Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. XII ZB 277/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 8452

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 277/11

vom

7. März 2012

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 63, ZPO § 233 Fd
Zur (hier verneinten) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei einer nicht befolgten mündlichen Anweisung des Rechtsanwalts an seine Büroangestellte, eine Rechtsmit-telfrist zu notieren.

[X.], Beschluss vom 7. März 2012 -
XII [X.] 277/11 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 7.
März 2012
durch die Vorsitzende
Richterin Dr.
Hahne
und
die Richter Weber-Monecke, Dr.
Klinkhammer, Schilling und Dr. Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5.
Senats für Familiensachen des [X.] vom 6.
Mai
2011 wird
auf Kosten der Antragsgegnerin verworfen.
Wert: 5.320

Gründe:
I.
Antragsteller und Antragsgegnerin sind geschiedene Eheleute. Im vorlie-genden Verfahren hat der Antragsteller die Abänderung eines 1994 [X.] beantragt. Das Amtsgericht
hat den Vergleich dahin abgeändert, dass der Antragsteller ab Dezember 2009 keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat.
Der Beschluss ist der Antragsgegnerin am 11.
Mai
2010 zugestellt [X.]. Mit einem am 2.
Juni 2010 beim Amtsgericht
eingegangenen Schriftsatz
hat die Antragsgegnerin Verfahrenskostenhilfe für eine beabsichtigte Be-schwerde beantragt. Das [X.] hat durch Beschluss vom 20.
Ok-tober
2010 Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Der Beschluss des [X.] ist dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin am 27.
Oktober
2010 zugestellt
worden. Mit einem am 18.
November 2010 beim Oberlandesge-1
2
-
3
-
richt eingegangenen Schriftsatz
hat die Antragsgegnerin Wiedereinsetzung in die von ihr versäumte [X.]
hinsichtlich der Beschwerdefrist beantragt.
Ferner hat sie die Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegrün-dungsfrist beantragt.
Die Antragsgegnerin hat ihr Gesuch damit begründet, dass eine Mitarbei-terin ihres Verfahrensbevollmächtigten entgegen der von diesem mündlich er-teilten Anweisung die [X.] nicht im [X.] notiert habe. Die Akte sei stattdessen in die Registratur eingelegt worden. Das [X.] sei erst anlässlich eines von der Mitarbeiterin mit dem Verfahrensbe-vollmächtigten vereinbarten [X.] am 15.
November 2010 [X.].
Das [X.] hat beide
Wiedereinsetzungsgesuche
zurückge-wiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.
1. Nach der Auffassung des [X.]s hat die Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sei. Vielmehr beruhe die Fristversäumung auf einem Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten, welches sie sich nach §
85 Abs.
2 ZPO zurechnen lassen müsse.
Ein Organisationsverschulden liege darin, dass der [X.] das Empfangsbekenntnis betreffend den Verfahrenskostenhilfe [X.] Beschluss zurückgesandt
habe, ohne zuvor die Eintragung der Fristen 3
4
5
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4
-
sichergestellt zu haben.
Durch die mündliche Anweisung an die Mitarbeiterin, die Beschwerdefrist nebst Vorfrist zu notieren, sei das [X.] nicht geheilt worden. Zwar dürfe sich der Rechtsanwalt grundsätzlich [X.] verlassen, dass eine mündliche Anweisung auch befolgt werde. Jedoch sei die Mitarbeiterin arbeitsmäßig besonders hoch belastet gewesen. Bei dieser Sachlage habe eine mündliche Anweisung nicht ausgereicht. Selbst wenn man aber die Anweisung ausreichen lasse, so müssten bei [X.] be-sondere Vorkehrungen dagegen getroffen werden, dass die Anweisung in Ver-gessenheit gerate und die Eintragung der Rechtsmittelfrist [X.]. Solche Vorkehrungen seien hier jedenfalls mit dem Wiedereinsetzungsantrag nicht glaubhaft gemacht worden.
Die allgemeine Anweisung, zur Überprüfung der Notierung der Frist die Handakte noch einmal dem sachbearbeitenden Rechts-anwalt vorzulegen, reiche hierzu nicht aus. Soweit in einem später eingereich-ten Schriftsatz
vorgebracht worden sei, dass die Anweisung gelautet habe, die Fristen sofort zu notieren, könne die Erheblichkeit dieses Vorbringens dahinste-hen, weil dieses erst nach Ablauf der Antragsfrist für die Wiedereinsetzung er-folgt sei
und es sich nicht um nach §
139 ZPO
aufklärungsbedürftige Angaben gehandelt
habe.
2. Die Rechtsbeschwerde
ist zwar nach §§
117 FamFG, 574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1, 238 Abs.
2 Satz
1, 522 Abs.
1 Satz
4
ZPO statthaft. Es fehlt indes-sen an den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach §
574 Abs.
2 ZPO, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Ent-scheidung des [X.] erfordern.
Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bun-desgerichtshofs
und
verletzt die Antragsgegnerin auch nicht in ihren Verfah-rensgrundrechten.
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9
-
5
-
Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass die [X.] versäumt ist und ein der Antragsgegnerin [X.] Verschulden ihres Verfahrensbevollmächtigten nicht ausgeräumt ist, weil keine hinreichenden Sicherheitsvorkehrungen zur Notierung der Rechtsbeschwerde-frist (und [X.]) getroffen worden sind.
Zwar darf ein Rechtsanwalt
grundsätzlich darauf vertrauen, dass seine Büroangestellte, die sich bisher als zuverlässig erwiesen hat, eine konkrete schriftliche Einzelweisung befolgt. Deshalb ist er im Allgemeinen nicht verpflich-tet, sich anschließend über die Ausführung seiner Weisung zu vergewissern
(vgl. Senatsbeschlüsse vom 21.
April
2010 -
XII
[X.]
64/09
-
FamRZ 2010, 1067
und vom 9.
Dezember
2009 -
XII
[X.]
154/09
-
MDR 2010, 400
jeweils mwN). Erteilt der Rechtsanwalt dagegen lediglich eine mündliche Anweisung, eine Rechtsmittelfrist einzutragen, müssen ausreichende Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, dass diese nicht in Vergessenheit gerät und die Ein-tragung der Frist unterbleibt (Senatsbeschluss vom
25.
März
2009 -
XII
[X.]
150/08
-
FamRZ 2009, 1132
mwN).
Daran fehlt es hier.
Wenn der Rechtsanwalt keine schriftliche Weisung erteilte, hätte er [X.] seine Angestellte zumindest anweisen müssen, die Frist sofort zu [X.], damit sie nicht wieder in Vergessenheit geraten konnte.
Eine [X.] Weisung hat die Antragsgegnerin aber in ihrem
Wiedereinsetzungsan-trag nicht dargelegt. Das später ergänzte Vorbringen ist nach Ablauf der [X.] erfolgt und vom [X.] daher zu Recht nicht berücksichtigt worden. Es handelt sich hier auch nicht um Vorbringen, das im Rahmen von §
139 ZPO
nachgeholt werden konnte. Auch insoweit befindet sich der angefochtene Beschluss im Einklang mit der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 25.
März 2009 -
XII
[X.]
150/08
-
FamRZ
2009, 1132 Rn.
23
ff.).

10
11
12
-
6
-
Die von der Rechtsbeschwerde angeführte Entscheidung des
Bundesge-richtshofs vom 4.
November
2003 (VI
[X.]
50/03 -
NJW
2004, 688, 689) steht schließlich nicht entgegen. In dieser Entscheidung ist zwar eine Wiedervorla-geanweisung als mögliche Sicherheitsvorkehrung angesprochen, zugleich aber darauf hingewiesen, dass dazu selbstverständlich auch deren Vermerk gehöre. Entsprechendes ist hier nicht glaubhaft gemacht worden.

Hahne

Weber-Monecke

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 06.05.2010 -
19 F 9/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 06.05.2011 -
II-5 UF 104/10 -

13

Meta

XII ZB 277/11

07.03.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.03.2012, Az. XII ZB 277/11 (REWIS RS 2012, 8452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 8452

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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