Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2015, Az. XII ZB 1/15

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 4649

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
[X.] 1/15
Verkündet am:

30. September 2015

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 1361 Abs. 4,
1360 a Abs. 3, 1614
a) Die Beurteilung, ob eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts und damit ein nach § 134 BGB unwirksamer Verzicht auf künfti-gen Trennungsunterhalt vorliegt, setzt voraus, dass zunächst die Höhe die-ses angemessenen Unterhaltsanspruchs im hierfür erforderlichen Umfang festgestellt worden ist.
b) Sonstige ehevertragliche Regelungen, die dem Unterhaltsberechtigten zum Vorteil gereichen können, sind in die Prüfung nicht einzubeziehen. Denn die Wirksamkeit der Regelung des [X.] ist isoliert zu betrachten und wird nicht durch Vereinbarungen zu anderen Gegenständen berührt.
[X.], Beschluss vom 30. September 2015 -
[X.] 1/15 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30.
September 2015
durch den
Vorsitzenden Richter Dose, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des 3.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 5.
Dezember 2014 im Kostenpunkt und insoweit auf-gehoben, als der
Beschwerde und dem Widerantrag des Antrags-gegners stattgegeben und die Anschlussbeschwerde der Antrag-stellerin zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

-
3
-
Gründe:
I.
Die Beteiligten
streiten um Trennungsunterhalt für die [X.] von Januar 2012 bis Mai 2013.
Die Antragstellerin und der Antragsgegner heirateten am 7.
Januar 2005. Die Ehe blieb kinderlos. Ende Dezember 2011 trennten sich die Beteiligten. Durch Beschluss vom 13.
Februar 2013,
bezüglich des [X.] rechtskräftig seit dem 7.
Mai 2013, wurde ihre Ehe geschieden.
Die Beteiligten hatten am 4.
Januar 2005 einen notariellen Ehevertrag
geschlossen. Dieser enthält zum Unterhalt folgende Regelung:
"III.
Nachehelicher Unterhalt
1.
Bei Scheidung wird -
sofern die Ehefrau unterhaltsberechtigt sein sollte
-
grundsätzlich der gesetzliche nacheheliche Unter-halt geschuldet.
Jedoch wird ein etwaiger Unterhaltsanspruch hinsichtlich der Höhe wie folgt begrenzt:
a)
Der gesetzlich geschuldete Unterhalt soll in jedem Fall der Höhe nach begrenzt sein, und zwar auf einen monatlichen 3.000.
b) Der vorbezeichnete Betrag soll wertbeständig sein. Er erhöht oder vermindert sich in demselben prozentualen Verhältnis, in dem sich der vom [X.] in [X.] für jeden Monat festgestellte und veröffentlichte Verbrau-cherpreisindex für [X.] auf der Basis 2000 = 100
-
bzw. der an seine Stelle tretende Index
-
gegenüber dem für den Beurkundungsmonat festzustellenden Index erhöht

1
2
3
-
4
-
c) Soweit also ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch die vorste-hend vereinbarte Höchstgrenze übersteigen würde, verzich-tet die Ehefrau auf den etwaigen übersteigenden [X.]. Der Ehemann nimmt diesen Verzicht an.
d) Mit der Vereinbarung dieser Höchstgrenze ist vorbehaltlich der nachfolgenden Regelung unter Ziffer 2 grundsätzlich kein Anspruch auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt verbun-den. Vielmehr verbleibt es bezüglich Grund und Höhe eines etwaigen Unterhaltsanspruches bei den gesetzlichen [X.]. Nur wenn sich nach diesen ein höherer Unter-haltsanspruch ergeben sollte, tritt die obige Höchstgrenze in Kraft.
2. Sofern der Ehefrau auf der Grundlage der vorstehenden Rege-lung in Ziffer
1 kein Unterhalt zusteht bzw. ein solcher nicht mehr zusteht, verpflichtet sich der Ehemann, den vorstehend vereinbarten Höchstbetrag einschließlich der Wertsicherung monatlich zu zahlen, und zwar unabhängig davon, ob die ge-setzlichen Voraussetzungen eines nachehelichen Unterhaltes dem Grund und der Höhe nach bestehen. Die Zahlung erfolgt auf Lebenszeit der Ehefrau.

Die Zahlungspflicht ruht, sofern die Ehefrau wieder heiratet. Die Zahlungspflicht lebt wieder auf, ab Rechtskraft der Scheidung der neuen Ehe der Ehefrau.

n-terhalt, auch für den Fall der Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit oder für den Fall der Not.
4. Eine künftige Veränderung in den Verhältnissen der Beteiligten, gleich welcher Art, hat keinen Einfluss auf den vereinbarten teilweisen bzw. kompletten Unterhaltsverzicht.

-
5
-
IV.
Vereinbarung zum ehelichen Unterhalt
1. Die Beteiligten erklärten im Wege einer sog.
Unterhaltsverein-barung, dass für den Trennungsunterhalt vorstehender Ab-schnitt
III
zur Anwendung kommt und insoweit eine Zahlungs-höchstgrenze bzw. ein Nichtverlangen vereinbart sind.
2. Die Beteiligten wurden darauf hingewiesen, dass hierin ein Ver-zicht auf ehelichen Unterhalt nicht liegt, da ein solcher Verzicht für die Zukunft nicht wirksam vereinbart werden kann.
3. [X.], dass bei Unwirksamkeit der vorste-henden Vereinbarung die übrigen Bestimmungen dieses [X.] ihre Gültigkeit behalten."
Im Übrigen haben die Beteiligten Gütertrennung vereinbart und den [X.] ausgeschlossen. Die Verpflichtung zur Zahlung eines inde-xierten [X.] von monatlich 3.370

hen ihnen nicht mehr
im
Streit.
Die Antragstellerin macht im vorliegenden Verfahren über den gezahlten Betrag von monatlich 3.370

geltend. Sie vertritt die Auffassung, in der getroffenen Vereinbarung zum eheli-chen Unterhalt liege ein unwirksamer Unterhaltsverzicht. Der Antragsgegner hält die Vereinbarung für wirksam. Im Übrigen hat
er sich auf Verwirkung beru-fen und den geltend gemachten konkreten Bedarf der Höhe nach bestritten.
Das Amtsgericht hat -
dem Antrag im Wesentlichen folgend -
den An-tragsgegner verpflichtet, an die Antragstellerin einen Unterhaltsrückstand für die [X.] von Januar bis Mai 2012 von 33.119

weitere 5.995

o-wie von Oktober 2012 bis Februar 2013 monatlich weitere 4.504

zu zahlen. Auf die Beschwerde des
Antragsgegners hat das [X.] 4
5
6
-
6
-
den Beschluss abgeändert und den Antrag der Antragstellerin abgewiesen. [X.] hat es diese auf den im Beschwerdeverfahren gestellten Antrag des Antragsgegners verpflichtet, an ihn die aufgrund der sofortigen Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses vollstreckten 82.918,19

zurück zu zahlen. Den weiter gehenden [X.] hat
es ebenso wie die An-schlussbeschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, mit der sie ihr Begeh-ren bezüglich des [X.] weiter verfolgt sowie die vollständige Abweisung des Rückzahlungsantrags des Antragsgegners erstrebt.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt im Umfang der Anfech-tung zur Aufhebung des Beschlusses und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. Das [X.] hat die ehevertragliche Vereinbarung zum Trennungsunterhalt für wirksam gehalten und zur Begründung seiner Entschei-dung ausgeführt:
Die Frage, in welchen Grenzen eine vertragliche Vereinbarung über den Unterhalt während der [X.] des Getrenntlebens wirksam sei, sei umstritten. Ei-nigkeit bestehe allerdings darüber, dass im Rahmen vertraglicher Regelungen auch bezüglich des [X.] ein gewisser Spielraum für eine inte-ressengemäße und situationskonforme Ausgestaltung des jeweiligen [X.] gegeben sei. Während teilweise die Ansicht vertreten werde, eine Verkürzung des gesetzlichen Unterhalts um mehr als ein Drittel sei nicht mehr hinnehmbar, finde sich auch die
Meinung, bei der Bemessung der zuläs-7
8
9
-
7
-
sigen Abweichung vom gesetzlichen Unterhaltsanspruch sei nicht mit festen Prozentsätzen zu arbeiten, sondern es sei sachgerechter, nach den Umständen des Einzelfalles zu befinden. Auf eine Entscheidung des [X.] es vorliegend indessen nicht an, weil die Vereinbarung der Beteiligten nicht auf eine Regelung zur Höhe des [X.] reduziert werden könne. Vielmehr hätten sie den Anspruch auf Zahlung von Trennungsunterhalt abwei-chend von der gesetzlichen Vorschrift neu ausgestaltet, und zwar abgesehen von der Höhe nur zum Vorteil der Antragstellerin. Die Regelung zum Tren-nungsunterhalt müsse im Zusammenhang mit dem nachehelichen Unterhalt, auf den in Nr. IV
der Urkunde Bezug genommen worden sei, gesehen werden. Nach Nr. III.
2 der Urkunde bestehe ein lebenslanger Unterhaltsanspruch unab-hängig davon, ob ein gesetzlicher Anspruch dem Grund und der Höhe nach überhaupt gegeben wäre. Darüber hinaus werde der Unterhaltsanspruch ab-weichend von §
1579 Abs.
1 Nr.
2 BGB nicht bereits dann versagt, wenn die Antragstellerin in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebe, sondern
erst, wenn sie wieder heirate. Durch die Bezugnahme auf diese Regelung bestehe
ein [X.]anspruch in der vereinbarten Höhe auch, wenn die ge-setzlichen Voraussetzungen nicht gegeben seien. Die Vereinbarung der [X.] begrenze den Unterhalt daher nicht nur nach oben, sondern garantie-re
einen Mindestunterhalt
in der vereinbarten Höhe, der unabhängig von einem eigenen Einkommen zu zahlen sei. Auch von dem Ausschluss der Verwirkung bei Begründung einer verfestigten Lebensgemeinschaft hätte die Antragstellerin im Rahmen des [X.] profitieren können, wenn
sich die Einlei-tung oder Durchführung des Scheidungsverfahrens verzögert hätte. [X.] davon, wie hoch ihr Bedarf sei, woraus die Höhe des Verzichts errechnet werden könne, seien die vereinbarten Vorteile so gewichtig, dass bei einer Ge-samtbetrachtung
keine Bedenken gegen die Wirksamkeit bestünden. [X.] könnten, auch wenn es nicht mehr entscheidend darauf ankomme, durch -
8
-
die Bezugnahme auf den nachehelichen Unterhalt auch solche Vorteile einbe-zogen werden, die sich nicht auf den Trennungsunterhalt, sondern nur auf den nachehelichen Unterhalt bezögen. Da der Unterhaltsanspruch nur bei [X.] entfalle und sich die Antragstellerin entschieden habe, ihren Lebensge-fährten nicht zu heiraten, werde sie den vereinbarten Ehegattenunterhalt bis zu ihrem Lebensende erhalten. Wegen der festgestellten Wirksamkeit des verein-barten Unterhalts komme es auf die Frage der Verwirkung des [X.] daher nicht mehr an.
Die Verpflichtung zur Zahlung von 82.918,19

120 Abs.
1 FamFG
i.[X.]. §
717 Abs.
2 ZPO. Der Antragsgegner habe auf den für sofort wirksam erklärten Beschluss des Amtsgerichts 86.062,08

Rückzahlungsbegehren sei in der vorgenannten Höhe stattzugeben.
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen hat das Ober-landesgericht zu Unrecht einen Verzicht auf Trennungsunterhalt verneint. Nach §§
1361 Abs.
4 Satz
4, 1360
a Abs.
3 i.[X.]. §
1614 BGB ist ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt unwirksam und daher nach §
134 BGB nichtig. Die Vorschrift hat sowohl individuelle als auch öffentliche Interessen im Blick und will verhindern, dass sich der Unterhaltsberechtigte während der Tren-nungszeit durch Dispositionen über den Bestand des Unterhaltsanspruchs sei-ner Lebensgrundlage begibt und dadurch gegebenenfalls öffentlicher Hilfe an-heimzufallen droht (Senatsbeschluss vom 29. Januar 2014
[X.] 303/13

FamRZ 2014, 629 Rn. 48).
a) Noch zutreffend hat das [X.] allerdings ausgeführt, dass das gesetzliche Verbot des Verzichts auf künftigen Trennungsunterhalt nicht durch ein sogenanntes pactum de non petendo umgangen werden darf. Ein 10
11
12
13
-
9
-
solches, nämlich die Verpflichtung oder das Versprechen des [X.] Ehegatten, Trennungsunterhalt nicht geltend zu machen, berührt zwar den Bestand des Unterhaltsanspruchs nicht, begründet aber eine Einrede ge-gen den Unterhaltsanspruch, die wirtschaftlich zu dem gleichen Ergebnis führt wie ein Unterhaltsverzicht. Deshalb ist in einem pactum
de non petendo ein unzulässiges und daher [X.] zu sehen (Senatsbeschluss vom 29.
Januar 2014
XII
ZB
303/13

FamRZ 2014, 629 Rn.
48
mwN).
b) Dass dem Verlangen der Antragstellerin, ihr über den Betrag von monatlich 3.370

Nr.
IV.1 des [X.] entgegensteht, kann mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung aber nicht angenommen werden.
aa) Das wäre nur dann der Fall, wenn der Ehevertrag insoweit wirksam wäre, also keinen nach §
1614 Abs.
1 BGB unwirksamen
auch nur teilweisen

Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt beinhalten
oder auf einen solchen Verzicht hinauslaufen würde.
Ob die
Beteiligten einen Verzicht gewollt haben, ist insofern unbeachtlich. Es kommt allein darauf an, ob der dem Unterhaltsberechtigten von Gesetzes wegen zustehende Unterhalt objektiv verkürzt wurde (Senatsurteil vom 27.
Juni 1984
IVb
ZR
21/83
FamRZ 1984, 997, 999). Der Unterhaltsberechtigte
darf seine Rechte selbst dann nicht aufgeben, wenn ihm hierfür eine gleichwertige Gegenleistung gewährt worden ist (so schon [X.] 1919, 824, 825; allgemeine Meinung, siehe etwa [X.]/[X.] 6. Aufl. § 1614 Rn. 8; [X.]/[X.] BGB [2000] §
1614 Rn.
11).
bb) Allerdings ist anerkannt, dass §
1614 Abs.
1 BGB einer vertraglichen Ausgestaltung des [X.] für die Zukunft nicht entgegensteht. 14
15
16
-
10
-
Vielmehr besteht für die Bemessung des Unterhalts insoweit ein Spielraum, innerhalb dessen interessengemäße, angemessene Regelungen vereinbart werden können. Nur eine Abrede, die unterhalb eines solchen Rahmens des angemessenen Unterhalts iSv § 1361 Abs. 1 Satz 1 BGB liegt, kann keinen Bestand haben (vgl. Senatsurteil vom 27.
Juni 1984
IVb
ZR
21/83
FamRZ 1984, 997, 999). In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird weitgehend eine Unterschreitung des rein rechnerisch ermittelten Unterhalts von bis zu 20
% noch als angemessen und damit hinnehmbar erachtet, während eine Unterschreitung um ein Drittel im Regelfall als mit §
1614 Abs.
1 BGB unvereinbar angesehen wird. In dem dazwischenliegenden Bereich soll aufgrund der Umstände des Einzelfalls entschieden werden (vgl.
[X.], 1023, 1024 und [X.], 732, 733; OLG [X.] MDR 2000, 1252; [X.] FamRZ 1983, 750, 752; [X.]/[X.] Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 9.
Aufl. §
4 Rn.
85; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
1361 Rn.
49; [X.]/[X.] Unterhaltsrecht 9.
Aufl. Rn.
1478; [X.]/[X.] BGB [2012] §
1361 Rn.
305; [X.]/Pfeil in [X.]/[X.] Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung 10.
Aufl. 5.
Teil Rn.
142; [X.]/Schwamb
Die Rechtspre-chung zur Höhe des Unterhalts
12.
Aufl. Rn.
153; [X.]/Hammermann BGB 14.
Aufl. §
1614 Rn.
6; Weinreich/Klein/Müting Familienrecht 8.
Aufl. §
1614 Rn.
12; [X.]/[X.] BGB 10.
Aufl.
§
1614 Rn.
3; jurisPK-BGB/[X.] §
1614 Rn.
17; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Der [X.] 6.
Aufl. Kap.
1 Rn.
1902; [X.] 2007, 177, 185; [X.] FPR 2001, 107).
cc) Die Beurteilung, ob eine unzulässige Unterschreitung des angemes-senen Unterhalts vorliegt, setzt -
ungeachtet bestehender Differenzierungen im Rahmen der wiedergegebenen Auffassung
-
allerdings voraus, dass zunächst die Höhe dieses angemessenen Unterhalts im hierfür erforderlichen Umfang 17
-
11
-
festgestellt worden ist. Denn andernfalls lässt nicht erkennen, ob ein Verzicht vorliegt. Darauf zielende Überlegungen hat das Beschwerdegericht indessen nicht angestellt. Zwar brauchte es keine Feststellungen zur Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zu treffen, da er unstreitig uneingeschränkt leistungsfähig ist. Das Beschwerdegericht hat aber offengelassen,
wie der aufgrund der geho-benen Einkommensverhältnisse geltend gemachte konkrete Bedarf der Antrag-stellerin zu beurteilen ist. Ebenso wenig ist es dem Einwand des [X.] nachgegangen, die Antragstellerin treffe nach § 1361 Abs.
2
BGB eine Erwerbsobliegenheit, entweder im Rahmen des von ihr betriebenen Kochstu-dios oder in ihrem vor der Ehe ausgeübten Beruf als Diplom-Psychologin.
dd) Dieser Prüfung war das [X.] nicht deshalb enthoben,
weil sich andere Teile des [X.] als für die Antragstellerin vorteilhaft [X.]. Denn die Wirksamkeit der Regelung des [X.] ist iso-liert zu betrachten und wird nicht durch Vereinbarungen zu anderen Gegen-ständen berührt. Daher kann der Regelung insbesondere nicht zur Wirksamkeit verhelfen, dass die Antragstellerin nach Nr. III.2 des
[X.] ohne [X.] den vereinbarten nachehelichen Unterhalt lebenslang beziehen kann.
ee) Ohne Erfolg wendet die Rechtsbeschwerdeerwiderung ein, §
1614 Abs.
1 BGB sei teleologisch dahin zu reduzieren, dass nur ein Verzicht auf künftigen Trennungsunterhalt, durch den eine Sozialhilfebedürftigkeit des [X.] entstehe, unwirksam sei; der Antragstellerin sei aber ein Mindestunterhalt garantiert, der diese
Folge ausschließe. Dass [X.], insbesondere öffentliche Kassen, von der ehevertraglichen Regelung nicht be-rührt würden, bleibt auf die Beurteilung ohne Einfluss. Zwar wird die Meinung vertreten, ein Verzicht sei entsprechend dem Normzweck des [X.] bis zu der Grenze zulässig, von der an die Hilfsbedürftigkeit
des Unterhaltsbe-rechtigten zu einem Anspruch auf Sozialhilfe führe ([X.]/[X.] BGB 18
19
-
12
-
[2000] §
1614 Rn.
10). Dieser Auffassung vermag der Senat indessen nicht zu folgen. Es trifft zwar zu, dass §
1614 BGB, wie bereits ausgeführt, auch öffentli-che Interessen im Blick hat; er dient aber gleichermaßen den Interessen des Unterhaltsberechtigten (Motive [X.]: "Die Bestimmung rechtfertigt sich durch die sittliche Grundlage der Unterhaltspflicht."). Demgemäß findet sich im Gesetz keine Einschränkung derart, dass ein Verzicht bis zur Grenze der Sozialhilfebe-dürftigkeit zulässig sei, sondern das uneingeschränkte Verbot, für die Zukunft auf Unterhalt zu verzichten.
3. Danach kann der angefochtene Beschluss keinen Bestand haben. Der Senat ist nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden, da es hierzu
sowohl hinsichtlich des Unterhalts
-
als auch des Rückzahlungsbegeh-rens
weiterer tatrichterlicher Feststellungen bedarf. Die Sache ist deshalb an das [X.] zurückzuverweisen.
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Für die Frage, ob ein unwirksamer Unterhaltsverzicht vorliegt, muss [X.] werden, dass angesichts der Verschiedenartigkeit der Einzelfälle kein genereller Maßstab dafür herangezogen werden kann, von welcher exak-ten prozentualen Unterschreitung des rein rechnerisch geschuldeten Unterhalts an keine zulässige Regelung des angemessenen Unterhalts, sondern ein un-wirksamer Unterhaltsverzicht vorliegt. Dabei dürfte in erster Linie darauf
abzu-stellen sein, ob der vereinbarte Unterhalt unter Berücksichtigung aller [X.] so
erheblich von dem rechnerisch ermittelten Unterhalt abweicht, dass er nicht mehr als angemessen angesehen werden kann. Zur groben Einschätzung dürfte zugrunde zu legen sein, dass eine Unterschreitung von bis zu 20
% grundsätzlich als noch angemessen und damit zulässig erscheint, eine solche von einem Drittel in der Regel aber nicht mehr. Im Übrigen ist unter besonderer 20
21
22
-
13
-
Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls darüber zu befinden, ob noch eine
wirksame
Ausgestaltung oder ein Unterhaltsverzicht vorliegt.
Dose [X.] Klinkhammer

Nedden-Boeger

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 10.04.2014 -
67 [X.]/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 05.12.2014 -
II-3 [X.] -

Meta

XII ZB 1/15

30.09.2015

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.09.2015, Az. XII ZB 1/15 (REWIS RS 2015, 4649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 4649

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 1/15 (Bundesgerichtshof)

Ehevertragliche Regelung des Trennungsunterhalts: Prüfungsumfang im Hinblick auf eine unzulässige Unterschreitung des angemessenen Unterhalts


II-3 UF 141/14 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


11 WF 47/06 (Oberlandesgericht Hamm)


2 UF 40/00 (Oberlandesgericht Hamm)


13 UF 104/23 (Oberlandesgericht Hamm)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 1/15

XII ZB 303/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.