Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2013, Az. 4 StR 418/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2013, 6272

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4
StR
418/12

vom
25. April 2013
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 25.
April
2013, an der teilgenommen haben:
[X.] am [X.]
Dr. Mutzbauer

als Vorsitzender,

[X.] am [X.]
Cierniak,
[X.],
[X.],
Dr. Quentin

als beisitzende [X.],

Bundesanwalt
beim [X.]

als Vertreter des
Generalbundesanwalts,

Rechtsanwältin

als Verteidigerin,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11.
April 2012
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und des unerlaub-ten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig ist;
b)
hinsichtlich der Einzelstrafen für die Taten
II.
2.
b
der Urteilsgründe und im [X.] auf-gehoben.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Land-gerichts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
-
4
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaub-ten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in 50
Fäl-len unter Einbeziehung der Strafe aus einer Vorverurteilung zu der [X.] von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel führt zu einer Änderung
des Schuldspruchs
und in deren Folge zu der aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilaufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen bleibt es ohne Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen bot der gesondert verfolgte [X.]

, der den An-
geklagten schon früher über einen längeren [X.]raum mit Marihuana versorgt hatte, dem Angeklagten im Juli 2008 an, von ihm Marihuana in [X.] von mindestens 500
Gramm zu beziehen, um durch dessen Weiterverkauf Geld zu verdienen. Nach dem Vorschlag [X.]

s sollte der Angeklagte das Marihuana

Marihuana erhalten werde, wenn er
das zuvor gelieferte vollständig bezahle. Der Angeklagte, der mit der Weiterveräußerung des Marihuanas
die finanzielle Situation seiner Familie aufbessern und zugleich seinen Eigenkonsum finanzie-ren wollte, nahm das Angebot an.

1
2
-
5
-
In der [X.] von Anfang Juli 2008 bis Ende August 2010 bezog der Ange-klagte sodann in mindestens 50
Einzelfällen Marihuana von [X.]

. Bei sieben
Gelegenheiten im Jahr 2009 erwarb er jeweils 1.500
Gramm, in den übrigen Fällen jeweils 500
Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt
von mindestens 5
%
THC. In jedem Einzelfall erhielt der Angeklagte das Marihuana zunächst ohne Bezahlung und leistete diese regelmäßig dann, wenn er neues Marihuana bei [X.]

abholte. Das Marihuana verkaufte der Angeklagte

jeweils abge-
sehen von zum Eigenkonsum dienenden Teilmengen von bis zu 70
Gramm

gewinnbringend an verschiedene Abnehmer
weiter.
Ferner
fuhr der Angeklagte einige [X.] vor [X.] 2010 zweimal im Auftrag des [X.]

in die Niederlande, wo er von dessen Lieferanten nach
Übergabe des [X.] Marihuana in [X.] von 5.000 und 5.500
Gramm mit einem Wirkstoffgehalt von jeweils mindestens 5
% THC übernahm. Das
Marihuana transportierte er jeweils nach [X.] und lieferte es

in einem Fall nach Entnahme einer Eigenbedarfsmenge

bei [X.]

ab.
II.
1.
Der Schuldspruch wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltrei-ben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer
Menge in zwei Fällen (II.
2.
c
der Urteilsgründe) ist nicht zu beanstanden. Insoweit hat die Nachprüfung des
Urteils auf Grund der [X.] keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
2.
Dagegen hält die Annahme von 50
selbständigen, [X.] Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge-3
4
5
6
-
6
-
ringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb von Betäubungsmitteln in den Fällen
II.
2.
b der Urteilsgründe einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Da sich die Ausführungshandlungen der
jeweils unmittelbar aufeinander
folgenden Marihuanageschäfte
teilweise überschneiden, sind die verschiedenen auf die jeweilige Handelsmenge bezogenen tatbestandlichen Bewertungseinheiten im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handel-treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verknüpft.
a)
Das [X.] ist bei seiner Bewertung der Konkurrenzen im recht-lichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass die Annahme von Tateinheit nur in Betracht kommt, wenn mehrere Tatbestandsverwirklichungen dergestalt objektiv zusammentreffen, dass die Ausführungshandlungen in einem für sämt-liche Tatbestandsverwirklichungen notwendigen Teil zumindest teilweise iden-tisch sind. Dagegen reichen ein einheitliches Motiv, die Gleichzeitigkeit von
Geschehensabläufen, die Verfolgung eines Endzwecks, eine Mittel-Zweck-Verknüpfung oder eine Grund-Folge-Beziehung nicht aus, Tateinheit zu be-gründen (vgl. [X.], Beschluss vom 25.
November 1997

5
StR
526/96, [X.]St 43, 317, 319; Urteil vom 16.
Juli
2009

3
StR
148/09, [X.], 97; vgl.
[X.] in LK, 12.
Aufl., §
52 Rn.
20 mwN). Eine Teilidentität der ob-jektiven Ausführungshandlungen bei den unmittelbar aufeinander
folgenden Umsatzgeschäften hat die [X.] indes zu Unrecht verneint.
b)
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne des §
29 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 BtMG ist jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln ge-richtete Tätigkeit (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
Oktober 2005

GSSt
1/05, [X.]St 50, 252, 256 mwN), wobei verschiedene Betätigungen, die auf die [X.] ein und desselben Güterumsatzes abzielen, eine tatbestandliche Be-wertungseinheit bilden (vgl. Weber, BtMG, 3.
Aufl., vor §§
29
ff. Rn.
487
ff. 7
8
-
7
-
mwN). Eine solche auf den gewinnorientierten Umsatz von Betäubungsmitteln ausgerichtete
Tätigkeit liegt auch darin, dass sich der Zwischenhändler zu der Örtlichkeit begibt, an welcher er von seinem Lieferanten eine zuvor abgespro-chene,
zur gewinnbringenden Weiterveräußerung bestimmte Betäubungsmittel-lieferung vereinbarungsgemäß übernehmen soll (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
September 1997

1
StR
472/97, [X.], 638; Urteil vom 20.
August 1991

1
StR
273/91, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltreiben
28; Weber
aaO §
29 Rn.
420). Das Aufsuchen des Lieferanten zur Abholung einer bereits zuvor verabredeten Lieferung zur Weiterveräußerung vorgesehener
Betäu-bungsmittel verwirklicht daher den Tatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln.
Dem

weit [X.] ([X.], Beschluss vom 26.
Oktober 2005

1
GSSt
1/05, aaO, 262)

Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
unterfallen aber nicht nur Handlungen, die unmittelbar der Beschaffung und der Übertragung von Betäubungsmitteln an Abnehmer dienen. [X.] er-fasst werden nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] vielmehr auch dem eigentlichen Betäubungsmittelumsatz nachfolgende Zah-lungsvorgänge, ohne dass danach differenziert wird, ob der Handelnde auf
Seiten des Abnehmers oder des Lieferanten tätig geworden ist (vgl. Urteile
vom 7.
Februar 2008

5
StR
242/07, [X.], 465; vom 17.
Juli 1997

1
StR
791/96, [X.]St 43, 158, 162; vgl. auch [X.], Beschlüsse vom 2.
Okto-ber 2002

2
StR
294/02, [X.], 75; vom 23.
Mai
2007

2
StR
569/06, [X.], 42, 43; vom 27.
Juni 2008

3
StR
212/08, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Konkurrenzen
7). So hat der [X.] bereits mehrfach ent-schieden, dass die Übermittlung des für eine Betäubungsmittellieferung zu ent-richtenden Geldbetrages vom Abnehmer zum Lieferanten
zum Handel gehört und den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln erfüllt (vgl. 9
-
8
-
[X.], Urteil vom 20.
März 1985

2
StR
861/84; Beschluss vom 5.
November 1991

1
StR
361/91, [X.], 161; Urteil vom 11.
Juli 1995

1
StR
189/95, [X.], 641;
Beschlüsse vom 17.
Mai 1996

5
StR
119/96, [X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltreiben
50; vom 21.
Mai
1999

2
StR
154/99,
[X.]R BtMG §
29 Abs.
1 Nr.
1 Handeltreiben
52; Urteil vom 7.
Februar 2008

5
StR
242/07 aaO).
c)
Der Senat entnimmt den tatsächlichen Feststellungen
des angefoch-tenen Urteils, dass die jeweils nächste ganz überwiegend zur gewinnbringen-den Weiterveräußerung bestimmte [X.] mit [X.]

bereits abge-
sprochen
war, als der Angeklagte sich zu [X.]

begab. Das Aufsuchen von
[X.]

diente
daher sowohl der Übermittlung des Entgelts für die vorangegan-
gene, als auch der Abholung der vereinbarten neuerlichen [X.]. In diesem Teilakt überschneiden sich die objektiven Ausführungshandlungen der jeweils unmittelbar aufeinander
folgenden Umsatzgeschäfte, was eine tat-einheitliche Verknüpfung sämtlicher auf die einzelnen Handelsmengen bezoge-nen tatbestandlichen Bewertungseinheiten des Handeltreibens im Wege der gleichartigen Idealkonkurrenz zu einer Tat des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zur Folge hat (vgl. [X.], Beschluss vom 22.
Januar 2010

2
StR
563/09, [X.], 97; offengelassen im Be-schluss vom 15.
Februar 2011

3
StR
3/11).
Durch das einheitliche Delikt des unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in
nicht geringer Menge nach §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG werden die [X.] verwirklichten, an sich rechtlich selbständigen 50
Taten des [X.] Erwerbs von Betäubungsmitteln gemäß §
29 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 BtMG zu einer Erwerbstat verklammert, sodass sich der Angeklagte in dem un-ter
II.
2.
b
der Urteilsgründe geschilderten Tatkomplex des unerlaubten Handel-10
11
-
9
-
treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit uner-laubtem Erwerb von Betäubungsmitteln schuldig gemacht hat.
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend, wobei nach §
260 Abs.
4 Satz
5 StPO davon abgesehen wird, die gleichartige Idealkonkurrenz in der Urteilsformel zum Ausdruck zu bringen. §
265 StPO steht der [X.] nicht entgegen, da sich der umfassend geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.
3.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der für die Ta-ten
II.
2.
b der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe. Die [X.] für die zwei Einfuhrtaten sind rechtsfehlerfrei und können bestehen bleiben. Einer Aufhebung der von der fehlerhaften [X.] Bewertung nicht beeinflussten
tatsächlichen
Feststellungen zu den Strafaussprüchen
bedarf es nicht. Ergänzende, zu der bisherigen nicht
in Widerspruch stehende Feststellungen durch den neuen Tatrichter bleiben mög-lich.
Mutzbauer
Cierniak
Franke

[X.]
Quentin
12
13

Meta

4 StR 418/12

25.04.2013

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.04.2013, Az. 4 StR 418/12 (REWIS RS 2013, 6272)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6272

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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