Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.11.2013, Az. 26 W (pat) 514/12

26. Senat | REWIS RS 2013, 1415

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Origin of Beer" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 037 633.6

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 6. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Hermann

beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 22. Dezember 2011 aufgehoben, soweit die Anmeldung für "Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten" zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I

1

Die Markenstelle für Klasse 32 des [X.] hat die Anmeldung der für die Waren und Dienstleistungen

2

„Klasse 32: Biere und Biermischgetränke soweit in Klasse 32 enthalten; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; [X.] und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken

3

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten

4

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten“

5

bestimmten Marke

6

[X.] of Beer

7

teilweise, nämlich für „Biere und Biermischgetränke soweit in Klasse 32 enthalten; Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten“, wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] zurückgewiesen.

8

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, die angemeldete Marke stelle eine aus Wörtern des [X.] Grundwortschatzes sprachlich korrekt gebildete, sloganartige Wortfolge dar, deren Bedeutung, nämlich „Entstehung/Ursprung/ Herkunft des Bieres“, von den maßgeblichen inländischen Durchschnittsverbrauchern der versagten Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres verstanden werde. Sie weise in beschreibender bzw. anpreisender Weise darauf hin, dass das Thema der Ausbildung, der Unterhaltung  bzw. der kulturellen Aktivitäten die Entstehung, der Ursprung und/oder die Herkunft des Bieres sei. In Bezug auf Biere und Biermischgetränke besage die angemeldete Marke, dass diese Getränke von einem Unternehmen stammten, das auf eine lange Tradition bei der Bierherstellung zurückblicken könne. Der Verkehr werde die angemeldete Marke nur in diesem beschreibenden und anpreisenden Sinne, nicht jedoch als betriebliche Herkunftskennzeichnung verstehen. Auch Voreintragungen ähnlich gebildeter Marken rechtfertigten keine abweichende Beurteilung der Unterscheidungskraft.

9

Dagegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Sie ist der Ansicht, bereits das Wort „[X.]“ allein sei für die versagten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend. Das Gleiche gelte für die angemeldete Marke insgesamt.  Sie verweist ergänzend u. a. auf die Eintragung der Gemeinschaftsmarke 010539955 „[X.] of Beer“ sowie der weiteren Gemeinschaftsmarken 006464939 und 002205979 „Ursprung des Bieres“ sowie die eingetragenen [X.] Marken 306 59 190 und 301 28 028 „Ursprung“.

Nach Erörterung der Sach- und Rechtslage hat die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung die Anmeldung für die versagten Dienstleistungen „Ausbildung, Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten“ zurückgenommen. Sie beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 32 des [X.] vom 22. Dezember 2011 aufzuheben, soweit die Anmeldung für die Waren „Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten“ zurückgewiesen worden ist.

II

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nach teilweiser Rücknahme der Anmeldung für die versagten Dienstleistungen in vollem Umfang begründet. Der Eintragung der angemeldeten Marke für die Waren „Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten“ stehen die Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] nicht entgegen.

Dass es sich bei der angemeldeten Marke um eine solche handelt, die ein Merkmal der zuvor genannten Waren der Klasse32 bezeichnet, hat die Markenstelle in dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss nicht festgestellt. Tatsächlich stellt die angemeldete Marke auch keine solche Merkmalsbeschreibung dar, denn sie beschreibt die fraglichen Waren weder ihrer Art und Beschaffenheit noch ihrer Bestimmung oder geografischen Herkunft nach und bezeichnet auch sonst kein Merkmal der Waren selbst.

Der angemeldeten Marke fehlt entgegen der im angegriffenen Beschluss vertretenen Ansicht für die Waren „Biere und Biermischgetränke, soweit in Klasse 32 enthalten“ auch nicht jegliche Unterscheidungskraft.

Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet ([X.], 850 Rn. 18 - [X.]; [X.], 1093 Rn. 13 - [X.]; [X.], 640 Rn. 10 – hey!; [X.] [X.], 228 Rn. 33 – Vorsprung durch Technik). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten.

Einer Marke fehlt die Eignung zur Identifizierung der Herkunft einer Ware oder Dienstleistung namentlich bei [X.], die sich ausschließlich in der Beschreibung der Ware oder Dienstleistung erschöpfen ([X.], 1151, 1152 – marktfrisch). Verständliche [X.] fasst der Durchschnittsverbraucher als solche und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auf (

Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.], 411 Rn. 8 - STREETBALL).

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich, wie zuvor bereits festgestellt, nicht um eine die beanspruchten „Biere und Biermischgetränke“ unmittelbar beschreibende Angabe. Sie stellt vielmehr eine allgemeine Werbeaussage dar. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Werbeaussagen dürfen keine anderen rechtlichen Maßstäbe angelegt werden als bei sonstigen Marken. Für die Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft ist zudem zu berücksichtigen, dass sich [X.] und [X.] nicht gegenseitig in der Weise ausschließen, dass der werbende Charakter einer Angabe ausschließt, dass diese zugleich auch als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird ([X.] [X.], 228 - Vorsprung durch Technik). Eine nicht unmittelbar beschreibende Werbeaussage kann deshalb neben ihrer [X.] grundsätzlich auch eine betriebliche [X.] erfüllen. Für die Beurteilung der Unterscheidungskraft [X.] § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] kommt es aber nur darauf an, ob die Werbeaussage die betriebliche [X.] erfüllen kann, die aus Sicht der beteiligten Verkehrskreise nicht völlig zurücktreten darf. Was im Verkehr ausschließlich als Werbung verstanden wird, stellt [X.] dar ([X.] GRUR Int. 2011, 255 – [X.]). Indizien für eine Bejahung der Unterscheidungskraft stellen Kürze, [X.]alität und Prägnanz einer Werbeaussage dar. Nicht unterscheidungskräftig sind dagegen vor allem Werbeaussagen, die sich in sachbezogenen Angaben erschöpfen, sowie Wortfolgen und Slogans, die ausschließlich als werbewirksame Anpreisungen bzw. positive Aussagen verstanden werden ([X.], 1047, 1049 - [X.], GLOBAL POWER).

Die angemeldete Werbeaussage weist zwar einen gewissen sachlichen Bezug zu Bieren, zugleich aber eine gewisse Unschärfe in der Aussage auf, indem sie zwar erkennen lässt, dass das so beworbene Getränk in irgendeiner Beziehung zum Ursprungsort oder der Ursprungsstätte des Bieres steht, jedoch nichts darüber aussagt, ob mit dem Ursprung der geografische Ort oder die Betriebsstätte der Anmelderin oder ein anderer örtlicher oder zeitlicher Bezugspunkt gemeint ist.  Der sachliche Aussagegehalt ist insoweit vage und unbestimmt. Andererseits handelt es sich bei der angemeldeten Marke um eine kurze und einprägsame Wortfolge. Beides zusammen genommen lässt nach Überzeugung des Senats erwarten, dass der inländische Durchschnittsverbraucher von Bieren und Biermischgetränken, der ein Zeichen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und nicht zu einer gedanklichen Analyse seiner Bedeutung neigt ([X.] GRUR Int. 2005, 135 – [X.]; [X.], 240, 241 - SWISS-ARMY), die angemeldete Marke noch als einen Hinweis auf die Herkunft dieser Waren aus einem bestimmten Unternehmen auffasst, weshalb ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden kann.

Der Beschwerde der Anmelderin war daher stattzugeben.

Meta

26 W (pat) 514/12

06.11.2013

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 06.11.2013, Az. 26 W (pat) 514/12 (REWIS RS 2013, 1415)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1415

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