Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2014, Az. XII ZB 45/13

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7747

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 45/13

vom

19. Februar
2014

in der
Sache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
FamFG § 266 Abs. 1 Nr. 2
Ein Verfahren, in dem die Unterlassung einer von einem [X.] getätigten Äu-ßerung begehrt wird, die geeignet ist, die persönliche Beziehung zwischen Ehegatten zu beeinträchtigen, ist keine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.

[X.], Beschluss vom 19. Februar 2014 -
XII [X.] 45/13 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 19. Februar
2014
durch den
Vorsitzenden
Richter
Dose und
die Richter [X.],
Dr.
Günter, Dr.
Botur
und Guhling
beschlossen:
Die
Rechtsbeschwerde gegen den
Beschluss des
12. Zivilsenats

-
Familiensenat -
des [X.]s [X.]
vom 17.
Januar
2013 wird auf Kosten der Antragstellerin [X.].

Wert: 3.000

Gründe:

I.
Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des angerufenen Famili-engerichts.

Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner die Unterlassung der ge-genüber ihrem Ehemann getätigten Äußerung, der Antragsgegner habe nicht am Tennistraining im Oktober 2011 teilnehmen können, weil er zeitgleich mit der Antragstellerin zusammen gewesen sei.
Das Amtsgericht -
[X.] -
hat sich für unzuständig erklärt und das Verfahren an die allgemeine Zivilabteilung des Amtsgerichts verwiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das [X.] zu-1
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-
3
-
rückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Sie ist gemäß § 17 a Abs. 4 Satz
4 und Abs. 6 GVG iVm § 574 Abs.
1 Nr. 2 ZPO statthaft (Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 -
XII [X.] 652/11
-
FamRZ 2013, 281 Rn. 7) und auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Das Beschwerdegericht hat das Vorliegen einer sonstigen Familiensa-che gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG verneint und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, durch die Äußerung des Antragsgegners sei nicht in den räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe eingegriffen worden. Zwar sei die [X.] nur ein Beispiel für eine sonstige Familiensache iSv §
266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Eine am Wortlaut und Zweck der Vorschrift orien-tierte Auslegung ergebe aber, dass der Anspruch gegen den [X.] aus der Ehe herrühren müsse. Vorliegend greife der Antragsgegner durch seine Äuße-rung zwar in die Ehre der Antragstellerin, jedoch nicht in deren Ehe als ein durch §
823 Abs. 1 BGB geschütztes sonstiges Recht ein. Eine erweiternde Auslegung des §
266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG, nach der es ausreiche, dass die be-anstandete Äußerung Einfluss auf die Ehe der Antragstellerin habe, sei nicht geboten und führe zu einem weit ausufernden Anwendungsbereich der Vor-schrift.
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
[X.] der Auffassung der Antragstellerin ist die hier zu beurteilende Streitigkeit 4
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-
4
-
nicht als sonstige Familiensache iSv § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu qualifizie-ren.
aa) Nach dieser Vorschrift sind
sonstige Familiensachen, für die die [X.] begründet ist, Verfahren,
die aus der Ehe her-rührende Ansprüche betreffen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der [X.] selbst seine Grundlage findet. Der bloße Zusammenhang
des geltend gemachten Anspruchs mit einer Ehe genügt hierfür nicht (Zöl-ler/Lorenz ZPO 30.
Aufl. § 266 FamFG Rn.
13; [X.] FamRZ 2009, 1017, 1018;
Heiter [X.] 2010, 121, 122;
vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S. 263; a.
[X.]/[X.]/[X.]/[X.] ZPO 72. Aufl. § 266 FamFG Rn.
11). Neben den aus §
1353 BGB hergeleiteten Ansprüchen
vermögens-rechtlicher und persönlicher Art zwischen den Ehegatten
werden von §
266 Abs.
1 Nr. 2 FamFG die Ansprüche
erfasst, die dem Schutz der ehelichen [X.] vor Störungen dienen
(vgl. [X.] FamFG 18.
Aufl. §
266 Rn. 9). Dazu zählen
insbesondere die sich aus §§ 823 Abs.
1, 1004 BGB iVm Art.
6 Abs.
1 GG ergebenden Unterlassungs-
und Beseitigungsansprüche bei Störungen des
räumlich-gegenständlichen Bereichs
der Ehe, auch wenn sie sich gegen einen [X.] richten ([X.]/[X.]/Jaeger
Familienrecht 5.
Aufl. §
266 FamFG Rn.
10; MünchKommFamFG/[X.] 2.
Aufl. §
266 Rn.
77 f.; [X.]/Weinreich/Rehme FamFG 4. Aufl. § 266 Rn.
14; [X.]/Heiter FamFG 3. Aufl. § 266 Rn. 43; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 266 Rn.
20; [X.] FamFG 18.
Aufl. §
266 Rn. 10; [X.]/[X.]/[X.] ZPO 34. Aufl. § 266 FamFG Rn.
4; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S. 262
f.).

Eine Verletzung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe ist durch die von der Antragstellerin behauptete Äußerung des Antragsgegners jedoch nicht gegeben. Der Schutzbereich des "räumlich-gegenständlichen Be-reichs der Ehe"
beschränkt sich auf den äußeren Bereich der Lebensgestaltung 9
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5
-
der Ehegatten, der die Grundlage für das gemeinsame Ehe-
und Familienleben bildet und zugleich den einzelnen Familienmitgliedern die Entfaltung ihrer Per-sönlichkeit ermöglichen soll ([X.]Z 6, 360, 365 f. = NJW 1952, 975). Er um-fasst daher insbesondere
die Ehewohnung
in dem Bestand, in dem sie die Eheleute gemeinsam nutzen ([X.]/[X.] BGB [2012] § 1353 Rn.
115; MünchKommFamFG/[X.] 2. Aufl. §
266 Rn. 78).
Ehestörungen, die [X.] die innere Lebens-
und Geschlechtsgemeinschaft der Ehegatten berüh-ren, sind dagegen als innerehelicher Vorgang nicht in den Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände einbezogen (Senatsurteil vom 19.
Dezember 1989 -
IV b ZR 56/88
-
FamRZ 1990, 367, 369).
Im vorliegenden Fall sieht
die Antragstellerin die Ehestörung darin, dass der Antragsgegner mit seinem Verhalten
das Ziel verfolgt habe, die Ehe der Antragstellerin zu zerstören. Aus diesem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich kein Eingriff in deren äußeren ehelichen Lebensbereich, sondern eine Beein-trächtigung
der persönlichen
Beziehung der Eheleute untereinander, die
vom Schutzbereich des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe als einem
sonstigen Recht iSv § 823 Abs.
1 BGB nicht erfasst
wird.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entsprechen daher die für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Umstände nicht gleichzeitig den notwendigen Tatbestandsmerkmalen des geltend gemachten Anspruchs (sogenannte doppelt relevante Tatsachen, vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 5.
Dezember 2012 -
XII [X.] 652/11
-
FamRZ 2013, 281 Rn.
33). Da die von der Antragstellerin behauptete Äußerung des Antragsgegners nicht in den Schutzbereich des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe eingreift, kann sich ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin lediglich aufgrund einer Verletzung ihrer persönlichen Ehre nach §§
823 Abs.
1, 1004 BGB ergeben.
Das Beschwerdegericht konnte daher schon allein aufgrund des Sachvortrags der Antragstellerin darüber entscheiden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 11
12
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6
-
5.
Dezember 2012 -
XII [X.] 652/11
-
FamRZ 2013, 281 Rn.
20 ff.), ob eine sonstige Familiensache iSv
§ 266 Abs.
1 Nr.
2
FamFG gegeben ist. Eine Be-weiserhebung
über die Behauptung der Antragstellerin, der Antragsgegner [X.] -
wie bereits mehrfach in der Vergangenheit hinsichtlich fünf weiterer Ehen
-
mit seinem Verhalten das Ziel verfolgt, auch die Ehe der Antragstellerin zu [X.],
war daher im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nicht veranlasst.

bb) Schließlich kann
die hier zu beurteilende
Streitigkeit nicht aus ande-ren Gründen als sonstige Familiensache iSv §
266 Abs.
1 Nr.
2 FamFG qualifi-ziert werden.

Der
Gesetzgeber hat mit §
266 FamFG den Zuständigkeitsbereich der [X.]e deutlich erweitert ("Großes [X.]"). Damit sollen [X.], die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen, ebenfalls Famili-ensachen werden. [X.] dabei ist nach der Gesetzesbegründung allein die [X.] des [X.]s zum Verfahrensgegenstand. Im [X.] aller Beteiligten soll es dem [X.] möglich sein, alle durch den [X.] Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkei-ten zu entscheiden (Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 -
XII [X.] 652/11
-
FamRZ 2013, 281 Rn.
25; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S.
168 f.).

Zu Recht weist das Beschwerdegericht daher darauf hin, dass [X.] nur ein Beispiel für eine sonstige Familiensache iSv §
266 Abs.
1 Nr.
2 FamFG sind. Die mit der Erweiterung der Zuständigkeit der Famili-engerichte durch die Neuregelung in §
266 FamFG verfolgte gesetzgeberische Absicht erfordert es jedoch nicht, Verfahren, die nur mittelbar Auswirkung auf eine bestehende Ehe haben, als Familiensachen zu qualifizieren. Ein
solches
Verständnis des §
266 Abs. 1 Nr.
2 FamFG würde zu einem weit ausufernden 13
14
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-
7
-
Anwendungsbereich der Vorschrift führen, weil sich dieser
dann auch auf [X.] erstrecken würde, deren Einordnung als Familiensache nicht mehr mit der [X.] der [X.]e zum Verfahrensgegenstand gerechtfertigt werden kann.
So liegen die Dinge hier. Eine besondere [X.] des [X.]s zum Verfahrensgegenstand besteht nicht. Die Antragsgegnerin verfolgt einen Unterlassungsanspruch aus §§
823 Abs.
1, 1004 BGB aufgrund einer behaup-teten ehrverletzenden Äußerung des Antragsgegners. Das Verfahren weist damit keine Besonderheiten auf, die eine Entscheidung durch das [X.] erfordern. Dass die Äußerung
möglicherweise
Auswirkungen auf die per-sönliche Beziehung der Antragstellerin zu ihrem Ehemann hat und der [X.] ihrer Ehe dadurch gefährdet worden ist, genügt als mittelbare Folge nicht, um eine Zuständigkeit des [X.]s nach §
266 Abs.
1 Nr.
2 FamFG
zu begründen.
Dose

Klinkhammer Günter

Botur Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.12.2012 -
3 F 2168/12 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.01.2013 -
12 [X.] -

16

Meta

XII ZB 45/13

19.02.2014

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.02.2014, Az. XII ZB 45/13 (REWIS RS 2014, 7747)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7747

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