Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2011, Az. I ZB 97/09

I. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2881

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I [X.]/09
vom

28. September 2011

in der Rechtsbeschwerdesache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Ausländischer Verkehrsanwalt
ZPO § 91 Abs. 1
a)
Für die Frage, ob die Kosten des ausländischen [X.] einer aus-ländischen [X.] erstattungsfähig sind, bedarf es einer [X.] im Einzelfall. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine ausländische [X.] typischerweise etwa wegen sprachlicher Barrieren, kultureller Unterschie-de oder mangelnder Vertrautheit mit dem [X.] Rechtssystem eher auf einen Verkehrsanwalt an ihrem Wohn-
oder Geschäftssitz angewiesen sein wird als eine inländische [X.].
b)
Die Mitwirkung eines ausländischen [X.] ist jedenfalls nicht er-forderlich, wenn der [X.]
Verfahrensbevollmächtigte bereits über alle nötigen Informationen verfügt oder
wenn es für die ausländische [X.] mög-lich, zumutbar und kostengünstiger ist, den inländischen [X.] unmittelbar zu informieren.
[X.], Beschluss vom 28. September 2011 -
I [X.]/09 -
KG Berlin

[X.]

-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat am 28.
September 2011
durch [X.] Dr.
Bornkamm
und die Richter Prof. Dr.
Büscher, Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff
und
Dr.
Löffler

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegner wird der Beschluss des 1.
Zivilsenats des Kammergerichts vom 27.
Oktober 2009 aufgehoben, soweit der Antragstellerin
eine 1,0ühr für ihren [X.]
Verkehrsanwalt zugesprochen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen
Entschei-dung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gegenstandswert: 2.030,80

Gründe:

[X.] Die Antragstellerin, ein Unternehmen mit Sitz in der [X.], hat ge-gen die Antragsgegner vor dem [X.] eine einstweilige Verfügung wegen einer Urheberrechtsverletzung erwirkt. Im Kostenfestsetzungsverfahren streiten die [X.]en noch um die Frage, ob die Antragstellerin neben den Kos-ten ihrer inländischen Prozessbevollmächtigten auch diejenigen der von ihr zu-sätzlich beauftragten [X.] Rechtsanwälte erstattet verlangen kann. 1
-
3
-
Das Landgericht hat dies verneint. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstel-lerin hat das Beschwerdegericht die Kosten der [X.] Rechtsanwälte als
erstattungsfähige
Kosten eines [X.] (Nr.
3400 [X.] [X.])
angese-hen und der Antragstellerin eine 1,0ebühr zuerkannt.

Mit ihrer
zugelassenen Rechtsbeschwerde begehren die Antragsgegner die Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des [X.].

I[X.] Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 ZPO statthafte und auch im Üb-rigen zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

1. Das Beschwerdegericht hat angenommen, dass die Kosten des aus-ländischen [X.] einer
ausländischen
[X.] stets bis zur Höhe einer 1,0bühr nach Nr.
3400 [X.]
[X.] erstattungsfähig sind.

2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Der [X.] hat sich bisher noch nicht abschließend zu
der Frage geäußert, welche Maßstäbe für die Erstattungsfähigkeit der Kosten des ausländischen [X.] einer ausländischen [X.] gelten. Er konnte sich bislang auf die Aussage beschränken, dass die Kosten des ausländischen [X.] jedenfalls dann notwendig im Sinne
des
§
91 Abs.
1 ZPO sind, wenn die Hinzuziehung des ausländischen Rechtsanwalts zur [X.] Rechtsverteidigung geboten war (Beschluss vom 8.
März 2005

VIII
ZB
55/04, NJW 2005, 1373). In der Rechtsprechung der Oberlandesge-richte werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach einer Ansicht soll es
bei einer ausländischen [X.] ohne inländische Vertriebsorganisation
im Wege einer generalisierenden Betrachtungsweise regelmäßig als notwendig im 2
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Sinne von §
91 Abs.
1 ZPO anzuerkennen sein, dass sie sich in jeder Instanz
vor einem [X.] Gericht
der Unterstützung eines [X.] bedient, wobei sie die Wahl zwischen einem Anwalt im Ausland oder einem [X.] Anwalt hat ([X.], [X.] 2005, 69, 70 =
[X.] 2004, 1581; KG, [X.] 2008, 373, 374;
Keller in [X.]/Sußbauer, [X.], 9.
Aufl., [X.] Rn.
61;
differenzierend jetzt KG, [X.], 1312, 1313). Nach anderer Ansicht kann die Erstattungsfähigkeit von [X.]kosten nicht allein damit [X.] werden, dass es sich um eine ausländische [X.] handelt; vielmehr sollen insoweit dieselben Kriterien wie für eine inländische [X.] gelten ([X.], [X.] 1998, 1692, 1693; [X.], [X.] 11, 177; [X.], Kostengesetze, 41.
Aufl., 3400 [X.] Rn.
59; [X.] in [X.], [X.], 19.
Aufl., [X.] 3400 Rn.
93; Musielak/Wolst, ZPO, 8.
Aufl., §
91 Rn.
28; ähnlich [X.], [X.] 1998, 597).

b) Der
letztgenannten
Ansicht ist zuzustimmen.

Nach §
91 Abs.
1 Satz
1 ZPO hat die unterliegende [X.] die dem [X.] erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Ebenso wie es danach für eine nicht am Gerichtsort ansässige inländische [X.] notwendig sein kann, einen auswärtigen Rechtsanwalt in [X.] als Verkehrsanwalt zu beauftragen, kann für die ausländische [X.] eine entsprechende Notwen-digkeit hinsichtlich der Einschaltung eines ausländischen Rechtsanwalts ihres Vertrauens bestehen.

Auch bei ausländischen [X.]en bedarf es
dabei
aber einer Notwendig-keitsprüfung im Einzelfall, schon um die zur Kostentragung verpflichtete [X.] nicht unangemessen zu belasten. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass eine aus-7
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ländische [X.] typischerweise etwa wegen sprachlicher
Barrieren, kultureller Unterschiede oder mangelnder Vertrautheit mit dem [X.] Rechtssystem eher auf einen Verkehrsanwalt an ihrem
Wohn-
oder Geschäftssitz
angewiesen sein wird als eine inländische [X.].

Auch die ausländische [X.] bedarf aber nicht stets eines Verkehrsan-walts. So ist der ausländische Verkehrsanwalt jedenfalls dann nicht erforderlich, wenn der [X.] Verfahrensbevollmächtigte bereits über alle nötigen [X.] verfügt. Das kann etwa der Fall sein, wenn nach einer Abmahnung durch den inländischen Bevollmächtigten eine Unterlassungserklärung gegen-über der ausländischen [X.] abgegeben wurde und im anschließenden Rechtsstreit nur noch über die durch die Abmahnung entstandenen Kosten ge-stritten wird (vgl. KG, [X.], 1312, 1313).

Außerdem ist
die Mitwirkung eines ausländischen [X.] nicht erforderlich,
wenn es
für die ausländische [X.] möglich, zumutbar und kos-tengünstiger ist, den inländischen Prozessbevollmächtigten unmittelbar zu in-formieren (vgl. [X.] aaO; [X.] aaO).
Das
kommt vor allem in [X.], wenn die ausländische [X.] aufgrund langjähriger Geschäftstätigkeit in [X.], etwa
mit
einer eigenen Vertriebsorganisation,
und Kenntnissen der [X.] Sprache zweifelsfrei in der Lage ist, direkt mit ihrem [X.] Prozessbevollmächtigten zu verkehren und für den Rechtsstreit Kenntnisse des Heimatrechts der ausländischen [X.] unerheblich sind.
Die Kosten des [X.] sind also nicht automatisch immer schon dann erstattungsfähig, wenn eine Information des inländischen Prozessbevollmächtigten über den Sachverhalt erforderlich ist, wohl aber insbesondere dann, wenn dadurch höhe-re anderweitige Informationskosten erspart werden (vgl. [X.]/Mümmler, [X.], 3.
Aufl., "Verkehrsanwalt"
Rn. 5.3).

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c) Auch unter dem Gesichtspunkt, dass inländischen [X.]en die Reise-kosten des an ihrem Wohnort oder Geschäftssitz ansässigen auswärtigen Rechtsanwalts ersetzt werden, ergibt sich nicht, dass
ausländischen
[X.]en regelmäßig die Kosten eines
[X.]
in der Nähe ihres Wohn oder Geschäftssitzes zu erstatten sind
(aA
[X.], [X.] 2011, 634, 635). Der Rechtsprechung zur Erstattungsfähigkeit der Terminsreisekosten eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten liegt der Gedanke zugrunde, dass ein persönliches Information und Beratungsgespräch zwischen [X.] und Anwalt mindestens zu Beginn eines Mandats in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle erforderlich und sinnvoll ist (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
Oktober 2002

VIII
ZB
30/02, NJW 2003, 898, 890
f.). Dabei geht es aber um das persönliche Gespräch mit dem tatsächlichen Prozessbevollmächtigten vor dem inländischen Gericht. Diese Funktion kann ein Information und Beratungsgespräch der ausländischen [X.] mit dem ausländischen Verkehrsanwalt an ihrem Wohn oder Geschäftssitz von vornherein nicht erfüllen. Eine Gleichstellung von aus-ländischen und inländischen [X.]en hinsichtlich der Möglichkeit zur Beauftra-gung auswärtiger Prozessbevollmächtigter kann aus der Natur der Sache [X.] nur insoweit erreicht werden, als es der ausländischen [X.] freisteht, ei-nen inländischen Anwalt ihres Vertrauens, der seine Kanzlei nicht am Gerichts-ort haben muss, mit der Prozessvertretung zu beauftragen (vgl. [X.], [X.] 11, 177). Ist ein Information und Beratungsgespräch zwischen [X.] und Anwalt geboten, so richtet sich die Erstattungsfähigkeit eines unter diesem Aspekt eingeschalteten ausländischen [X.] danach, ob die ausländische [X.] den inländischen Prozessbevollmächtigten ohne Weiteres direkt informieren und instruieren konnte oder ob es dafür zweckmäßig war, sich des ausländischen [X.] zu bedienen.

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7
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II[X.]
Das Beschwerdegericht hat

von seinem Standpunkt aus folgerich-tig

keine Feststellungen zur Notwendigkeit der Beauftragung des ausländi-schen [X.] getroffen. Es wird dies
nunmehr unter Berücksichtigung des Vortrags der [X.]en
nachzuholen
haben.
Sollte es auf dieser Grundlage die Erstattungsfähigkeit der [X.]kosten bejahen, so sind sie nach den für inländische Verkehrsanwälte geltenden Grundsätzen zu bestimmen ([X.], NJW 2005, 1373).

Bornkamm
Büscher
Schaffert

Kirchhoff
Löffler
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 28.07.2006 -
16 [X.]/05 -

KG Berlin, Entscheidung vom 27.10.2009 -
1 W 398/06 -

13

Meta

I ZB 97/09

28.09.2011

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.09.2011, Az. I ZB 97/09 (REWIS RS 2011, 2881)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2881

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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