Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.08.2022, Az. X R 15/21

10. Senat | REWIS RS 2022, 7065

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Gegenstand

Avalprovisionen als Schuldzinsen


Leitsatz

1. Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG sind nach Maßgabe eines ertragsteuerrechtlich weiten Begriffsverständnisses alle Leistungen, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat, und darüber hinaus alle Aufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, mithin Kosten, die bei wirtschaftlicher Betrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können (in diesem Sinne bereits BFH-Urteil vom 12.02.2014 - IV R 22/10, BFHE 244, 560, BStBl II 2014, 621, Rz 19).

2. Provisionen und Gebühren für ein Aval (eine Bürgschaft) zählen jedenfalls dann zu den Schuldzinsen i.S. von § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG, wenn hierdurch die Rückzahlung von Fremdkapital, das dem Schuldner zeitweise zur Nutzung überlassen wurde, gesichert wird.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 26.05.2021 - 3 K 199/20 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) führt als Einzelunternehmer eine Tankstelle, die er von einem Mineralölunternehmen ([X.]) gepachtet hat. [X.] verpflichtete den Kläger, zur Sicherung aller Forderungen aus der Geschäftsverbindung und der [X.]eistellung des [X.]genturbestands eine [X.]ankbürgschaft in Höhe von (…) € zu stellen. [X.]ufgrund dessen schloss der Kläger mit einer [X.]ank ([X.]) einen "Kreditvertrag für [X.]valkredite" in entsprechender Höhe ab. Zur Sicherung etwaiger Rückgriffsforderungen stellte der Kläger der [X.] eine [X.]usfallbürgschaft eines weiteren Kreditinstituts ([X.]). Für den [X.]valkredit der [X.] hatte der Kläger Provisionen und Kontoführungsgebühren zu zahlen, ebenso für die [X.]usfallbürgschaft. Die gewinnmindernd erfassten [X.]ufwendungen hierfür betrugen in den Streitjahren 2.026,54 € (2014) sowie jeweils 1.824 € (2015 und 2016).

2

Nach den vom [X.] ([X.]) übernommenen [X.]erechnungen des Klägers betrugen die kumulierten Überentnahmen [X.] 4 [X.]bs. 4a Sätze 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in den Streitjahren 25.681,30 € (2014), 26.563,45 € (2015) und 16.542,88 € (2016).

3

Der Kläger nahm in seinen [X.] keine Hinzurechnung von Schuldzinsen gemäß § 4 [X.]bs. 4a EStG vor. Dem folgte der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --F[X.]--) zunächst und erließ für die Streitjahre [X.]. Später änderte das F[X.] die [X.]escheide und erhöhte den Gewinn aus Gewerbebetrieb um nicht abziehbare Schuldzinsen von 1.540,88 € (2014), 1.295,33 € (2015) und 465,08 € (2016). Es vertrat die [X.]nsicht, neben den Zinsaufwendungen für kurzfristige Verbindlichkeiten seien auch die vorgenannten Provisionen und Kontoführungsgebühren als Schuldzinsen i.S. von § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG anzusehen. Durch deren Einbeziehung werde der Freibetrag nach Satz 4 der Vorschrift von 2.050 € überschritten.

4

Den gegen die Änderungsbescheide eingelegten Einspruch wies das F[X.] hinsichtlich der gesonderten Gewinnfeststellungen zurück; im Übrigen steht eine Einspruchsentscheidung nach [X.]ktenlage noch aus.

5

Die Klage, die sich zunächst auch gegen die Gewerbesteuermessbescheide gerichtet hatte, vom Kläger insoweit aber später zurückgenommen worden war, blieb ohne Erfolg. Mit seinem in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2021, 2042 veröffentlichten --und im Rubrum auch den [X.] benennenden-- Urteil vertrat das [X.] die [X.]uffassung, dass die streitgegenständlichen Provisionen als "Schuldzinsen" i.S. von § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG zu qualifizieren seien. Dies ergebe sich aus der von Rechtsprechung, [X.]iteratur und Finanzverwaltung vertretenen weiten [X.]uslegung jenes Tatbestandsmerkmals. Die Provisionen seien wirtschaftlich mit Darlehenszinsen vergleichbar; der Kläger sei Schuldner offener Forderungen des [X.] gewesen, die er nicht sofort habe begleichen müssen, dafür aber eine [X.]ürgschaft zu stellen gehabt habe. Die [X.]ürgschaft habe der Fremdfinanzierung des Umlaufvermögens gedient. [X.]uch der Sinn und Zweck des § 4 [X.]bs. 4a EStG gebiete die Einbeziehung von [X.]valprovisionen. Die Überentnahmen belegten, dass der Kläger seinem [X.]etrieb liquide Mittel entnommen habe, anstatt hiermit die Forderungen des [X.] zu begleichen und so die [X.]valprovisionen zu vermeiden.

6

Mit seiner Revision bringt der Kläger vor, die streitgegenständlichen Provisionen unterfielen nicht dem Tatbestandsmerkmal der Schuldzinsen. Sie seien nicht für die zeitlich begrenzte Überlassung von Kapital gezahlt worden. Der [X.]valgeber stelle --anders als ein [X.] kein Kapital zur Verfügung, sondern verbürge sich. Ein [X.]iquiditätseinsatz werde erst dann geschuldet, wenn er vom Gläubiger des Schuldners in [X.]nspruch genommen werde; die [X.]ürgschaft sichere lediglich die Forderung des Gläubigers. Im Streitfall sei dies der Herausgabeanspruch des [X.] gegen den Kläger auf das im Rahmen des [X.]genturgeschäftes Erlangte und keine Kaufpreisforderung.

7

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung vom 05.05.2020 und die geänderten [X.] bis 2016 vom 26.11.2019 aufzuheben.

8

Das F[X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Es meint, [X.] habe dem Kläger Kapital zur Nutzung überlassen, und zwar in der Gestalt, dass [X.] für Forderungen des [X.] gegen den Kläger möglicherweise einzustehen habe. Die vom Kläger hierfür zu zahlenden Provisionen stünden daher in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur [X.]ufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 [X.]bs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Die Revision betrifft lediglich die [X.] für die Jahre 2014 bis 2016 (dazu unten 1.). Die rechtliche Würdigung des [X.], die an [X.] gezahlten [X.]provisionen und Kontoführungsgebühren seien als Schuldzinsen i.S. von § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG zu behandeln, wird nicht von ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getragen (unten 2.). [X.]ufgrund dieses Rechtsfehlers geht die nicht spruchreife Sache an die Vorinstanz zurück (unten 3.).

1. Das Revisionsverfahren bezieht sich ausschließlich auf die gesonderte [X.] für die Jahre 2014 bis 2016. Nur hierüber hat die Vorinstanz entschieden. Soweit im Rubrum der angefochtenen Entscheidung auch der [X.] für die vorgenannten Jahre aufgeführt ist, erfolgte dies offenkundig irrtümlich. Der Kläger hatte seine auch hiergegen gerichtete Klage bereits mit Schreiben vom 18.07.2020 zurückgenommen. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Schriftsätzen des [X.] im Revisionsverfahren. Diese benennen im [X.]etreff zwar jeweils --wie das angefochtene [X.] auch den [X.]. Der Revisionsantrag verdeutlich allerdings, dass der Kläger nur die [X.]en für die Streitjahre angreifen will.

2. Die Entscheidung des [X.], die streitgegenständlichen Provisionen und Gebühren seien [X.]ufwendungen, die entsprechend der Regelung des § 4 [X.]bs. 4a EStG (unten a) als Schuldzinsen (unten b) zu qualifizieren seien, beruht nicht auf ausreichenden tatsächlichen Feststellungen (unten c).

a) § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG bestimmt, dass Schuldzinsen nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 der Vorschrift nicht abziehbar sind, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. [X.]ls Überentnahme versteht das Gesetz den [X.]etrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (Satz 2 der Vorschrift), wobei die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der [X.]eträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben ([X.]), ermittelt werden (Satz 3). Der sich dabei ergebende [X.]etrag --höchstens jedoch der um 2.050 € verminderte [X.]etrag der im [X.] ist nach Satz 4 der Vorschrift dem Gewinn hinzuzurechnen. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, den [X.]etriebsausgabenabzug für betrieblich veranlasste Schuldzinsen insoweit rückgängig zu machen, als jener Zinsaufwand durch Überentnahmen und damit durch außerbetriebliche Vorgänge veranlasst ist (Urteil des [X.]undesfinanzhofs --[X.]FH-- vom 12.02.2014 - IV R 22/10, [X.]FHE 244, 560, [X.]St[X.]l II 2014, 621, Rz 21).

b) Der [X.]egriff der Schuldzinsen, den das EStG in seiner aktuellen Fassung neben § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG insbesondere auch in § 9 [X.]bs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG verwendet, ist nicht legaldefiniert.

aa) Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat jenen [X.]egriff für Zwecke des § 9 [X.]bs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG seit jeher nicht in einem zivilrechtlichen [X.] Verständnis i.S. von § 488 [X.]bs. 1 Satz 2 des [X.]ürgerlichen Gesetzbuchs ([X.]G[X.]), sondern wirtschaftlich --und somit weiter-- ausgelegt.

Schuldzinsen sind danach alle [X.]eistungen in Geld oder Geldeswert, die ein Schuldner für die Überlassung (Nutzung) von Kapital an den Gläubiger zu erbringen hat und darüber hinaus alle [X.]ufwendungen zur Erlangung oder Sicherung eines Kredits, d.h. Kosten, die bei wirtschaftlicher [X.]etrachtung des Vorgangs als Vergütung für die Überlassung von Kapital angesehen werden können (so [X.]FH-Urteil vom 22.09.2005 - IX R 44/03, [X.]FH/NV 2006, 279, unter [X.]; zuvor bereits [X.]FH-Urteile vom 29.10.1985 - IX R 56/82, [X.]FHE 145, 52, [X.]St[X.]l II 1986, 143; vom 23.01.1990 - IX R 8/85, [X.]FHE 159, 488, [X.]St[X.]l II 1990, 464; vom 01.10.2002 - IX R 72/99, [X.]FHE 200, 516, [X.]St[X.]l II 2003, 399, unter [X.]; vom 01.10.2002 - IX R 12/00, [X.]FHE 200, 519, [X.]St[X.]l II 2003, 398, unter [X.]; zuletzt [X.]FH-Urteil vom 06.12.2021 - IX R 8/21, [X.]FH/NV 2022, 713, Rz 19). Maßgebend ist die Zweckbestimmung der [X.]ufwendungen, ein Darlehen zu erlangen oder zu sichern (statt vieler [X.]FH-Urteil in [X.]FH/NV 2022, 713, Rz 19, mit [X.]nmerkung von [X.], [X.], 631), sodass es unerheblich ist, ob diese dem Geldgeber oder einer dritten Person zufließen ([X.]FH-Urteil in [X.]FHE 200, 516, [X.]St[X.]l II 2003, 399, unter [X.]).

bb) Diese ertragsteuerrechtlich weite [X.]uslegung des [X.] hat der [X.] des [X.]FH für Zwecke des § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG übernommen (Urteil in [X.]FHE 244, 560, [X.]St[X.]l II 2014, 621, Rz 19; ebenso [X.] Köln, Urteil vom 21.08.2013 - 14 K 3754/11, E[X.] 2014, 173, Rz 17 ff., rechtskräftig). Diese [X.]uffassung wird zudem von der Finanzverwaltung (Schreiben des [X.]undesministeriums der Finanzen vom 02.11.2018 - IV C 6 - S 2144/07, [X.]St[X.]l I 2018, 1207, Rz 19) sowie im Schrifttum geteilt (u.a. [X.]/[X.], EStG, 41. [X.]ufl., § 4 Rz 523; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]-- § 4 EStG Rz 1050; [X.]eckOK EStG/[X.], [X.]. [01.03.2022], EStG § 4 Rz 2659; [X.] in Kirchhof/[X.]/[X.], EStG, § 4 Rz E 555; [X.]randis/[X.]mann/[X.], § 4 EStG Rz 616; [X.]ode in Kirchhof/[X.], EStG, 21. [X.]ufl., § 4 Rz 188; [X.]artone in [X.], § 4 EStG Rz 777.3).

cc) Der [X.] schließt sich der vorgenannten [X.]nsicht an. Hierfür spricht insbesondere das Gebot einer einheitlichen [X.]uslegung nicht legaldefinierter Rechtsbegriffe, die innerhalb desselben Gesetzes mehrfach verwendet werden, zumal sowohl § 4 [X.]bs. 4a als auch § 9 [X.]bs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG systematisch als Einkünfteermittlungsvorschriften einzuordnen sind. Hinzu kommt, dass die Gesetzesbegründungen zur Einführung der [X.]egrenzung des [X.]s ([X.] 1999/2000/2002 vom 24.03.1999, [X.]G[X.]l I 1999, 402; [X.]egründung des Gesetzentwurfs vom 09.11.1998, [X.]TDrucks 14/23, S. 169) bzw. zu deren inhaltlicher Neuausgestaltung (Steuerbereinigungsgesetz 1999 vom 22.12.1999, [X.]G[X.]l I 1999, 2601; vgl. insoweit [X.]ericht des Finanzausschusses vom 11.11.1999, [X.]TDrucks 14/2070, S. 16 f.) keine [X.]nhaltspunkte dafür enthalten, dass für Zwecke des § 4 [X.]bs. 4a EStG ein von der Kerndefinition der Rechtsprechung abweichender Schuldzinsbegriff gelten soll. Ein engeres Verständnis stünde zudem im Widerspruch zur Grundkonzeption des § 4 [X.]bs. 4a EStG, wonach nur bei --periodenübergreifend betrachteten-- [X.]iquiditätsüberschüssen des [X.]etriebs Entnahmen des Steuerpflichtigen ohne steuerliche [X.]uswirkung auf den betrieblichen [X.] zu belassen sind (vgl. [X.]TDrucks 14/2070, S. 16; ebenso [X.] Köln in E[X.] 2014, 173, Rz 19 f., rechtskräftig; s. zur periodenübergreifenden [X.]erechnung der Über- und [X.] [X.]surteil vom 14.03.2018 - X R 17/16, [X.]FHE 261, 273, [X.]St[X.]l II 2018, 744, Rz 25 ff., und [X.]FH-Urteil vom 17.05.2022 - VIII R 38/18, [X.] Steuerrecht 2022, 1754, Rz 18).

c) Der rechtlichen Würdigung der Vorinstanz, die an [X.] gezahlten [X.]provisionen nebst Kontoführungsgebühren seien als Schuldzinsen gemäß § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG zu qualifizieren, liegen keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen zugrunde.

aa) Das [X.] hat seine [X.]uffassung, die Provisionen und Gebühren seien tatbestandlich Schuldzinsen, damit begründet, dass der Kläger Schuldner offener Forderungen des [X.] gewesen sei und das von [X.] gestellte [X.] der Fremdfinanzierung des Umlaufvermögens (des [X.]) gedient habe. Diese [X.]usführungen versteht der [X.] so, dass das [X.] meint, [X.] habe dem Kläger einen [X.] gewährt, der durch das [X.] der [X.] gesichert worden sei (so auch [X.], E[X.] 2021, 2044, in seiner [X.]nmerkung zur Entscheidung der Vorinstanz).

bb) Hätte ein solcher Kredit des [X.] zugunsten des [X.] tatsächlich vorgelegen, träfe die Entscheidung der Vorinstanz nach Maßgabe des weiten ertragsteuerrechtlichen [X.] rechtlich zu. [X.]llerdings lassen sich für die Würdigung, dem Kläger sei ein durch das [X.] zu sichernder [X.] gewährt worden, keine tatsächlichen [X.]nhaltspunkte finden; sie wird zudem vom Kläger angegriffen und bindet den [X.] daher nicht nach § 118 [X.]bs. 2 [X.]O.

cc) [X.]usweislich der vom [X.] festgestellten Ergänzung Nr. (…) zum [X.] war das [X.] vornehmlich zur Sicherung aller Forderungen des [X.] aus der Geschäftsverbindung und für die "[X.]eistellung des [X.]genturbestands" zu erbringen. [X.]genturgeschäfte zeichnen sich dadurch aus, dass ein Dritter --hier der Kläger als Verwalter der [X.] Geschäfte im fremden Namen und auf fremde Rechnung vermittelt (hierzu ausführlich [X.]FH-Urteil vom 30.06.2005 - III R 76/03, [X.]FHE 210, 551, [X.]St[X.]l II 2006, 84, unter [X.], sowie Urteil des [X.]undesgerichtshofs --[X.]GH-- vom 12.02.2003 - VIII ZR 130/01, Neue Juristische [X.] Zivilrecht 2003, 821, unter [X.].I.1.). Die [X.]genturware, die zur Veräußerung vermittelt wird, steht weder im zivilrechtlichen noch im wirtschaftlichen Eigentum des Verwalters (vgl. [X.]FH-Urteil vom [X.], [X.]FHE 112, 381, [X.]St[X.]l II 1974, 518). Verbindlichkeiten aus der [X.]nschaffung von Umlaufvermögen sind --soweit der [X.]gentur-Warenbestand betroffen ist-- aus Sicht des [X.] somit nicht vorstellbar.

3. [X.]ufgrund des vorgenannten Rechtsfehlers geht die Sache zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Der [X.] kann nach Maßgabe der bislang getroffenen Feststellungen nicht hinreichend sicher selbst entscheiden, ob die streitgegenständlichen Provisionen und Gebühren als Schuldzinsen i.S. von § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG zu werten sind.

4. Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang zunächst das zivilrechtlich maßgebliche Vertragsverhältnis zwischen dem Mineralölunternehmen [X.] und dem Kläger festzustellen und in diesem Zusammenhang insbesondere die Regelungen zur [X.]brechnung der Erlöse aus dem [X.]genturbestand zu berücksichtigen haben. Hieran anknüpfend wird erneut darüber zu befinden sein, ob die an [X.] gezahlten [X.]provisionen und Kontoführungsgebühren sowie --was das [X.] bislang noch gar nicht gewürdigt [X.] die an [X.] entrichteten Provisionen für die [X.]usfallbürgschaft den [X.]nforderungen an den Schuldzinsenbegriff des § 4 [X.]bs. 4a Satz 1 EStG genügen. Hierzu weist der [X.] --ohne rechtliche [X.]indungswirkung nach § 126 [X.]bs. 5 [X.]O-- auf Folgendes hin:

a) Mit [X.]lick auf die oben genannte Definition des ertragsteuerrechtlichen [X.]egriffs der Schuldzinsen dürften die in Rede stehenden Provisionen --anders als das F[X.] in seiner Revisionserwiderung anführt-- nicht für dem Kläger zur Nutzung überlassenes Kapital gezahlt worden sein. Denn der [X.]kreditvertrag ist, ebenso wie die klassische [X.]ürgschaft, kein Darlehen gemäß § 488 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.]G[X.]. Es handelt sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag i.S. von § 675 [X.]G[X.] ([X.]GH-Urteil vom 17.04.2018 - XI ZR 238/16, Der [X.]etrieb 2018, 1790, Rz 24, m.w.N.; Pamp in [X.]/[X.]unte, [X.]ankrechts-Handbuch, 6. [X.]ufl., § 50 Rz 38), der nicht in der Hingabe von Geld, sondern darin besteht, dass das Kreditinstitut mit seinem Namen und seinem Kredit für die Verbindlichkeiten des Kunden einzustehen bereit ist und eine Haftungszusage erteilt (u.a. [X.]FH-Urteil vom 27.03.2007 - VIII R 27/05, [X.]FHE 217, 479, [X.]St[X.]l II 2010, 21, unter [X.], m.w.N.).

b) Sollten sich der [X.]kredit der [X.] und nachfolgend die [X.]usfallbürgschaft der [X.] im Wesentlichen --wofür aus Sicht des [X.]s einiges sprechen könnte-- auf den in Geld bestehenden Herausgabeanspruch des [X.] auf das Erlangte aus den [X.]genturgeschäften gemäß §§ 675 [X.]bs. 1, 667 [X.]G[X.] beziehen, wird das [X.] zu erwägen haben, ob diese Sicherheiten finanzierungsbezogenen Charakter (vgl. zu diesem [X.]egriff [X.]/[X.]ergkemper, § 9 EStG Rz 360; [X.], E[X.] 2021, 2044) haben. Hierbei dürfte von [X.]edeutung sein, ob der Kläger nach Maßgabe der vom [X.] festzustellenden vertraglichen Vereinbarungen berechtigt war, über die für Rechnung der [X.] vereinnahmten Erlöse aus dem [X.]genturgeschäft bis zu deren [X.]bführung für eigene Zwecke zu verfügen. Sollte dies nicht der Fall gewesen sein, hätte das [X.] der [X.] keine Kreditfinanzierung gesichert.

5. [X.] beruht auf § 143 [X.]bs. 2 [X.]O.

Meta

X R 15/21

31.08.2022

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 26. Mai 2021, Az: 3 K 199/20, Urteil

§ 4 Abs 4a S 1 EStG 2009, § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 S 1 EStG 2009, § 488 Abs 1 S 1 BGB, § 675 BGB, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015, EStG VZ 2016

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 31.08.2022, Az. X R 15/21 (REWIS RS 2022, 7065)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7065

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VIII ZR 130/01

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