Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2023, Az. XIII ZB 13/22

13. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 4560

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Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 11. Januar 2022 aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss des [X.] vom 12. Mai 2021 den Betroffenen im Zeitraum vom 12. Mai 2021 bis zum 19. Mai 2021 in seinen Rechten verletzt hat.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden dem [X.] auferlegt.

Der Gegenstandswert des [X.] beträgt 5.000 €.

Gründe

1

I. Der Betroffene reiste 2017 nach [X.] ein. Der von ihm unter Aliaspersonalien als vorgeblich libyscher Staatsangehöriger gestellte Asylantrag wurde als offensichtlich unbegründet abgelehnt und dem Betroffenen vollziehbar die Abschiebung angedroht. Anlässlich der von Amts wegen durchgeführten [X.] konnte der Betroffene als [X.] Staatsangehöriger identifiziert werden. Am 12. Mai 2021 hat das Amtsgericht Abschiebungshaft bis zum 4. Juni 2021 angeordnet. Am 17. Mai 2021 hat der Betroffene den Rechtsbeschwerdeführer als Person seines Vertrauens benannt, Beschwerde eingelegt und beantragt, das Verfahren im Fall einer Haftentlassung als Feststellungsverfahren fortzusetzen. Nachdem der Betroffene am 19. Mai 2021 abgeschoben worden war, hat das Beschwerdegericht die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Vertrauensperson mit der Rechtsbeschwerde.

2

II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

3

1. Das Beschwerdegericht hat gemeint, das Amtsgericht habe die Haft zu Recht angeordnet. Insbesondere habe ein zulässiger Haftantrag vorgelegen.

4

2. Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Haftanordnung lag kein zulässiger Haftantrag zugrunde.

5

a) Das Vorliegen eines zulässigen [X.] ist eine in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung. Zulässig ist der Haftantrag der beteiligten Behörde nur, wenn er den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung entspricht. Erforderlich sind Darlegungen zur zweifelsfreien Ausreisepflicht, zu den Abschiebungs- oder Überstellungsvoraussetzungen, zur Erforderlichkeit der Haft, zur Durchführbarkeit der Abschiebung oder Überstellung und zur notwendigen Haftdauer (§ 417 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 5 FamFG). Zwar dürfen die Ausführungen zur Begründung des [X.] knapp gehalten sein, sie müssen aber die für die richterliche Prüfung des Falls wesentlichen Punkte ansprechen. Fehlt es daran, darf die beantragte [X.] nicht angeordnet werden (st. Rspr., vgl. nur [X.], Beschluss vom 7. April 2020 - [X.] 53/19, [X.] 2020, 283 Rn. 7 mwN).

6

b) Nach diesen Maßstäben enthält der Haftantrag keine ausreichenden Darlegungen zur Erforderlichkeit der Haftdauer.

7

aa) Die beteiligte Behörde hat ausgeführt, die Rückführung des Betroffenen könne ohne Sicherheitsbegleitung mit einer Linienmaschine oder mit einer Chartermaßnahme erfolgen. Nach dem zuständigen [X.]     könne die Rückführung mit Sicherheitsbegleitung innerhalb von drei Wochen ab Eingang des [X.] erfolgen. Dieses sei bereits angefordert und es sei zu erwarten, dass es am 12. Mai 2021 bei der Botschaft abgeholt werden könne. Sodann würden etwa drei Wochen für die [X.] benötigt. Unter Hinzurechnung von mehreren Tagen für allfällige Verzögerungen werde daher Haft bis zum 4. Juni 2021 beantragt.

8

bb) Diesen offensichtlich widersprüchlichen Angaben lässt sich nicht entnehmen, aus welchen Gründen für die Abschiebung des Betroffenen ohne Sicherheitsbegleitung drei Wochen benötigt wurden. Denn die Auskunft der [X.] bezog sich lediglich auf eine Rückführung mit Sicherheitsbegleitung, die hier indes gerade nicht erforderlich war. Das Amtsgericht hat diesen Widerspruch auch nicht - etwa durch Rückfragen - bei der Behörde aufgeklärt (§ 26 FamFG). Die Vertrauensperson hatte hierauf ausdrücklich hingewiesen, ohne dass sich das [X.] indes mit diesem Einwand befasst hätte.

9

3. [X.] beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 83 Abs. 2 FamFG. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 36 Abs. 2 und 3 GNotKG.

[X.]     

  

[X.]     

  

Tolkmitt

  

Holzinger     

  

Kochendörfer     

  

[X.] vom 19. Juni 2023

Der Senatsbeschluss vom 21. März 2023 wird gemäß § 42 FamFG wegen offenbarer Unrichtigkeit wie folgt berichtigt:

In Absatz 3 Satz 2 des Tenors muss es statt "in allen Instanzen" richtig heißen "in erster und zweiter Instanz und der Person des Vertrauens in dritter Instanz".

[X.]     

  

[X.]     

  

Tolkmitt

  

Holzinger     

  

Kochendörfer     

  

Meta

XIII ZB 13/22

21.03.2023

Bundesgerichtshof 13. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Dresden, 11. Januar 2022, Az: 2 T 292/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.03.2023, Az. XIII ZB 13/22 (REWIS RS 2023, 4560)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4560

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XIII ZB 53/19

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