Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.07.2014, Az. 2 StR 84/14

2. Strafsenat | REWIS RS 2014, 3876

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Gegenstand

Strafzumessung bei sexuellem Kindesmissbrauch: Berücksichtigung von erheblichen psychischen Tatfolgen bei einer Tatserie


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 25. November 2013 im gesamten Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

3. Die weitergehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Rechtsmittel des Angeklagten führt zur Aufhebung des Strafausspruchs; im Übrigen ist es unbegründet.

2

1. Nach den Feststellungen des [X.]s öffnete der Angeklagte an einem nicht genau feststellbaren Tag im [X.] 2012, jedenfalls aber einem Freitag nach dem 10. August 2012, mit einer Hand die Jeans der am 22. Juli 2003 geborenen Nebenklägerin, fasste ihr sodann in ihre Unterhose zwischen die Beine und streichelte ihre Scheide. Dann führte er für etwa zehn bis dreißig Sekunden einen Finger in die Scheide des Mädchens ein. Am Abend desselben Tages öffnete er erneut ihre Jeans, drang wiederum mit einem Finger in ihre Scheide ein, ließ aber von der Geschädigten ab, als sie zu ihm sagte, dass sie das nicht wolle. Am 14. Dezember 2012 begab sich der Angeklagte in das Schlafzimmer der Nebenklägerin, legte sich zu ihr und fasste ihr zwischen die Beine, wobei er erneut mit einem Finger in ihre Scheide eindrang. Als sie zum Ausdruck brachte, dass sie das nicht wolle, hörte er wiederum sofort auf.

3

2. Die auf eine Verletzung des „§ 244 Abs. 2 bis 4 StPO" gestützte Verfahrensrüge ist aus den Gründen der Zuschrift des [X.] vom 6. März 2014 jedenfalls unbegründet. Darüber hinaus hat die Überprüfung des Schuldspruchs auf die Sachrüge keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten aufgedeckt. Auch insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen der Antragsschrift des [X.] vom 6. März 2014 Bezug.

4

3. Der Strafausspruch hält jedoch sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Bei der Zumessung der Einzelstrafen hat die [X.] „mit vollem Gewicht strafschärfend" berücksichtigt, „dass diese bei der Geschädigten nicht unerhebliche konkrete Tatfolgen verursacht haben - wobei diese zwar erst nach der dritten Tat nach außen getreten sind, aber davon auszugehen ist, dass hier die Erfahrungen aller drei Übergriffe zusammenwirken".

5

Diese Erwägung ist rechtsfehlerhaft. Mit ihrem vollen Gewicht können psychische Schäden bei der Bemessung einzelner Strafen nur in Ansatz gebracht werden, wenn festgestellt ist, dass sie die unmittelbare Folge gerade dieser Taten sind, nicht aber in gleicher Weise auch bei der Bemessung sämtlicher anderer Einzelstrafen. Sind die psychischen Schäden dagegen Folge aller Taten, wovon die [X.] hier offenbar ausgeht, so können sie dem Angeklagten nur einmal, nämlich bei der Gesamtstrafenbildung, angelastet werden ([X.], Beschlüsse vom 13. November 1997 - 4 StR 539/97, [X.], 107 f. und vom 20. Juli 1993 - 4 StR 316/93; Senatsurteil vom 9. Juli 2014 - 2 StR 574/13 mwN).

6

Der Senat kann nicht ausschließen, dass das [X.] ohne die rechtsfehlerhafte Strafzumessungserwägung, der sie zu Lasten des Angeklagten bei der Bemessung aller Einzelstrafen besonderes Gewicht beigemessen hat, zu niedrigeren Einzelstrafen gelangt wäre. Die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs nach sich.

Fischer     

Schmitt     

Ri[X.] Prof. Dr. Krehl
ist an der Unterschrift
gehindert.

Fischer

Eschelbach     

Zeng     

Meta

2 StR 84/14

22.07.2014

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Kassel, 25. November 2013, Az: 4853 Js 15250/13 - 10 KLs

§ 46 Abs 2 StGB, § 176a Abs 2 Nr 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.07.2014, Az. 2 StR 84/14 (REWIS RS 2014, 3876)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 3876

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