Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.09.2023, Az. 2 B 4/23

2. Senat | REWIS RS 2023, 7333

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Gegenstand

Stellenzulage für Beamte im Geoinformationsdienst der Bundeswehr


Leitsatz

Ein im Geoinformationsdienst der Bundeswehr beschäftigter Beamter, dessen Aufgabenbereich durch dem Flugberatungsprozess vorgelagerte verwaltungs- und datenverarbeitungstechnische Tätigkeiten geprägt ist, hat keinen Anspruch auf die Stellenzulage für Beamte im Flugwetterberatungsdienst gemäß BBesO A und B Vorbemerkung II Nr. 5a Abs. 1 Nr. 6 BBesO (Anlage I zu § 20 Abs. 2 Satz 1 BBesG).

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] für das [X.] vom 21. November 2022 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 7 632 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Kläger begehrt die Zahlung einer [X.].

2

1. Der Kläger steht im Amt eines Regierungsamtsrats (Besoldungsgruppe [X.]) im Dienst der [X.]. Er wird im Geschäftsbereich des [X.], dort im [X.] des [X.] in [X.] verwendet. Mit Wirkung vom 1. Oktober 2016 wurde er von einem Dienstposten im Dezernat ... auf einen Dienstposten im Dezernat ... umgesetzt. Die Beklagte stellte die Zahlung der [X.] mit dem Ablauf des 30. September 2016 ein.

3

Den Antrag des [X.] auf Weitergewährung der Zulage lehnte die Beklagte mit Bescheid vom Mai 2017 ab. Der nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Nach dem durch Auslegung ermittelten Verständnis der Zulagennorm liege die verlangte Verwendung im Flugwetterberatungsdienst auf Flugplätzen mit Flugbetrieb der [X.] oder in den zentralen Geoinformationsstellen nur vor, wenn die auf dem Dienstposten auszuübende Funktion ausschließlich oder zumindest (ganz) überwiegend in der eigenverantwortlichen individuellen Beratung der Bedarfsträger - insbesondere des fliegenden Personals - bestehe und ihre Ausübung damit unmittelbar zu einem sicheren Flugbetrieb der [X.] beitrage. Eine solche Tätigkeit übe der Kläger nach der Beschreibung des von ihm seit Oktober 2016 wahrgenommenen Dienstpostens nicht aus. Seine Hauptaufgabe sei die Konfiguration und die Anpassung des verwendeten Datenverarbeitungssystems [X.], dessen Umsetzung im Routinebetrieb sowie das kontinuierliche Erarbeiten, Pflegen und Überwachen der benötigten Datenbereitstellungsverfahren und -übertragungstechniken. Nichts anderes gelte, soweit er mit einem Arbeitsanteil von 20 bis 25 Prozent aufbereitete Daten in [X.], d. h. an automatisierte Flugsysteme, liefere, auf die Piloten Zugriff hätten. Darin liege keine individuelle - gar mündliche - Beratungsleistung, sondern nur die Zurverfügungstellung (technisch) aufbereiteter Daten.

4

2. Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unbegründet.

5

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist. Ein derartiger Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder auf der Grundlage der bestehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit Hilfe der anerkannten Auslegungsregeln auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4, vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9 und vom 16. April 2020 - 2 B 5.19 - NVwZ-RR 2020, 933 Rn. 6).

6

Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage,

"setzt die Gewährung einer Zulage nach 'Ziff. II Nr. 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 6 Vorbemerkungen zur [X.]. [X.]' für Beamte, die im Flugwetterberatungsdienst verwendet werden, voraus, dass die auf dem Dienstposten auszuübende Funktion ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend in der eigenverantwortlichen individuellen Beratung der Bedarfsträger - insbesondere des fliegenden Personals - besteht und ihre Ausübung damit unmittelbar zu einem sicheren Flugbetrieb der [X.] beiträgt?",

führt nicht zur Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Sie lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der allgemeinen Auslegungsregeln und anhand der vorliegenden Senatsrechtsprechung im Sinne des Berufungsurteils beantworten, ohne dass es hierzu einer revisionsgerichtlichen Überprüfung bedarf.

7

Nach § 42 Abs. 1 i. V. m. [X.]age I ([X.] und B) II Nr. 5a Abs. 1 Ziff. 6 des [X.]esbesoldungsgesetzes in der maßgebenden Fassung der Bekanntmachung vom 19. Juni 2009 ([X.]), zuletzt geändert durch Art. 1 Nr. 43 des [X.] und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften ([X.]) vom 11. Juni 2013 ([X.] I S. 1514, im Folgenden: Vorbemerkung II Nr. 5a Abs. 1 Ziff. 6), erhalten Beamte und Soldaten im militärischen Flugsicherungsbetriebsdienst, Einsatzführungsdienst und Geoinformationsdienst der [X.] eine Stellenzulage nach [X.]age IX, wenn sie im Flugwetterberatungsdienst oder im Wetterbeobachtungsdienst auf Flugplätzen mit Flugbetrieb der [X.] oder in den zentralen Geoinformationsberatungsstellen verwendet werden.

8

a) Zwar gibt der in der Vorbemerkung II Nr. 5a Abs. 1 Ziff. 6 verwendete Begriff des "[X.]" kein zwingendes Auslegungsergebnis vor. Nach dem Wortlaut ist offen, ob sich der Begriff auf den "Dienst" als solchen im Sinne einer organisatorischen Einheit unter Einschluss auch der erforderlichen betriebstechnischen Einrichtungen oder auf die konkrete individuell zu erbringende Dienstleistung der Flugwetterberatung an Bedarfsträger bezieht. Allerdings ergibt sich das auf die konkrete Funktion bezogene Verständnis aus der Normierung des weiteren Tatbestandsmerkmals in der ersten Tatbestandsalternative der Vorbemerkung II Nr. 5a Abs. 1 Ziff. 6, wonach die Verwendung auf Flugplätzen "mit Flugbetrieb der [X.]" erfolgen muss. Durch die tatbestandliche Eingrenzung "mit Flugbetrieb der [X.]" hat der [X.] deutlich gemacht, dass nur die eigenverantwortliche individuelle Tätigkeit der Flugwetterberatung gegenüber den Bedarfsträgern honoriert werden soll, die der Durchführung von Flügen bemannter und unbemannter militärischer Luftfahrzeuge dient und damit einen unmittelbaren Beitrag zur militärischen Flugsicherung leistet.

9

Die Abgeltung einer speziellen, besonders belastenden Funktion innerhalb des Bereichs der militärischen Flugsicherung entspricht auch dem unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte verfolgten Sinn und Zweck der Vorbemerkung II Nr. 5a. Die Vorschrift wurde durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. e) des [X.] zur Änderung besoldungs- und wehrsoldrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 1990 ([X.] I S. 1451) mit Wirkung vom 1. Januar 1990 in das [X.]esbesoldungsgesetz [X.]age I mit dem Ziel eingeführt, die Attraktivität des Dienstes in der [X.] im Bereich der militärischen Flugsicherung und des [X.] zu steigern. Dafür hat der [X.] die an Beamte und Soldaten im militärischen Flugsicherungsbetriebsdienst und Radarführungsdienst bis dahin gewährte [X.] unter Anhebung der Beträge in eine Stellenzulage umgewandelt. Anspruchsberechtigt sollten nicht sämtliche Angehörige des Gesamtbereichs der militärischen Flugsicherung und des [X.] sein, sondern nur ein in der Norm benannter abgegrenzter Personenkreis innerhalb dieses Bereichs, der besondere Funktionen ausübt (vgl. [X.]. 11/6544 [X.]). Durch Art. 5 Nr. 2 Buchst. a) des Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz) vom 15. Dezember 1995 ([X.] I S. 1726) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1996 der Kreis der anspruchsberechtigten Personen auf Verwendungen im Wetterbeobachtungsdienst und Wetterberatungsdienst auf Flugplätzen der [X.] und in regionalen Beratungszentralen erweitert, ohne dass sich die gesetzgeberische Zielsetzung geändert hat. Den Gesetzesmaterialien lässt sich kein gegenteiliger Anhaltspunkt entnehmen. Auch hat der [X.] bei der Neuregelung der Zulagentatbestände der Vorbemerkung II Nr. 5a durch Art. 1 Nr. 22 Buchst. d) des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im [X.] und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012 ([X.] I S. 462) bekräftigt, dass sich die Zulagenberechtigung aus der Wahrnehmung bestimmter Funktionen innerhalb des Bereichs des militärischen Flugsicherungsbetriebsdienstes und - nunmehr aufgrund organisationsrechtlicher Änderungen - des Bereichs des Einsatzführungsdienstes und des Geoinformationsdienstes ergeben soll. Um die vom [X.]esrechnungshof bemängelten [X.] der [X.] in der Praxis zu beseitigen, sollten die Funktionsbeschreibungen in den Zulagentatbeständen der Vorbemerkung II Nr. 5a konkretisiert werden, so auch Ziffer 6 der Vorbemerkung II Nr. 5a durch den - bis heute inhaltlich unverändert gebliebenen - Einschub "mit Flugbetrieb der [X.]" (vgl. [X.]. 17/7142 S. 11 f., 28). Nachfolgende Gesetzesänderungen betrafen lediglich redaktionelle Anpassungen (vgl. Art. 1 Nr. 43 des [X.]es).

Der so verstandene Begriff "Flugwetterberatungsdienst" ist auch Merkmal der zweiten Tatbestandsalternative der Vorbemerkung II Nr. 5a Ziff. 6. Entgegen der Annahme der Beschwerde (Beschwerdebegründung S. 3) beschränkt sich diese Tatbestandsalternative nicht auf die "bloße" Verwendung "in den zentralen Geoinformationsberatungsstellen" der [X.]. Nach grammatikalischem Verständnis und Systematik der Norm handelt es sich um eine gleichrangige Alternative im Sinne einer Aufzählung, die sich mit dem genannten Einsatzbereich "Flugplätze mit Flugbetrieb der [X.]" als gemeinsames Dativobjekt auf die zu honorierende Funktion des "[X.]" und den - hier nicht relevant - "Wetterbeobachtungsdienst" bezieht.

Diese Auslegung der Vorbemerkung II Nr. 5a Abs. 1 Ziff. 6 führt angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bei der Gestaltung von Zulagen nicht zu einem gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss. Die Einschätzung, der in der eigenverantwortlichen flugwetterberatenden Tätigkeit liegende unmittelbare Beitrag zur Flugsicherung sei wegen der besonderen Beanspruchung und Verantwortung der Soldaten und Beamten eine herausgehobene abzugeltende Funktion, während dies bei den dem [X.] vorgelagerten verwaltungs- und datenverarbeitungstechnischen Tätigkeiten nicht der Fall sei, stellt einen hinreichenden sachlichen Grund für die unterschiedliche Behandlung dieser Funktionsgruppen dar.

b) Darüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass die Gewährung einer Stellenzulage grundsätzlich voraussetzt, dass der Beamte in der zulagenberechtigenden Funktion in vollem Umfang verwendet wird. Umfasst der Dienstposten verschiedenartige, für die Zulagenberechtigung unterschiedlich zu beurteilende Funktionen, muss die herausgehobene Funktion einen besonders umfangreichen Teil der [X.] ausmachen. Der Dienstposten muss generell durch die zulagenberechtigende Funktion geprägt sein. Dies ist nicht der Fall, wenn auf die Wahrnehmung dieser Funktion nicht mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit entfällt (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. Mai 1995 - 2 C 13.94 - BVerwGE 98, 192 <194> und vom 16. Juli 1998 - 2 C 25.97 - [X.] 240 § 42 [X.] Nr. 21 S. 6, 8; Beschluss vom 24. Januar 2017 - 2 B 78.15 - [X.] 240.1 [X.] Nr. 41 Rn. 13). Für die Zulage nach Vorbemerkung II Nr. 5a Abs. 1 Ziff. 6 ist nicht ausnahmsweise ein anderer, im zeitlichen Umfang begrenzter Maßstab festgelegt.

Von diesen Grundsätzen ist auch das Oberverwaltungsgericht ausgegangen. Ob es diese Grundsätze auf den konkreten Einzelfall zutreffend angewendet hat, ist keine Frage von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 42 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Meta

2 B 4/23

14.09.2023

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 21. November 2022, Az: 1 A 3175/19, Urteil

§ 42 Abs 1 BBesG, Vorbem II Nr 5a Abs 1 Ziff BBesO A/B

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.09.2023, Az. 2 B 4/23 (REWIS RS 2023, 7333)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7333

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