Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.02.2014, Az. VII B 109/13

7. Senat | REWIS RS 2014, 7922

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Gegenstand

Entlastungsbeweis beim Widerruf der Bestellung als Steuerberater


Leitsatz

1. NV: Es obliegt dem vom Widerruf seiner Bestellung betroffenen Steuerberater, den Nachweis zu führen, dass sich die Vermögensverhältnisse nachhaltig gebessert haben oder dass mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass er seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird.

2. NV: Ist im Schuldnerverzeichnis ein nach § 901 ZPO erlassener Haftbefehl eingetragen, erstreckt sich die Darlegungspflicht auch auf die Löschung einer solchen Eintragung oder auf die konkreten Umstände, nach denen die Eintragung des Haftbefehls vorzeitig zu löschen ist.

Tatbestand

1

I. Mit Bescheid vom 5. April 2012 widerrief die Beklagte und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 des [X.] die Bestellung des [X.] und Beschwerdeführers (Kläger) als Steuerberater. Der Vermögensverfall ergebe sich aus den Steuerschulden sowie aus den Vollstreckungsmaßnahmen durch den [X.] und aus dem Erlass eines Haftbefehls nach § 901 der Zivilprozessordnung (ZPO). Des Weiteren sei schon im Jahr 2010 ein Widerruf der Bestellung als Steuerberater mangels Zahlung der Versicherungsprämie für die Berufshaftpflichtversicherung erfolgt.

2

Die hiergegen erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) ab. Da der Kläger im Zeitpunkt des [X.] aufgrund der Gesamtwürdigung der im Streitfall bestehenden Umstände in Vermögensverfall geraten sei und auch den [X.] nicht geführt habe, sei der Widerruf zu Recht erfolgt. Gegen den Kläger sei ein Haftbefehl erlassen worden, der in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden sei. Die Vermutung des Vermögensverfalls habe der Kläger nicht widerlegt, insbesondere sei die Löschung der Eintragung nicht erkennbar. Die festgesetzten Steuern und steuerlichen Nebenleistungen seien bereits seit fast vier Jahren fällig gewesen. Auch habe der Kläger [X.] geschuldet. Es sei nicht ersichtlich gewesen, wie die bestehenden Verbindlichkeiten hätten getilgt werden sollen. Die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke, deren Verkehrswerte in keiner Weise dargelegt worden seien, seien ausweislich der Grundbuchauszüge hoch belastet gewesen. Auch belegten die häufigen Aufträge an den [X.] vor Erlass des [X.], dass die finanziellen Verhältnisse ungeordnet gewesen seien. Zu Lasten des [X.] gehe, dass er sich zu seinen Vermögensverhältnissen nur bruchstückhaft geäußert habe. Zudem habe der Kläger in keiner Weise dargelegt, dass im Zeitpunkt des Erlasses des [X.] keine Gefährdung der Auftraggeberinteressen bestanden habe. In seinen eigenen Angelegenheiten sei er unzuverlässig gewesen und habe sich an gesetzliche Vorgaben nicht gehalten.

3

Eine Aufhebung des angefochtenen Bescheids komme auch nicht aufgrund einer bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage in Betracht. Die Eintragung des Haftbefehls im Schuldnerverzeichnis sei noch nicht nach § 915a Abs. 2 ZPO gelöscht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme schulde der Kläger weiterhin Steuern und steuerliche Nebenleistungen sowie [X.], wobei nicht ersichtlich sei, wie die Rückstände getilgt werden sollten. Im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens habe sich der Kläger nur rudimentär zu seinen Vermögensverhältnissen geäußert. Ein erheblicher Betrag, der aus einem erst in der mündlichen Verhandlung offen gelegten Hausverkauf auf einem Konto eingegangen sei, über das er habe verfügen können, habe er für eine Dachsanierung und den Erwerb einer Eigentumswohnung verwendet. [X.] seien dagegen die Steuerverbindlichkeiten in Höhe von 33.793,56 € und die [X.] in Höhe von über 65.000 € geblieben.

4

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der [X.]sordnung --[X.]O--). Das [X.] habe sich die Behauptungen der Steuerberaterkammer zu eigen gemacht, ohne die wirtschaftliche Situation ausreichend zu prüfen und zu werten. Die Vermögensübersicht weise ein Reinvermögen von ca. 1.000.000 € auf. Es wäre Aufgabe des [X.] gewesen, bei Zweifeln weitergehende Nachweise zu fordern. Nur unzureichend habe das [X.] den Grund für die schleppenden Zahlungen und die für die Zahlungsfähigkeit vergangener Jahre entscheidenden Umstände ermittelt. Insbesondere seien die von der Steuerberaterkammer zu Sparguthaben gemachten Angaben nicht hinterfragt worden. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung sei er frei von Bankverbindlichkeiten gewesen und habe über ein erhebliches Vermögen verfügt. Schließlich sei unberücksichtigt geblieben, dass er von einer Finanzbehörde als fachlich kompetent bezeichnet worden sei und dass er seine Vermögensschadensversicherung nicht [X.] in Anspruch genommen habe.

Entscheidungsgründe

5

II. [X.] ist unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O genügt. Der Kläger hat die behaupteten Verfahrensmängel nicht hinreichend dargelegt.

6

1. Die schlüssige Darlegung des [X.] einer Verletzung der dem [X.] wegen obliegenden Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) erfordert Angaben, welche Tatsachen das [X.] mit welchen Beweismitteln noch hätte aufklären sollen und weshalb sich dem [X.] eine Aufklärung unter Berücksichtigung seines --insoweit [X.] hätte aufdrängen müssen, obwohl der Kläger selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat; schließlich, welches genaue Ergebnis die Beweiserhebung hätte erwarten lassen und inwiefern dieses zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können (vgl. [X.] vom 11. April 2013 VII B 172/12, [X.], 1230, und vom 5. Oktober 1999 VII R 152/97, [X.], 140, [X.], 93).

7

2. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Insbesondere fehlt es an einer hinreichenden und schlüssigen Darlegung, warum sich dem [X.] aus seiner maßgeblichen Sicht eine weitere Sachverhaltserforschung hätte aufdrängen müssen. Wie es zutreffend ausgeführt hat, obliegt es nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] dem Steuerberater, den sog. [X.] bzw. den Nachweis zu führen, dass sich die Vermögensverhältnisse nachhaltig gebessert haben. Hierzu erforderlich ist ein substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen auf eine nunmehr geordnete Vermögenslage geschlossen oder mit hinreichender Gewissheit die grundsätzlich beim Vermögensverfall zu unterstellende Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass der Steuerberater seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird (Senatsbeschluss vom 4. März 2004 VII R 21/02, [X.], 563, [X.], 1016). Unter Berücksichtigung dieser Anforderungen ist der bloße Hinweis auf eine vorgelegte Vermögensübersicht und auf eine vermeintlich bestehende Nachforschungspflicht des [X.] im Fall von Zweifeln an der Richtigkeit des Verzeichnisses nicht ausreichend, um einen Verfahrensmangel schlüssig zu belegen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das [X.] in der Begründung seiner Entscheidung auf eine unzureichende Darlegung der Verkehrswerte von hoch belasteten Grundstücken, auf die bestehende Eintragung eines Haftbefehls im Schuldnerverzeichnis und auf die unzureichende Offenlegung der Vermögensverhältnisse sowie auf die Unzuverlässigkeit in eigenen Angelegenheiten hingewiesen hat. Im Übrigen hat der Kläger ausweislich des [X.] in der mündlichen Verhandlung keine Beweisanträge gestellt und insoweit sein Rügerecht verloren (Senatsbeschlüsse vom 28. August 2003 VII B 71/03, [X.], 493, und vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, [X.], 597).

8

3. Soweit die Beschwerde rügt, das [X.] habe den Grund für Zahlungsstockungen nur unzureichend aufgeklärt und Umstände unberücksichtigt gelassen, die für die Zahlungsfähigkeit vergangener Jahre mitentscheidend gewesen sein sollen, fehlt es an der Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der behaupteten Verfahrensmängel. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das [X.] seine Entscheidung kumulativ auch auf die Verletzung steuerlicher Pflichten durch den Kläger gestützt hat und damit der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats gefolgt ist, wonach eine konkrete Gefährdung von [X.] nicht verneint werden kann, wenn festgestellt worden ist, dass der Steuerberater in sonstigen geschäftlichen oder auch eigenen Angelegenheiten unzuverlässig ist und sich an gesetzliche Vorgaben nicht hält (Senatsurteil vom 4. Dezember 2007 VII R 64/06, [X.], 558, [X.], 401).

9

4. Darüber hinaus legt der Kläger nicht schlüssig dar, warum die weiteren von ihm angeführten Umstände, wie die fehlende Kreditaufnahme, die fehlende Inanspruchnahme der Vermögensschadensversicherung und die behauptete Einschätzung eines hinzugezogenen Finanzamts hinsichtlich seiner fachlichen Kompetenz, trotz der vom [X.] festgestellten Unzuverlässigkeit in eigenen Angelegenheiten und Missachtung gesetzlicher Vorgaben zu einem für ihn günstigeren Ergebnis hätte führen können.

Meta

VII B 109/13

13.02.2014

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG Hamburg, 22. April 2013, Az: 1 K 98/12, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 46 Abs 2 Nr 4 StBerG, § 901 ZPO, § 915a Abs 2 ZPO, § 116 Abs 3 S 3 FGO, § 76 Abs 1 S 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 13.02.2014, Az. VII B 109/13 (REWIS RS 2014, 7922)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7922

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