Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2013, Az. VII ZR 224/12

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7153

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VII ZR 224/12
Verkündet am:

21. März 2013

Besirovic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
HGB § 92b Abs. 1 Satz 2; BGB § 307 Abs. 1 Satz 1 Ch, Ci
a)
Eine gegenüber einem Handelsvertreter im Nebenberuf verwendete Formularbe-stimmung, wonach eine Vertragskündigung nach einer Laufzeit von drei Jahren nur unter Einhaltung einer Frist von zwölf Monaten auf das Ende eines Kalender-jahres zulässig ist, ist wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam.
b)
Eine gegenüber einem Handelsvertreter verwendete Formularbestimmung, wo-nach der Handelsvertreter eine Vertragsstrafe unabhängig vom Verschulden [X.], ist unwirksam.
[X.], Urteil vom 21. März 2013 -
VII ZR 224/12 -
[X.]

[X.]

-
2 -

Der VII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 21.
März
2013
durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
[X.] und die Richter Dr.
Eick, [X.], Dr.
Kartzke
und Prof.
Dr.
Jurgeleit
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg
vom 24. Juli 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt im Wege der Stufenklage [X.] über Wettbe-werbsverstöße
der Beklagten. Mit dem [X.]sverlangen will die Klägerin
Ansprüche auf Vertragsstrafe und Schadensersatz vorbereiten.
Die
Klägerin ist eine Gesellschaft, die für andere Unternehmen [X.], Bausparverträge und Kapitalanlagen vermittelt. Die Parteien schlossen 1
2

-
3 -

am 5./31.
August
2004 einen formularmäßigen "Finanzdienstleistungsvermitt-lungsvertrag", wonach die Beklagte als Handelsvertreterin ("Finanzdienstleis-ter") für die Klägerin tätig wurde. Der Vertrag sah unter anderem vor:
"Der Finanzdienstleister ist selbständiger Handelsvertreter im Ne-

Ab Erlangung der Karrierestufe mit der Geschäftsbe-zeichnung 'Generalagent [X.]' oder 'Bezirksleiter [X.]' wird der Finanzdienstleister seine Tätigkeit hauptberuflich ausüben."

Der Vertrag enthielt außerdem ein vertragliches Wettbewerbsverbot (Nr.
17) sowie unter Nr.
20 eine Regelung über "Vertragsdauer, Kündigung, Vertragsbeendigung":
"20.1 Das Vertragsverhältnis wird auf unbestimmte [X.] abge-schlossen. Es kann während der ersten sechs Monate mit einer Frist von einem Monat zum Monatsende gekündigt werden. Nach Ablauf dieser Vertragszeit ist die Kündigung nur noch mit einer Frist von sechs
Monaten zum Ende eines Kalenderjahres zulässig. Nach einer Vertragslaufzeit von drei Jahren ist die Kündigung nur noch unter Einhaltung einer Frist von zwölf
Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres zulässig."
Im Jahr 2007 schlossen die Parteien
im Rahmen eines formularmäßigen Zusatzvertrages unter anderem eine Vereinbarung über einen
Vertragsstrafen-anspruch der Klägerin bei
Wettbewerbsverstößen
des Handelsvertreters:
"16) Konventionalstrafe

c)
Vermittelt der Finanzdienstleister während der Laufzeit des [X.] unter Verletzung des [X.] konkurrie-rende Produkte oder Dienstleistungsgeschäfte für Dritte, ver-pflichtet er sich für jedes einzelne vermittelte Geschäft zur [X.] einer Vertragsstrafe an die
[[X.]

Die Vertragsstrafe 3
4

-
4 -

beläuft sich auf das Dreifache der erstjährigen Abschlussprovi-sion, die der Finanzdienstleister
aus dem Geschäft von der [[X.]
...
zu beanspruchen hätte, wenn er es vertragsgemäß bei der [[X.]

d)
Die Bestimmungen der vorgenannten Ziffer c dieses Vertrages gelten entsprechend, wenn der Finanzdienstleister Kunden [X.] überredet, Verträge aus dem Bestand der [[X.]

i-trags-
oder prämienfrei zu stellen, zu widerrufen, zu kündigen oder die geschuldeten Entgelte nicht mehr an die [X.] zu zahlen. In diesem Fall beläuft sich die [X.] auf das Dreifache der Provision, die dem [X.] in den nächsten zwölf Monaten aus dem Geschäft [X.] wäre, wenn der Vertrag weiterhin prämien-
und bei-tragsaktiv im Bestand der [[X.]

e)
Für jeden schuldhaften Versuch, gegen eine der vorgenannten Bestimmungen gemäß Ziffern a bis d dieses Vertrages zu ver-stoßen, schuldet der Finanzdienstleister die Hälfte der jeweils bestimmten Vertragsstrafe. Dies gilt nicht, wenn der [X.] freiwillig von dem Versuch der Vertragsverletzung zurücktritt.
Mit Schreiben vom 31.
Mai
2010
kündigte die Beklagte den Handelsver-tretervertrag zum 30.
November
2010. Die Klägerin trat einer Kündigung zu die-sem Termin entgegen und bestätigte eine Kündigung zum 31.
Dezember
2011. Die Beklagte erklärte daraufhin mit Schreiben vom 14.
Juli
2010
die
fristlose Kündigung des Vertrages. Sie ist seit dem 1.
August
2010 als Agenturleiterin für eine Konkurrentin der Klägerin, die [X.], tätig.
Die Klägerin, die in erster Instanz vorgetragen hat, dass die Beklagte [X.] für sie tätig gewesen sei,
hat für den [X.]raum von August 2010 bis Dezember 2011 Stufenklage erhoben
und
[X.] verlangt, wie viele
konkur-rierende Versicherungs-
und sonstige Anlageprodukte die Beklagte in dem ge-nannten [X.]raum für die [X.] vermittelt hat.
5
6

-
5 -

Das [X.] hat dem [X.]sanspruch
durch Teilurteil hinsichtlich eines Monats (August 2010) stattgegeben
und die Klage auf der [X.]sstufe im Übrigen abgewiesen. Das [X.]
hat die formularmäßig verlängerte Kündigungsfrist als unwirksam erachtet, so dass die
für Handelsvertreter im
Nebenberuf geltende
gesetzliche Kündigungsfrist von einem Monat für den Schluss eines Kalendermonats (§
92b Abs. 1 Satz 2 HGB) maßgeblich sei. Die Kündigungserklärung der Beklagten vom 14.
Juli
2010 hat das [X.] mangels wichtigen Grundes in eine fristgemäße Kündigung zum 31.
August
2010 umgedeutet.
Mit der Berufung hat die Klägerin
geltend gemacht, dass die Beklagte hauptberuflich für sie tätig gewesen sei.
Die Klägerin hat
ihr [X.]sverlangen
in zweiter Instanz
erweitert und für den streitgegenständlichen [X.]raum zusätz-lich [X.] verlangt, welchen ihrer Kunden die Beklagte geraten hat, von ihr vermittelte Verträge beitragsfrei zu stellen, diese zu widerrufen, zu kündigen bzw. geschuldetes Entgelt
nicht zu entrichten. Die Beklagte hat mit der An-schlussberufung Abweisung der Klage insgesamt verlangt.
Die Berufung der Klägerin hatte Erfolg; die Anschlussberufung hat das Berufungsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte Wiederherstellung des Urteils des [X.]s, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und darüber hinaus Klageabweisung insgesamt.

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9

-
6 -

Entscheidungsgründe:
Die Revision der
Beklagten führt
zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht ([X.], [X.] 2013, 256) hat das
Aus-kunftsverlangen
für die [X.]
vom 1.
August
2010 bis zum 31.
Dezember
2011 bejaht und ausgeführt: Der Handelsvertretervertrag sei erst zum 31.
Dezember
2011 beendet worden. Die formularmäßig auf maximal 24 Mona-te verlängerte Kündigungsfrist benachteilige den nebenberuflich tätigen [X.] nicht unangemessen (§
307 Abs.
1 BGB). Die für Handelsvertreter im Nebenberuf geltende Regelung des §
92b HGB solle der geringeren
Schutz-bedürftigkeit eines solchen Handelsvertreters Rechnung tragen. Zwar sei die hier vereinbarte Kündigungsfrist länger als die für einen hauptberuflichen [X.] maßgebliche gesetzliche Kündigungsfrist (§
89 Abs.
1 HGB). So-weit ein Handelsvertreter im Nebenberuf sich hinsichtlich seines Haupterwerbs verändern wolle, könne er den Nebenerwerb aber auch neben dem neuen Haupterwerb ausüben. Bei einem auf feste [X.] geschlossenen [X.] billige der Gesetzgeber, wie sich aus §§
620, 624 BGB ergebe, eine entsprechend lange Bindung. Es bestehe auch ein anerkennenswertes [X.] der Klägerin, die Fluktuation unter den für sie tätigen
Finanzdienstleistern
gering zu halten.
Die [X.] unter Nr.
16
Buchstabe c des Vertrages be-nachteilige den Finanzdienstleister ebenfalls nicht unangemessen (§
307
Abs.
1
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11
12

-
7 -

BGB). Die auf
das Dreifache der erstjährigen Abschlussprovision abstellende
Vertragsstrafe für einen Wettbewerbsverstoß
sei nicht unangemessen hoch. Die Anknüpfung an den
möglichen Verdienst des Finanzdienstleisters stelle einen konkreten Bezug zur Schwere des einzelnen Verstoßes dar. Die [X.] müsse über dem zu erzielenden Verdienst liegen, um abschrecken-de Wirkung zu haben. Das Fehlen einer summenmäßigen Begrenzung sei [X.]. Eine solche Begrenzung verlange die Rechtsprechung nur in Fällen einer Fristenüberschreitung, wenn sich die Vertragsstrafe ohne weiteres Zutun des Vertragspartners mit jedem Tag erhöhe.
Der in zweiter Instanz zusätzlich geltend gemachte, auf die [X.]nklausel
unter Nr.
16
Buchstabe d des Vertrages gestützte [X.] sei ebenfalls begründet. Zwar benachteilige die unter Nr.
16
Buch-stabe
d vereinbarte Formularbestimmung die für die Klägerin
tätigen [X.]
unangemessen, weil durchaus Fälle denkbar seien, in denen die vor-zeitige Beendigung des Versicherungsvertrages für den Versicherungsnehmer von Vorteil sein könne. Der Klägerin könne jedoch ein Schadensersatzanspruch
wegen
Verletzung des während der Vertragszeit bestehenden Wettbewerbs-verbotes (§
86 Abs.
1 Halbsatz
2 HGB)
zustehen.
Sie benötige die verlangten Informationen zur
Schadensermittlung und -berechnung.
Die Anschlussberufung der Beklagten, gerichtet gegen die Verurteilung zur [X.] über [X.] im Monat August 2010, sei vor diesem Hintergrund unbegründet.

13
14

-
8 -

II.
Diese Erwägungen halten
der rechtlichen Nachprüfung
in entscheiden-den Punkten nicht stand.
1. Der Handelsvertreter schuldet dem Unternehmer [X.] über solche Geschäfte, die er verbotswidrig für ein Konkurrenzunternehmen vermittelt hat ([X.],
Urteil
vom
3. April 1996
-
VIII ZR 3/95,
NJW 1996, 2097 unter
A
I
2 b, m.w.N.). Der Klägerin steht der geltend gemachte [X.]sanspruch für den gesamten begehrten [X.]raum
indes
nicht zu, weil die formularmäßige [X.] der Kündigungsfrist von zwölf Monaten zum Jahresende unwirksam ist. Die Kündigungsfrist wurde durch von der Klägerin gestellte Allgemeine [X.] Vertragsbestandteil. Die Klausel unterliegt damit
der In-haltskontrolle gemäß §
307 Abs.
1 BGB. Dieser hält sie nicht stand. Die [X.] benachteiligt die für die Klägerin im Nebenberuf tätigen Handelsvertreter
entgegen den Geboten von [X.] und Glauben
unangemessen.
a) Ausgangspunkt ist die Bestimmung des §
92b Abs.
1 Satz
2 HGB über die Kündigungsfrist für Handelsvertreter im Nebenberuf. Zwar hat die Klägerin behauptet, dass die Beklagte hauptberuflich für sie tätig war. Das Berufungsge-richt hat dies offen gelassen. Für das Revisionsverfahren ist
daher davon [X.], dass die Beklagte ihre Handelsvertretertätigkeit für die Klägerin [X.] ausgeübt hat. Ist ein solches Vertragsverhältnis -
wie hier
-
auf [X.] eingegangen, kann es gemäß §
92b Abs.
1 Satz
2 HGB mit [X.] Frist von einem Monat für den Schluss eines Kalendermonats gekündet werden; wird eine andere Kündigungsfrist vereinbart, so muss sie für beide [X.] gleich sein. Die Parteien dürfen
zwar
eine
längere Kündigungsfrist
als gesetz-lich vorgesehen vereinbaren. Das Vertragsverhältnis mit einem Handelsvertre-15
16
17

-
9 -

ter im Nebenberuf ist seinem Wesen nach
aber
in der Regel weniger auf Dauer berechnet als das eines hauptberuflichen Vertreters (Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuches [Recht der [X.]] vom 15.
November
1952,
BT-Drucks.
1/3856, S.
42). Ein [X.] Handelsvertreterverhältnis
soll nach der gesetzlichen Regelung
rascher beendet werden können als das Vertragsverhältnis eines Handelsvertreters im Hauptberuf, für den bei vergleichbarer Vertragsdauer von über fünf Jahren eine Kündigungsfrist von sechs Monaten für den Schluss eines Kalendermonats maßgeblich wäre (§
89 Abs.
1 Satz
2 und 3 HGB).
Eine zeitlich gestaffelte Ver-längerung der Kündigungsfrist sieht §
92b Abs.
1 Satz
2 HGB anders als §
89 HGB nicht vor.
Durch eine
Kündigungsfrist von zwölf Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres
wird die Kündigungsfrist für einen nebenberuflichen [X.] jedoch unter Umständen auf bis zu 23 Monate verlängert. [X.] [X.] sind
in der Rechtsprechung und im Schrift-tum zu Recht als unangemessene Benachteiligung des Handelsvertreters an-gesehen worden ([X.], [X.], 650; [X.]/[X.], HGB, 35.
Aufl., §
92b Rn.
7; [X.]/Busche, HGB, 2.
Aufl., §
92b Rn.
5; siehe auch [X.], Vertriebsrecht, 2.
Aufl., §
89 HGB Rn.
77).
b) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht seine entgegenstehende [X.] in erster Linie mit der geringeren Schutzbedürftigkeit des [X.] im Nebenberuf begründet. Die von
§
92b Abs.
1 Satz
2 HGB vorgesehene, gegenüber §
89 HGB verkürzte Kündigungsfrist ist im Gesetzgebungsverfahren zwar mit geringerer Schutzbedürftigkeit des Handelsvertreters im Nebenberuf begründet worden. Das Vertragsverhältnis stelle nicht die Existenzgrundlage des nebenberuflichen Vertreters dar. Eine Kündigung habe deshalb nicht in demselben Umfang existenzgefährdende Wirkung wie bei einem [X.]

-
10 -

beruflichen Vertreter (BT-Drucks.
1/3856, S.
42; siehe MünchKommHGB/von [X.], 3.
Aufl., §
92b Rn.
16). Für einen nebenberuflichen [X.] sei das Entgelt aus seiner Vertretertätigkeit nicht die einzige finan-zielle Grundlage (BT-Drucks. 1/3856, S.
43).
Der Gesetzgeber hatte danach eine rasche [X.] durch den Unternehmer im
Blick. Insoweit mag ein Handelsvertreter im [X.] in einem geringeren Maß schutzwürdig sein. Das ist jedoch nicht der ge-eignete Anknüpfungspunkt für die Inhaltskontrolle einer Klausel, mit der die Kündigungsfrist des nebenberuflichen Handelsvertreters vertraglich verlängert wird. Insoweit kommt es auf die Frage an, inwieweit der Handelsvertreter durch eine lange Kündigungsfrist unangemessen benachteiligt wird. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Handelsvertreter im Nebenberuf auf eine Beendigung
des Vertragsverhältnisses in absehbarer [X.] angewiesen sein
kann. Eine auf bis zu 23 Monate verlängerte Kündigungsfrist kann seine Flexibilität und Mobili-tät
unverhältnismäßig beeinträchtigen.
c) Die Revision
macht
zu Recht geltend, dass
ein
Handelsvertreter im Nebenberuf durch die lange Kündigungsfrist in unbilliger Weise daran gehindert werden kann, einen existenzsichernden Hauptberuf
bei einem konkurrierenden Unternehmer zu ergreifen. Zwar mag das
Gesetzgebungsverfahren
im Jahr
1952 von der Vorstellung beeinflusst gewesen
sein, dass ein Handelsvertreter im Nebenberuf zusätzlich
bereits
einen existenzsichernden Hauptberuf ausübt (BT-Drucks.
1/3856,
S.
43; vgl. auch [X.], Urteil vom 18.
April
2007

-
VIII
ZR
117/06, NJW-RR 2007, 1286
Rn.
23). Dies kann
sich jedoch ohne Weiteres
auch anders verhalten, etwa bei einer Betreuung von Familienangehö-rigen.
19
20

-
11 -

d) Der [X.] verkennt nicht, dass der Handelsvertreter durch eine lange Kündigungsfrist auch Vorteile hat, weil ihm nicht kurzfristig gekündigt werden kann. Das wiegt jedoch nicht die dargestellten Nachteile auf. Auch die Erwä-gung der Revisionserwiderung, die Klausel sei deshalb hinnehmbar, weil die lange Kündigungsfrist erst nach einem [X.]raum von drei Jahren greift, über-zeugt nicht. Denn auch nach diesem [X.]raum ist der Handelsvertreter [X.]. Er kann ein nachhaltiges, schutzwürdiges Interesse daran haben, das nebenberufliche Handelsvertreterverhältnis in einem angemessenen, über-schaubaren [X.]raum aufzulösen.
Auch das Interesse des Unternehmers,
die Fluktuation nebenberuflicher Handelsvertreter gering zu halten, rechtfertigt nicht die formularmäßige Vereinbarung einer derart langen Kündigungsfrist.
2. Nach dieser Maßgabe
können der Klägerin gegen die nebenberuflich tätige Beklagte [X.]falls Ansprüche für den Monat August 2010 zustehen. So-weit sie mit dem [X.]sverlangen aber einen
Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe vorbereiten will, setzt dies voraus, dass ihr ein
solcher Anspruch zustehen kann. Das ist indessen nicht der Fall.
a) Die Vertragsstrafenvereinbarung unter
Nr.
16
Buchstabe c der von der Klägerin verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen hält
der Inhaltskon-trolle am Maßstab
des §
307 Abs.
1 BGB
ebenfalls nicht stand. Eine
Ver-einbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach eine Vertragsstrafe unabhängig von dem Verschulden des Vertragspartners verwirkt werden kann, benachteiligt diesen unangemessen ([X.], Urteile vom 6.
De-zember
2007 -
VII
ZR
28/07, [X.], 509 = NZBau 2008, 376 Rn.
9; vom 26.
September
1996
-
VII [X.], [X.], 123 = [X.] 1997, 23 unter [X.]). Dies trifft hier zu. Nr.
16 Buchstabe c der Allgemeinen Geschäftsbedin-21
22
23

-
12 -

gungen der Klägerin sieht ein Verschuldenserfordernis nicht vor. Ein solches findet sich zwar
für den schuldhaften Versuch einer Verletzung des [X.] (Nr.
16 Buchstabe e der Allgemeinen Geschäftsbedingungen).
Diese Regelung bezieht sich nach dem Wortlaut des Klauselwerks
aber
nicht auf einen vollendeten Wettbewerbsverstoß und ist
einem
erweiternden [X.] nicht zugänglich, denn im Rahmen der [X.] ist ge-mäß § 305c Abs. 2 BGB in Zweifelsfällen die "kundenfeindlichste" Auslegung geboten, wenn diese zur Unwirksamkeit der Klausel führt und damit für den Handelsvertreter als Vertragspartner der Klägerin im Ergebnis am günstigsten ist (vgl.
[X.], Urteil vom 4.
März
2010 -
III
ZR
79/09, [X.]Z 184, 345 Rn. 10
m.w.N.).
Gewichtige Interessen der Klägerin, die die Vereinbarung eines ver-schuldensunabhängigen Vertragsstrafenversprechens ausnahmsweise [X.] könnten
(siehe
[X.],
Urteil vom 20.
März
2003 -
I
ZR
225/00, NJW-RR 2003, 1056, unter II 3 e), bestehen nicht.
Nach dieser Maßgabe
bedarf es
im vorliegenden Fall keiner Entschei-dung, ob sich eine gegen [X.] und Glauben verstoßende Benachteiligung des Vertragspartners der Klägerin auch aus einer unangemessenen Höhe der [X.] ergibt.
b) Hinsichtlich des Monats August 2010 kann die Klägerin auch keine Vertragsstrafe verlangen, soweit sie sich auf Nr.
16
Buchstabe d ihrer Allgemei-nen Geschäftsbedingungen stützt. Diese Formularbestimmung hat bereits das Berufungsgericht als unwirksam erachtet (§
307 Abs.
1 BGB).
3. a) Für den Monat August 2010 kommt ein gesetzlicher Schadenser-satzanspruch der Klägerin in Betracht, dessen Vorbereitung der [X.] dienen kann. Ein Verstoß der Beklagten sowohl gegen das vertragliche 24
25
26

-
13 -

als auch gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot

86 Abs.
1 Halbsatz
2 HGB)
kann einen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz gemäß
§
280 Abs.
1 BGB begründen,
der auf
Ersatz entgangenen Gewinns gerichtet sein kann (vgl. [X.], Urteile vom 24.
Juni
2009 -
VIII
ZR
332/07, NJW-RR 2009, 1404 Rn. 14, 18; vom 3.
April
1996 -
VIII
ZR 3/95, NJW 1996, 2097 unter A
I
2
b). Die Klägerin hat sich hilfsweise auf die Vorbereitung eines solchen Schadensersatzanspruchs gestützt.
Davon ist auch das Berufungsgericht
zu-treffend
ausgegangen.
b) Die Revision macht in diesem Zusammenhang
ohne Erfolg
geltend,
aus von der Klägerin
selbst vorgetragenen Umständen sei zu schließen, dass Produkte
der [X.] von dem Wettbewerbsverbot ausgenommen gewesen [X.], weil die Klägerin der Beklagten zugebilligt habe, solche Produkte zu vermit-teln; zeitgleich mit dem Vertragsabschluss bei der Klägerin habe die Beklagte, wie der Klägerin bekannt gewesen sei,
einen Handelsvertretervertrag mit der
"[X.]" sowie der "[X.]"
geschlossen. Bereits das [X.]
hat indes
festgestellt, dass dies unerheblich ist, weil die Beklagte nunmehr für eine direkte Konkurrentin der Klägerin, die "[X.] Vertriebsgesellschaft für Vorsorge und Finanzprodukte",
mit [X.] von dieser angebotenen Produkten tätig ist. Dieser tatsächlichen Wür-digung ist die Beklagte in zweiter Instanz nicht entgegengetreten. Vom [X.] etwa insoweit übergangenen Sachvortrag der Beklagten zeigt die Revision nicht auf.

27

-
14 -

III.
Da die Revision Erfolg hat, ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Der [X.] kann nicht abschließend entscheiden, weil das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, ob die Beklagte haupt-
oder nebenberuflich für die Klägerin tätig geworden ist. Zu Unrecht meint die Revision, die Klägerin habe in erster Instanz zugestanden, dass die Beklagte nebenberuflich für sie tätig gewesen sei, §
288 Abs.
1 ZPO. Bei der
[X.] handelt es sich nicht um eine Tatsache im Sinne dieser Vor-schrift, sondern um einen Rechtsbegriff. Die Rechtsprechung stellt [X.] Umständen zwar Tatsachen in ihrer juristischen Einkleidung gleich,
wenn dies durch einen einfachen Rechtsbegriff geschieht, der jedem Teil-nehmer des Rechtsverkehrs geläufig ist ([X.], Urteile
vom 16.
Sep-tember
2010 -
IX
ZR
203/08, NJW 2010, 3576 Rn.
14; vom 14.
März
1997
-
V
ZR
9/96, [X.]Z 135, 92, 95; vom 20.
März
1995 -
II
ZR
205/94, [X.]Z 129, 136, 155). So liegt es hier jedoch nicht. Die Abgrenzung zwischen haupt-
und nebenberuflicher Tätigkeit eines Handelsvertreters richtet sich nach der [X.] (§
92b Abs.
3 HGB). Bereits im Gesetzgebungsverfahren [X.] darauf hingewiesen, dass dies mit Rücksicht auf viele Zweifelsfälle im

28

-
15 -

Einzelfall sehr schwer festzustellen sein kann (BT-Drucks. 1/3856, [X.]). Die Revision zeigt nicht auf, dass es sich im konkreten Fall anders verhält; dies ist auch nicht ersichtlich. Die Sache ist daher insgesamt an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 und 3 ZPO).
[X.]
Eick
[X.]

Jurgeleit

Kartzke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.01.2012 -
3 O 596/11 (210) -

[X.], Entscheidung vom 24.07.2012 -
13 U
13/12 -

Meta

VII ZR 224/12

21.03.2013

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.03.2013, Az. VII ZR 224/12 (REWIS RS 2013, 7153)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7153

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