Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2013, Az. 2 StR 206/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 7814

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 206/12
vom
27.
Februar 2013
in der Strafsache
gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 27.
Februar 2013,
an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Becker

und [X.] am [X.]
Prof. Dr. Fischer,
[X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.]in am [X.]
Dr. [X.],

Oberstaatsanwalt
beim [X.]

als
Vertreter der [X.],

Rechtsanwalt

,
Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Rechtsanwältin

als Vertreterin der Nebenklägerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Dezember 2011 im [X.] aufgehoben.
Von einer Entscheidung über die Adhäsionsanträge wird ab-gesehen.
2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen. Die durch das [X.] entstandenen gerichtlichen Auslagen werden der Staatskasse auferlegt. Die sonstigen durch dieses Verfahren entstandenen Auslagen trägt jeder Beteiligte selbst.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen [X.] eines Kindes in zehn Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Miss-brauch einer Schutzbefohlenen, sowie wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei
Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch einer Schutzbefohlenen, sowie wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohle-1
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4
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nen in 24
Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zehn [X.] verurteilt
und eine Adhäsionsentscheidung getroffen.
Von einem weiteren Tatvorwurf hat es ihn freigesprochen. Die auf die [X.] der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat nur im Adhäsionsausspruch Erfolg; im Übrigen ist sie unbe-gründet.
I.
Nach den Feststellungen des [X.]s lebte der Angeklagte seit [X.] der neunziger Jahre mit S.

M.

, seiner späteren Ehefrau, und ihrer
im Jahr 1992 geborenen Tochter M.

zusammen. Mit seiner [X.]
verband ihn alsbald ein sehr enges Verhältnis, das von großer emotionaler und auch körperlicher Nähe geprägt war. Dem Angeklagten waren weitgehende Mitspracherechte bei ihrer Erziehung eingeräumt.
Während der beruflich bedingten Abwesenheit der Mutter kam es ab [X.] 2005 zu sexuellen Übergriffen des Angeklagten auf die zu [X.] knapp 13
Jahre alte Nebenklägerin.
Kurz vor ihrem 13.
Geburtstag hielten der Angeklagte und die Nebenklä-gerin im Schlafzimmer der Eheleute ein gemeinsames Mittagsschläfchen. Dort streichelte der Angeklagte in der Absicht, sich sexuell zu erregen, seine nur mit Unterhose und BH bekleidete [X.] am ganzen Körper, mit Ausnahme des Genitalbereichs und ihrer Brust. Auf eine Bemerkung des Angeklagten hin tat sie dasselbe bei
ihm, wobei er allerdings nicht ausgezogen war (Fall
1).
Zwei bis drei Wochen später rieb der Angeklagte die unbekleidete [X.] mit einem Massageöl ein, wobei er ihre Brüste und auch die äuße-ren Schamlippen berührte
(Fall
2).
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-
Einige Wochen später, spätestens im August 2005, kam es zu einem ähnlichen Vorfall, wobei der Angeklagte nun auch die Klitoris des Mädchens streichelte und mit einem Finger
in ihre Scheide eindrang (Fall
3).
Im Zeitraum von September 2005 bis März 2006 kam es regelmäßig, zeitweise [X.] in der Woche, zu weiteren Übergriffen der geschil-derten Art. Dabei kam
es mindestens einmal im Monat vor, dass der [X.] in die Scheide der Nebenklägerin eindrang (Fälle
4-10).
Ein weiterer Übergriff ereignete sich im April 2006 bei einem Familienbe-such in [X.]. Die Nebenklägerin begab sich für eine kurze Zeit in das Schlafzimmer des Angeklagten, wo sie sich auszog, der Angeklagte sie darauf-hin streichelte und erneut mit einem Finger
in ihre Scheide eindrang (Fall
11).
Im Mai 2006 kam es in einem Schlafzimmer der ehelichen Wohnung zu einem weiteren Übergriff, bei dem der Angeklagte die Klitoris des Mädchens streichelte und mit einem Finger
in ihre Scheide eindrang (Fall
12).
Nach dem 14.
Geburtstag der Nebenklägerin setzten sich die Gescheh-nisse in der beschriebenen Weise fort, wobei der Angeklagte mindestens [X.] im Monat mit dem Finger in die Scheide der Nebenklägerin eindrang. Bis zu ihrem 16.
Geburtstag im Juni 2008 kam es insoweit zu insgesamt 24
Vorfäl-len (Fälle
13-36).
Der letzte Übergriff erfolgte am 2.
Januar 2010. Dabei streichelte der Angeklagte das Geschlechtsteil der Nebenklägerin, bis sie zum Höhepunkt kam. Diese sowie die weiteren ab Juni 2008 begangenen Taten hat die [X.] nach §
154 Abs.
2 StPO eingestellt.
Auf Geheiß des Angeklagten befriedigte das Mädchen den Angeklagten auch mehrmals manuell bis zum Samenerguss. Er übte des Weiteren bei 7
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M.

wiederholt Oralverkehr aus, verlangte dies auch von ihr, wozu es aber
nicht kam, weil sie dies wie auch seinen Wunsch nach Geschlechtsverkehr ab-lehnte. Zu einer Verurteilung dieser Fälle sah sich das [X.] außerstan-de, weil nicht auszuschließen war, dass es sich um eingestellte Vorfälle im
Juni 2008 handelte.
Hinsichtlich eines weiteren Vorfalls in [X.] hat es den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen, weil sich die Nebenklägerin in der Hauptverhandlung lediglich noch an ein einziges Geschehen dort erinnern konnte.
II.
Die Revision des Angeklagten führt lediglich zur Aufhebung der [X.] Entscheidung im Adhäsionsausspruch; insoweit war von einer Ent-scheidung über die Adhäsionsanträge abzusehen.
1.
Die Verfahrensrügen greifen aus den vom [X.] in seiner Antragsschrift genannten Gründen nicht durch.
2.
Die Überprüfung des Schuld-
und Strafausspruchs hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Insbesondere hält die Beweis-würdigung, aufgrund derer sich die [X.] die Überzeugung von der
Täterschaft des Angeklagten verschafft hat, revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Insoweit sind durchgreifende Rechtsfehler nicht zu erkennen.
Die Beweiswürdigung entspricht den Anforderungen, die in der vorlie-genden Beweiskonstellation, in der der Einlassung des Angeklagten allein die Aussage der Nebenklägerin gegenübersteht, zu erfüllen sind. Das [X.] hat ihre Angaben einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung unterzogen und dabei erkennen lassen, dass es alle Umstände, welche die Entscheidung be-14
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einflussen können, gesehen und in seine Überlegungen einbezogen hat. Es genügt mit seiner hypothesengestützten Glaubhaftigkeitsprüfung den methodi-schen Qualitätsanforderungen, die der [X.] insoweit den [X.] abverlangt. Dass die [X.] dabei vor allem im Rahmen der [X.], Vermengungs-

stellt hat, lässt vorliegend noch nicht besorgen, rechtlich bedenklicher Weise aus dem Blick geraten sein könnte.
3.
Der Adhäsionsausspruch hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Soweit das [X.] der Nebenklägerin Schmerzensgeld zuerkannt hat, ist diese Entscheidung schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil die [X.], wie es regelmäßig erforderlich ist (vgl. [X.], Beschluss vom 7.
Juli 2010
-
2
StR
100/10, [X.], 344), die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten und der Nebenklägerin nicht erörtert hat.
Im Hinblick auf die getroffene Feststellung der [X.], der An-geklagte habe der Nebenklägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr in Zukunft infolge der abgeurteilten Taten entstehen würden, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger übergegangen [X.] oder übergehen würden, sind Verletzungen der Nebenklägerin, die einen Dauer-
oder Zukunftsschaden wahrscheinlich machen, den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Insoweit ist für ein Feststellungsurteil kein Raum (vgl. [X.], [X.] vom 29.
Juli 2003 -
4
StR
222/03).

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8
-
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
473 Abs.
1, §
472a Abs.
2 StPO. Eine Entscheidung gemäß §
473 Abs.
4 StPO kam angesichts des nur gering-fügigen Erfolges des Rechtsmittels nicht in Betracht.
Becker
Fischer
Ri[X.] Dr.
Berger befin-det sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unter-schreiben.

Becker

[X.]
Ri'in[X.] Dr.
[X.] befin-det sich im Urlaub und ist daher gehindert zu unterschreiben.

Becker

22

Meta

2 StR 206/12

27.02.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.02.2013, Az. 2 StR 206/12 (REWIS RS 2013, 7814)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7814

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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