Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.08.2016, Az. VII ZR 193/13

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 6295

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:250816UVIIZR193.13.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VII ZR 193/13
Verkündet am:

25. August 2016

Boppel,

Justizamtsinspektor

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 631 Abs. 1; VOB/B (2002) § 8 Nr. 2 Abs. 2
Das Gericht muss, wenn bei einem gekündigten Pauschalpreisvertrag der [X.] prüfbar abgerechnet hat, in die Sachprüfung eintreten, ob und in wel-cher Höhe die geltend gemachte [X.] berechtigt ist. Hat der Auf-traggeber
die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert bestritten, ist hierüber Beweis zu erheben ([X.] an [X.], Versäumnisurteil vom 13.
Juli
2006

VII
ZR
68/05, [X.], 1753 =
NZBau 2006, 637).
[X.], Urteil vom 25. August 2016 -
VII ZR 193/13 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25.
August
2016
durch den
Vorsitzenden Richter
Dr.
[X.], den
Richter Dr.
Kartzke und die Richterinnen [X.], Sacher
und Borris
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 3.
Zivilsenats des [X.] vom 28.
Mai 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der
W. &
T.
GmbH (im Folgenden: Schuldnerin).
Er fordert vom [X.] die Zahlung restlichen [X.]. Der [X.] beauftragte die Schuldnerin mit Generalunternehmervertrag vom 2.
März
2006 unter Einbeziehung der VOB/B
(2002) mit der Errichtung von vier Mehrfamilienhäusern in K.

zu einem Netto-pauschalpreis von 1.985.000

Im Vertrag ist
in §
4 unter anderem
folgende Regelung enthalten:
1
-
3
-
"Sofern sich während der Bauzeit die Höhe der gesetzlichen Mehrwertsteuer ändert, erstellt der [X.] für die bis zum Zeitpunkt der Mehrwertsteueränderung erbrachten und berechenbaren Teil-leistungen eine Abrechnung entsprechend den steuerlichen Vor-schriften. Für die nach diesem Zeitpunkt noch zu erbringenden Teilleistungen erfolgt die Berechnung der Mehrwertsteuer mit den "
Im Zeitraum von Juni
2006 bis April
2007 erbrachte die Schuldnerin ei-nen Großteil der vertraglichen Leistungen, bevor sie am 3.
April
2007 einen [X.] stellte. Der [X.] kündigte daraufhin am 11.
April
2007 den Vertrag mit sofortiger Wirkung. Am 1.
Juni
2007 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin eröffnet und der Kläger zum [X.] bestellt.
Die Parteien erstellten nach einer Begehung am 3.
Mai
2007 eine als "[X.]bericht"
überschriebene Liste, hinsichtlich derer streitig ist, ob [X.] lediglich den [X.] dokumentieren sollte oder eine Mängelliste dar-stellte. Der Kläger legte am 21.
Juni
2007 eine Schlussrechnung und am 17.
August
2010 eine korrigierte Schlussrechnung über die von der Schuldnerin erbrachten Leistungen vor, aus der er nach Abzügen für näher bezeichnete Mängel und der vom [X.] bereits geleisteten Zahlungen noch einen Be-trag in Höhe von 213.781,24

Das [X.] hat den [X.] unter Abweisung eines Teils der gel-tend gemachten Zinsen zur Zahlung in Höhe von 213.781,24

Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der [X.]
seinen Klageabweisungsantrag weiter.
2
3
4
5
-
4
-
Entscheidungsgründe:
Die Revision des [X.] führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht führt aus, die Schlussrechnungsforderung der Schuldnerin
sei inhaltlich schlüssig dargetan, ohne dass die in der Schluss-rechnung enthaltenen Aufmaße vom [X.] bestritten worden wären. Der [X.] habe klargestellt, dass allein Streit im Hinblick auf die seiner Meinung nach völlig überhöhten Einheitspreise bestehe, die nach seiner Überzeugung der damaligen Vertragskalkulation der Schuldnerin nicht zugrunde gelegen ha-ben könnten. Der [X.] wende sich damit gegen die inhaltliche Richtigkeit der vom Kläger zur Abrechnungsgrundlage gemachten Kalkulation, wobei er zur Begründung seiner Auffassung diverse Angebote verschiedener Firmen zu unterschiedlichen

jedoch nicht allen

Gewerken vorlege. Dieser Vortrag allein reiche nicht aus, um die sachliche Richtigkeit der klägerischen Kalkulation in Frage zu stellen. Zum einen verbiete sich, auf eine Addition preisgünstigerer Einzelunternehmer der jeweiligen Gewerke abzustellen. Zum anderen müsse der [X.] dann aber auch sämtliche und nicht nur einzelne Gewerke gegen-rechnen. Weiterer konkreter Vortrag des [X.] dazu, weshalb die klägeri-sche Kalkulationsgrundlage nicht zutreffe bzw. nicht angemessen sei, läge nicht vor, so
dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht veranlasst gewesen sei.
Über die vom Kläger anerkannten und berücksichtigten Ersatzvornahme-kosten für die Beseitigung von Mängeln in Höhe von insgesamt 34.820,28

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8
-
5
-
netto hinaus komme
ein weiterer Abzug von der Schlussrechnung durch Minde-rung gemäß §
13 Nr.
6 VOB/B bzw. im Wege der Aufrechnung mit Ansprüchen gemäß §
13 Nr.
5 Abs.
2 VOB/B (Ersatzvornahme) nicht in Betracht. Aufre-chenbare Schadensersatzansprüche des [X.] aus dem streitgegenständ-lichen Bauvorhaben seien nicht hinreichend substantiiert dargetan. Zwar könne der [X.] vom Kläger nach §
8 Nr.
2 Abs.
2 Satz
2 VOB/B grundsätzlich Schadensersatz wegen Nichterfüllung der infolge der Kündigung nicht ausge-führten Leistungen verlangen, das heißt insbesondere die Fertigstellungsmehr-kosten. Sein Sachvortrag hierzu sei jedoch nicht hinreichend substantiiert, denn er differenziere nicht zwischen [X.] einerseits und Mängel-beseitigungsarbeiten andererseits.
Der klägerischen Schlussrechnung sei entgegen der Auffassung des [X.] insgesamt ein Umsatzsteuersatz von 19
% zugrunde zu legen und nicht nur ein solcher von 16
%. Unstreitig sei die Baumaßnahme noch nicht einmal zum Zeitpunkt der am 11.
April
2007 ausgesprochenen Kündigung vertragsge-mäß hergestellt gewesen und damit nicht vor dem Stichtag des 1.
Januar
2007, der für die Höhe des in Ansatz zu bringenden [X.] maßgeblich sei. Die Schuldnerin habe vor diesem Stichtag auch keine Teilleistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ausgeführt.

II.
Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann dem Klä-ger der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zuerkannt werden.

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11
-
6
-
a) Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der [X.] im Hinblick auf den
von der Schuldnerin gestellten Insol-venzantrag gemäß §
8 Nr.
2 Abs.
1 VOB/B (2002) zur Kündigung des [X.] berechtigt gewesen ist (vgl. [X.], Urteil vom 7.
April
2016

VII
ZR
56/15, [X.]
2016, 1306 = NZBau
2016, 422

zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen; Urteil vom 16.
Juni
2016
VII
ZR
29/13, [X.], 1338
Rn.
25)
und der Schuldnerin lediglich ein Vergütungsanspruch für die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen nach §
631 Abs.
1 BGB zusteht.
b) Die Annahme des Berufungsgerichts, die Schlussrechnungsforderung sei inhaltlich schlüssig dargetan, wird von der Revision nicht angegriffen. Dies begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.
c) Rechtlich verfehlt ist dagegen die Auffassung des Berufungsgerichts, der [X.] habe die Richtigkeit der vom Kläger
zur Abrechnungsgrundlage gemachten Kalkulation nicht hinreichend bestritten. Nach der Rechtsprechung des [X.]
muss das Gericht, wenn bei einem gekündigten Pau-schalpreisvertrag der Auftragnehmer prüfbar abgerechnet hat, in die Sachprü-fung eintreten, ob und in welcher Höhe die geltend gemachte Werklohnforde-rung berechtigt ist. Hat der Auftraggeber die Richtigkeit der Schlussrechnung substantiiert
bestritten, ist hierüber Beweis zu erheben (st. Rspr.; vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 13.
Juli
2006
VII
ZR
68/05, [X.]
2006, 1753,
1754,
juris Rn.
9
= NZBau
2006, 637; Urteil vom 25. November 2004 -
VII ZR 394/02, [X.], 385, 386,
juris Rn.
22
= NZBau
2005, 147).
Entgegen der Auffas-sung des Berufungsgerichts ist für ein solches Bestreiten dagegen nicht zu ver-langen, dass der Auftraggeber eine vollständige Gegenrechnung vornimmt.
Danach hat der [X.] die inhaltliche Richtigkeit der vom Kläger er-stellten Schlussrechnung hinreichend bestritten. Er hat
unter Vorlage verschie-12
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14
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-
7
-
dener Angebote einzelner Handwerksunternehmer geltend gemacht, dass die für die erbrachten Leistungen angesetzten Einheitspreise überhöht seien. [X.] hat der [X.] den an ein substantiiertes Bestreiten zu stellenden Anfor-derungen genügt. Das Berufungsgericht war daher gehalten, über die vom Klä-ger geltend gemachte Forderung Beweis zu erheben.
2. Das Berufungsurteil kann danach nicht bestehen
bleiben. Es ist [X.] und die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Be-rufungsgericht zurückzuverweisen, um diesem die Gelegenheit zu geben, die erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

III.
Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:
1. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht die vom [X.] zur Aufrechnung gestellten Kosten für die [X.] und für die Mängelbe-seitigung
zurückgewiesen hat, ist auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht tragfähig. Die
vom Berufungsgericht geforderte Darlegung des Umfangs
der
Mängelbeseitigungskosten einerseits und der [X.] andererseits ist nur geboten, wenn
lediglich
die Vorausset-zungen für einen Anspruch des [X.] auf Ersatz der Fertigstellungsmehr-kosten
nach §
8 Nr.
2 Abs.
2 Satz
2 VOB/B
(2002), nicht
jedoch für einen [X.] auf Ersatz von Mängelbeseitigungskosten
nach §
13 Nr.
5 Abs.
2 VOB/B
(2002) vorliegen
(vgl. [X.], Urteil vom 8.
Oktober 1987

VII
ZR
45/87, [X.], 82, 83
f.,
juris Rn.
12
ff.).
Dies hat das Berufungsgericht bislang nicht festgestellt.

16
17
18
-
8
-
2. Das Berufungsgericht hat dem [X.] ferner zu Unrecht einen [X.] auf Abrechnung der bis zum 31.
Dezember 2006 erbrachten
Teilleistun-gen im Hinblick auf die Änderung des [X.] zum 1.
Januar
2007 versagt. Unabhängig davon, ob eine Teilleistungsvereinbarung
im Sinne des §
13 Abs.
1
Nr.
1a Satz
3 UStG vorliegt, kann sich ein solcher Anspruch des [X.] aus der vertraglichen Vereinbarung
mit der Schuldnerin
selbst erge-ben, wonach die bis zu einer Umsatzsteuererhöhung erbrachten Leistungen gesondert abzurechnen und lediglich die nach dem Stichtag erbrachten Leis-tungen dem geänderten Umsatzsteuersatz zu unterwerfen sind. Ob dem [X.] ein solcher vertraglicher Anspruch zusteht, hat das Berufungsgericht bislang nicht geprüft.

[X.]
Kartzke
[X.]

Sacher

Borris
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.06.2012 -
18 [X.]/09 -

O[X.], Entscheidung vom 28.05.2013 -
3 [X.]/12 -

19

Meta

VII ZR 193/13

25.08.2016

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.08.2016, Az. VII ZR 193/13 (REWIS RS 2016, 6295)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6295

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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23 O 984/09 (LG Schweinfurt)

Kein Anspruch auf Zahlung eines weitergehenden Werklohns


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VII ZR 193/13

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