015 Anm.
1 unter
C).
16
17
-
9
-

(2) Es wäre zudem
unbillig, dem
bereits hinsichtlich des Umfangs seiner Ersparnis beweisbelasteten Frachtführer
weitergehend auch
nicht zu erlauben, bei [X.], die sich häufig erst im Prozess herausstellen,
von der Einzelabrechnung zur [X.] zu wechseln (vgl. [X.], Transportrecht, 8.
Aufl., §
415 HGB Rn.
15;
[X.] in [X.]/Boujong/[X.]/[X.] aaO §
415 Rn.
6; [X.], jurisPR-[X.] 3/2015 Anm.
1 unter
C).
(3) Die Vorschrift des §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB kann den mit ihr verfolgten Zweck einer prozessökonomischen Streitbeilegung unter bestimmten Umständen nur erfüllen, wenn die erstmalige Ausübung des dem Frachtführer in §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB eingeräumten Wahlrechts keine bindende Wirkung entfaltet. Das fortbestehende Wahlrecht ermöglicht es dem Frachtführer, eine von ihm mit dem Absender auf der Grundlage des
§
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB begonnene
Auseinan[X.]etzung
zu einem späteren Zeitpunkt, zu dem er absehen kann, dass der erfolgreiche Abschluss dieser
Auseinan[X.]etzung
noch eine zeit-
und kostenintensive
Beweiserhebung erforderte, auf der [X.] des §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB zu einem für ihn immerhin [X.] Abschluss zu bringen.
(4) Die Annahme eines nicht schon mit seiner erstmaligen Ausübung [X.] Wahlrechts begründet für den Frachtführer auch keinen
dem Zweck der gesetzlichen Regelung des §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB wi[X.]prechenden Anreiz, zunächst immer Ansprüche aus §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB zu wäh-len. Ein Frachtführer, der sich vor die Frage gestellt sieht, ob er nach der vom Absender erklärten Kündigung des [X.]s den
gegebenenfalls zu [X.] höheren Zahlung führenden, aber möglicherweise
schwer zu beweisenden

Anspruch gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB oder den
gegebenenfalls zu einer geringeren Zahlung führenden, aber nicht mit entsprechenden Beweisrisi-ken behafteten
Anspruch gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB geltend ma-chen soll, wird zu bedenken haben, dass er
Gefahr läuft, bei einem Misserfolg 18
19
20
-
10
-
der auf §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB gestützten Klage jedenfalls einen Teil der Prozesskosten tragen
zu
müssen. Er wird weiterhin zu berücksichtigen ha-ben, dass er die Kosten einer wegen der bei §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB bestehenden Beweiserfordernisse durchgeführten
Beweisaufnahme unter Um-ständen
allein wird
tragen müssen.
Danach kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Frachtführer im Fall des §
415 Abs.
2 Satz
1 HGB mit der Gewährung eines Wahlrechts, das nicht schon mit seiner erstmaligen Aus-übung erlischt, ein dem Zweck der gesetzlichen Regelung wi[X.]prechendes wirtschaftliches oder rechtliches Übergewicht gegenüber seinem Vertrags-partner eingeräumt wird.
c)
Danach hat das Urteil des Berufungsgerichts im von der Klägerin mit der Revision angegriffenen Umfang weder mit der vom Berufungsgericht gege-benen Begründung noch aus anderen Gründen Bestand. Es spricht nichts [X.], dass der Anspruch der Klägerin auf [X.] nach §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB gemäß §
415 Abs.
2 Satz
2 Halbsatz
1 HGB deshalb nicht besteht, weil die Kündigung auf Gründen beruht, die dem Risikobereich der Klägerin zuzurechnen sind. Da der Rechtsstreit auch im Übrigen zur Endentscheidung reif ist, ist das Berufungsurteil
teilweise aufzuheben und der Klage unter teilwei-ser Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils in dem Umfang stattzugeben, in dem der
Klägerin ein
der Höhe nach unstreitiger
Anspruch auf [X.] zusteht

563 Abs.
3 ZPO).
Die Entscheidung hinsichtlich der Zinsen beruht auf §
288 Abs.
1 und 2 BGB. In diesem Zusammenhang
ist
zu berücksichtigen, dass die Klägerin ihren Anspruch auf [X.] erstmals im Schriftsatz vom 26.
Juni 2015 hilfsweise geltend gemacht hat und dieser Schriftsatz der Beklagtenvertreterin am 16.
Juli 2015 zugestellt worden ist.
21
22
-
11
-
II[X.] Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens vor dem Amtsge-richt beruht auf §
92 Abs.
1 ZPO und

soweit
wegen des
von der Klägerin dort allein
auf §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 HGB gestützten Klageanspruchs
Beweis erhoben worden ist und dadurch Kosten entstanden sind
uf §
96 ZPO.
Die hinsichtlich der
Kosten des Berufungsverfahrens getroffene Ent-scheidung folgt, soweit die Klage endgültig ohne Erfolg geblieben ist, aus
§
97 Abs.
1 ZPO und im Übrigen aus
§
97 Abs.
2 ZPO. Die Klägerin hat den [X.] gemäß §
415 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2 HGB, mit dem ihre Klage letztlich teil-weise
Erfolg hatte, erstmals
im Berufungsverfahren geltend gemacht.
Die Entscheidung über die
Kosten der Revision beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Löffler
Fed[X.]en
Vorinstanzen:
AG [X.], Entscheidung vom 05.02.2015 -
275 C 21185/14 -

LG [X.] I, Entscheidung vom 27.10.2015 -
13 S 3147/15 -

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25

Meta

I ZR 252/15

28.07.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.07.2016, Az. I ZR 252/15 (REWIS RS 2016, 7380)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7380

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 252/15

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