Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2016, Az. VI ZR 694/15

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2815

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2016:081116UVIZR694.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

8. November 2016

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 33
a)
Die Luftfahrzeughalterhaftung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] greift im [X.] nur zugunsten von solchen Geschädigten, die am Betrieb des schadensstiftenden Luftfahrzeugs in keiner Weise beteiligt waren (Festhal-tung Senatsurteil vom 23. Oktober 1990 -
VI
[X.], [X.], 341).
b)
Nimmt ein Flugsicherungsunternehmen auf die Landung eines Flugzeugs Einfluss und werden bei der Landung des Flugzeugs Einrichtungen zerstört, die das Flugsicherungsunternehmen zum Zwecke der Wahrnehmung seiner Flugsicherungsaufgaben hinter der Landebahn installiert hat, so steht ihm kein Anspruch aus § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] gegen den [X.] zu.

[X.], Urteil vom 8. November 2016 -
VI [X.] -
O[X.]

LG [X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8.
November
2016
durch den Vorsitzenden [X.], den
Richter

Offenloch und die
Richterinnen Dr. Oehler, [X.] und Müller
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 24. November 2015 wird [X.].

Die Kosten des [X.] trägt die Klägerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten ihrer Streithelferin, die diese selbst trägt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin
nimmt die Beklagte
wegen eines Sachschadens nach einem Flugzeugunfall auf Schadensersatz in Anspruch.
Am 24. Januar 2005 gegen 6.00 Uhr rollte eine Boeing 747-200
(im Fol-genden: "Flugzeug"), deren Halterin die Beklagte war, bei der Landung auf dem [X.] über die Landebahn hinaus und in das dahinter befindliche [X.]. Dabei wurden
Einrichtungen des Instrumentenlandesystems
zerstört, die die
Klägerin, ein Flugsicherungsunternehmen, das am [X.] Aufga-1
2
-

3

-

ben der Flugsicherung gemäß § 27c Abs. 2 [X.] wahrnimmt, dort installiert hatte.
Während des [X.] des Flugzeugs hatte es angefangen zu schneien. Mitarbeiter der Streithelferin, der Betreiberin des Flughafens,
hatten deshalb Messungen auf der Landebahn vorgenommen, um deren Oberflächen-beschaffenheit zu überprüfen, und die gewonnenen
Daten -
mehrfach
-
an ei-nen Fluglotsen der Klägerin weitergegeben. Zuletzt war dem [X.] um 5.56 Uhr
von einem Mitarbeiter der Streithelferin
mitgeteilt
worden, aufgrund der Messdaten bewerte er die Landebahn als "medium", stellenweise sei es aber doch relativ glatt. Nachdem der Lotse seinerseits der Cockpitbesatzung des Flugzeugs um 5.50 Uhr mitgeteilt hatte, dass die Bremswirkung im Moment noch gut sei, aber noch Tests geplant seien, weil es weiterhin schneie und man eine Verschlechterung befürchte, meldete er ihr um 5.59 Uhr: "action was measured to be medium at
all parts and the visibility dropped right now due to the heavy snow showers."
Nach der anschließenden Landefreigabe setzte das Flugzeug innerhalb der Aufsetzzone der Landebahn auf,
wurde -
jedenfalls
zunächst -
mit
dem automatischen Bremssystem des Flugzeugs ge-bremst, kam aber erst 75 Meter hinter der sich an die Landebahn anschließen-den asphaltierten Freifläche zum Stehen.
Mit der Behauptung, Eigentümerin der zerstörten Messinstrumente zu sein, nimmt die Klägerin die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch. Sie hat die Meinung vertreten, dieser Anspruch ergebe sich aus § 33 [X.], aus § 831 BGB und aus § 25 Abs. 3 iVm § 33 [X.].
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufungen der Klägerin und ihrer
Streithelferin zurückgewiesen. Mit ihrer vom 3
4
5
-

4

-

Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-ren weiter.

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht
hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Beklagte hafte der Klägerin nicht aus § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Zwar sei der Unfall beim Betrieb eines Luftfahrzeugs, dessen Halterin die [X.] sei, geschehen, weshalb die Vorschrift ihrem Wortlaut nach anwendbar sei. Der
Anwendungsbereich
der Norm
sei jedoch einzuschränken. Sie wirke nur zu Gunsten von Geschädigten, die am Betrieb des [X.] in keiner Weise beteiligt gewesen seien. Da die Klägerin auf den [X.] des Flugzeugs maßgeblichen Einfluss genommen
habe,
sei sie mit allen Schäden, die im Zusammenhang mit ihrer Beteiligung an dem Betrieb des schadensstiftenden Flugzeugs entstanden seien, von der Anspruchsgrund-lage des § 33 [X.] ausgeschlossen, mithin auch mit den im Streitfall geltend gemachten Schäden.

Auch die weiteren in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen habe das [X.] zutreffend verneint. Einem Anspruch aus § 831 Abs. 1 BGB stehe jedenfalls entgegen, dass der Beklagten der [X.] gelungen sei; an den Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 25 Abs. 3 iVm § 33 [X.] fehle es schon deshalb, weil die Landung im Streitfall auf einem ge-nehmigten Flugplatz erfolgt sei.
6
7
8
-

5

-

II.
Diese Erwägungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1.
Die Revision wendet sich nicht gegen die Annahme des Berufungsge-richts, Ansprüche aus § 831 Abs. 1 BGB und § 25 Abs. 3 iVm § 33 [X.] be-stünden nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
2.
Zutreffend verneint hat das Berufungsgericht aber auch einen [X.] aus § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Zu Recht ist
es davon ausgegangen, dass für den von der Klägerin im Streitfall geltend gemachten Schadensersatz-anspruch auf der Grundlage der Rechtsprechung des erkennenden Senats kein Raum ist. [X.] Gründe, seine Rechtsprechung zu ändern, sieht der Senat nicht.
a)
Wird beim Betrieb eines Luftfahrzeugs durch einen Unfall jemand ge-tötet, sein Körper oder seine Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter des Luftfahrzeugs nach
§ 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] verpflichtet, den Schaden zu ersetzen. Der erkennende Senat hat den Anwendungsbereich der Vorschrift allerdings ihrem Wortlaut gegenüber eingeschränkt. Danach
greift die
Vorschrift
im Allgemeinen
nur zugunsten von solchen Geschädigten, die am Betrieb des schadensstiftenden Luftfahrzeugs in
keiner Weise beteiligt waren (Senatsurteil vom 23. Oktober 1990 -
VI [X.], [X.], 341). Seine
-
in
der Literatur ganz überwiegend geteilte (vgl.
etwa
Müller-Rosin, [X.], 594, 595;
Förster in BeckOGK, [X.] § 33,
Rn. 31 f.
[Stand: 1. Oktober 2016]; [X.] in Hobe/von [X.], [X.] Kompendium Luftrecht, 2010, S. 266; Schwenk/[X.], Handbuch des Luftverkehrsrecht, 4. Aufl., [X.]. 15 Rn. 213; Strauch in [X.], [X.], 27. Aufl. 2015, [X.]. 29 Rn. 19; kritisch
allerdings
Grabherr/[X.]/[X.]/[X.], Luftverkehrsgesetz, §
33 Rn. 35 ff.
[Stand der Bearbeitung: August 2010]; vgl. ferner OLG Düssel-9
10
11
12
-

6

-

dorf, [X.], 228)
-
Auffassung hat der
erkennende Senat
im Wesentli-chen auf die Erwägung gestützt, die strenge Luftfahrzeughalterhaftung, die
"strengste Gefährdungshaftung des [X.] Rechts", die nicht einmal für den Fall höherer Gewalt einen Haftungsausschluss kennt, sei nur gegenüber Unbe-teiligten gerechtfertigt (Senat aaO;
vgl.
auch
Senatsbeschluss vom 8. Mai 1962 -
VI [X.] 6/62, [X.], 530; [X.], [X.], 270, 271
und
VersR 1961, 406, 407).
Dem wiederum liegt die
Überlegung
zugrunde, dass die insbe-sondere im Vergleich zur Haftung des Eisenbahn-
oder Kraftfahrzeughalters
schärfere Haftung des Halters eines Luftfahrzeugs
sich jedenfalls heute nur noch damit erklären
lässt, dass der vom Luftverkehr Geschädigte mehr noch als der durch Eisenbahn oder Kraftfahrzeug Geschädigte am Verkehr unbeteiligt ist
(Schwenk/[X.], aaO, [X.]. 15, Rn. 213).
b)
Bei Anwendung dieser Grundsätze
greift § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] im Streitfall zugunsten der Klägerin
nicht. Das Berufungsgericht ist zutreffend zum Ergebnis gelangt, dass sie am Betrieb des Flugzeugs beteiligt war. Sie hat durch den diensthabenden Fluglotsen, ihren Mitarbeiter, auf den schadensur-sächlichen [X.] des Flugzeugs mit dessen
zur Landung führenden Mitteilungen unmittelbar Einfluss genommen. Hinzu kommt, dass sie
die durch den Unfall zerstörten Einrichtungen zur Wahrnehmung ihrer Flugsicherungsauf-gaben hinter der Landebahn positioniert und damit, wenn auch nicht sorgfalts-widrig, so doch willentlich den Gefahren des (landenden)
Luftverkehrs ausge-setzt hat.
Im ihr vom Flugzeug der Beklagten zugefügten Schaden hat sich [X.] gerade eine spezifisch mit ihrer Beteiligung am Betrieb der landenden [X.] verbundene Gefahr verwirklicht, die nicht am Betrieb beteiligten [X.] nicht in gleicher Weise droht. Dass die Klägerin
-
wie von der Revision her-vorgehoben -
verpflichtet war, die Flugsicherungsdienste im Sinne des § 27c Abs. 2 [X.] wahrzunehmen und zu
diesem Zweck
die im Streitfall zerstörten Einrichtungen wie geschehen
zu positionieren, ändert daran nichts.
13
-

7

-

Auch die weiteren von der Revision hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Nach den dargestellten Grundsätzen ist es -
anders als die Revision meint
-
zunächst unerheblich, dass es sich bei der Klägerin nicht um eine natürliche, sondern um eine juristische Person handelt
und sie nicht wegen der Verletzung ihres Körpers oder ihrer Gesundheit, sondern wegen der Zerstö-rung von Sachen
Schadensersatz verlangt. Zwar trifft es zu, dass die von der Revision zitierten [X.] (Urteile vom 15. März 2005 -
VI [X.], [X.], 801; vom 23. Oktober 1990 -
VI [X.], [X.], 341; vom 25. Mai 1971 -
VI [X.], [X.] 1971, 918; Beschluss vom 8. Mai 1962 -
VI
[X.] 6/62, [X.], 530) ausnahmslos Fälle betreffen, in denen eine natürliche Person an Leben, Körper oder Gesundheit verletzt wurde. [X.] lässt sich aber nicht ableiten, dass
die dort entwickelten Grundsätze nicht auch im Falle von
Sachschäden juristischer Personen gelten. Einen nachvoll-ziehbaren Grund, Sachschäden
anders zu behandeln als Personenschäden und sie -
anders als Personenschäden
-
auch dann in den Anwendungsbereich des § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] einzubeziehen, wenn der Geschädigte
am Be-trieb des schadensstiftenden Luftfahrzeugs beteiligt war, vermag der Senat nicht zu erkennen. Im Gegenteil stellte es einen nicht zu begründenden [X.] dar, die Sachschäden eines am Betrieb des Luftfahrzeugs Beteiligten der Gefährdungshaftung des § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu unterstel-len, nicht aber seine Personenschäden. Auch die von der Revision angestrebte Besserstellung einer juristischen gegenüber einer natürlichen Person
in Bezug auf den persönlichen Schutzbereich des § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.]
ist nicht zu rechtfertigen.
Entgegen der Auffassung der Revision ist auch
kein Grund ersichtlich, die von der Klägerin geltend gemachten Schäden deshalb als von § 33
Abs. 1 Satz 1 [X.] erfasst anzusehen, weil die
Klägerin
am Betrieb des Flugzeugs nicht "physisch"
beteiligt war. Nach den dargestellten Grundsätzen greift § 33 14
15
-

8

-

Abs. 1 Satz 1 [X.] nur zugunsten Geschädigter, die am Betrieb des scha-densstiftenden Luftfahrzeugs in keiner Weise
beteiligt
waren (Senatsurteil vom 23. Oktober 1990 -
VI [X.], [X.], 341); nachdem
die Klägerin über den bei ihr beschäftigten [X.] den [X.] maßgeblich beeinflusste und sie die beschädigten Betriebseinrichtungen zudem -
durch deren Positio-nierung hinter
der Landebahn im Übrigen auch physisch
-
den
Gefahren des Luftverkehrs aussetzte, kann hiervon im Streitfall nicht ausgegangen werden.

Unerheblich ist entgegen der Auffassung der Revision
schließlich, ob die zerstörten Einrichtungen nach dem Aufsetzen des Flugzeugs auf der [X.] und damit im Zeitpunkt der Kollision für den konkreten [X.] noch benötigt wurden sowie ob und inwieweit sie von vornherein nicht dem Be-trieb der vom Flugzeug der Beklagten genutzten Landebahn, sondern der [X.] der Gegenrichtung dienten.
Beide Gesichtspunkte wirken sich weder darauf aus, dass die Klägerin am Betrieb des landenden Flugzeugs beteiligt war, noch darauf, dass die beim Unfall zerstörten Instrumente von ihr willentlich zur Wahrnehmung ihrer Flugsicherungsaufgaben in den Gefahrenbereich hinter der Landebahn gebracht worden waren.
c)
[X.] Gründe, seine
Rechtsprechung aufzugeben oder zu modifizieren, sieht der Senat nicht.
aa)
Noch zutreffend weist die Revision darauf hin, dass dem Wortlaut des § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] die dargestellte Beschränkung ihres Anwen-dungsbereichs auf Geschädigte, die am Betrieb des Luftfahrzeugs in keiner Weise beteiligt waren, nicht zu entnehmen ist. Das schließt eine entsprechende teleologische Reduktion der Vorschrift aber nicht aus. Zwar müssen Gerichte die gesetzgeberische Grundentscheidung respektieren und den gesetzgeberi-schen Willen auch unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur 16
17
18
-

9

-

Geltung bringen ([X.],
NJW-RR 2014, 105, 106). Dabei brauchen sie aber nicht am Wortlaut einer Norm zu haften. Ihre Bindung an das Gesetz bedeutet nicht Bindung an dessen Buchstaben mit dem Zwang zur wörtlichen Auslegung, sondern Gebundensein an den Sinn und Zweck des Gesetzes ([X.], NJW 2006, 3409; NJW 2004, 2662). Die vom Senat vorgenommene Beschränkung des Anwendungsbereichs
von § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.] dient gerade dem Sinn und Zweck des Gesetzes.
bb)

Zuzugeben ist der Revision, dass
sich der historische Gesetzgeber mit der Frage, ob derjenige, der sich den Gefahren des Luftverkehrs freiwillig aussetzt, aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift ausgenommen werden soll, ausdrücklich befasst und sich zunächst bewusst gegen eine [X.] Beschränkung entschieden hat. So wird in der Begründung des zweiten Re-gierungsentwurfs eines Luftverkehrsgesetzes von 1921
ausdrücklich ausge-führt, der Entwurf weiche von einem früheren Entwurf insoweit ab, als er anders als der Vorentwurf Fälle von der [X.] nicht ausnehme, in denen der Verletzte die besondere Gefahr freiwillig übernommen habe. Denn -
so die Begründung
-
der Gesichtspunkt, dass sie die Gefahr freiwillig übernähmen, müsse hinter die Erwägung zurücktreten, dass eine solche Gefahrübernahme die im Interesse der Allgemeinheit liegende Entwicklung des neuen [X.] fördere ([X.] 1920/24, Nr. 2504, S.
2474).
Auch dieser
Umstand steht der vom Senat vorgenommenen Beschrän-kung des Anwendungsbereichs
von § 33 Abs. 1 Satz 1 [X.]
aber nicht ent-gegen. Schon die für die Entscheidung des historischen Gesetzgebers offenbar maßgebliche Vorstellung, bei der Luftfahrt handle es sich um ein neues [X.], das gerade deshalb der Förderung bedürfe, lässt sich mit den seit-her
gewandelten tatsächlichen Verhältnissen nicht mehr in Übereinstimmung bringen. Weder handelt es sich bei der Luftfahrt noch
um ein neues, in der Ent-19
20
-

10

-

wicklung befindliches Verkehrsmittel. Noch ist der Luftverkehr unter diesem Ge-sichtspunkt
besonders förderungsbedürftig. Auch der Gesetzgeber selbst hat sich deshalb erkennbar von der
Vorstellung des ursprünglichen Gesetzgebers gelöst. So lässt sich insbesondere dem
Gesetz über Maßnahmen auf dem [X.] des Verkehrsrechts und Verkehrshaftpflichtrechts vom 16. Juli 1957 ([X.] I S. 710), mit dem Flugschüler aus dem durch die
Gefährdungshaftung für Luftfahrzeughalter geschützten Personenkreis ausgenommen wurden, eine Abkehr von der Annahme entnehmen, eine im persönlichen Schutzbereich un-beschränkte Gefährdungshaftung des [X.] sei notwendig
(vgl. Senatsurteil vom 23. Oktober 1990 -
VI [X.], [X.], 341, auch un-ter Hinweis auf das Vierte Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes vom 26. Januar 1943 [RGBl. I 69], mit dem die Luftfahrzeughalterhaftung auf die [X.] Haftung für nicht im Luftfahrzeug beförderte Personen und Sa-chen beschränkt worden ist). Dabei wurde diese Herausnahme ausweislich der Entwurfsbegründung
(BT-Drucks. 2/1265, S. 13)
sogar ausdrücklich
damit be-gründet, die volle Erfolgshaftung des
[X.] Flugschülern
gegen-über sei "keineswegs angebracht, denn der Flugschüler [begebe] sich bewusst in Gefahren des Luftverkehrs und [könne] deshalb billigerweise für sich die [X.] nicht in Anspruch nehmen". Schließlich
ist zu beachten, dass
der Gesetzgeber die
vom erkennenden Senat angenommene
individuelle Be-grenzung der Gefährdungshaftung des § 33 [X.] auf "völlig unbeteiligte Op-fer"
in anderem Zusammenhang
ausdrücklich
in den Blick genommen
hat
(vgl.

-

11

-

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung luftversicherungsrechtlicher Vorschrif-ten, BT-Drucks. 15/4637, [X.]), er aber offenbar keine Veranlassung sah, [X.] Rechtslage zu ändern.
Galke
Offenloch
Oehler

Roloff
Müller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.01.2015 -
9 [X.]/06 -

O[X.], Entscheidung vom 24.11.2015 -
I-1 U 62/15 -

Meta

VI ZR 694/15

08.11.2016

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2016, Az. VI ZR 694/15 (REWIS RS 2016, 2815)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2815

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZR 694/15 (Bundesgerichtshof)

Luftfahrzeughalterhaftung: Schadenersatzanspruch eines Flugsicherungsunternehmens gegen den Luftfahrzeughalter wegen der Zerstörung von der Flugsicherung dienenden Einrichtungen …


I-1 U 62/15 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


3 O 176/19 (Landgericht Köln)


X ZR 30/15 (Bundesgerichtshof)

Luftbeförderungsvertrag: Begriff des Einsteigens in ein Luftfahrzeug; Voraussetzungen der Haftung des Luftfahrtunternehmens nach dem Montrealer …


X ZR 30/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

VI ZR 694/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.