Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2013, Az. 4 StR 100/13

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 3992

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4
StR
100/13

vom
18.
Juli 2013
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 18.
Juli 2013, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Mutzbauer

als Vorsitzender,

[X.]in
am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],
Dr. Quentin

als beisitzende [X.],

Bundesanwalt
beim Bundesgerichtshof

als Vertreter des
Generalbundesanwalts,

Rechtsanwalt

als Verteidiger,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 4.
Oktober 2012
mit den zu-gehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit eine Ent-scheidung über die Unterbringung des Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Land-gerichts zurückverwiesen.
2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltrei-bens
mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünfzehn Fällen unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Es hat ferner einen Betrag in Höhe von 5.640

erklärt und hinsichtlich
eines Betrages in Höhe von 30.000

Wertersatz angeordnet.
Die auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat den aus der Urteilsformel er-sichtlichen Teilerfolg.
1
-
4
-
I.
Der Verteidiger hat das in der [X.] zunächst mit
einem umfassenden Aufhebungsantrag verbundene Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 27.
März 2013
teilweise zurückgenommen (§
302 Abs.
1 [X.]). In diesem Schriftsatz hat
er beantragt, das angefochtene Urteil mit den [X.] und soweit eine Entscheidung zur Unterbringung in einer Ent-ziehungsanstalt unterblieben ist
Diese nach Ablauf der Revisi-onsbegründungsfrist, aber vor Beginn der Hauptverhandlung
eingegangene und daher
nicht nach §
303, sondern
nach §
302 [X.] zu beurteilende
Erklärung
(zur Rechtslage bei einer entsprechenden Erklärung innerhalb der Frist des §
345 Abs.
1 [X.] vgl. Senatsbeschluss vom 13.
Juni 1991

4
StR
105/91, [X.], 4, 5
ff.)
war auch wirksam. Der Verteidiger
hatte, wie er in der Hauptverhandlung erklärt hat, im Zeitpunkt ihrer Abgabe die gemäß §
302 Abs.
2 [X.] erforderliche ausdrückliche Ermächtigung des Angeklagten. Für diese Ermächtigung
ist
keine bestimmte Form vorgeschrieben, für ihren Nach-weis genügt die anwaltliche Versicherung des Verteidigers (Senatsbeschluss vom 8.
März 2005

4
StR
573/04, [X.], 211; [X.], [X.], 56.
Aufl.,
§
302 Rn.
32).
Die vom Verteidiger in der Hauptverhandlung erklärte Erweiterung des Rechtsmittels ist wegen des Ablaufs der Revisionseinle-gungsfrist unzulässig ([X.], Beschluss vom 17.
Oktober 1992

5
StR
517/92, [X.]St
38, 366
f.).
II.
Durch die Teilrücknahme ist das angefochtene Urteil im Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen. Gleiches gilt hinsichtlich der Anordnungen des Verfalls und des Verfalls von Wertersatz, da es sich hierbei nach ständiger Rechtspre-2
3
-
5
-
chung des [X.] um Maßnahmen eigener Art ohne
Strafcharak-ter handelt
(vgl. dazu [X.], Urteil vom 1.
März 1995

2
StR
691/94, NJW 1995, 2235). Der revisionsgerichtlichen Nachprüfung unterliegt es daher nur noch im Strafausspruch und insoweit, als die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt unterblieben ist.
1.
Soweit dem [X.] im Hinblick auf die Verneinung er-heblich verminderter Schuldfähigkeit die Rüge der Verletzung von [X.] entnommen werden kann, bleibt diese Beanstandung, wie der [X.] in seiner Zuschrift an den Senat vom 13.
März 2013 im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, ohne Erfolg.
2.
Die Nachprüfung des angefochtenen Urteils auf die Sachrüge hin hat hinsichtlich des Strafausspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten ergeben.
3.
Im Hinblick auf die [X.] der Unterbringung nach §
64 StGB führt das Rechtsmittel jedoch zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverwei-sung an das [X.]. Die [X.]
hätte erörtern müssen, ob der An-geklagte gemäß §
64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen war, da die getroffenen Feststellungen den für eine Unterbringung erforderlichen Hang
nahe
legen, also eine chronische, auf körperlicher Sucht beruhende Abhängig-keit oder zumindest eine eingewurzelte, auf psychischer Disposition beruhende und durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Alkohol oder an-dere Rauschmittel zu sich zu nehmen (st. Rspr.; vgl. nur Senatsbeschluss vom 2.
März 2004

4
StR
518/03, [X.], 681; SSW-StGB/[X.], §
64 Rn.
8).

4
5
6
-
6
-
a)
Nach
den Feststellungen kam der Angeklagte etwa im Alter von zwölf Jahren mit Drogen in Kontakt, mit 15
Jahren begann er mit dem regelmäßigen Konsum von Marihuana. Etwa ein Jahr später begann er,
regelmäßig Ha-schisch für den Eigenkonsum
zu erwerben, zuletzt etwa 10
Gramm pro Tag.
Mit etwa 17
Jahren probierte der Angeklagte Kokain aus, das
er ab dem 18.
Le-bensjahr regelmäßig konsumierte. Seinen Verbrauch
steigerte er nach und nach
auf etwa 1 bis 2
Gramm Kokain im Tatzeitraum; hierfür
wandte er etwa
30 bis 90

/Tag
auf.
Die abgeurteilten Taten beging er

soweit er (wie über-wiegend) mit Marihuana gehandelt hat

zur Finanzierung seines [X.].
[X.] wurde er wegen unerlaubten Besitzes von [X.] sowie wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis unter Drogeneinfluss jeweils zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Untersuchungshaft in vorliegender Sache litt er in den ersten drei Monaten unter Schlafstörungen und rauchte Zigaretten, um den [X.] zu kompensieren.
b)
Da auch das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des §
64 StGB vor dem Hintergrund der vom [X.] getroffenen Feststellungen nicht mit der erforderlichen Gewissheit ausgeschlossen und den Urteilsgründen insbe-sondere nicht entnommen werden kann, dass beim Angeklagten die [X.] konkrete Aussicht eines Behandlungserfolges nicht besteht, erweist sich die unterbliebene Erörterung der Unterbringung als durchgreifend [X.]. Einer etwaigen Unterbringungsanordnung
steht auch nicht entgegen, dass ausschließlich der Angeklagte Revision eingelegt hat (§
358 Abs.
2 Satz
3 [X.]; [X.], Urteil vom 10.
April 1990

1
StR
9/90, [X.]St
37, 5), zumal der Angeklagte die Nichtanwendung von §
64
StGB durch die [X.] nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen hat (vgl. dazu [X.], Urteil vom 7.
Oktober 1992

2
StR
374/92, [X.], 362).
7
8
-
7
-
III.
Die zu neuer Verhandlung und Entscheidung berufene [X.] wird nunmehr
mit Hilfe eines Sachverständigen (§
246a [X.]) zu klären haben, ob der Angeklagte gemäß §
64 StGB in einer Entziehungsanstalt unterzubringen ist. Mit Blick auf die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe weist der Senat auf §
67 Abs.
2 Satz 2 und 3 StGB besonders hin (vgl. dazu [X.], StGB, 60.
Aufl.,
§
67 Rn.
10
ff. [X.] zur Rspr.).
Mutzbauer
Roggenbuck
Ri[X.] Dr.
[X.] ist infolge Urlaubs ortsabwesend und daher an der Unterschrifts-leistung gehindert.

Mutzbauer
[X.]
Quentin

9

Meta

4 StR 100/13

18.07.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2013, Az. 4 StR 100/13 (REWIS RS 2013, 3992)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3992

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

4 StR 100/13 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren wegen Betäubungsmitteldelikt: Auswirkung einer Teilrücknahme einer Revision unter Beschränkung auf den Strafausspruch auf die …


4 StR 553/19 (Bundesgerichtshof)

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Konkurrenzrechtliche Bewertung mehrerer Teilakte unter Bereithaltung eines …


1 StR 652/16 (Bundesgerichtshof)


3 StR 421/11 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Feststellung eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln


2 StR 108/19 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubte Einfuhr und unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Anordnung der Unterbringung in …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.