Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2008, Az. VII ZR 46/07

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 5949

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/07 Verkündet am: 24. Januar 2008 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja ZPO § 322 Abs. 1 Die Rechtskraft einer Entscheidung über Schadensersatzansprüche gegen den Ar-chitekten wegen Nichtausführung einer Ausführungsplanung steht einer Klage auf Ersatz desselben Schadens wegen Fehlern des Architekten bei der gesondert zu beurteilenden Entwurfsplanung, Bauüberwachung und der Abnahme des Bauwerks dann nicht entgegen, wenn aus dem Vortrag im ersten Prozess eindeutig hervorgeht, dass ausschließlich die fehlende Ausführungsplanung Gegenstand des Rechtsstreits war. [X.], Urteil vom 24. Januar 2008 - [X.]/07 - [X.]

[X.]

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2007 durch [X.], die [X.] Dr. Kuffer und Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Eick für Recht erkannt: Auf die Rechtsmittel des [X.] werden das Urteil des 12. Zivilsenats des [X.] vom 7. Februar 2007 und das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 20. Juni 2006 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand: Der Kläger verlangt von den [X.] Schadensersatz wegen mangel-hafter Architektenleistungen im Rahmen der Planung und Erstellung einer Re-genwasserversickerungsanlage. 1 Der Kläger war Bauherr der [X.] und beauftragte mit [X.] vom 14./21. April 1997 die Beklagte zu 3, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter die [X.] zu 1 und 2 sind, hin-2 - 3 - sichtlich des zweiten Bauabschnittes dieses Bauvorhabens mit den Architekten-leistungen der Leistungsphasen 1 bis 9 nach § 15 Abs. 2 [X.]. 3 Der Kläger nimmt die [X.] wegen eines Überschwemmungsscha-dens in Höhe von 260.851,78 • in Anspruch, der auf Mängel der Regenwasser-versickerungsanlage zurückzuführen ist. 4 Der Schaden war bereits in dem Rechtsstreit 2 [X.] beim [X.] vom Kläger gegen die jetzige Beklagte zu 3 geltend gemacht worden. In der Klageschrift vom 12. September 2003 war zur Begründung des [X.] ausgeführt worden: "–In der Folgezeit haben die Parteien sowie weitere am Bau beteiligte Firmen im Rahmen eines außergerichtlichen Beweissicherungsverfahrens die Ursache für die Überschwemmung erforscht. Zu diesem Zwecke wurde im [X.] aller Parteien beauftragt der Sachverständige Dr. Ing. [X.] aus B. Im Rahmen der [X.] wurde festgestellt, dass die insgesamt auf dem Grundstück befindlichen [X.] bis III aus verschiedenen Gründen nicht funktionsfähig und ausreichend dimensioniert sind. Beweis: Sachverständigengutachten des [X.] für das Gericht in Ab-lichtung als Anlage 2 K anbei. Aus dem Gutachten geht unbestritten hervor, dass die maßgebliche Ur-sache für den Überschwemmungsschaden eine fehlende Ausführungsplanung für die Versickerungsanlagen war. Diese Planung zu erstellen war Aufgabe der [X.], die diese Leistung überhaupt nicht erbracht haben–." Im Gutachten des Sachverständigen [X.] waren Mängel der Entwurfspla-nung, die fehlende Ausführungsplanung, fehlerhafte Bauausführung und fehler-hafte Objektüberwachung für diverse Beanstandungen an den [X.] bis III als Fehlerquelle aufgelistet und Bauunternehmer und Architekt als Verantwortlichen zugeschrieben worden. 5 Auf den Einwand der damaligen [X.], die Anlage sei bereits im Rahmen des ersten Bauabschnittes errichtet worden und ausweislich des [X.] - 4 - nahmeprotokolls vom 28. April 1997 bei Vertragsschluss der Parteien schon fertig gestellt gewesen, trug der Kläger vor, der entsprechende Auftrag zur [X.] an die Beklagte sei bereits im Jahr 1996 mündlich vergeben worden. 7 Diese Klage wurde mit rechtskräftigem Urteil des [X.] vom 6. Januar 2004 mit der Begründung abgewiesen, der Kläger habe trotz entspre-chenden Hinweises des Gerichts die Beauftragung der [X.] mit der [X.] nicht substantiiert dargelegt. Im vorliegenden Verfahren macht der Kläger geltend, die Versickerungs-anlage sei aufgrund einer fehlerhaften Entwurfsplanung der [X.] zu 3 mangelhaft ausgeführt worden. Die [X.] hätten diese der ausführenden Baufirma zugänglich gemacht. Weiter habe die Beklagte zu 3 ihre vertraglich übernommene Bauaufsicht nicht ordnungsgemäß durchgeführt und im Rahmen der Abnahme bestehende Mängel der Anlage nicht beanstandet. 8 Das [X.] hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil über den geltend gemachten Anspruch bereits rechtskräftig entschieden worden sei. Die Berufung des [X.] ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren im gleichen [X.] weiter. 9 Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung der Urteile beider Vorinstanzen und [X.] an das [X.]. 10 - 5 - [X.] 11 Das Berufungsgericht ist mit dem [X.] der Auffassung, die [X.] Klage sei unzulässig, weil das [X.] B. über den Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bereits im Verfahren 2 [X.] rechtskräftig ent-schieden habe. I[X.] Das Berufungsurteil sowie das Urteil des [X.]s halten der rechtli-chen Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht haben die Vorinstanzen die Zuläs-sigkeit der vorliegenden Klage wegen entgegenstehender Rechtskraft verneint. 12 1. Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung verbietet - als negative Prozessvoraussetzung - eine neue Verhandlung über denselben Streitgegenstand (ne bis in idem; [X.], Urteil vom 19. November 2003 - [X.]I ZR 60/03, [X.] 157, 47, 50 f.; Urteil vom 18. Januar 1985 - [X.], [X.] 93, 287, 289). Unzulässig ist deshalb eine erneute Klage, deren Streitgegenstand mit dem eines rechtskräftig entschiedenen Rechtsstreits iden-tisch ist ([X.], Urteil vom 17. März 1995 - [X.], NJW 1995, 1757). 13 2. Der Streitgegenstand der vorliegenden Klage ist mit dem des [X.] nicht identisch. 14 a) Zum Streitgegenstand sind alle Tatsachen zu rechnen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden, den Sachverhalt "sei-nem Wesen nach" erfassenden Betrachtungsweise zu dem zur Entscheidung gestellten [X.] gehören, den der Kläger zur Stützung seines [X.] dem Gericht zu unterbreiten hat (vgl. [X.], Urteil vom 15 - 6 - 13. Juni 1996 - [X.], [X.] 1997, 121; Urteil vom 19. Dezember 1991 - [X.], [X.] 117, 1, 5). Ob die einzelnen Tatsachen dieses [X.] von den Parteien vorgetragen worden sind oder nicht und ob die Parteien die im Vorprozess nicht vorgetragenen Tatsachen des [X.] damals bereits kannten oder hätten vortragen können, ist nicht erheblich. Infolgedessen gehört zur [X.] nicht nur die Präklusion der im Vorprozess vorgetragenen Tatsachen, sondern auch die der nicht vorgetrage-nen Tatsachen, sofern diese nicht erst nach Schluss der mündlichen Verhand-lung im ersten Prozess entstanden sind, sondern bei natürlicher Anschauung zu dem im Vorprozess vorgetragenen Lebenssachverhalt gehören ([X.], Urteil vom 19. November 2003 - [X.]I ZR 60/03, [X.] 157, 47, 50 f. m.w.[X.]). b) Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass ein Kläger, der Schadensersatz wegen Mängeln eines Architektenwerkes einklagt, die er auf ein vorprozessual eingeholtes Gutachten eines Sachverständigen stützt, regel-mäßig alle in diesem Gutachten aufgelisteten Mängel des [X.] zum Gegenstand des Rechtsstreits macht. Um diese Wirkung herbeizuführen, ist es nicht erforderlich, dass er alle im Gutachten einzeln aufgeführten Fehler des Architekten, die nach dem Ergebnis des Gutachtens für den geltend ge-machten Schaden ursächlich geworden sind, gesondert aufführt. Es genügt grundsätzlich, den Schaden zu beschreiben, ihn dem Werk des Architekten zu-zuordnen und sich auf die vorgerichtliche Begutachtung durch den Sachver-ständigen und die dort aufgelisteten Mängel zu berufen. 16 Anders kann es jedoch sein, wenn der Kläger sich entschließt, ausdrück-lich nur einen bestimmten Fehler des [X.] zu rügen und zur allei-nigen Grundlage seines Schadensersatzbegehrens zu machen. Es ist dem An-spruchsteller unbenommen, einzelne abgrenzbare Mängel des [X.] gesondert gerichtlich geltend zu machen. Allerdings muss diese [X.] - 7 - schränkung aus seinem [X.] für alle am Rechtsstreit Beteiligten [X.] sein. 18 c) Letzteres ist hier der Fall. Im Vorprozess vor dem [X.] B. hat der Kläger ausweislich seiner Klagebegründung seinen Schadensersatzan-spruch ausschließlich mit der fehlenden Ausführungsplanung begründet. Nur so hat auch die Beklagte den [X.] seinerzeit verstanden und sich daher ausschließlich mit dem Argument verteidigt, nicht mit der Ausführungsplanung beauftragt worden zu sein. Auch das Gericht hat sich auf die alleinige Prüfung dieser Frage beschränkt. Die anderen Mängel des [X.], die das Gutachten des Sachverständigen [X.] erwähnt hat, haben im Rechtsstreit keine Beachtung gefunden, weil nach dem Verständnis aller Prozessbeteiligten der Kläger sich ausdrücklich auf den Mangel fehlender Ausführungsplanung be-schränkt hat. Unter diesem Blickwinkel stellt sich die im Vorprozess geltend gemachte Schadensersatzforderung wegen Nichterbringung der Ausführungsplanung als eine andere Forderung dar als die im Mittelpunkt des vorliegenden Tatsachen-vorbringens stehende Schadensersatzforderung wegen fehlerhafter Entwurfs-planung, mangelhafter Bauüberwachung und Pflichtverletzung bei der [X.]. Alle Forderungen haben zwar ihre gemeinsame Grundlage in dem [X.] vom 14./21. April 1997, gründen sich jedoch nicht auf dieselbe Pflichtverletzung (vgl. [X.], Urteil vom 4. Dezember 1997 - [X.], [X.], 332 = [X.] 1998, 144; Urteil vom 7. Dezember 1995 - [X.] ZR 112/95, [X.], 427 = [X.] 1996, 137). Vielmehr hat der Kläger verschiedene für den eingetretenen Schaden ursächliche Pflichtverletzungen geltend gemacht, die auf selbständigen, voneinander unabhängigen Tatsachen, also mehreren Lebenssachverhalten beruhen, die unterschiedlichen Sachvortrag des [X.] erfordern und die auch jeweils eine andere Verteidigung der [X.] [X.] - 8 - gen. Die in der vorliegenden Klage vorgetragenen Pflichtverletzungen der [X.] Entwurfsplanung, der mangelhaften Bauüberwachung und der unzu-reichenden Mängelüberprüfung bei Abnahme gehören bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Parteien ausgehenden und den Sachverhalt "seinem [X.] nach" erfassenden Betrachtungsweise (vgl. [X.], Urteil vom 19. Dezember 1991 - [X.], [X.] 117, 1, 5) nicht zu dem [X.] der feh-lenden Ausführungsplanung, den der Kläger im Vorprozess dem Gericht aus-schließlich unterbreitet hatte. Unterscheidet sich der Streitgegenstand des [X.] aber von dem des [X.], weil ein anderer Sachverhalt vorgetragen wird, der im früheren Verfahren eindeutig nicht Gegenstand war, so steht die Rechtskraft des früheren Urteils der neuen Klage nicht entgegen. Das gilt auch dann, wenn das [X.] äußerlich unverändert geblieben ist und die Tatsachen, die der neuen Klage zugrunde gelegt sind, schon im Vorprozess hätten geltend gemacht werden können (vgl. [X.], Urteil vom 13. Dezember 1989 - [X.], [X.], 249; Urteil vom 19. September 1985 - [X.] ZR 15/85, [X.], 117 = [X.] 1985, 284; Urteil vom 22. Mai 1981 - [X.], NJW 1981, 2306). - 9 - II[X.] 20 Da beide Vorinstanzen danach die Klage zu Unrecht als unzulässig ab-gewiesen haben, verweist der Senat die Sache unter Aufhebung beider [X.] Urteile an das [X.] zurück (vgl. [X.], Urteil vom 17. September 2003 - [X.]I ZR 321/02, NJW 2003, 3418; Urteil vom 18. November 1998 - [X.]I ZR 344/97, NJW 1999, 647, jeweils m.w.[X.]). [X.] [X.]

[X.] Eick Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 20.06.2006 - 2 O 301/05 - [X.], Entscheidung vom 07.02.2007 - 12 U 99/06 -

Meta

VII ZR 46/07

24.01.2008

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.01.2008, Az. VII ZR 46/07 (REWIS RS 2008, 5949)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 5949

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