Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2012, Az. 3 StR 315/12

3. Strafsenat | REWIS RS 2012, 3629

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 315/12
vom
28. August 2012
in der Strafsache
gegen

wegen
besonders schweren Raubes
u.a.

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des
Beschwerde-führers
und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am 28.
August 2012 gemäß
§
349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23.
Januar 2012, soweit es den Angeklag-ten S.

betrifft, im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehö-rigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurück-verwiesen.

2.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten S.

wegen Raubes, besonders schweren Raubes und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit versuchter vorsätzlicher Körperverletzung zu der Einheitsjugendstrafe von drei
Jahren verurteilt. Der Angeklagte wendet sich hiergegen mit seiner auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von
§
349 Abs. 2 StPO.

1
-
3
-
Die Überprüfung des Urteils aufgrund der [X.] hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten er-bracht. Der Ausspruch über die Rechtsfolgen hält hingegen der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das [X.] hat die Prüfung der Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) unter-lassen, obwohl sich diese nach den Urteilsfeststellungen zum Alkoholkonsum des Angeklagten und seinen Auswirkungen aufdrängte. Dies führt hier auch zur Aufhebung der gegen den Angeklagten festgesetzten Jugendstrafe.

1.
Das [X.] hat festgestellt, dass der Angeklagte vor den gegen-ständlichen Taten schon zweimal im alkoholisierten Zustand Körperverletzun-gen begangen hatte und deshalb bestraft worden war. Im Rahmen der [X.] hat es ausgeführt, die Kammer vermöge nicht auszuschließen, dass wegen der Alkoholisierung des Angeklagten bei Begehung der Taten [X.] die Voraussetzungen des §
21 StGB vorgelegen hätten, der Angeklagte mithin jeweils in seiner Steuerungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt gewesen sei. Dieser Umstand vermöge aber an dem bestehenden Erziehungsbedarf nichts zu ändern, bestärke diesen vielmehr, denn dem Angeklagten sei bereits aus vorangegangen Taten bekannt gewesen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbarem Verhalten neige. Auch einer der Zeugen habe glaubhaft bekundet, der Angeklagte habe ihn einige Zeit vor der Tat zum Nachteil K.

(II. 3. der Urteilsgründe) in alkoholisiertem Zustand grundlos geschlagen. Eine Anzeige habe er deswegen allerdings nicht erstattet. Der Angeklagte habe nichts unter-nommen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken, habe vielmehr unbeeindruckt durch Vorverurteilungen weiter getrunken und auch in Kauf genommen, dass er deswegen weitere Straftaten, wie sich in den vorliegenden Fällen gezeigt habe, begehen werde. Insoweit vermöge ihn der Alkoholeinfluss nicht zu entschuldi-gen, sei vielmehr deutlicher Hinweis darauf, dass gerade in dieser Richtung 2
3
-
4
-
erheblicher Erziehungsbedarf bestehe. Die Jugendstrafe von drei Jahren sei (auch) erforderlich, um dem Angeklagten ausreichend Gelegenheit zu geben, sich mit seiner Alkoholproblematik auseinanderzusetzen.

2.
Diese
Feststellungen und Wertungen legen es nahe, dass bei dem
Angeklagten
der Hang gegeben ist, berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen,
und dass die gegenständlichen Taten -
wie auch schon frühere Körperverletzungsdelikte -
auf diesen Hang zurückgehen. Daher hätte das [X.] prüfen und entscheiden müssen, ob die Voraussetzungen für die Unterbringung des
Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gegeben sind. Den Gründen des angefochtenen Urteils ist insgesamt nicht zu entnehmen, dass die weiteren Voraussetzungen des §
64 StGB (Gefährlichkeitsprognose, Erfolgs-aussicht) nicht erfüllt sind. Vielmehr ergeben die bisherigen Feststellungen, dass das [X.] von der Gefahr der Begehung weiterer Straftaten durch den Angeklagten überzeugt war, falls er seinen Alkoholkonsum fortführt.

Die Nachholung der Unterbringungsanordnung ist nicht deshalb ausge-schlossen, weil allein der Angeklagte Revision eingelegt hat (§
358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Der Umstand, dass die [X.] der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt den Angeklagten nicht beschwert, hindert das Revisionsge-richt nicht, auf eine zulässig erhobene -
und die Nichtanwendung des §
64 StGB nicht ausdrücklich vom Angriff ausnehmende (vgl. [X.], Urteil vom 7.
Oktober 1992 -
2 StR 374/92, [X.]St 38, 362)
-
Revision des Angeklagten das Urteil insoweit aufzuheben, wenn eine Prüfung der Maßregel unterblieben ist, obwohl die tatrichterlichen Feststellungen dazu gedrängt haben (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Beschluss vom 7.
Januar 2009 -
3 [X.], [X.]R
StGB §
64 Ablehnung 11 mwN).

4
5
-
5
-
3.
Der aufgezeigte Rechtsfehler lässt hier den Strafausspruch nicht un-berührt. Der [X.] kann unter den gegebenen Umständen nicht ausschließen, dass das [X.] bei Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungs-anstalt in Anwendung von §
5 Abs. 3 JGG davon abgesehen hätte, gegen den Angeklagten eine Jugendstrafe zu verhängen. Der neue Tatrichter wird daher über den gesamten Rechtsfolgenausspruch nochmals zu befinden haben. Zur Prüfung der Frage der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsan-stalt nach §
64 StGB bedarf es der Hinzuziehung eines Sachverständigen (§
246a StPO).

Schäfer Pfister Hubert

Mayer Gericke
6

Meta

3 StR 315/12

28.08.2012

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.08.2012, Az. 3 StR 315/12 (REWIS RS 2012, 3629)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3629

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 520/09 (Bundesgerichtshof)

Jugendstrafverfahren wegen Totschlags: Berücksichtigung des Atemalkoholwerts bei der Beweiswürdigung bezüglich eines Nachtrunks und der unterbliebenen …


4 StR 548/19 (Bundesgerichtshof)

Räuberische Erpressung: Erzwungene Mitwirkung an Straftaten


5 StR 543/01 (Bundesgerichtshof)


4 StR 99/09 (Bundesgerichtshof)


4 StR 229/10 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Zurückstellung der Vollstreckung bei betäubungsmittelabhängigem Täter


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.