Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. IV ZR 84/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 6033

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen



BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 84/12

Verkündet am:

8. Mai 2013

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

AVB Rechtsschutzversicherung (hier "[X.]"; "[X.]"); BGB § 307 Abs. 1 Satz 2 Bk

1.
Die Klausel in allgemeinen Bedingungen der Rechtsschutzversicherung "Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher
Interessen in ur-sächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Ef-fekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an [X.]en, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung an-wendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)" ist wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot unwirksam.

2.
Fachbegriffe, die keine fest umrissenen Begriffe der Rechtssprache sind, scheiden als objektive Verständnisvorgabe für die Auslegung von [X.] nach dem Verständnis eines durchschnittlichen [X.] aus.

[X.], Urteil vom 8. Mai 2013 -
IV ZR 84/12 -
OLG [X.]/Main

LG [X.]/Main

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], die
Richter Wendt, [X.], [X.] und die Richterin Dr. Brockmöller
auf die mündliche Verhandlung vom
8.
Mai
2013

für Recht erkannt:

Auf die Rechtsmittel der Parteien und unter Zurückwei-sung der weitergehenden Revision der [X.] wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des Oberlandesgerichts [X.] am Main vom 17.
Februar 2012 teilweise aufgehoben, das Urteil des Landgerichts [X.] am Main vom 14.
April 2011 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu ge-fasst:

Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines vom [X.] für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der Ordnungshaft
(Ord-s-haft insgesamt höchstens zwei Jahre, zu vollziehen an den Vorstandsmitgliedern der [X.]), es zu unterlas-sen, die nachfolgende oder inhaltsgleiche Bestimmungen in Bezug auf [X.] zu [X.] oder sich auf sie zu berufen, sofern nicht der [X.] mit einer Person abgeschlossen wird, die in [X.] ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

-
3
-

"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammen-hang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentantei-len) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodel-len, auf welche die Grundsätze der [X.] anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesell-schaften, Immobilienfonds)."

Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger
238

nebst
Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.
September 2010 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist ein
in der Liste
qualifizierter
Einrichtungen
gemäß
§
4 UKlaG
geführter Verbraucherschutzverein, zu dessen satzungsge-mäßen Aufgaben unter anderem die

auch gerichtliche

Verfolgung von Verstößen gegen das [X.] gehört. In den von der [X.], ei-nem
Versicherungsunternehmen, verwendeten
Versicherungsbedingun-gen
für die Rechtsschutzversicherung heißt es unter
Ziff. 3. "Ausge-schlossene Rechtsangelegenheiten":

1
-
4
-

"Rechtsschutz besteht nicht für die Wahrnehmung rechtli-cher Interessen

3.2.6
in ursächlichem Zusammenhang mit:

1.

2.
der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der [X.] an [X.]en, auf welche die
Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds);

".

Der Kläger begehrt, der [X.] die Verwendung dieser Bestim-mungen zu untersagen, weil seiner Ansicht nach beide Teile der Klausel intransparent sind.
Ferner verlangt er für die vergebliche vorgerichtliche Abmahnung der [X.] einen Kostenersatz in Höhe von 238

Das Landgericht
hat die Klage abgewiesen. Das
Oberlandesgericht
hat der [X.] unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des [X.] die Verwendung des zweiten Teils der Klausel (so genannte
"[X.]")
untersagt und sie zur Zahlung der geltend gemachten Aufwandsentschädigung verurteilt.

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Revision. Der Kläger verfolgt seinen Antrag
auf umfängliche Verurteilung, die [X.] ihren Antrag auf vollständige
Abweisung der Klage weiter.

2
3
4
-
5
-

Entscheidungsgründe:

Die Revision des [X.] ist begründet. Die Revision der [X.] hat lediglich hinsichtlich des
Zinsbeginns beim Zahlungsanspruch [X.].

I. Das Berufungsgericht
ist zu dem Ergebnis gelangt, der erste
Teil der angegriffenen Bestimmung (so genannte "[X.]")
sei wirk-sam. Der Begriff "Effekten"
sei ein geschäftsüblicher Fachbegriff, dessen Bedeutung sich ohne weiteres aus jedem Lexikon ergebe. Soweit er ei-nem Versicherungsnehmer
nicht ohne weiteres verständlich sei, sei er auch nicht geeignet, bei ihm unzutreffende Vorstellungen über die Reichweite des Versicherungsschutzes hervorzurufen.
Die Formulierung "in ursächlichem Zusammenhang"
wolle den Risikoausschluss für den Versicherungsnehmer
erkennbar über die ausdrücklich genannten Fälle hinaus auf solche Fälle erstrecken, deren Eintritt gerade wegen ihres sachlichen Zusammenhangs hiermit wahrscheinlicher sei als bei ver-gleichbaren, nicht mit ausgeschlossenen Umständen zusammenhängen-den Versicherungsfällen.

[X.] und unwirksam sei dagegen der zweite Teil der an-gegriffenen Bestimmung. Für
einen
Laien
sei nicht mit zumutbarem Auf-wand zu klären, welcher Lebensbereich von der "[X.]"
erfasst sein solle. Bereits der
Ausdruck "[X.]"
habe weder in der Alltags-
noch in der Fachsprache eine klare Bedeutung. Ei-ne transparente Eingrenzung werde durch die Beschränkung auf solche Geschäfte, für die die "Grundsätze der Prospekthaftung"
gelten, nicht er-5
6
7
-
6
-

reicht; der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne die Bedeutung dieses Sammelbegriffs nicht mit zumutbarem Aufwand erschließen.

II. Dies hält rechtlicher
Nachprüfung nur teilweise
stand.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht
die "[X.]"
als unwirksam angesehen.
Sie verstößt gegen das Transparenzge-bot des §
307 Abs.
1 Satz
2 BGB. Hiernach ist der Verwender Allgemei-ner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Eine Klausel muss nicht nur in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Vertragspartner ver-ständlich sein, sondern darüber hinaus die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen [X.] werden kann (Senatsurteile
vom 11.
Mai 2005

[X.], [X.], 976 unter 1
c
aa
und vom 30.
Mai 2008

IV ZR 241/04, [X.], 816 Rn.
15, jeweils m.w.[X.]). Bei einer den Versicherungs-schutz einschränkenden Ausschlussklausel
müssen
dem Versicherungs-nehmer die damit verbundenen Nachteile und Belastungen, soweit nach den Umständen möglich, so verdeutlicht
werden, dass
er den danach noch bestehenden Umfang der Versicherung erkennen kann (vgl. Se-natsurteil vom
23.
Juni 2004

IV ZR 130/03, [X.]Z 159, 360,
369 f.).
Diesen Erfordernissen entspricht die "[X.]"
nicht. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer kann ihr nicht hinreichend klar entnehmen, welche Geschäfte von dem Ausschluss erfasst sein
sol-len.

8
9
-
7
-

a) Maßgebend sind die [X.] des typischer-weise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden [X.]. Insoweit gilt kein anderer Maßstab als derjenige, der auch bei der Auslegung von
Versicherungsbedingungen zu beachten ist (Senats-urteil vom 11.
Mai 2005

[X.], [X.], 976 unter 1
c
bb m.w.[X.]). Diese sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats so aus-zulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer
sie bei ver-ständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichti-gung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit

auch

auf seine Interessen an (Senatsurteil vom 23.
Juni 1993

[X.], [X.]Z 123, 83, 85 und ständig).
Allgemeine Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren. In erster Linie ist dabei vom [X.] auszugehen. Der verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (Senatsurteil vom 25.
Juli 2012

[X.], [X.], 1149 Rn.
21 m.w.[X.]; st. Rspr.).

Nach diesem Maßstab kann der durchschnittliche Versicherungs-nehmer
Gegenstand und Reichweite des Ausschlusses bei der hier in Rede stehenden Klausel nicht erkennen.
Als juristischer Laie kann er nicht nachvollziehen, worin die "Grundsätze der Prospekthaftung"
[X.] und auf welche Arten von [X.]en sie Anwendung finden können.

Mit dem Begriff "Prospekt"
wird er aufgrund des alltäglichen Sprachgebrauchs die Vorstellung einer kleinen, eventuell bebilderten Schrift verbinden, die der Information und Werbung dient. Die im Zu-10
11
12
-
8
-

sammenhang mit der Prospekthaftung ausschlaggebende,
wirtschaftlich geprägte Bedeutung einer "öffentlichen Darlegung der Finanzlage eines Unternehmens bei beabsichtigter Inanspruchnahme des Kapitalmarktes"
(www.duden.de "Prospekt"
unter 5.) wird er dagegen aufgrund der für ihn im Vordergrund stehenden allgemeinen Bedeutung nicht erkennen.

Des Weiteren wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht verstehen
können, in welcher Weise sich [X.] durch [X.] auszeichnen sollen. Er wird
davon ausgehen, dass für jedes [X.] in der einen oder anderen Weise ge-worben wird, gegebenenfalls mittels über das [X.] abrufbarer Infor-mationen (vgl. [X.] in [X.]/Bunte/[X.], Bankrechts-Handbuch 4.
Aufl. § 45 Rn. 48, 49 a.E.). Da ihm die in Bezug genommenen "Grundsätze der Prospekthaftung"
nicht geläufig sein werden, wird er dagegen nicht ersehen können, von welchen tatsächlichen Vorausset-zungen eine Haftung nach diesen Grundsätzen und damit ein Ausschluss vom Versicherungsschutz abhängt. Kenntnisse über das differenzierte System der nur teilweise
spezialgesetzlich geregelten, teilweise aber auch
auf höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden [X.] können bei ihm nicht vorausgesetzt werden. Die lediglich beispiel-hafte Aufzählung am Satzende im Klammerzusatz vermag ihm ebenfalls nicht die notwendige Klarheit zu verschaffen. Damit bleibt die Klausel für ihn
ohne einen erschließbaren, auf
die Lebenswirklichkeit übertragbaren Sinn.

b) Allerdings erfährt die Auslegung von
Allgemeinen
[X.] nach dem Verständnis eines durchschnittlichen
Versi-cherungsnehmers
eine Ausnahme, wenn die Versicherungsbedingungen einen Ausdruck
verwenden, mit dem die Rechtssprache einen fest um-13
14
-
9
-

rissenen Begriff verbindet. Dann ist anzunehmen, dass darunter auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen nichts anderes verstehen wollen und der Versicherungsnehmer hinnimmt, was ihm über die [X.] vorgegeben wird (st. Rspr.; Senatsbeschluss vom 25.
Mai 2011

[X.], [X.], 1179 Rn.
14; Senatsurteile
vom 29.
Oktober 2008

IV ZR 128/07, [X.], 216 Rn.
13; vom 25.
April 2007

[X.], [X.], 939 Rn.
12; vom 17.
Januar 2007

IV ZR 124/06, [X.], 535 Rn.
14; vom 21.
Mai 2003

IV ZR 327/02, [X.], 1122 unter 2 a; vom 8.
Dezember 1999

IV ZR 40/99, [X.], 311 unter [X.] [X.]).

Dies führt aber zu keinem anderen Ergebnis, weil der
in der Aus-schlussklausel
verwendete Begriff der "Grundsätze der Prospekthaftung"
kein fest umrissener Begriff der Rechtssprache
ist.
Er verweist zwar auf rechtliche Kategorien; die Rechtssprache verbindet damit aber keinen fest umrissenen, begrifflich festgelegten Inhalt.

Schon bei den Begriffen "Prospekt"
und "Prospekthaftung"
ist [X.], ob diese in ihren Konturen eindeutig festgelegt sind (vgl. [X.], Urteil vom 2.
Juni 2008

[X.], [X.]Z 177, 25 Rn.
11). Die dar-über hinausgehende, in hohem Maße interpretationsfähige und interpre-tationsbedürftige Formulierung "[X.]e, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind", führt jedenfalls dazu, dass ein fest umrissener Begriff der Rechtssprache nicht anzunehmen ist. Eine abschließende, gewissermaßen allgemeingültige Bestimmung dessen, was die "Grundsätze der Prospekthaftung", die auf Kapitalanla-gemodelle Anwendung finden, ausmacht, gibt es nicht (vgl. ähnlich zur Formulierung "Bereich des Rechtes der Handelsgesellschaften"
Senats-urteil vom 21.
Mai 2003

IV ZR 327/02, [X.], 1122 unter 2 b).
15
16
-
10
-

Durch die Verwendung des Ausdrucks "Grundsätze"
wird vielmehr ein Anwendungsbereich umschrieben, der jedenfalls über die spezialge-setzlich geregelten Tatbestände der Prospekthaftung

§§
21
ff. des [X.] über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröf-fentlichen ist

Wertpapierprospektgesetz

(WpPG) vom 22.
Juni 2005 ([X.]
I S. 1698)
in der Fassung von Art.
6 des Gesetzes zur Novellie-rung des Finanzanlagenvermittler-
und Vermögensanlagenrechts vom 6.
Dezember 2011 ([X.]
I S.
2481, 2497), §§
20 ff.
des Gesetzes über Vermögensanlagen

Vermögensanlagengesetz

(VermAnlG) vom 6.
De-zember 2011 ([X.]
I S.
2481), §
127 Investmentgesetz ([X.]) vom 15.
Dezember 2003 ([X.]
I S.
2676)
sowie die Vorläufervorschriften §§
44
ff. [X.] ([X.])
vom 16.
Juli 2007 ([X.]
I S.
1330, 1351) und §§
13, 13a [X.] ([X.])
vom 13.
Dezember 1990 ([X.]
I S. 2749)
in der Fassung von Art.
2 des Gesetzes zur Verbesserung des Anlegerschutzes

Anle-gerschutzverbesserungsgesetz

([X.])
vom 28.
Oktober 2004 ([X.]
I S.
2630, 2647)

hinausweist und auch die hiervon unabhängige [X.] Prospekthaftung im weiteren Sinne einschließt
(vgl. zur zivilrechtlichen Prospekthaftung allgemein [X.]/[X.], 6. Aufl. § 311 Rn. 147, 153, 171 f.; [X.] in [X.]/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts 3. Aufl. §
6 Rn.
1, 15 f.; [X.] in [X.]/Bunte/[X.], Bankrechts-Handbuch 4.
Aufl. §
45 Rn.
26,
32-45).

Der Begriff der "Grundsätze der Prospekthaftung", die auf Kapital-anlagemodelle Anwendung finden, bedarf insofern weiterer
Ergänzung 17
18
-
11
-

durch entsprechende Vorschriften und darüber hinaus der Ausfüllung durch die Rechtsprechung (ähnlich bereits zum Begriff des Schadenser-satzes Senatsurteil vom 8.
Dezember 1999

IV ZR 40/99, [X.], 311 unter [X.]). Wann

jenseits spezialgesetzlich geregelter
Tatbe-stände

eine Haftung aufgrund dieser "Grundsätze"
eingreift, ist danach nicht fest umrissen und in Rechtsprechung und Schrifttum auch nicht ab-schließend geklärt.

2.
Zu Unrecht hat das Berufungsgericht
die "[X.]"
als wirksam angesehen. Auch diese verstößt gegen das Transparenzgebot, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer ihr die Reichweite des Ausschlusses nicht klar entnehmen und den Geltungsbereich dieser Klausel bei [X.] nicht ausreichend einschätzen kann.

a) Rechtsfehlerhaft ist bereits die Anknüpfung des Berufungsge-richts an das Kriterium eines "geschäftsüblichen Fachbegriffs". Insoweit legt das Berufungsgericht seiner Beurteilung

worauf der Kläger
in sei-ner Revision zu Recht hinweist

einen Prüfungsmaßstab zugrunde, der von der ständigen Rechtsprechung des Senats abweicht.

Wie vorstehend dargelegt, erfährt das Verständnis von
Allgemei-nen
Versicherungsbedingungen nach der Sichtweise des
durchschnittli-chen
Versicherungsnehmers
nur dann eine Ausnahme, wenn die Rechts-sprache mit dem verwendeten Ausdruck einen fest umrissenen Begriff verwendet und ihm darüber einen bestimmten Inhalt vorgibt ([X.] vom 29.
Oktober 2008

IV ZR 128/07, [X.], 216 Rn.
13; vom 17.
Januar 2007

IV ZR 124/06, [X.], 535 Rn.
14; vom 3.
No-vember 2004

IV ZR 250/03, [X.], 69 unter II 1 b; vom 21.
Mai 19
20
21
-
12
-

2003

IV ZR 327/02, [X.], 1122 unter 2 a; vom 8.
Dezember 1999

IV ZR 40/99, [X.], 311 unter [X.] [X.]; st. Rspr.).
Alle an-deren Fachbegriffe scheiden als objektive Verständnisvorgabe aus, weil dies in Abweichung vom vorgenannten maßgeblichen Auslegungsgrund-satz
zu einer gesetzesähnlichen Auslegung von Versicherungsbedingun-gen führen würde. Gibt es in der Rechtssprache keinen umfassenden, in seinen Konturen eindeutigen Begriff, ist für die Begriffsklärung auf die Sicht eines verständigen Versicherungsnehmers unter Berücksichtigung des Sinnzusammenhangs der Klausel abzustellen (Senatsurteile
vom 21.
Mai 2003 aaO unter 2 b
bb und vom 8.
Dezember 1999 aaO unter [X.]). Ein solcher Versicherungsnehmer wird zunächst vom Wortlaut der Bedingung ausgehen, wobei für ihn der Sprachgebrauch des tägli-chen Lebens und nicht etwa eine Terminologie, wie
sie in bestimmten Fachkreisen üblich ist, maßgebend ist (Senatsbeschluss vom 25.
Mai 2011

[X.], [X.], 1179 Rn.
14 m.w.[X.]).

b) Wie auch das Berufungsgericht zutreffend sieht, handelt es sich bei dem Begriff "Effekten"
nicht um einen fest umrissenen Begriff der Rechtssprache. Eine Legaldefinition des Begriffs gibt es seit der Ände-rung von §
1 Abs.
1 Nr.
4 KWG durch Art.
1 Nr.
3 des [X.] von [X.] zur Harmonisierung bank-
und wertpapier-aufsichtsrechtlicher Vorschriften vom
22.
Oktober 1997 ([X.]
I S.
2518) mit Wirkung ab 1.
Januar 1998 nicht mehr, abgesehen davon, dass der dort definierte Begriff des "[X.]"
die Anschaffung und [X.] von Wertpapieren jeder Art erfasste und damit weit über das heute übliche engere Verständnis (vgl. unten c)) hinausweist. Allein die wiederholte Verwendung des Begriffs in zahlreichen gerichtlichen Ent-scheidungen, auch des [X.] (Urteile vom 28.
Mai 2002

[X.], [X.], 1502, 1503; vom 30.
November 2004

XI ZR 22
-
13
-

200/03, [X.]Z 161, 189, 191, 193
f.; vom 30.
November 2004

[X.], NJW-RR 2005, 1135, 1136; vom 19.
Dezember 2006

XI ZR 56/05, [X.]Z 170, 226 Rn.
23; vom 27.
September 2011

[X.], NJW-RR 2012, 43 Rn.
53; vom 27.
September 2011

[X.], NJW 2012, 66 Rn.
50), genügt ebenfalls nicht, um den Ausdruck zu einem fest umrissenen Begriff der Rechtssprache zu machen, zumal in diesen Ent-scheidungen regelmäßig keine Definition oder Abgrenzung des Begriffs nach juristischen Kriterien vorgenommen, sondern er allenfalls im Sinne eines im Bankwesen geschäftsüblichen Fachbegriffs verwendet wird.

c) Verbindet danach die Rechtssprache mit dem verwendeten Ausdruck "Effekten"
keinen fest umrissenen Begriff und kommt es daher nach den oben genannten [X.] nur darauf an, wie dieser Begriff aus der Sicht eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers, ausgehend vom allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens, zu verstehen ist, so erweist sich die Klausel als intransparent.

Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff der Effekten nur noch selten
im Sinne einer Bezeichnung für bewegliche Habe und [X.] verwendet. Dass diese veraltete Bedeutung in der Klausel nicht gemeint sein kann, ist

wie das Berufungsgericht zutreffend aus-führt

schon aufgrund der im Klammerzusatz aufgeführten Beispiele of-fensichtlich.

Der
heutige Ausdruck -
vornehmlich nach seiner Verwendung
im Geschäfts-
und Wirtschaftsleben, nicht dagegen in
der Alltagssprache
-
eröffnet dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer
ein weites [X.] (vgl. www.duden.de "Effekten"
unter 1; [X.] [X.]. "Effekten"; www.wikipedia.de "Effekten"
Stand Mai 2013).
23
24
25
-
14
-

Danach wird er
zwar möglicherweise erkennen, dass es sich bei Effekten um einen Ausschnitt aus der Gruppe der
Wertpapiere handelt; die schlagwortartige Bezeichnung "Effekten"
reicht aber
nicht dafür aus, dass sich
ihm erschließt, welche weiteren Kriterien erfüllt sein müssen, damit Wertpapiere als Effekten einzustufen sind,
und wann Geschäfte mit diesen Papieren vom Deckungsumfang der Versicherung erfasst sein sollen. Es kann nicht erwartet werden, dass
er als juristischer Laie ein präziseres Begriffsverständnis, wie es der Verwendung des Begriffs in der Rechtsprechung (siehe
oben unter b)) oder in Finanz-
und Banken-kreisen zugrunde liegen mag,
kennt. Ohne
nähere Erläuterung wird ihm auch bei aufmerksamer und sorgfältiger Lektüre des Vertrages nicht
vermittelt, was mit "Effekten"
gemeint ist
(vgl. ähnlich zu "Kardinalpflich-ten"
[X.], Urteil vom 20.
Juli 2005

[X.], [X.]Z 164, 11 unter X.
2
b).
So wird er beispielsweise nicht sicher erkennen, ob die Klausel auch bei Geschäften
über nicht börsennotierte, aber potenziell an der Börse handelbare Wertpapiere,
oder umgekehrt
bei Geschäften mit nicht an der Börse handelbaren Wertpapieren eingreifen soll (zutreffend [X.] [X.], 477,
478 f.).

3. Aufgrund der Unwirksamkeit
beider Teile der streitigen Klausel
kann der Kläger
von der [X.] gemäß §
1 UKlaG
die vollständige Unterlassung ihrer Verwendung beanspruchen. Die hierfür notwendige Wiederholungsgefahr ist gegeben, weil aus der vertraglichen Einbezie-hung der Bedingungen in der Vergangenheit die tatsächliche Vermutung der zukünftigen Verwendung und Anwendung bei der Vertragsdurchfüh-rung folgt (Senatsurteil vom 25.
Juli 2012

[X.], VersR 1149 Rn.
72 m.w.[X.]).

26
27
-
15
-

Diese Vermutung ist nicht widerlegt. Die Beklagte stellt weder die bisherige Verwendung der Klausel noch die Absicht ihrer zukünftigen
Verwendung in Abrede. Sie hat im Gegenteil die für eine Widerlegung regelmäßig erforderliche Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungser-klärung, gegebenenfalls unter Hervorhebung ihrer an sich gegenteiligen Rechtsauffassung (vgl. Senatsurteil aaO
Rn.
80; [X.], Urteil vom 12.
Juli 2000

[X.], NJW-RR 2001, 485, 487), verweigert und vertei-digt durchgehend die angebliche Rechtmäßigkeit ihrer Bedingungen (vgl. Senatsurteil aaO; [X.], Urteile vom 12.
Juli 2000 aaO; vom 18.
April 2002

[X.], NJW
2002, 2386
unter I 2).

4. Der Anspruch auf Erstattung der für die vorprozessuale Abmah-nung erforderlichen Aufwendungen folgt aus §
5 UKlaG i.V.m. §
12 Abs.
1 Satz
2 UWG. Gegen
die Höhe der geltend gemachten Kostenpau-schale von 238

bestehen keine Bedenken, §
287 ZPO. Rechtshängig-keitszinsen auf diesen Betrag kann der Kläger aufgrund der [X.] am 20.
September 2010 indessen erst ab dem 21.
September 2010

28
29
-
16
-

verlangen, §§
291 Satz
1 Halbsatz
1, 187 Abs.
1 BGB; nur insoweit hat die Revision der [X.] Erfolg.

[X.]

Wendt

[X.]

[X.]

Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
LG [X.]/Main, Entscheidung vom 14.04.2011 -
2/24 O 169/10 -

OLG [X.]/Main, Entscheidung vom 17.02.2012 -
7 [X.] -

Meta

IV ZR 84/12

08.05.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2013, Az. IV ZR 84/12 (REWIS RS 2013, 6033)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6033

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

IV ZR 84/12 (Bundesgerichtshof)

Rechtsschutzversicherung: Wirksamkeit der Effektenklausel und der Prospekthaftungsklausel; Verwendung von Fachbegriffen ohne fest umrissene Bedeutung


IV ZR 174/12 (Bundesgerichtshof)

Allgemeine Versicherungsbedingungen der Rechtsschutzversicherung: Inhaltskontrolle für die sog. Effektenklausel


IV ZR 174/12 (Bundesgerichtshof)


2 S 1925/17 (LG Nürnberg-Fürth)

Kein Deckungsausschluss für fondsgebundene Lebensversicherungen und Vorvertraglichkeit in der Rechtsschutzversicherung


IV ZR 59/18 (Bundesgerichtshof)

Auslegung der Risikoausschlussklausel einer Rechtsschutzversicherung betreffend Kapitalanlagegeschäfte


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

IV ZR 84/12

IV ZR 201/10

IV ZR 17/10

XI ZR 178/10

XI ZR 182/10

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.