Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2005, Az. X ARZ 223/05

X. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 315

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[X.][X.] vom 13. Dezember 2005 in dem Gerichtsstandsbestimmungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

ZPO § 281 Abs. 2; [X.] § 3 Abs. 1 Satz 1 Das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuständige Insolvenzgericht hat die zur [X.] eines anderen Insolvenzgerichts vorgetra-genen Umstände zu würdigen und gegebenenfalls von Amts wegen den Sach-verhalt weiter aufzuklären. Erst wenn danach ein Gerichtsstand bei dem nach § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuständigen Gericht nicht eröffnet ist, kann es seine ört-liche Unzuständigkeit aussprechen. Geschieht dies ohne eine solche Prüfung, so entbehrt der Verweisungsbeschluss jeder gesetzlichen Grundlage und muss deshalb als willkürlich betrachtet werden. [X.], [X.]. v. 13. Dezember 2005 - [X.] 223/05 - [X.] - 2 - [X.] hat am 13. Dezember 2005 durch [X.] Melullis, [X.], die Richterin Mühlens und [X.] und [X.] beschlossen: Als zuständiges Gericht wird das [X.] be-stimmt. Gründe: Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in [X.]. Für sie wurde mit Wirkung vom 10. Januar 2005 ein neuer [X.] bestellt, der für die Antragstellerin mit Antrag vom 31. Januar 2005 - eingegangen beim [X.] am 3. Februar 2005 - Insol-venzantrag gestellt hat und gleichzeitig beantragt hat, das Verfahren an das für den Wohnsitz des - neuen - Geschäftsführers örtlich zuständige Insolvenzge-richt in [X.] zu verweisen. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, sie habe den Geschäftsbetrieb eingestellt, das Gewerbe abgemeldet, die [X.] in [X.] aufgegeben und die Geschäftsunterlagen nach [X.] verbracht, um dort unter Einschaltung einer Wirtschaftsprüfungsgesell-schaft prüfen zu lassen, ob ein Fortbestand möglich sei und andernfalls die Abwicklung unter Einschluss eines Insolvenzverfahrens vorzunehmen. 1 - 3 - Das [X.] hat sich mit [X.]uss vom 8. Februar 2005 für örtlich unzuständig erklärt und das Insolvenzverfahren an das Amtsgericht [X.]-Charlottenburg verwiesen. 2 3 Das Amtsgericht [X.]-Charlottenburg hat sich mit [X.]uss vom 15. Februar 2005 für örtlich nicht zuständig erklärt und das Verfahren zur Be-stimmung der Zuständigkeit dem [X.] vorgelegt. Das [X.] möchte das Amtsgericht [X.]-Charlot-tenburg als zuständiges Gericht bestimmen. Es sieht sich hieran durch [X.] anderer Gerichte (BayObLG NJW-RR 2004, 986; [X.], 258, 259; OLG [X.] OLGR 2004, 184, 186; OLG [X.] NZI 2004, 264) gehindert. Es hat deshalb die Sache dem [X.] [X.]. 4 II. Die Vorlage ist zulässig (§ 36 Abs. 3 ZPO). 5 Das [X.] würde sich mit der von ihm beabsich-tigten Entscheidung in Widerspruch zu den zitierten [X.]üssen der [X.], [X.], [X.] und des [X.] setzen. Diese haben entschieden, dass ein Verweisungsbeschluss willkürlich und deshalb nicht bindend sei, weil eine Zuständigkeit am Wohnsitz des Geschäftsführers der GmbH dann nicht in Betracht komme, wenn die [X.] der Geschäftsanteile und die Abberufung des alten sowie die Ernen-nung des neuen Geschäftsführers in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Stellung des Insolvenzantrags stünden und das Verfahren damit das Gepräge einer "gewerbsmäßigen Firmenbestattung" habe. In solchen Fällen komme für die Durchführung des Insolvenzverfahrens eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts, bei dem der neu bestellte Geschäftsführer seinen Sitz habe, 6 - 4 - nicht in Betracht, weil es sich um eine rechtsmissbräuchliche Zuständigkeitser-schleichung handele. Das vorlegende Oberlandesgerichte [X.] hält hin-gegen eine solche Verweisung für jedenfalls nicht willkürlich. 7 III. Zuständiges Gericht ist das [X.]. 1. Die Voraussetzungen für die Bestimmung eines Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. 8 Das [X.] hat sich durch einen gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren [X.]uss für unzuständig erklärt. Das Amtsgericht [X.]-Charlottenburg hat im [X.]usswege die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Das genügt, um zur Anwendung des § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu ge-langen ([X.] 102, 338, 339 f.). 9 2. Das [X.] ist für das vorliegende Insolvenzverfahren zuständig. 10 Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Nach dieser Vorschrift ist örtlich zuständig das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Dies ist das [X.], weil die Gesellschaft dort ihren Sitz hat, § 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO. 11 Allerdings sind im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von Zuständigkeitsstreitigkeiten und dadurch bewirkten Verzögerungen und Verteuerungen des Verfahrens [X.] gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbar und gemäß § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO für das Gericht, an welches verwiesen wird, bindend. Dies entzieht auch einen sachlich zu Un-recht ergangenen Verweisungsbeschluss und die diesem [X.]uss zugrunde 12 - 5 - liegende Entscheidung über die Zuständigkeit grundsätzlich jeder Nachprüfung ([X.] 102, 338, 340; [X.].[X.]. v. 22.06.1993 - [X.] 340/93, NJW 1993, 2810). Nach ständiger Rechtsprechung kommt einem Verweisungsbeschluss jedoch dann keine Bindungswirkung zu, wenn er schlechterdings nicht als im Rahmen des § 281 ZPO ergangen angesehen werden kann, etwa weil er auf der Verletzung rechtlichen Gehörs beruht oder weil er jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich betrachtet werden muss ([X.] 71, 69, 72 f.; [X.].[X.]. v. 09.07.2002 - [X.] 110/02, NJW-RR 2002, 1498). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Das gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] zuständige [X.] hat sich darüber hinweggesetzt, dass die Verweisung eines Rechtsstreits ge-mäß § 4 [X.], § 281 Abs. 1 ZPO die Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts voraussetzt. Eine Verweisung kommt nur in Betracht, wenn bei dem Gericht, bei dem die Sache rechtshängig ist, ein Gerichtsstand nicht eröffnet ist ([X.].[X.]. v. 10.09.2002 - [X.] 217/02, NJW 2002, 3634, 3635). Das [X.] hat seinen Verweisungsbeschluss nicht begründet. Es hat weder Umstände ermittelt noch dargelegt, die seine Zuständigkeit in Frage stellen könnten. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 [X.] hat das Insolvenzgericht von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln, die für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind. Gerade im Hinblick auf die oben unter II dargestellte Recht-sprechung hatte das [X.] Veranlassung, der Frage nachzu-gehen, ob trotz der Zuständigkeitsregelung in § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] ein Ge-richtsstand bei ihm nicht begründet war. Das nach § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu-ständige Insolvenzgericht hat die zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit eines anderen Insolvenzgerichts vorgetragenen Umstände zu würdigen und gegebenenfalls von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufzuklären. Erst wenn danach ein Gerichtsstand bei ihm nicht eröffnet ist, kann es seine örtliche [X.] aussprechen. Geschieht dies ohne eine solche Prüfung, so [X.] - 6 - behrt der Verweisungsbeschluss jeder gesetzlichen Grundlage und muss des-halb als willkürlich betrachtet werden. 14 Das [X.] hat demnach den Rechtsstreit nicht wirksam an das Amtsgericht [X.]-Charlottenburg verwiesen.
Melullis [X.] Mühlens

[X.] [X.] Vorinstanz: OLG [X.], Entscheidung vom 30.05.2005 - 15 AR 8/05 -

Meta

X ARZ 223/05

13.12.2005

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ARZ

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.12.2005, Az. X ARZ 223/05 (REWIS RS 2005, 315)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 315

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