Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2004, Az. X ZR 12/03

X. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 345

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 7. Dezember 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

BGB § 320 Abs. 1

Eine von den Parteien eines Werkvertrages im Rahmen einer Zahlungsabrede vereinbarte Vorleistungspflicht des Bestellers, die diesen mit der Einrede des nicht erfüllten Vertrages ausschließt, erlischt, wenn die Werkleistung fällig wird.

[X.], [X.]. v. 7. Dezember 2004 - [X.] - [X.] - [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 7. Dezember 2004 durch [X.] [X.], [X.], die Richterin Mühlens und [X.] Meier-Beck und [X.] für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.]n wird das am 27. Dezember 2002 verkündete [X.]eil des 19. Zivilsenats des [X.] in [X.] aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die [X.] bestellte am 1. Dezember 2000 bei dem Kläger einen nach den Wünschen der [X.]n herzustellenden [X.] mit einer Lieferzeit von "max. 10 Wochen ab Bestelldatum", wobei hinsichtlich der Zahlung [X.] wurde, daß bei Anzeige der Lieferbereitschaft ein Scheck übergeben wer-den sollte, der nach Übergabe des [X.]s eingelöst werden sollte. Als der [X.] schließlich nach mehrmaliger Mahnung durch die [X.] am 9. April 2001 angeliefert wurde, übergab die [X.] dem Kläger einen auf - 3 - den 12. April 2001 vordatierten Scheck. Als der Kläger den Scheck am 18. April 2001 über seine Bank zur Zahlung vorlegte, wurde er nicht eingelöst, weil die [X.] den Scheck mit Schreiben vom 11. April 2001 gegenüber der [X.] hatte sperren lassen.
Der Kläger hat ein Vorbehaltsurteil erwirkt, das mit dem Schlußurteil des [X.] für vorbehaltlos erklärt worden ist. Die Berufung der [X.]n ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihr [X.] weiter. Der Kläger tritt dem entgegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision hat Erfolg; sie führt zur Aufhebung der angefoch-tenen Entscheidung sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungs-gericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen wird.
1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Parteien hätten bezüglich der Zahlung des [X.] für den [X.] eine Vorleistungspflicht der [X.]n und ein Aufrechnungsverbot vereinbart; deshalb sei auch ein Zu-rückbehaltungsrecht der [X.]n wegen Mängeln des gelieferten Werks aus-geschlossen. Die vereinbarte Klausel entspreche der im Handelsverkehr übli-chen Klausel "cash on delivery", die nach der Rechtsprechung des [X.] eine Vorleistungspflicht des Käufers und ein Aufrechnungsverbot enthalte. Die Vorleistungspflicht der [X.]n sei nicht dadurch entfallen, daß der Kläger mit der Lieferung des [X.]s in Verzug geraten sei. Zwar könne eine Vorleistungspflicht des Käufers entfallen, solange der Verkäufer - 4 - sich in Verzug befinde, dies gelte aber nicht, sobald der Verkäufer als Vorlei-stungsberechtigter seine eigenen vertraglichen Leistungsverpflichtungen vor-behaltlos anerkenne. Spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem der Kläger lieferbe-reit gewesen sei, sei die [X.] mit der durch Scheck zu bewirkenden [X.] vorleistungspflichtig gewesen.
2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Der Scheckschuldner, der dem Gläubiger im Grundgeschäft ein Zu-rückbehaltungsrecht oder die Einrede des nicht erfüllten [X.] kann, kann diesem regelmäßig auch bei einer Klage aus dem Scheck seine Einreden entgegenhalten, es sei denn, es ergibt sich aus den Umständen der Scheckbegebung etwas anderes. Da im Verhältnis zwischen den Vertragspar-teien die Annahme eines Wechsels oder die Ausstellung eines Schecks letztlich nur die Wirkung einer Umkehr der Beweislast hat, kann die Einrede des nicht erfüllten Vertrags grundsätzlich auch dem Wechsel- oder Scheckanspruch des anderen Teils entgegengehalten werden, sofern nicht die Erhebung der Einrede nach den Umständen gegen [X.] und Glauben verstößt, insbesondere des-halb, weil der Schuldner ausdrücklich oder konkludent auf die Einrede verzich-tet hat ([X.] 57, 292, 300 f.; [X.] 85, 346, 348 f.).
Die Feststellungen des Berufungsgerichts genügen nicht für seine An-nahme, es liege ein Verstoß gegen [X.] und Glauben vor.
b) Das Berufungsgericht hat sich bei der Auslegung der Zahlungsverein-barung der Parteien auf eine Entscheidung des [X.] vom 19. September 1984 (NJW 1985, 550) zu der im Handelsverkehr üblichen Klau-sel "cash on delivery" bezogen, nach der diese Klausel eine Vorleistungspflicht des Käufers und ein Aufrechnungsverbot enthalte. Dabei hat das Berufungsge-richt jedoch eine andere Formulierung der Auftragsbestätigung zugrunde ge-legt, als das [X.] sie festgestellt hat und als sie sich aus der Urkunde - 5 - ergibt. Dort heißt es, daß der Scheck nach - und nicht wie vom Berufungsge-richt bei seiner Auslegung zugrunde gelegt bei - Lieferung eingelöst wird.
Danach kann bereits zweifelhaft sein, ob sich die zitierte Rechtsprechung zu der Klausel "cash on delivery" auf den vorliegenden Fall übertragen läßt. Wie der [X.] in der genannten Entscheidung (aaO) ausgeführt hat, stellt die Klausel "cash on delivery" eine Barzahlungsabrede des Inhalts dar, daß die Geldleistungspflicht nur durch Barzahlung bzw. Überweisung oder eine diesen Zahlungsformen gleichgestellte Hingabe eines gedeckten Schecks erfüllt werden kann; er hat auf eine der Lieferung per Nachnahme vergleichbare Situation abgestellt (NJW 1985, 550 rechte Spalte). Wenn hier in der [X.] eine Einlösung des Schecks nach Lieferung vorgesehen war, so ist bereits zweifelhaft, ob dies einer solchen Barzahlung bei Lieferung gleichge-stellt werden kann.
Das Berufungsgericht hat aber jedenfalls bei seiner Vertragsauslegung den Sachverhalt nicht vollständig ausgeschöpft. Es hat nämlich nicht berück-sichtigt, daß die Parteien von dieser in der Auftragsbestätigung vorgesehenen Handhabung abgewichen sind, indem die [X.] nicht bereits bei Anzeige der Lieferbereitschaft, sondern, erst als der [X.] am 9. April 2001 an-geliefert wurde, einen zudem auf den 12. April 2001 vordatierten [X.] hat, den der Kläger am 18. April 2001 seiner Bank vorgelegt hat. Sind die Parteien danach einvernehmlich von der zuvor vereinbarten Klausel abge-wichen, so kommt es auf die Auslegung dieser Klausel nicht an, sondern dar-auf, welche Zahlungsmodalitäten die Parteien statt dessen in beiderseitigem Einvernehmen zugrunde gelegt haben. Dies hat das Berufungsgericht bei [X.] nicht in Betracht gezogen. Jedenfalls dieser Gesichtspunkt könnte einer Vorleistungspflicht der [X.]n entgegenstehen.
c) Das Berufungsgericht hat angenommen, die Vorleistungspflicht der [X.]n sei auch nicht dadurch entfallen, daß der Kläger mit der Lieferung - 6 - des [X.]s in Verzug geraten sei. Verzug des [X.] ergebe sich [X.] nicht nur aus der Vereinbarung der 10-wöchigen Lieferzeit, sondern auch aus den Mahnungen der [X.]n. Der Kläger habe aber seine Leistungsver-pflichtung nie in Abrede gestellt, so daß spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem er lieferbereit gewesen sei, die [X.] wieder mit der durch Scheck zu bewir-kenden Zahlung vorleistungspflichtig gewesen sei.
Das Berufungsgericht ist damit von einer sogenannten beständigen [X.] der [X.]n ausgegangen. Es hat jedoch nicht festgestellt, daß die Lieferpflicht von der Erfüllung der Verpflichtung der [X.]n abhän-gen sollte, was Voraussetzung für die Annahme einer beständigen Vorlei-stungspflicht ist ([X.], [X.]. v. 20.12.1985 - [X.], NJW 1986, 1164; [X.]. v. 11.07.1989 - XI ZR 61/88, NJW-RR 1989, 1356, 1357). Vielmehr ist das Be-rufungsgericht von der Fälligkeit der Lieferverpflichtung ausgegangen und hat sogar den Verzug des [X.] festgestellt. Eine einfache, nicht beständige [X.] der einen Partei im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags ent-fällt aber nach der Rechtsprechung des [X.] in dem Zeitpunkt, in dem die Gegenleistung fällig wird. Diese Rechtsfolge tritt unabhängig davon ein, ob der (früher) Vorleistungspflichtige die ihm obliegende Leistung [X.] nicht rechtzeitig erbracht hat ([X.], [X.]. v. 20.12.1985, aaO).
3. Das Berufungsgericht wird daher zunächst zu klären haben, ob nach Auslegung der Vereinbarung der Parteien eine Vorleistungspflicht und gegebe-nenfalls eine beständige Vorleistungspflicht der [X.]n begründet werden sollte. Ist dies nicht der Fall, so wird das Berufungsgericht nunmehr zu klären haben, ob die [X.] Mängel rechtzeitig gerügt hat und gegebenenfalls, ob diese Mängel vorliegen.

[X.] [X.] Mühlens
- 7 -
Meier-Beck [X.]

Meta

X ZR 12/03

07.12.2004

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.12.2004, Az. X ZR 12/03 (REWIS RS 2004, 345)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 345

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