Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. XII ZB 670/10

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 710

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS
XII [X.] 670/10
Verkündet am:

5. Dezember 2012

Kirchgeßner,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§
1573 Abs.
2, 1574, 1577, 1578
b; FamFG §
239
Genügt der Unterhaltsberechtigte seiner aktuellen Erwerbsobliegenheit, kann ihm für die Vergangenheit nicht vorgehalten werden, er hätte konkrete [X.] entfalten müssen, um den jetzt eingetretenen ehebedingten Nachteil zu kompensieren.
[X.], Beschluss vom 5. Dezember 2012 -
XII [X.] 670/10 -
OLG [X.]

AG Linz am [X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 5.
Dezember 2012 durch den
Vorsitzenden Richter Dose
und [X.], Dr.
Günter, Dr.
Nedden-Boeger und Dr.
Botur
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Be-schluss des 13.
Zivilsenates -
1.
Senat für Familiensachen
-
des [X.]s [X.] vom 17.
November 2010 im Kosten-punkt und insoweit
aufgehoben, als das Beschwerdegericht
den Unterhalt der Antragsgegnerin bis Ende 2014 befristet hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbe-schwerde, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt die Befristung des
durch Vergleich geregelten Anspruchs auf nachehelichen Unterhalts der Antragsgegnerin.
Die Beteiligten schlossen 1989 die Ehe. Sie adoptierten ein im März 1996 geborenes Kind. Die Antragsgegnerin ist seit Juli 1991 Versicherungs-fachwirtin und arbeitete bis 1995 als Sachbearbeiterin bei verschiedenen Versi-cherungsunternehmen. Nach der Adoption des Kindes setzte sie ihre [X.] aus. Sie ist nunmehr als städtische Schulsekretärin mit 31
Wochen-1
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3
-
stunden beschäftigt.
Die Ehe ist seit September 2004 geschieden. Mit gerichtli-chem Vergleich vom 28.
September 2004 verpflichtete sich der Antragsteller, an die Antragsgegnerin einen monatlichen nachehelichen Unterhalt von 1.800

zuzüglich weiteren 128

h-res 2008 schlossen die Beteiligten eine außergerichtliche Vereinbarung, mit der sie den Vergleich dahingehend abänderten, dass ab März 2008 lediglich noch Unterhalt von 1.500

zuzüglich 128

zu zahlen sei. Der Unterhalt sollte bis zu dem Monat gezahlt werden, in dem der gemeinsame [X.] das 14.
Lebensjahr vollendete, also bis März 2010. Nach Ablauf des ge-nannten [X.]raums sollten sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten.
Der Antragsteller hat beantragt, den gerichtlichen Vergleich dahin [X.],
dass er ab April 2010 keinen nachehelichen Unterhalt mehr zu zahlen hat, da die Antragsgegnerin keine ehebedingten Nachteile erlitten habe. Dem ist die Antragsgegnerin entgegengetreten.
Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das [X.] den Vergleich dahin abgeändert, dass er an die Antragsgegnerin ab 1.
April 2010 Ehegattenunterhalt in Höhe von 1.310

s
Altersvorsorgeunterhalts
von 128

monatlich zu zahlen hat
und der Unterhaltsanspruch mit Ablauf des Monats Dezember 2014 endet. Hiergegen richtet sich die für die [X.] ab 1.
Januar 2015 zugelas-sene Rechtsbeschwerde, mit der die Antragsgegnerin ihr Begehren auf unbe-fristeten Unterhalt weiter verfolgt.

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-
4
-
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Sie führt im Umfang der Anfechtung zur Aufhebung des [X.] und insoweit
zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
Die vom Beschwerdegericht
auf den [X.] ab 1.
Januar 2015 beschränkte Zulassung
der Rechtsbeschwerde und die damit einherge-hende Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin sind zulässig (vgl. Senatsurteil
[X.]Z 179, 43 =
[X.], 406 Rn.
10).

1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Der Abänderungsantrag sei nach §
239 FamFG zulässig. Dies folge schon [X.], dass der Vergleich aus dem Jahre 2004 datiere und inzwischen die Unter-haltsreform in [X.] getreten sei. Dabei spiele
es keine Rolle, dass die Parteien noch Anfang des Jahres 2008 durch eine private Vereinbarung den Titel [X.] hätten. [X.] sei allein der gerichtliche Vergleich. Der
Antragsteller sei auch nicht mit seinem Einwand, die Unterhaltspflicht zu befris-ten, präkludiert. Zwar treffe es zu, dass der Vergleich nach Inkrafttreten der Un-terhaltsreform geändert
worden sei. Die
entsprechende Vereinbarung habe sich aber erkennbar mit einem anderen Tatbestand befasst, nämlich dem Betreu-ungsunterhalt, der nach der Rechtsprechung des [X.] nicht der Befristungsmöglichkeit nach §
1578
b [X.] unterliege. Aufgrund der Vereinba-rung sei klargestellt gewesen, dass Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung des 14.
Lebensjahres des gemeinsamen [X.]es geschuldet sein sollte. Zudem sei vereinbart gewesen, dass die Antragsgegnerin ohne Anrechnung [X.] könne. Letztlich werde durch den Passus in der Vereinbarung, nach Ablauf des genannten [X.]raums richteten sich eventuelle Unterhaltsansprüche nach 5
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5
-
den gesetzlichen Vorschriften, auch ausdrücklich die Abänderungsmöglichkeit eröffnet.
Die Auffassung des Amtsgerichts, der Abänderungsantrag sei unschlüs-sig, sei nicht haltbar, jedenfalls wenn der Antragsteller, wie hier, ausdrücklich seine unbegrenzte Leistungsfähigkeit einräume. Soweit er sich nicht zu seinen Einkommensverhältnissen erkläre, seien diese bei der gebotenen Billigkeitsab-wägung in außergewöhnlicher Höhe zu unterstellen. Ohnehin sei hier aufgrund des Vortrags und des Antrags der Antragsgegnerin naheliegend, dass eine Herabsetzung auf den angemessenen Bedarf nicht streitig gewesen sei. [X.] davon habe die Antragsgegnerin in erster Instanz einer Reduzierung auf 1.400

nach §
1573 [X.] in Betracht. Da der Anspruch zunächst auf den "eheangemessenen"
[X.] zu begrenzen und dann zu befristen sei, komme es auf die aktuel-len Einkommensverhältnisse des Antragstellers nicht an und auch nicht auf [X.] Familienverhältnisse, weil einerseits kein Quotenunterhalt geschuldet sei und andererseits seine Leistungsfähigkeit außer Frage stehe. Unzweifelhaft liege ein [X.] Nachteil vor, wenn man vom Status quo ausgehe. Das gegenwärtig erzielte Einkommen liege deutlich unter dem, das die Antragsgeg-nerin bei Fortsetzung ihrer Sachbearbeitertätigkeit in der Versicherungsbranche gehabt hätte. Allerdings treffe den Unterhaltsberechtigten die Obliegenheit, sol-che Nachteile nach Möglichkeit auszugleichen, im konkreten Fall spätestens seit Mitte 2006 im Hinblick auf die Änderung der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs zur Befristung des [X.]. Das Problem des ehe-bedingten Nachteils "kristallisiere"
sich auf die Aussage der Antragsgegnerin, sie habe infolge der Ehe und der Kinderbetreuung nach der Scheidung keine ihrer vorherigen Tätigkeit entsprechende Stelle in der Versicherungswirtschaft mehr finden können. Hierzu habe die Antragsgegnerin jedenfalls keine ausrei-chenden Bemühungen entfaltet. Dabei sei auf der anderen Seite allerdings 8
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6
-
auch zu berücksichtigen, dass -
ausdrücklich durch die Vereinbarung von [X.] durch den Antragsteller eingeräumt
-
ein Teil ihrer Arbeitskraft durch die Betreuung des Kindes gebunden gewesen sei.
Allerdings gehe es hier nicht um die Bedürftigkeit und die Bedarfsermitt-lung der Antragsgegnerin. Sie genüge
-
bei unterstellter Vollzeittätigkeit
-
ihrer aktuellen Erwerbsobliegenheit. Es gehe um die Frage, ob ein [X.] Nachteil nicht durch entsprechende Bemühungen
hätte vermieden werden [X.]. Auch insoweit treffe die Darlegungs-
und Beweislast den Unterhaltspflich-tigen, der sich auf einen Ausnahmetatbestand berufe. Die Antragsgegnerin [X.] sich allerdings nicht darauf beschränken, die allgemeine Lage auf dem hier einschlägigen Arbeitsmarkt in der Versicherungsbranche darzustellen. Sie [X.] im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast zu ihren
konkreten Bemühun-gen, eine entsprechende Stelle zu erlangen, vortragen. Auch wenn eine sichere rückblickende Einschätzung nicht mehr möglich sei, könne mit Gewissheit aus-geschlossen werden, dass es im [X.]raum 2006 bis 2008 keine entsprechenden Arbeitsmöglichkeiten gegeben habe.
Die im Ergebnis hiernach gebotene Befristung des Unterhalts komme un-ter Berücksichtigung der Abwägungskriterien des §
1578
b [X.] erst nach einer Übergangszeit
in Betracht, in der der Unterhalt auf den angemessenen [X.] herabzusetzen sei. Dabei sei die berufliche Entwicklung der An-tragsgegnerin wie auch die Dauer der Ehe und der Kindererziehung zu berück-sichtigen. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers seien weit über-durchschnittlich, während die Antragsgegnerin
unterdurchschnittliche Einkünfte erziele. Von daher sei der Unterhalt zunächst für eine Übergangszeit auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, und zwar bis zu dem Ende des Jahres, in dem das Kind volljährig werde, also bis Ende 2014. Erst für die [X.] danach sei der Unterhalt völlig auszuschließen.
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-
Der angemessene Lebensbedarf entspreche dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte. Diesbezüglich sei unter Berücksichtigung der Angaben der [X.] von einem Nettoeinkommen von rund 2.640

auszugehen. In ihrer jetzigen Stellung könnte die Antragsgegnerin -
hoch [X.] auf eine Vollzeittätigkeit
-
rund 1.460

angemessenen Lebensbedarf betrage also rund 1.180

n-terhalt sei bei den sehr guten Einkommensverhältnissen daneben geschuldet. Er sei von beiden Beteiligten der Höhe nach nicht näher dargelegt, aber bisher mit 128

stsetzung im Vergleich von 2004 sowie der Modifizierung im [X.].
2. Diese Ausführungen halten nicht in jeder Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung stand.
a) Allerdings ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Abänderungsantrag nach §
239 FamFG zulässig ist. Bei dem gerichtli-chen Vergleich handelt es sich um einen solchen i.S.d.
§
239 Abs.
1 Satz
1 FamFG
i.V.m. §
794 Abs.
1 Nr.
1 ZPO. Nach §
239 Abs.
1 Satz
2 FamFG ist der Antrag zulässig, sofern der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die eine
Abän-derung rechtfertigten.
Nach der Rechtsprechung
des Senats
richtet sich die Abänderung eines Prozessvergleichs allein nach materiell-rechtlichen Kriterien. Dabei ist

[X.] gegenüber einer Störung der Geschäftsgrundlage
-
durch Auslegung zu [X.], ob und mit welchem Inhalt die Parteien eine insoweit bindende Rege-lung getroffen haben (Senatsurteil [X.]Z 186, 1 =
[X.], 1238 Rn.
13).
Vorliegend haben die Beteiligten im [X.] den titulierten Vergleich inhaltlich dahin
abgeändert, dass der Betreuungsunterhalt bis zur Vollendung 11
12
13
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des 14.
Lebensjahres des gemeinsamen Kindes geschuldet sein soll, also bis einschließlich März 2010. Für die [X.] danach haben die Beteiligten vereinbart, dass sich die Unterhaltsansprüche nach den gesetzlichen Vorschriften richten sollen.
Danach fehlt dem Vergleich unter Beachtung der modifizierenden Rege-lung für die [X.] ab April 2010 eine bindende Regelung, weshalb er insoweit frei abänderbar ist.
b) Ebenso wenig ist es zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht ei-ne Präklusion des [X.] ausgeschlossen hat.
Zwar haben die Beteiligten den ursprünglichen Vergleich aus dem Jahre 2004 im [X.] abgeändert, also zu einem [X.]punkt, als der Senat bereits seine Rechtsprechung zur Befristung des [X.]
geändert
(Senatsurteil
vom 12.
April 2006 -
XII
ZR
240/03
-
FamRZ 2006, 1006)
und der Gesetzgeber in der Folge mit dem zum 1.
Januar 2008 in [X.] getretenen [X.] §
1578
b [X.] in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt hatte. Es ist jedoch nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdege-richt maßgeblich darauf abgestellt hat, dass Gegenstand der modifizierenden Vereinbarung aus dem [X.] ausschließlich der [X.]an-spruch gewesen ist.
Im Übrigen haben die Beteiligten mit Auslauf dieses An-spruchs ausdrücklich auf die gesetzlichen Bestimmungen -
und damit auch auf §
1578
b [X.]
-
Bezug genommen.
c) Schließlich kann dem Beschwerdegericht auch dahin gefolgt werden, dass der Abänderungsantrag des Antragstellers nicht deshalb unschlüssig ist, weil er (zunächst) keine Angaben über seine konkreten [X.] gemacht, vielmehr auf seine unbeschränkte Leistungsfähigkeit verwiesen hat.

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-
9
-
Die Beteiligten haben sich darauf verständigt, dass sich der Unterhalts-anspruch nach Ablauf des [X.] nach den gesetzlichen [X.] richten solle. Damit war der Vergleich frei abänderbar. Einer Dar-legung der
Änderung der tatsächlichen Verhältnisse -
wie etwa der Einkom-mensverhältnisse
-
bedurfte es daher nicht mehr.
Im Übrigen oblag es dem Grunde nach ohnehin der Antragsgegnerin, zu ihrem Bedarf nach §
1578 [X.] und damit auch zum Einkommen des [X.] vorzutragen, da sie mit Auslaufen des vereinbarten Betreuungsunter-haltsanspruchs für die Voraussetzungen des nunmehr von ihr geltend zu ma-chenden [X.]anspruchs nach §
1573 Abs.
2 [X.] auch in dem vom Antragsteller betriebenen
Abänderungsverfahren darlegungsbelastet ist (vgl. Senatsurteil
31.
Januar 1990 -
XII
ZR
36/89
-
FamRZ 1990, 496, 497). Da die Antragsgegnerin ausweislich der nicht zu beanstandenden und von der Rechtsbeschwerde auch nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] jedoch keinen über ihren angemessenen Lebensbedarf im Sinne von §
1578
b Abs.
1 [X.] liegenden Unterhalt begehrt, bedurfte es zum Bedarf nach §
1578 [X.] keiner weiteren Feststellungen
des [X.].
d) Nicht gefolgt werden kann im vorliegenden Fall aber der Auffassung des [X.], der -
bestehende
-
ehebedingte Nachteil
i.S.d. §
1578
b [X.] stehe einer Befristung nicht entgegen, weil die Antragsgegnerin ihn durch entsprechende Bemühungen hätte vermeiden können.
aa) Um den ehebedingten
Nachteil der Höhe nach bemessen zu können, muss der Tatrichter Feststellungen zum angemessenen Lebensbedarf des [X.] im Sinne des §
1578
b Abs.
1 Satz
1 [X.] und zum Ein-kommen treffen, dass der Unterhaltsberechtigte tatsächlich erzielt oder
gemäß §§
1574, 1577 [X.] erzielen könnte. Die Differenz ergibt den ehebedingten 19
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-
10
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Nachteil (Senatsurteil vom 20.
Oktober 2010 -
XII
ZR
53/09
-
[X.], 2059 Rn.
23).
Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs besteht in dem Ein-kommen, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und Kinderer-ziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte (Senatsurteil vom 4.
August 2010 -
XII
ZR
7/09
-
[X.], 1633 Rn.
32). Dabei ist die Darle-gungs-
und Beweislast für die dem Unterhaltsberechtigten gegenwärtig [X.] Möglichkeit, eine seiner Ausbildung und früheren beruflichen Stellung ent-sprechende Tätigkeit zu erlangen, vorgreiflich nach §
1577 [X.] zu beurteilen und obliegt dem Unterhaltsberechtigten. Hierfür gelten dieselben Kriterien wie für die Obliegenheit zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit nach §
1574 [X.]. Wer die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit [X.], muss sich das daraus erzielbare Einkommen im Rahmen der Prüfung der Bedürftigkeit nach §
1577 Abs.
1 [X.] fiktiv zurechnen lassen (Senatsbeschluss vom 7.
November 2012 -
XII
[X.]
229/11
-
zur Veröffentlichung bestimmt).
Ge-langt das Familiengericht dagegen zu der Überzeugung, dass der [X.] seiner Erwerbsobliegenheit genügt, kann der Unterhaltspflichtige
im Rahmen des §
1578
b [X.] nicht mehr einwenden, jener könne ein höheres Einkommen erzielen und habe daher keinen ehebedingten Nachteil
erlitten (vgl. Senatsurteil vom 27.
Januar 2010 -
XII
ZR
100/08
-
[X.], 538 Rn.
42).
bb) Diesen Anforderungen wird der Beschluss des [X.] nicht gerecht.
Zwar hat das Beschwerdegericht sowohl den angemessenen [X.] dem Grunde nach zutreffend bestimmt als auch einen Nachteil als solchen in nicht zu beanstandender Weise hergeleitet. Soweit es in diesem Zusammen-hang aber die Auffassung vertritt, dass
die Antragsgegnerin den so entstande-23
24
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-
11
-
nen Nachteil durch entsprechende -
ihr obliegende
-
Bemühungen hätte [X.] können, hält die Entscheidung einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
(1) Die Ausführungen des [X.] sind insoweit wider-sprüchlich. Einerseits stellt es fest, dass die Antragsgegnerin (bei unterstellter Vollzeittätigkeit) mit ihrer Tätigkeit als Schulsekretärin ihrer
"[X.] genügt". Folgerichtig hat es davon abgesehen, der [X.] ein weitergehendes Einkommen fiktiv zuzurechnen. Andererseits aber wirft
das [X.]
der Antragsgegnerin vor, sie hätte in dem [X.]raum von 2006 bis 2008 konkrete Bewerbungsbemühungen entfalten müssen, um eine Anstellung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu erlan-gen, womit sie ihre Einkommensnachteile hätte kompensieren
können.
(2) Hinzu kommt, dass die Beteiligten im Jahre 2008, also zu einem [X.]-punkt, als die Antragsgegnerin bereits ihre Beschäftigung bei der Stadt [X.] hatte, den ursprünglichen Vergleich abgeändert haben, ohne dass der Antragsteller von der Antragsgegnerin verlangt hätte, sich um eine Beschäfti-gung in ihrem erlernten Beruf als Versicherungsfachwirtin zu bemühen. Im Ge-genteil hat er ihr die Möglichkeit eingeräumt, über das ihm bekannte "aktuelle Einkommen"
anrechnungsfrei hinzuverdienen zu können.
Für den Fall, dass das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet hat, ist [X.] zugleich nach §
1577 Abs.
1 [X.] entschieden, dass der Unterhaltsberech-tigte seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, und diese Feststellung auch im [X.] maßgebend ist (Senatsurteil vom 27.
Januar 2010

XII
ZR
100/08
-
[X.], 538).

26
27
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-
12
-
Entsprechendes muss grundsätzlich auch dann gelten, wenn die Beteilig-ten -
wie hier
-
eine
vorbehaltlose Vereinbarung mit dem oben dargestellten In-halt geschlossen haben.
Denn ohne einen solchen Vorbehalt darf der [X.] regelmäßig darauf vertrauen, gegenwärtig seiner Erwerbsob-liegenheit zu genügen.
3. Gemäß §
74 Abs.
5 FamFG ist der angefochtene Beschluss aufzuhe-ben. Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Deshalb ist sie gemäß §
74 Abs.
6 Satz
1 und Satz
2 FamFG
zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Das Beschwerdegericht wird zu prüfen haben, inwieweit die der [X.] entstandenen Nachteile ehebedingt i.S.d. §
1578
b [X.] sind. Dabei wird es sich auch die Frage vorzulegen haben, ob es der Antragsgegnerin zu-mutbar war, auf das Abänderungsverlangen des Antragstellers eine Tätigkeit in ihrem erlernten Beruf wieder aufzunehmen. Soweit ein [X.] Nachteil verbleibt, ist eine
Befristung zwar grundsätzlich (Senatsurteil vom 14.
Oktober 2009 -
XII
ZR
146/08
-
[X.], 1990 Rn.
13), nicht aber generell ausge-schlossen (Senatsurteil vom 4.
August 2010 -
XII
ZR
7/09
-
[X.], 1633 Rn.
35), so dass Ausnahmen denkbar sind. Bei der zu treffenden Abwägung wird das Beschwerdegericht auf der einen Seite neben der Dauer der Ehe und Kinderbetreuung die guten wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers zu berücksichtigen haben. Andererseits wird zu beachten
sein, dass der [X.] bereits über einen langen [X.]raum
(seit 2004)
Unterhalt
geleistet hat. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin die ihr entstandenen Nachteile durch ihre Entscheidung, als Schulsekretärin zu arbeiten, mitverursacht
hat. Ferner wird das Beschwerdegericht zu bedenken haben, dass das hypothetische (Net-29
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32
-
13
-
to-)Einkommen, das die Antragsgegnerin ohne Ehe und Kindererziehung aus eigenen Einkünften zur Verfügung hätte,
fiktiv anhand der Steuerklasse
I ohne Kinderfreibetrag zu ermitteln ist. Andererseits dürfte der Altersvorsorgeunterhalt deutlich zu gering bemessen sein; eine Vergleichsgrundlage für den vom Be-schwerdegericht zugrunde gelegten Festbetrag von 128

maßgeblichen [X.]raum (ab 2015) nicht ersichtlich. Schließlich kann im Rahmen der Abwägung auch die Gründung einer neuen Familie durch den Antragsteller
Beachtung finden. Denn nach der Absicht des Gesetzgebers des Unterhaltsän-derungsgesetzes
vom 21.
Dezember 2007 sollte "die Ausweitung der [X.], nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu [X.] und die Zweitfamilien entlasten"
(BT-Drucks. 16/1830 S.
13). Die Billig-keitsabwägung unter Einbeziehung dieses allgemeinen Gesetzesmotivs, dass die Chancen für einen "Neuanfang"
erhöht werden sollten, ist jedenfalls nicht sachwidrig (Senatsurteil vom 30.
März 2011 -
XII
ZR
63/09
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FamRZ 2011, 875

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14
-
Rn.
23). Inwieweit sich dieser Aspekt trotz der guten wirtschaftlichen
Verhältnis-se des Antragstellers auswirken kann, wird der Tatrichter in eigener Verantwor-tung zu beurteilen haben.

Dose

Schilling

Günter

Nedden-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
AG
Linz am [X.], Entscheidung vom 28.07.2010 -
4 F 87/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 17.11.2010 -
13 UF 596/10 -

Meta

XII ZB 670/10

05.12.2012

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2012, Az. XII ZB 670/10 (REWIS RS 2012, 710)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 710

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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