Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2018, Az. IX ZR 167/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6490

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:050718U[X.]167.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL

IX ZR 167/15

Verkündet am:

5. Juli 2018

Preuß

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 174 Abs. 2
Zu den Anforderungen an die Anmeldung einer Forderung von [X.].
[X.], Urteil vom 5. Juli 2018 -
IX ZR 167/15 -
OLG Brandenburg

LG [X.] (Oder)

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2018
durch [X.] [X.], die
Richter
Prof. Dr. [X.], [X.], [X.] und Meyberg

für Recht erkannt:

Auf die
Revision der Klägerinnen
zu 1 und zu 3 wird der Beschluss des 12. Zivilsenats des [X.] vom 30. Juni 2015 aufgehoben, soweit die Berufung der Klägerin-nen zu 1 und zu 3 bezüglich des Hilfsantrags Nr.
6 zurückgewie-sen wurde.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen
Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Beklagte ist Verwalter in dem im August 1998 eröffneten Gesamt-vollstreckungsverfahren über das Vermögen der A.

e.G. (fortan: Schuldnerin). Die Schuldnerin war Gesellschafterin eines als
[X.]

GbR mbH
firmierenden Unternehmens, über dessen Vermögen ebenfalls das [X.] eröffnet wurde, und haftete für dessen Verbindlichkeiten. Die Klägerinnen zu 1 und zu 3 (fortan: Klägerinnen) haben für ein von der [X.]

GbR mbH betriebenes Bauvorhaben Leistungen er-1
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bracht. Am 20.
Dezember 1997 schlossen
die Klägerinnen

zusammen mit [X.] als "Beteiligte zu 1."
bezeichnet

und die [X.]

GbR mbH

als "Beteiligte zu 2."
bezeichnet

einen Teilvergleich. In diesem heißt es, so-weit für die Revision von Interesse:

1.
Die Beteiligte zu 1 bzw. die unter Ziff. [X.] genannten Gesellschaf-e-rungen mit einem Höchstbetrag in Höhe von 1,6 Mio. [X.]. [X.] gegenüber der Beteiligten zu 2, die zur [X.] strittig sind. Mit nachstehender Vereinbarung soll ein Teilvergleich ge-schaffen werden, der eine weitere Zusammenarbeit der [X.] ermöglicht.

2.
Die Beteiligte zu 2 zahlt einen Betrag in Höhe von 700.000,00 [X.] Ziff. 1. genannten
Forderungen an die Beteiligte zu 1 wie

Es ist nicht Sache der Beteiligten zu 2 zu klären, inwieweit sich die vorbezeichneten Zahlungen auf die jeweiligen Ansprüche gegebenenfalls auswirken. Es ist Sache der unter Ziff. [X.] ge-nannten Gesellschaften, wie sich die vorbezeichneten Zahlun-gen auf Ansprüche der unter Ziff. 1. genannten Gesellschaften auswirken. Sollte festgestellt werden, dass eine der unter Ziff. [X.] benannten Gesellschaften überzahlt worden ist, müssen sich die jeweils anderen die Überzahlung auf ihre jeweiligen Forde-rungen anrechnen lassen.

3.
Durch diese Vereinbarungen werden weitergehende wechsel-seitige Ansprüche zwischen den Beteiligten zu 1. und 2. aus-drücklich nicht betroffen oder anerkannt.

4.
Die Beteiligte zu 2 wird der Beteiligten zu 1 spätestens zum 31.03.1998 erklären, inwieweit eine Prüfung der von der [X.] vorgelegten Rechnungen (zu den Forderungen zu vorstehender Ziff. 1.) ergibt, ob weitere Forderungen anerkannt werden.

7.
Weitergehende Ansprüche der Beteiligten werden durch diese Vereinbarung nicht berührt. Sofern die Beteiligten beabsichti--
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gen, Ansprüche jeweils gegeneinander gerichtlich geltend zu machen, darf dies erst
nach dem 31.03.1998 geschehen.

Die Klägerinnen reichten unter dem 28.
August 1998
gegenüber dem Beklagten eine Forderungsanmeldung ein, in der als Hauptforderung eine
"[X.] vom 20.12.1997"
in Höhe von 812.000
DM benannt und Zinsen hieraus sowie Anwalts-
und Gerichtskosten in jeweils genau be-zeichneter Höhe ausgewiesen sind. Der Teilvergleich war der Forderungsan-meldung in Kopie beigefügt.

Das [X.] hat die auf Feststellung dieser und anderer [X.]r
Forderungen
zur [X.] gerichtete Klage als unzuläs-sig abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerinnen ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer insoweit vom [X.] zugelassenen Revision verfolgen die Klägerinnen ihren Hilfsantrag Nr.
6 weiter, mit dem sie beantragt haben, die am 28.
August 1998 angemeldete Forderung in Höhe von 427.871,20

e-samtvollstreckungstabelle festzustellen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhe-bung der angefochtenen Entscheidung (§
562 Abs.
1 ZPO) und zur Zurückver-weisung der Sache an das
Berufungsgericht (§
563 Abs.
1 Satz 1 ZPO).

1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt: Zwar möge mit der Bezugnahme auf den der Forderungsanmeldung vom 28.
August 1998 beigefügten Teilvergleich der Lebenssachverhalt, aus dem
die Klägerinnen ihre angemeldete Forderung herleiten, noch hinreichend dargelegt 2
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sein. Auch dürfte die Anmeldung zugunsten der Klägerinnen als Mitgläubigerin-nen im Sinne des §
432 BGB ausreichend sein. Indes bleibe bei einer [X.] des Beklagten der Umfang der Rechtskraft des Urteils unklar. Aus dem Teilvergleich sei nicht ersichtlich, dass die Klägerinnen im Zusammenhang mit dieser Vereinbarung auf weitergehende Ansprüche verzichtet hätten. Insoweit habe es weiterer Erläuterungen bedurft, wie sich die Vergleichssumme auf die einzelnen [X.] verteile. Diese Verteilung ergebe sich auch nicht aus einer mit "Gesamtforderungen"
überschriebenen Aufstellung, welche überdies der Forderungsanmeldung nicht beigefügt gewesen sei. Auf die weiteren
von der Beklagten geltend gemachten Einwendungen bezüglich der Wirksamkeit des [X.] und der Frage einer wirksam vereinbarten Haftungsbe-schränkung komme es daher nicht an.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung gegen das die Klage als unzulässig abweisende Urteil des [X.]s nicht zurück-gewiesen werden.

a) Zunächst zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Anforderungen an den Inhalt einer Forderungsanmeldung zur [X.] denjenigen entsprechen, die §
174 Abs.
2 [X.] für die Anmeldung zur Insolvenztabelle normiert. Die Gesamtvollstreckungsord-nung
enthält selbst keine eigene Regelung hierzu. [X.] war deshalb zunächst auf §
139 KO und ist nunmehr auf §
174 Abs.
2 [X.] zurückzugreifen (vgl. [X.]/Wutzke/Förster, [X.], 4.
Aufl., §
11 Rn. 46 ff; [X.], [X.], 3.
Aufl., §
11 Rn.
16 ff). Demnach hat der Gläubiger nicht nur den Betrag, so[X.]n auch den Schuldgrund in seiner Anmeldung anzugeben. Eine Forderungs-anmeldung, welcher
es an der gebotenen Darlegung des Grundes mangelt, ist 6
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unwirksam; dieser Mangel kann, weil es an den Mindestanforderungen einer wirksamen Anmeldung fehlt, nur durch eine Neuanmeldung behoben werden ([X.], Urteil vom 22.
Januar 2009

IX
ZR 3/08, [X.], 242 Rn. 17; Münch-Komm-[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
174 Rn. 26; [X.]/[X.], [X.], 5.
Aufl., §
174 Rn. 19).

b) Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen war der Grund der von den Klägerinnen angemeldeten Forderung, die Gegenstand des [X.] der Klage ist, hinreichend dargetan. Mehr als die Bezugnahme auf den der Forderung zugrundeliegenden Teilvergleich und dessen Beifügung war vor-liegend
nicht zu fordern.

aa)
Der Begriff des Grundes der Forderung entspricht demjenigen in §
253 Abs.
2 Nr. 2 ZPO, bezeichnet also den Sachverhalt, aus dem die Forde-rung entspringt. Die Anmeldung ist zum einen Grundlage der Eintragung, aus welcher der Gläubiger nach Aufhebung des Verfahrens die Zwangsvollstre-ckung betreiben kann (§
178 Abs.
3, §
201 Abs.
2 [X.]). Zum anderen soll die Anmeldung dem Verwalter und den übrigen Gläubigern eine Prüfung des [X.] ermöglichen. Die Forderung muss daher zur Bestimmung der Reichweite der Rechtskraft eindeutig konkretisiert sein ([X.], Urteil vom 22.
Januar 2009, aaO Rn. 10; vom 21.
Februar 2013

IX
ZR 92/12, [X.], 388 Rn. 15; vom 9.
Januar 2014

IX
ZR 103/13, [X.], 127 Rn. 6; Münch-Komm-[X.]/[X.], aaO §
174 Rn. 26; [X.]/[X.] in [X.], [X.], 2018, §
174 Rn. 47).

Diesen Anforderungen genügt die streitgegenständliche Forderungsan-meldung. Sie nennt als Grund der angemeldeten Forderung den Teilvergleich vom 20.
Dezember 1997, dieser ist der Anmeldung in Kopie
beigefügt. Der 8
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Gläubiger kann zur Darlegung seiner Forderung auf beigefügte Unterlagen [X.] nehmen, wenn daraus der Grund der Forderung hervorgeht ([X.], Urteil vom 22.
Januar 2009, aaO Rn. 11; MünchKomm-[X.]/[X.], aaO §
174 Rn. 26; [X.]/[X.], aaO Rn.
47).
So verhält es sich hier. Dem Teilvergleich ist die Verpflichtung der Schuldnerin zur Zahlung von 700.000
DM zuzüglich [X.] Umsatzsteuer ebenso zu entnehmen wie die [X.] (§§
428, 430 BGB) der Klägerinnen, welche sie berechtigt, die Forderung in jeweils voller Höhe zu ihren Gunsten zu beanspruchen. Dieser Gesamtgläu-bigerstellung der Klägerinnen steht nicht entgegen, dass die Schuldnerin schuldbefreiend nur an den im Vergleich benannten Zahlungsempfänger soll leisten können. Es ist zulässig, dass ein Schuldner mit [X.] ver-einbart, er werde nur an einen von ihnen leisten (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Juli 1979

VIII
ZR 215/78, NJW 1979, 2038, 2039; BeckOK-BGB/[X.], [X.] 2017, §
428 Rn. 1). Auch in diesem Fall ist der Schuldner nicht damit belas-tet, ermitteln zu müssen, welcher Teil der von ihm geschuldeten Leistung auf die einzelnen Gesamtgläubiger entfällt (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Juli 1972

III
ZR 107/69, [X.]Z 59, 187, 191). Bedenken gegen die Bestimmtheit der Forderungsanmeldung können sich also auch nicht daraus ergeben, dass die Verteilung des geschuldeten Betrages auf die Klägerinnen nach dem Teilver-gleich diesen im Innenverhältnis zugewiesen war. Die Pflicht der Schuldnerin zur Leistung des gesamten Betrages wird dadurch nicht berührt. Zweifel daran, welche Zahlungsverpflichtung die Schuldnerin (auch) zugunsten der Klägerin-nen eingegangen sein soll, können nicht aufkommen. Damit ist die [X.] Forderung hinreichend individualisiert. Weitergehende Forderungen, die der Teilvergleich ausdrücklich offen lässt, werden mit der Forderungsanmeldung nicht geltend gemacht.

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bb) Soweit die Anmeldung Grundlage der Teilnahme am Insolvenzver-fahren ist, hat der Gläubiger nach gefestigter Rechtsprechung des [X.] mit Blick auf die Funktionen der Anmeldung im Insolvenzverfahren einen Lebenssachverhalt darzulegen, der in Verbindung mit einem

nicht not-wendig ebenfalls vorzutragenden

Rechtssatz die geltend gemachte Forderung als begründet erscheinen
lässt ([X.], Urteil vom 9.
Januar 2014

IX
ZR 103/13, [X.], 127 Rn. 6; Beschluss vom 12.
November 2015

IX
ZR 313/14, [X.], 78 Rn. 3 je mwN). Die streitgegenständliche Anmeldung erfüllt auch [X.] Anforderungen. Der behauptete Vergleich, der den Klägerinnen einen Zah-lungsanspruch zuweist, kann unbeschadet der Frage, ob mit dem Vergleich eine Novation des bestehenden Schuldverhältnisses beabsichtigt war, An-spruchsgrundlage der angemeldeten Forderung sein (vgl. [X.], Urteil vom 7.
März 2002

III
ZR 73/01, [X.], 1503, 1504). Eine Vereinbarung, mit der ein im Rahmen einer Vertragsbeziehung entstandener Streit durch einen Vergleich (§
779 BGB) ganz oder teilweise erledigt werden soll, stellt keine [X.] zu dem schon bestehenden Vertragsverhältnis dar, sondern tritt als selbstständiges Rechtsverhältnis neben dieses (vgl. [X.], Urteil vom 9.
April 2014

VIII
ZR 404/12, [X.]Z 200, 362
Rn. 62). Schon damit ist ein [X.] schlüssig dargelegt.

Die vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel am Vorliegen der in §
779 BGB genannten Voraussetzung des gegenseitigen Nachgebens sind überdies unbegründet. Gegenseitiges Nachgeben im Sinne von §
779 BGB liegt schon dann vor, wenn die Parteien, um zur Einigung zu gelangen, überhaupt Zuge-ständnisse machen. Geringes Nachgeben auch im kleinsten Streitpunkt reicht insoweit aus ([X.], Urteil vom 28.
September 2005

IV
ZR 288/03, NJW-RR 2006, 644, 645). Ausweislich des [X.] haben die Parteien hinsichtlich eines Teils der zwischen ihnen in Streit befindlichen Forderungen in Höhe von 11
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1,6 Mio.
DM einen Teilbetrag in Höhe der zur [X.] [X.] Forderung unstreitig gestellt. Das ist ein ausreichendes gegenseiti-ges Nachgeben im Sinne von §
779 BGB.

3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der [X.] kann nicht selbst abschließend entscheiden. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs. 1 ZPO).

Kayser
[X.]
[X.]

Schoppmeyer
Meyberg

Vorinstanzen:
LG [X.] (Oder), Entscheidung vom 21.11.2013 -
14 O 7/10 -

OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.06.2015 -
12 U 11/14 -

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Meta

IX ZR 167/15

05.07.2018

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.07.2018, Az. IX ZR 167/15 (REWIS RS 2018, 6490)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6490

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IX ZR 167/15

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