Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.04.2024, Az. IV ZB 23/23

4. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 2527

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Leitsatz

Das Ausschlagungsverbot des § 1942 Abs. 2 BGB für den Fiskus als gesetzlichen Erben (§ 1936 BGB) erstreckt sich nicht auf das Recht zur Ausschlagung einer im Nachlass befindlichen Erbschaft eines Vorverstorbenen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 17. Zivilsenats des [X.] vom 19. Juli 2023 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 45.185,70 € festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Beteiligten streiten um die Erbfolge nach dem am 15. Januar 2021 verstorbenen Erblasser. Dieser errichtete am 13. November 2020 ein notarielles Testament, in dem er unter anderem Folgendes verfügte:

"Zum Alleinerben meines gesamten Nachlassvermögens bestimme ich meinen [X.],

Herr [X.]    ,

[…]

Sollte mein [X.] vor dem Erbfall versterben, so ist ersatzweise mein Enkelsohn,

Herr [X.],

[…]

zum Erben berufen."

2

Sein [X.] [X.]     verstarb ohne Hinterlassung einer letztwilligen Verfügung am 21. Januar 2021. Der Beteiligte zu 2, bei dem es sich um den [X.] des [X.]    handelt, schlug die Erbschaft nach seinem Vater durch notariell beglaubigte, beim Nachlassgericht am 3. März 2021 eingegangene Erklärung aus. In der Folgezeit schlugen weitere, als gesetzliche Erben des [X.]     in Betracht kommende Verwandte die Erbschaft für sich und - soweit vorhanden - ihre minderjährigen Kinder aus.

3

Mit Beschluss vom 25. März 2021, der dem Staatsbetrieb S.         I.         - und B.         zusammen mit der [X.] am 13. April 2021 zugegangen ist, stellte das Nachlassgericht hinsichtlich des Nachlasses des [X.]    fest, dass ein anderer Erbe als der [X.] S.     (im Folgenden: [X.]) nicht vorhanden ist. Am 25. Mai 2021 schlug der [X.] gegenüber dem [X.] die Erbschaft nach dem Erblasser aus.

4

Am 2. Dezember 2021 erteilte das Nachlassgericht dem Beteiligten zu 2 auf dessen Antrag einen Erbschein, der ihn als Alleinerben des Erblassers auswies.

5

Mit Beschluss vom 17. Dezember 2021 wurde über den Nachlass von [X.]     das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet und der Beteiligte zu 1 zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser beantragte, den erteilten Erbschein für kraftlos zu erklären, ihn vorläufig einzuziehen und einen Erbschein zu erteilen, der [X.]     als Erben des Erblassers ausweist.

6

Das Amtsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich seine vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der der Beteiligte zu 1 seine erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgt.

7

II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, dem Beteiligten zu 1 sei kein Erbschein zu erteilen, weil der [X.] das Erbe des Erblassers wirksam ausgeschlagen habe. Der Nachlass des Erblassers sei mit dem Nachlass des [X.]     auf den Beteiligten zu 2 als Erben des [X.]     übergegangen. Nach dessen Ausschlagung sei der [X.] Erbe geworden. Der [X.] habe das Erbe nach dem Erblasser unter Einhaltung der Frist des § 1944 Abs. 1 [X.] wirksam ausgeschlagen, da die sechswöchige Frist bis zum 25. Mai 2021 gelaufen sei. Ihm habe in Bezug auf den Nachlass des Erblassers abweichend von § 1942 Abs. 2 [X.] auch ein Ausschlagungsrecht zugestanden, da er in die Rechtsstellung des [X.]     als testamentarischer Erbe des Erblassers eingetreten sei. [X.] könne, ob das Ausschlagungsrecht anders zu beurteilen wäre, wenn die Ausschlagung eines aufgrund [X.] erlangten Erbrechts wiederum dazu führen würde, dass der [X.] gesetzlicher Erbe würde, denn dies sei vorliegend nicht der Fall. Es komme vielmehr die im Testament vom 13. November 2020 angeordnete [X.] zum Tragen. Zwar sei [X.]     nicht vor dem Erblasser verstorben. Die Auslegung des [X.] ergebe jedoch, dass der Beteiligte zu 2 auch Ersatzerbe werden sollte, wenn [X.]      aus anderen Gründen nicht Erbe werde. Das Ersatzerbrecht des Beteiligten zu 2 werde nicht von dessen Ausschlagungserklärung im Verfahren betreffend den Nachlass des [X.]     tangiert.

8

III. Dies hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

9

1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.

Soweit das Beschwerdegericht ausgeführt hat, die Rechtsbeschwerde werde für die Fragen zugelassen, ob der [X.] ein testamentarisches Erbe ausschlagen kann, welches Bestandteil eines Nachlasses ist, dessen Zwangserbe der [X.] ist, und ob sich die Ausschlagung eines [X.]es, dessen Bestandteil ein weiterer [X.] ist, auch auf eine Ersatzerbschaft erstreckt, die der Erblasser des [X.] angeordnet hat, liegt darin keine - unzulässige - Beschränkung der Zulassung auf einen nicht abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs (zu den Voraussetzungen einer Beschränkung vgl. Senatsbeschluss vom 9. September 2020 - [X.], [X.], 2454 Rn. 10 m.w.[X.]), sondern lediglich eine Begründung für die Zulassungsentscheidung (vgl. [X.] vom 15. November 2023 - [X.], [X.], 209 Rn. 22; Senatsurteil vom 31. März 2021 - [X.], [X.], 266 Rn. 19).

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.

Das Beschwerdegericht hat zu Recht angenommen, dass der Antrag des Beteiligten zu 1 auf Erteilung eines Erbscheins, der [X.]    als Erben des Erblassers ausweist, unbegründet ist, da der [X.] als Erbeserbe des Erblassers die Erbschaft nach diesem wirksam ausgeschlagen hat und der Beteiligte zu 2 in der Folge aufgrund des ihm durch den Erblasser testamentarisch zugewendeten Ersatzerbrechts dessen Erbe geworden ist. Mangels Unrichtigkeit erfolgte zu Recht auch keine Anweisung an das Nachlassgericht, den dem Beteiligten zu 2 erteilten Erbschein einzuziehen oder für kraftlos zu erklären.

a) Für die Erbfolge maßgeblich ist das notarielle Testament des Erblassers vom 13. November 2020, aufgrund dessen der Erblasser zunächst von [X.]    beerbt wurde.

Da eine Ausschlagung der Erbschaft durch [X.]     noch zu dessen Lebzeiten nicht erfolgt ist, ging mit seinem Tod das Erblasservermögen als Bestandteil der Erbschaft nach [X.]     auf den Beteiligten zu 2 über, der in Ermangelung einer letztwilligen Verfügung des [X.]    diesen im Wege gesetzlicher Erbfolge gemäß § 1924 Abs. 1 [X.] beerbte.

Die sodann nach Maßgabe der § 1944 Abs. 1, 2, § 1945 Abs. 1 [X.] form- und fristgerecht erklärte Ausschlagung der Erbschaft nach [X.]    durch den Beteiligten zu 2 hatte zur Folge, dass der Anfall dieser Erbschaft an den Beteiligten zu 2 gemäß § 1953 Abs. 1 [X.] als nicht erfolgt galt. Der hierauf erlassene [X.] mit dem Inhalt, dass ein anderer Erbe als der [X.] nicht vorhanden ist, begründete gemäß § 1964 Abs. 2 [X.] die Vermutung, dass der [X.] gesetzlicher Erbe des [X.]     ist.

b) Zu Recht hat das Beschwerdegericht angenommen, dass der [X.] die Erbschaft nach dem Erblasser wirksam ausgeschlagen hat.

aa) Dem [X.] stand ein Ausschlagungsrecht zu.

Mit Wirksamwerden des [X.]es konnte der [X.] gemäß § 1966 [X.] seine Rechte als gesetzlicher Erbe des [X.]     geltend machen. Zu den im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 1922 Abs. 1 [X.] auf den Fiskus übergegangenen Rechtspositionen des [X.]     gehört auch das Recht, die Erbschaft nach dem Erblasser auszuschlagen, denn dieses ist gemäß § 1952 Abs. 1 [X.] vererblich.

(1) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht einem Ausschlagungsrecht des Fiskus nicht entgegen, dass es sich bei dem Recht des Erben, die Erbschaft auszuschlagen, um ein höchstpersönliches Recht handelt. Hieraus folgt lediglich, dass das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft allein dem Erben bzw. seinen Rechtsnachfolgern, den [X.], persönlich zusteht (Senatsbeschlüsse vom 2. November 2022 - [X.], [X.] 2023, 220 Rn. 14; vom 16. März 2022 - [X.], [X.] 2022, 341 Rn. 11). Da der [X.] Erbeserbe ist, widerspricht eine Ausschlagung durch ihn nicht dem höchstpersönlichen Charakter dieses Rechts. Hieran ändert auch der Umstand, dass die Erbenstellung des [X.]s gemäß § 1964 Abs. 2 [X.] lediglich vermutet wird, nichts. Aus der gesetzlichen Vermutung folgt, dass durch den [X.] weder das Erbrecht des Staates begründet noch Erbrechte bislang unermittelt gebliebener vorrangiger Erben ausgeschlossen werden (Senatsbeschluss vom 23. November 2011 - [X.], [X.] 2012, 150 Rn. 8 m.w.[X.]). Er verschafft dem Fiskus jedoch eine Legitimation für den Rechtsverkehr, sodass er ungehindert seine Rechte als gesetzlicher Erbe durchsetzen kann ([X.] in [X.], § 1966 Rn. 24 [Stand: 1. Februar 2024]). Hiervon macht das Gesetz im Hinblick auf dem [X.] persönlich zustehende Rechte keine Ausnahme. Dies wäre mit der Zweckrichtung des § 1936 [X.], eine ordnungsgemäße Nachlassabwicklung zu sichern (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 - [X.], [X.] 2015, 698 Rn. 9; Senatsbeschluss vom 23. November 2011 aaO Rn. 7), auch nicht vereinbar. Im Übrigen hätte es der Ausnahmeregelung des § 1942 Abs. 2 [X.], wonach der Fiskus die ihm als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen kann, nicht bedurft, wenn sich die fehlende Ausschlagungsberechtigung bereits aus dem Grundsatz der Höchstpersönlichkeit ergäbe.

(2) Die Regelung des § 1942 Abs. 2 [X.] steht - wie das Beschwerdegericht richtig erkannt hat - der Ausschlagung durch den Fiskus hier nicht entgegen.

(a) Dies hat seinen Grund darin, dass sich das [X.] ausweislich seines Wortlauts "die ihm als gesetzlichem Erben angefallene Erbschaft" nur auf die Erbschaft, die Gegenstand des [X.]es ist, bezieht. Die hierdurch in Bezug genommene Erbschaft ist die auf der Vorschrift des § 1936 [X.] beruhende. Nicht von dem [X.] betroffen ist demgegenüber ein ererbtes Ausschlagungsrecht.

(b) Gegen die Auffassung der Rechtsbeschwerde, das [X.] erstrecke sich auch auf die Ausschlagung einer im Nachlass befindlichen Erbschaft nach einem Vorverstorbenen, spricht überdies der Sinn und Zweck des § 1942 Abs. 2 [X.], der in der Vermeidung herrenloser Nachlässe besteht (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 - [X.], [X.] 2015, 698 Rn. 9). Im Gegensatz zu der Erbschaft, die Gegenstand des [X.]es nach § 1964 Abs. 1 [X.] ist, steht hinsichtlich der sich in diesem Nachlass befindlichen Erbschaft nach dem Erblasser gerade nicht fest, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist. Vielmehr gilt es nach dem ausschlagungsbedingten Wegfall des zunächst von Gesetzes wegen oder - wie hier - aufgrund letztwilliger Verfügung Berufenen erst zu ermitteln, ob weitere Erben vorhanden sind.

Der Sinn und Zweck des [X.]s greift vorliegend auch nicht deshalb, weil die Gefahr eines herrenlosen [X.] bestünde, wenn der Fiskus diesen als Zwangserbe des [X.]es ausschlägt und danach keine anderen Erben nach dem Erblasser ermittelt werden könnten. Allein diese jeder Erbschaft innewohnende abstrakte Gefahr kann den Ausschluss des [X.] nicht rechtfertigen. Da das Erbrecht des Fiskus auch hinsichtlich des Nachlasses des Erstverstorbenen gemäß §§ 1936, 1964 [X.] festzustellen ist, wenn sich nach Durchführung der gebotenen Ermittlungen herausstellt, dass ein anderer Erbe nicht vorhanden ist, besteht hierfür kein Bedürfnis.

(3) Auch die Art und Weise des [X.]s auf den [X.] hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde findet der [X.] auch für den Fall, dass der Fiskus erbt, gemäß § 1922 Abs. 1 [X.] im Zeitpunkt des Erbfalls kraft Gesetzes statt. Von diesem Grundsatz des [X.] (vgl. Senatsbeschluss vom 22. März 2023 - [X.], [X.], 358 Rn. 20) hat der Gesetzgeber beim gesetzlichen Erbrecht des Staates keine Ausnahme gemacht (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 - [X.], [X.] 2015, 698 Rn. 9 m.w.[X.]). Andernfalls entstünde ein herrenloser Nachlass, der durch die [X.] gerade vermieden werden soll (vgl. Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 aaO). Das Erbrecht des Fiskus muss allein deswegen in einem förmlichen Verfahren nach Maßgabe der §§ 1964 f. [X.] festgestellt werden, weil ein voreiliger Zugriff des Fiskus auf den Nachlass und eine vorschnelle Inanspruchnahme des Fiskus durch [X.] vermieden werden sollen (Gleumes in Praxiskommentar Erbrecht, 4. Aufl. § 1966 Rn. 1; [X.] in [X.], § 1964 Rn. 2 [Stand: 1. Februar 2024]; [X.] in [X.], 9. Aufl. § 1964 Rn. 1; [X.] in Erman, [X.]. § 1966 Rn. 1; [X.], [X.] 2023, 409, 415). Das Erfordernis eines [X.]es hat jedoch keine Auswirkungen auf die Art und Weise sowie den Zeitpunkt des [X.]s.

(4) Für die Frage des Bestehens eines [X.] kann die zugrunde liegende Interessenlage dahinstehen. Da die §§ 1942 ff. [X.] keinen Ausschlagungsgrund fordern, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde irrelevant, dass der Gesetzgeber die Folgen der Erbschaft des Fiskus dadurch abgemildert hat, dass der Fiskus materiell-rechtlich und prozessual gegenüber den sonstigen Erben privilegiert wird (vgl. [X.], Urteil vom 14. Dezember 2018 - [X.], [X.] 2019, 411 Rn. 11).

(5) Auch aus § 1952 Abs. 2 [X.] lässt sich ein [X.] nicht herleiten. Zwar geht diese Regelung, wonach die Frist für die Ausschlagung der dem Erben angefallenen Erbschaft durch den [X.] nicht vor Ablauf der [X.] für die dem [X.] angefallene Erbschaft endet, beim [X.] als gesetzlichem [X.] ins Leere, da aufgrund des in § 1942 Abs. 2 [X.] normierten [X.]s keine Frist für die Ausschlagung des Nachlasses des [X.]     lief. Dass der Gesetzgeber durch diese Regelungen ein Ausschlagungsrecht des Fiskus als [X.] ausschließen wollte, ist jedoch nicht ersichtlich und ergibt sich auch nicht aus den Gesetzesmaterialien (vgl. [X.], Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das [X.], Band [X.] f., 399 ff., 851 [jeweils zu § 1974 [X.]-E] und S. 267 f. [zu § 2031 [X.]-E]).

bb) Im Ergebnis zu Recht ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass die Ausschlagung fristgerecht erfolgte.

Die [X.] beträgt gemäß § 1944 Abs. 1 [X.] sechs Wochen. Ist der Erbe - wie hier [X.]    - durch Verfügung von Todes wegen berufen, beginnt die Frist gemäß § 1944 Abs. 2 Satz 2 [X.] nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht. Den Feststellungen des [X.] ist nicht zu entnehmen, dass diese Bekanntgabe bereits zu Lebzeiten des [X.]     erfolgt ist. Es ist daher davon auszugehen, dass frühestmöglicher Fristbeginn der Zeitpunkt der Bekanntgabe des [X.] an den Fiskus ist. Ob und gegebenenfalls wann dies erfolgt ist, ergibt sich aus den Feststellungen des [X.] nicht. Diesen ist lediglich zu entnehmen, dass der [X.] und die [X.] dem Staatsbetrieb S.       I.        - und B.         am 13. April 2021 zugegangen sind. Auch unter der Annahme, dass bereits zu diesem Zeitpunkt auch eine Bekanntgabe des [X.] stattgefunden hat, erfolgte die Ausschlagung am 25. Mai 2021 binnen der sechswöchigen Frist des § 1944 Abs. 1 [X.] und damit fristgerecht.

cc) Die Ausschlagungserklärung wahrt auch die gesetzliche Form des § 1945 Abs. 1 [X.]. Sie erfolgte nach den Feststellungen des [X.] gegenüber und zur Niederschrift des [X.]. Ob es sich hierbei um das örtlich zuständige Gericht im Sinne des § 344 Abs. 7 Satz 1 FamFG handelt, kann dahinstehen, da auch die gegenüber einem örtlich unzuständigen Gericht erfolgte Ausschlagung in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 3 FamFG wirksam ist, falls das Gericht die Erklärung - wie hier - nicht zurückweist, sondern entgegennimmt, sich also als Nachlassgericht betätigt (vgl. BayObLG, [X.], 924 [juris Rn. 16] zu § 7 [X.] a.F.; [X.] in [X.], 9. Aufl. § 1945 Rn. 16; [X.] in [X.], [X.] (2017) § 1945 Rn. 17). Auf die Weiterleitung der Erklärung an das zuständige Gericht kommt es dann für die Fristwahrung nicht an ([X.] aaO; [X.] aaO).

c) Der Beteiligte zu 2 hat den Erblasser aufgrund des ihm testamentarisch zugewendeten Ersatzerbrechts (§ 2096 [X.]) beerbt.

aa) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden und wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen, dass das Beschwerdegericht im Wege der Auslegung der testamentarischen Verfügung des Erblassers von einer Ersatzerbenstellung des Beteiligten zu 2 auch für den Fall, dass der als Erbe eingesetzte [X.]     aufgrund einer Ausschlagung wegfällt, ausgegangen ist. Mit Erklärung der Ausschlagung durch den Fiskus ist der Ersatzerbfall eingetreten und der Beteiligte zu 2 Erbe des Erblassers geworden.

bb) Die Ausschlagungserklärung des Beteiligten zu 2 erstreckte sich nicht auf die Erbschaft nach dem Erblasser. Zwar kann der Ersatzerbe die Erbschaft bereits im Zeitraum zwischen Erbfall und Eintritt des [X.] annehmen oder ausschlagen ([X.], 377, 382; [X.] in [X.], § 2096 Rn. 31 [Stand: 1. März 2024]; [X.] in [X.], 9. Aufl. § 2096 Rn. 10; Weidlich in [X.], [X.] 83. Aufl. § 2096 Rn. 4; [X.] in [X.], [X.] (2019) § 2096 Rn. 13). Dies war jedoch hier - wie die rechtsfehlerfreie und von der Rechtsbeschwerde auch nicht beanstandete Auslegung des [X.] ergab - nicht der Fall, da sich die Ausschlagungerklärung des Beteiligten zu 2 nur auf die Erbschaft nach [X.]     , die dem Beteiligten zu 2 in seiner Stellung als gesetzlicher Erbe angefallen ist, bezog, nicht jedoch auf die Erbschaft nach dem Erblasser.

cc) Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, mit der Ausschlagung der Erbschaft nach [X.]     habe der Beteiligte zu 2 auch seine Rechte in Bezug auf die Erbschaft nach dem Erblasser verloren, da der Erbeserbe entweder nur den [X.] ausschlagen und den [X.] annehmen oder beide Nachlässe annehmen oder ausschlagen, nicht aber den [X.] annehmen und den [X.] ausschlagen könne.

Diese Grundsätze gelten nur für den Fall, dass dem Ausschlagenden das Recht, den Nachlass des Erstverstorbenen auszuschlagen, lediglich in seiner Eigenschaft als Erbeserbe zusteht (so in der von der Rechtsbeschwerde zitierten Entscheidung des [X.] [X.] 2020, 351 Rn. 3 f.). Mit der Ausschlagung der Erbschaft nach dem Erben durch den [X.] gilt der Anfall der Erbschaft an den Ausschlagenden gemäß § 1953 Abs. 1 [X.] als nicht erfolgt. Er ist materiell-rechtlich von Anfang an als Nichterbe anzusehen (Senatsurteil vom 30. November 2022 - [X.], [X.] 2023, 103 Rn. 22). Da ihm nach Ausschlagung keine Rechte am Nachlass des Erben, der auch den Nachlass des Erblassers umfasst, zustehen, ginge eine gleichwohl erklärte Annahme ins Leere.

Anders ist dies zu beurteilen, wenn der Erbeserbe - wie hier - vom Erblasser im Wege einer letztwilligen Verfügung als Ersatzerbe eingesetzt worden ist und diesem aufgrund Eintritts des [X.] in der Folgezeit die Erbschaft nach dem Erblasser unmittelbar anfällt. Da es sich hierbei um eine von seiner Stellung als Erbeserbe unabhängige Erbberechtigung handelt, hinderte die vorausgegangene Ausschlagung der Erbschaft nach [X.]      nicht den Anfall der Erbschaft nach dem Erblasser an den Beteiligten zu 2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde stellt dies keine Umgehung des Grundsatzes dar, dass der Erbeserbe nicht den Nachlass des Erstverstorbenen annehmen und den Nachlass des Erben ausschlagen kann, sondern ist Konsequenz der testamentarischen Einsetzung des Beteiligten zu 2 als Ersatzerbe.

Prof. Dr. Karczewski     

      

[X.]     

      

Dr. Bußmann

      

Dr. Bommel     

      

Rust     

      

Meta

IV ZB 23/23

24.04.2024

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Dresden, 19. Juli 2023, Az: 17 W 249/23

§ 1936 BGB, § 1942 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.04.2024, Az. IV ZB 23/23 (REWIS RS 2024, 2527)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 2527

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