Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2010, Az. 4 StR 307/10

4. Strafsenat | REWIS RS 2010, 2936

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[X.] vom 28. September 2010 in der Strafsache gegen wegen Körperverletzung u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 28. September 2010 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der [X.] des [X.] beim Amtsgericht [X.] vom 27. Januar 2010 mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine [X.] des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Nachstellung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, wobei es in einem Fall beim [X.] blieb, wegen Verleumdung, Hausfriedensbruchs und Betruges, Urkunden-fälschung in zwei Fällen sowie wegen versuchter Nötigung in drei Fällen zu [X.] und drei Monaten verurteilt und ihn im Übrigen freigesprochen. Ferner hat es die Unterbringung des Angeklagten in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. 1 Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und ma-teriellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat bereits mit der Sachrüge in vollem Um-fang Erfolg; einer Erörterung der Verfahrensrügen bedarf es daher nicht. 2 - 3 - [X.] 1. Das angefochtene Urteil ist auf die Sachrüge hin aufzuheben, weil es in mehrfacher Hinsicht den Anforderungen des § 267 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht genügt. Nach dieser Vorschrift müssen die Urteilsgründe die für erwiesen er-achteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Das bedeutet, dass der festgestellte Sachverhalt [X.] in einem geschlossenen Abschnitt [X.] so darzustellen ist, wie er sich nach Überzeugung des [X.]richts abgespielt hat; zum inneren und äußeren Tatgeschehen sind [X.] mitzuteilen, so dass dem Revisionsgericht die Überprüfung der rechtli-chen Würdigung ermöglicht wird ([X.], Urteil vom 19. Mai 1987 [X.] 1 StR 159/87, [X.]R StPO § 267 Abs. 1 Satz 1 Sachdarstellung 1; Beschluss vom 23. Juni 1993 - 5 [X.]). 3 Dem Zusammenhang der Urteilsgründe kann im vorliegenden Fall zwar noch entnommen werden, dass sich der Angeklagte der in der Urteilsformel genannten Straftaten schuldig gemacht haben kann. Durch welche konkreten Handlungen welcher Tatbestand erfüllt sein soll, bleibt jedoch insbesondere im Hinblick auf die Tatvorwürfe zum Nachteil der [X.]schädigten [X.] , [X.]und [X.]. unklar. Dabei wird die rechtliche Überprüfung nicht nur durch eine teilwei-se unzureichende Konkretisierung der einzelnen, von der [X.] festge-stellten Lebenssachverhalte erschwert, es fehlt vor allem an einer [X.] rechtlichen Zuordnung zu den als erfüllt angesehenen Straftatbeständen. Die rechtliche Würdigung beschränkt sich vielmehr auf eine bloße Wiederho-lung der Urteilsformel ([X.]). Eine Subsumtion unter die infrage kommenden Tatbestände hat das [X.] nicht vorgenommen; sie wird auch durch die im Rahmen der Strafzumessung in die Urteilsgründe aufgenommene [X.] Auflistung ([X.]) nicht ersetzt. 4 - 4 - 2. Zu diesen grundsätzlichen Mängeln des angefochtenen Urteils [X.] weitere Rechtsfehler hinzu: 5 a) Im Fall I[X.] 2 der Urteilsgründe (Taten zum Nachteil der [X.]schädigten [X.] ) hat das [X.] festgestellt, dass der Angeklagte in der Kanzlei der Bevollmächtigten der Nebenklägerin anrief und diese zu sprechen wünschte, anderenfalls er in seinem Besitz befindliche Nacktfotos der [X.]schädigten flä-chendeckend verteilen und anderweitig veröffentlichen werde. Am nächsten Tag rief er erneut an und wiederholte der Kanzleiangestellten [X.]. gegen-über seine Drohung, woraufhin diese einen Aktenvermerk anfertigte. Dass die [X.]schädigte von dem Inhalt des Anrufs in Kenntnis gesetzt wurde, ist nicht festgestellt. Ob damit der objektive Tatbestand der versuchten Nötigung hinrei-chend dargetan ist, wie der [X.]neralbundesanwalt meint, kann letztlich dahin-stehen. Jedenfalls belegen die Urteilsgründe nicht, dass der Angeklagte auch in der Vorstellung handelte, die Kanzleiangestellte, die das Telefonat entgegen-nahm, werde dessen Inhalt unmittelbar an die [X.]schädigte [X.]weiterleiten. 6 b) Soweit das [X.] den Angeklagten im Fall I[X.] 3 der Urteilsgründe (Taten zum Nachteil der [X.]schädigten [X.]. ) nur wegen versuchter und wegen vollendeter vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt hat, steht dies nicht in Ü-bereinstimmung mit den getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte die [X.]schädigte nicht nur im Oktober 2007 bei einem Streit schlug und zu Boden warf, sondern sie auch im Januar 2008 in den Rücken boxte, obwohl sie im achten Monat schwanger war, und es darüber hinaus am 21. Januar 2008 zu dem Versuch einer weiteren Misshandlung kam, der von der Zeugin [X.]ver-hindert werden konnte ([X.]). Zudem ist aus den Urteilsgründen nicht ersicht-lich, ob das [X.] die Absendung eines gefälschten Telefax-Schreibens an die [X.] ([X.]) oder die Fälschung eines Überweisungsträgers 7 - 5 - der [X.]([X.]) rechtlich als Urkundenfälschung im Sinne des § 267 StGB gewürdigt hat. c) Das Urteil des [X.]s begegnet auch hinsichtlich des Schuld-spruchs wegen Betruges zum Nachteil der [X.] (Fall I[X.] 4 der Urteilsgründe) durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die [X.] teilt in den Feststellungen lediglich mit, dass der Angeklagte für einen Zeitraum von etwa zwei Monaten Arbeitsentgelt erhalten und deshalb Arbeitslosenunterstüt-zung in Höhe von 1.411 Euro zu Unrecht bezogen habe. Diesem nur umrisshaft mitgeteilten [X.]schehen ist nicht zu entnehmen, auf welcher rechtlichen [X.] die Zahlungen der [X.] erfolgten, ob der Angeklagte möglicherweise nur gesetzlich vorgesehene Hinzuverdienstmöglichkeiten aus-geschöpft hat und welchen genauen Inhalt ihn gesetzlich treffende Mitteilungs-pflichten hatten. Was der als Zeuge gehörte Mitarbeiter der [X.] in der Hauptverhandlung dazu ausgesagt hat, ergibt sich aus den [X.] nicht. Auch die subjektive Seite des [X.] im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB ist nicht hinreichend belegt. Die [X.] be-schränkt sich insoweit auf die Feststellung, der Angeklagte habe es —vorsätz-lichfi und —pflichtwidrigfi unterlassen, der [X.] die Arbeitsaufnahme anzuzeigen. Die bloße Benennung gesetzlicher Merkmale kann die Darlegung der zugrunde liegenden Tatsachen zum äußeren und inneren Tatgeschehen jedoch nicht ersetzen. Die gebotene rechtliche Überprüfung im [X.] ist dem Senat so nicht möglich. 8 I[X.] Für den Fall, dass die nunmehr zur Entscheidung berufene [X.] erneut zu einer Verurteilung des Angeklagten wegen Nachstellung im Sinne des § 238 Abs. 1 StGB gelangen sollte, wird sie die durch den Angeklagten jeweils 9 - 6 - verwirklichte [X.] des § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB genau zu bezeichnen haben. Sie wird hinsichtlich der Tat zum Nachteil der [X.]schädigten [X.]. in den Blick nehmen müssen, dass die Beeinträchtigung der Lebensges-taltung bei diesem als [X.] ausgestalteten Straftatbestand kausal durch die jeweilige Nachstellungshandlung herbeigeführt werden muss und lediglich bei § 238 Abs. 1 Nr. 2 StGB auch der Versuch der Kontaktaufnahme (mit Tele-kommunikationsmitteln) ausreicht. Sie wird ferner bedenken müssen, dass be-reits der objektive Tatbestand gravierende und ernstzunehmende Folgen für das Opfer voraussetzt, die über durchschnittliche, regelmäßig hinzunehmende Beeinträchtigungen der Lebensgestaltung erheblich und objektivierbar hinaus-gehen (vgl. [X.], Beschluss vom 19. November 2009 - 3 [X.], NJW 2010, 1680, zur Veröffentlichung in [X.]St bestimmt). Der straferschwerenden Berücksichtigung dieses Umstandes sind daher schon im Hinblick auf § 46 Abs. 3 StGB Grenzen gesetzt. - 7 - II[X.] Der Senat macht von der Möglichkeit [X.]brauch, die Sache an ein ande-res [X.] zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). 10 [X.][X.] Cierniak [X.] Bender

Meta

4 StR 307/10

28.09.2010

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2010, Az. 4 StR 307/10 (REWIS RS 2010, 2936)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 2936

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