Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2013, Az. II ZR 367/12

II. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 2235

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 367/12
Verkündet am:
8. Oktober 2013
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der I[X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung
vom 8.
Oktober 2013 durch [X.] am [X.] Prof. Dr.
Strohn als Vorsitzenden, die Richterin Dr.
Reichart sowie die Richter Dr.
Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 27.
Zivilsenats des [X.] vom 14.
November 2012 aufge-hoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3.
Zivilkammer des [X.] vom 13.
März 2012
wird zurückgewie-sen.
Die Kosten des Berufungs-
und Revisionsverfahrens
trägt der [X.].

Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin war Initiatorin und Gründungsgesell-.

[X.]

([X.], deren Zweck die Vermie[X.] einer von ihr erwor-benen Immobilie ist. Der Beklagte ist an der [X.] seit 1993 als Kommanditist be-1
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teiligt. Nach Gründung des Fonds erhielten die Kommanditisten zunächst [X.] und in den Jahren 1995 bis 2000 gewinnunabhängige Aus-schüt[X.]en. Die Klägerin nimmt in einer Vielzahl von Verfahren [X.] in Höhe der jeweils erhaltenen Ausschüt[X.]en wegen [X.] der [X.] in Anspruch.
Der Gesellschaftsvertrag (im Folgenden: GV) enthält in §
3 Nr.
7 folgen-de Regelung:

[X.] irgendwelche Zahlungsverpflich[X.]en, Haf[X.]en oder irgendwelche Nach-schussverpflich[X.]en, die über die Verpflich[X.] zur Leis[X.] der in der [X.] gezeichneten Kommanditbeteiligung zuzüglich Agio hinausgehen. Dies gilt auch für den Fall der Liquidation. Der vertragliche Ausschluss einer Nachschusspflicht lässt die gesetzliche Regelung über die Haf[X.] der Kommanditisten gegenüber Gesell-

Auf Seite
24 des Emissionsprospekts finden sich unter der Rubrik

änkt ist, besteht keine Nachschusspflicht, was insbeson-dere für die Fremdfinanzierung gilt.
Die geplanten Auszahlungen übersteigen die im selben Zeitraum erwirtschafteten Ge-winne und führen gemäß §
172 Abs.
4 HGB zu einem Wiederaufleben der beschränk-ten

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin gewährte der [X.] ursprünglich für den Erwerb der Gewerbeimmobilie ein Darlehen in Höhe von 200
Mio.
DM. Da die Immobilie sich ab September 2003 nicht mehr in der gewünschten Weise vermieten ließ, geriet die [X.] in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnte das Darlehen nicht länger bedienen. Die Klägerin gewährte der [X.] zur Vermeidung der Insolvenz mit Vertrag vom 22.
März/15.
Juni 2004 ein Folgedarlehen in Hö-he von 35
Mio.

e-hen abgelöst wurde. Die fälligen Tilgungs-
und Zinsraten stundete die Klägerin immer wieder zu großen Teilen. Parallel dazu forderte die [X.] ihre Kommandi-2
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tisten auf, die erhaltenen Ausschüt[X.]en zurückzuzahlen, um die [X.] Situation zu verbessern. Die Klägerin erstattete ihre als Kommanditistin erhaltenen Auszahlungen. Der Beklagte kam der Aufforderung nicht nach.
Nach der Behaup[X.] der Klägerin besteht eine Verbindlichkeit der [X.] in Höhe von 500.000

a-rungen ausgenommene Darlehenszinsen. Zwischenzeitlich seien Zahlungen anderer Kommanditisten in Höhe von 318.149,76

dem Beklagten werde ein letztstelliger Teilbetrag der im August 2011 aufgelau-fenen Zinsen verlangt.
Die
auf Zahlung von 8.883,70

von der [X.] geschuldeter Darlehenszin-sen gerichtete
Klage war
in erster Instanz
erfolgreich. Auf die Berufung des [X.]n hat das Berufungsgericht das Urteil des [X.] aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt
die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin hat Erfolg.

[X.] Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
Einem Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten stehe die Rege-lung in §
3 Nr.
7 des Gesellschaftsvertrags entgegen. Die Klausel enthalte ei-nen umfassenden Haf[X.]sausschluss, der auch Ansprüche von Gesellschaf-tern, die aus einem Drittgeschäft Forderungen gegen die Gesellschaft hätten, gegen ihre Mitgesellschafter aus §
171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 Satz
1 HGB um-fasse. Der potentielle Anleger habe durch ein überschaubares Haf[X.]srisiko zum Beitritt zur [X.] bewegt werden sollen.
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I[X.] Das Urteil des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Nach-prüfung nicht stand.
1. Der Anspruch der Klägerin aus §
171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 Satz
1 HGB ist nicht durch die Regelung in §
3 Nr.
7 Satz
1 GV ausgeschlossen.
a) Diese Feststellung kann der Senat selbst treffen, weil Gesellschafts-verträge von [X.] objektiv auszulegen sind (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 19.
März 2007

II
ZR 73/06, [X.], 812 Rn.
18; Urteil vom 1.
März 2011

II
ZR 16/10, [X.], 957 Rn.
8;
Urteil vom 19.
Juli 2011

II
ZR 153/09, [X.], 1906 Rn.
11; Urteil vom 12.
März 2013

II
ZR 73/11, [X.], 1222 Rn.
13 mwN). Dabei unterliegen die Regelungen in [X.] von [X.] unabhängig davon, ob die [X.] des §
310 Abs.
4 BGB eingreift, einer ähnlichen Auslegung und Inhaltskontrolle wie [X.] ([X.], Urteil vom 27.
November 2000

II
ZR 218/00, [X.], 243, 244; Urteil vom 12.
März 2013

II
ZR 73/11, [X.], 1222 Rn.
14 mwN). Hieraus folgt in Anlehnung an §
305c Abs.
2 BGB, dass Zweifel bei der Auslegung zu Lasten des Verwenders gehen ([X.], Urteil vom 13.
September 2004

II
ZR 276/02, [X.], 2095, 2097
f.; Urteil vom 12.
März 2013

II
ZR 73/11, [X.], 1222 Rn.
14).
b) Danach ist §
3 Nr.
7 Satz
1 GV (nur) im Sinne einer Klarstellung aus-zulegen, dass die Kommanditisten lediglich in Höhe ihrer Einlagen haften und keine von §
161 Abs.
2, §
105 Abs.
3 HGB, §
707 BGB abweichende Vereinba-rung einer Nachschusspflicht getroffen wurde. Ansprüche eines Gesellschafter-Gläubigers gegen seine Mitgesellschafter aus §
171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 HGB sind durch die Regelung dagegen nicht ausgeschlossen, ohne dass insoweit Zweifel im Sinne des §
305c Abs.
2 BGB bestehen würden.

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Dsprechen nicht dafür, dass die Haf[X.] der Kommanditisten soweit wie möglich eingeschränkt werden sollte und damit jegliche Ansprüche der Gesellschafter untereinander ausgeschlossen sein sollten, auch wenn es sich um die Haf[X.] für eine Verbindlichkeit der Gesellschaft gegenüber einem Gesellschafter han-delt, die von der Gesellschafterstellung des Gläubigers an sich unabhängig ist und ebenso gegenüber einem [X.] hätte bestehen können.
Ein solcher möglichst weitreichender Haf[X.]sausschluss der Komman-ditisten lässt sich schon deshalb der Klausel nicht entnehmen, weil §
3 Nr.
7 Satz
1 GV Zahlungsverpflich[X.]en und Haf[X.]en nur insoweit ausschließt, als [X.] der in der Beitrittserklärung gezeichne-

Die Bestimmung könn-te deshalb selbst bei dem vom Berufungsgericht vertretenen Verständnis nur dann zu dem gewünschten Erfolg führen, wenn man zugleich annimmt, dass die anfängliche Leis[X.] der Einlage zum Ausschluss sämtlicher Ansprüche ausreiche und eine spätere Rückgewähr der Einlage oder Ausschüt[X.]en, die nicht durch Gewinne gedeckt sind, unschädlich seien. Anderenfalls würde die Privilegierung erheblich relativiert und könnte den Anlegern des fraglichen [X.] gerade nicht nützen, da es von vornherein geplant war, dass sie Verlustzuweisungen und gewinnunabhängige Ausschüt[X.]en erhalten. Eine solche Auslegung würde aber der gesetzlichen Systematik in §
172 Abs.
4 HGB widersprechen, welche die anfängliche Nichtleis[X.] und die nachträgliche Rückzahlung gleichstellt. Es spricht deshalb einiges dafür, dass auch in der ge-Kommand

Außerdem wäre es wenig zweckmäßig im Interesse einer möglichst um-fassenden Privilegierung der Kommanditisten, die Haf[X.] gegenüber jeglichen [X.] im Gesellschaftsvertrag zu verneinen, da ein solcher Ausschluss ohne 16
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Billigung des [X.] im Außenverhältnis unwirksam ist. Der Ausschluss hätte daher alleinige Bedeu[X.] gegenüber einem Gesellschafter-Gläubiger und [X.] dann sogleich auf diesen, namentlich die Rechtsvorgängerin der Klägerin
als von Anfang an bekannte Hauptgläubigerin, zugeschnitten formuliert werden können.
Zudem enthält die Bestimmung in Satz

Dies spricht schon vom Wortlaut her dafür, dass es nicht darum geht, Ansprü-che auszuschließen, die ohne eine entsprechende Vereinbarung kraft Gesetzes bestehen, sondern lediglich klarzustellen, dass über die gesetzlichen Verpflich-[X.]en hinaus keine zusätzlichen Ansprüche begründet werden. Dies passt wiederum dazu, dass die Nachschusspflicht gegenüber der [X.] genannt wird, die nur gilt, wenn sie in Abweichung zu §
161 Abs.
2, §
105 Abs.
3 HGB, §
707 BGB vereinbart wird.
Der Hinweis auf die weiterhin geltende gesetzliche Haf[X.] nach §§
171
ff. HGB gegenüber [X.] in Satz 3 würde bei der vom Berufungsgericht vertretenen Auslegung nur für dritte Gläubiger Bedeu[X.] ha-ben, nicht aber für Gesellschafter-Gläubiger. Dem Wortlaut lässt sich das [X.] nicht entnehmen. Eine Unterscheidung der beiden Gruppen von Gläubi-gern wäre naheliegend gewesen, zumal in Satz
1 Gesellschafter und Dritte ge-sondert genannt werden.
Nimmt man bei der Auslegung des Gesellschaftsvertrags ergänzend die Ausführungen im Emissionsprospekt in den Blick, wird deutlich, dass mit Satz
1 der Bestimmung lediglich bestätigt wird, dass die Kommanditisten nur in Höhe ihrer Einlagen haften und keine von §
161 Abs.
2, §
105 Abs.
3 HGB, §
707 BGB abweichende Nachschusspflicht vereinbart wurde. Wäre stattdessen eine so weitgehende Privilegierung der Kommanditisten beabsichtigt gewesen, wie 19
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sie das Berufungsgericht annimmt, wäre es naheliegend gewesen, dies im Prospekt zu erwähnen. Das Berufungsgericht sieht den Grund für die [X.] Privilegierung darin, Anleger für den Fonds zu interessieren. Diese sollten durch möglichst günstige Bedingungen für eine Beteiligung gewonnen werden. Dann aber wären diese Vorzüge im Prospekt hervorgehoben worden. Der Prospekt weist dagegen auf Seite
24 lediglich darauf hin, dass keine Nach-schusspflicht besteht, soweit die Haf[X.] beschränkt ist. Dies soll insbesondere auch für die Fremdfinanzierung gelten. Die Ausführungen stehen im [X.] mit vorherigen Hinweisen zur unbeschränkten Haf[X.] vor Eintragung im Handelsregister. Im nächsten Absatz wird darauf hingewiesen, dass die Auszahlungen die Gewinne übersteigen werden und die beschränkte Komman-ditistenhaf[X.] deshalb gemäß §
172 Abs.
4 HGB wieder auflebt. Dass dies gerade im Verhältnis zur Rechtsvorgängerin der Klägerin als größter Gläubige-rin der [X.], die auch von Anfang an feststand, nicht gelten und die Haf[X.] hier nicht wieder aufleben sollte, wird im Prospekt an keiner Stelle erwähnt, obwohl dies für die Anleger eine erhebliche Verbesserung ihrer Stellung bedeutet hätte.
2. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Der Senat verweist insoweit auf seine Ausführungen in dem in einem Parallelverfahren am heutigen Tag ergangenen Urteil (II
ZR 310/12, juris).

II[X.] Der
Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§
563 Abs.
3 ZPO). Der Klägerin steht gegen den Beklagten ein Zahlungsanspruch in Höhe der ihm gewährten Ausschüt[X.]en von 8.883,70

171 Abs.
1, §
172 Abs.
4 Satz
1 HGB zu, weil seine Einlage teilweise zurückbezahlt worden ist, so dass seine persönliche Haf[X.] gegenüber Gläubigern der [X.] in diesem Umfang wiederaufgelebt ist.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Klägerin ein fälliger Zins-anspruch gegen die [X.] zusteht, der den vom Beklagten geforderten Betrag 22
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übersteigt. In Bezug auf diese Feststellung hat der Beklagte keine durchgrei-fenden
Verfahrensrügen erhoben. Dasselbe gilt für die Feststellung, dass der Anspruch noch nicht durch Zahlungen anderer in Anspruch genommener Kommanditisten getilgt wurde und der Beklagte Ausschüt[X.]en in Höhe der Klagesumme erhalten hat,
durch die ihm die Einlage zurückbezahlt wurde.

Strohn
Reichart
Drescher

[X.]
Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.03.2012 -
31 O 2264/11 -

OLG [X.] in [X.], Entscheidung vom 14.11.2012 -
27 [X.] -

Meta

II ZR 367/12

08.10.2013

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.10.2013, Az. II ZR 367/12 (REWIS RS 2013, 2235)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2235

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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