Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2005, Az. V ZB 25/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4204

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[X.]BESCHLUSS [X.]/04 vom 6. April 2005

in dem Kostenfestsetzungsverfahren

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

ZPO § 46 Abs. 2, § 91 Abs. 1 und 2; [X.] § 61 Abs. 1 Nr. 1

a) Bei der [X.]ablehnung hat der Gegner der ablehnenden [X.] die Stellung eines Verfahrensbeteiligten. Die Entstehung und die Erstattung seiner Anwaltsgebühren im Beschwerdeverfahren richten sich deshalb nach allgemeinen Grundsätzen. Sie sind insbesondere nicht davon abhängig, daß der Anwalt einen Schriftsatz eingereicht hat.
b) Der im Hauptsacheverfahren tätige Anwalt ist in der Regel als beauftragt anzusehen, die [X.] auch im Beschwerdeverfahren einer [X.]ablehnung zu vertreten.

[X.], [X.]. v. 6. April 2005 - [X.]/04 - [X.]

LG Nürnberg-Fürth

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat am 6. April 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], die [X.] Prof. Dr. [X.], [X.], [X.] und die [X.]in [X.] beschlossen: Auf die Rechtsbeschwerde der Verfügungskläger wird der [X.]uß des 8. Zivilsenats des [X.] vom 20. April 2004 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des [X.] vom 30. Januar 2004 betreffend die Kosten des Beschwerdeverfahrens 8 W 1358/03 wird zurückgewiesen. Die Verfügungsbeklagten tragen die Kosten der Rechtsmittelverfahren. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt
602,85 .
Gründe:
[X.] In einem landgerichtlichen Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung lehnten die Verfügungsbeklagten den zur Entscheidung berufenen [X.] wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das [X.] wies das - 3 - Gesuch zurück. Die von den Verfügungsbeklagten eingelegte sofortige Beschwerde wurde den Verfahrensbevollmächtigten der Gegenseite durch das Gericht übersandt, die Verfügungskläger äußerten sich im Beschwerdeverfahren jedoch nicht. Durch [X.]uß vom 13. Mai 2003 wies das [X.] die sofortige Beschwerde zurück und erlegte den Verfügungsbeklagten die Kosten des Beschwerdeverfahrens auf. Auf Antrag der Verfügungskläger hat das [X.] mit [X.]uß vom 30. Januar 2004 die ihnen von den Verfügungsbeklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auf 602,85 nebst Zinsen festgesetzt. Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungsbeklagten hat das [X.] mit [X.]uß vom 20. April 2004 die Kostenfestsetzung aufgehoben und den Festsetzungsantrag der Verfügungskläger zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die von dem [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde der Verfügungskläger. I[X.] Das Beschwerdegericht meint, die von den [X.] zur Festsetzung angemeldeten Kosten seien nicht entstanden. Zwar falle die Gebühr nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 [X.] grundsätzlich bereits durch die Mitteilung der Beschwerdeschrift an, weil anzunehmen sei, daß der Anwalt anschließend geprüft habe, ob für seinen Auftraggeber im Beschwerdeverfahren etwas zu veranlassen sei. Dieser Grundsatz gelte jedoch nur in kontradiktorischen Verfahren und damit nicht bei der [X.]ablehnung. Der [X.] der ablehnenden [X.] könne sich an diesem Verfahren zwar beteiligen, infolge des fakultativen Charakters der Beteiligung müsse sie - 4 - jedoch durch Einreichung eines Schriftsatzes gegenüber dem
Beschwerdegericht zum Ausdruck kommen. II[X.] 1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Ihr steht nicht entgegen, daß dem angefochtenen [X.]uß ein Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zugrunde liegt, in dem die Rechtsbeschwerde wegen des durch die §§ 574 Abs. 1 Satz 2, 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO begrenzten Instanzenzugs auch im Fall ihrer Zulassung ausgeschlossen ist ([X.] 154, 102). Diese Begrenzung gilt nicht für das Kostenfestsetzungsverfahren, da es als selbständige [X.] mit einem eigenen Rechtsmittelzug ausgestattet ist (vgl. [X.], [X.]. v. 6. Mai 2004, [X.], [X.], 1136 sowie [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 542 [X.]. 9).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. a) Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des [X.], wonach der Anwalt eines Beschwerdegegners die Gebühr nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (entspricht Nr. 3500 VV-RVG) verdient, wenn er auftragsgemäß im Beschwerdeverfahren tätig geworden ist. Hierzu genügt grundsätzlich die Entgegennahme der von dem Gericht mitgeteilten Beschwerdeschrift, weil als glaubhaft gemacht angesehen wird, daß der Anwalt anschließend pflichtgemäß geprüft hat, ob etwas für seinen Mandanten zu veranlassen ist; die Einreichung eines Schriftsatzes ist nicht erforderlich ([X.], [X.] 1986, 1663; [X.], [X.] 1991, 687; [X.], [X.] 1994, 522; [X.], [X.] 1998, 190; [X.]/v.Eicken/[X.], [X.], 15. Aufl., § 61 [X.]. 8.). - 5 - b) Die Ansicht des [X.], abweichend von diesem Grundsatz entstünde für den Anwalt des Beschwerdegegners bei einer [X.]ablehnung die Gebühr gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 [X.] nur, soweit er im Beschwerdeverfahren schriftsätzlich hervortrete, hält demgegenüber rechtlicher Prüfung nicht stand. In Rechtsprechung und Literatur ist allerdings umstritten, unter welchen Voraussetzungen in diesem Fall eine erstattungsfähige anwaltliche Beschwerdegebühr entsteht. [X.]) Nach einer verbreiteten Auffassung stellt sich das [X.]ablehnungsverfahren als Streit einer [X.] mit dem Gericht dar, an dem die andere [X.] des Rechtsstreits formell nicht beteiligt ist. Für deren Prozeßbevollmächtigten bestünde deshalb in aller Regel keine Notwendigkeit zu prüfen, ob die sofortige Beschwerde der ablehnenden [X.] Anlaß zu einer Gegenäußerung gebe. Die Folgerungen, die aus der Einordnung der [X.]ablehnung als eines nicht-kontradiktorischen Verfahrens gezogen werden, sind unterschiedlich. Teilweise wird angenommen, daß eine Beschwerdegebühr nur anfällt, wenn die nicht ablehnende [X.] sich, etwa durch eine schriftsätzliche Äußerung, an dem Beschwerdeverfahren beteiligt ([X.] [X.] 1984, 566; [X.], [X.] 1989, 131; [X.], [X.] 1999, 362; KG, [X.] 2002, 227; [X.], [X.]report 2001, 120, 121). Andere verneinen die Anwendbarkeit der §§ 91 ff. ZPO auf das [X.]ablehnungsverfahren und damit die Erstattungsfähigkeit etwaiger auf Seiten des Beschwerdegegners entstandener Gebühren (BayObLG, [X.], 229; KG, Rpfleger 1962, 156; [X.], [X.] 1975, 235; [X.], [X.] 1975, 1216; [X.], Rpfleger 1983, 173; [X.], NJW-RR 1992, 510; [X.], [X.], 63; [X.], [X.] 1994, 627; [X.], [X.], 256; [X.], - 6 - [X.] 2002, 1092; [X.], Rpfleger 2000, 428; Musielak/Wolst, ZPO, 4. Aufl., § 97 [X.]. 2; [X.]/[X.]/[X.]/ [X.], ZPO, 63. Aufl., § 91 [X.]. 70; [X.], [X.] 1977, 1179, 1183) oder machen die Erstattungsfähigkeit davon abhängig, daß sich die [X.] an dem Beschwerdeverfahren beteiligt hat ([X.], [X.], 261; [X.], [X.] 1989, 131; [X.] NJW-RR 2002, 720) oder ausdrücklich zu einer Stellungnahme aufgefordert worden ist ([X.], [X.] 1989, 917) oder davon, daß das Beschwerdegericht ausnahmsweise eine Kostenentscheidung getroffen hat (KG, [X.] 1995, 252; [X.], [X.] 1985, 589 für die Kosten des Beschwerdeführers; [X.]/[X.], ZPO, 25. Aufl., § 91 [X.]. 13 —[X.]ablehnungfi; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 63. Aufl., § 91 [X.]. 70). [X.]) Die Gegenauffassung hält die Erwägungen über den nicht-kontradiktorischen Charakter des [X.]s für unbehelflich. Sie stellt darauf ab, daß dem [X.] im Beschwerdeverfahren rechtliches Gehör zu gewähren ist, weil die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch auch seine Belange berührt. Einige Vertreter dieser Auffassung machen die Entstehung der Beschwerdegebühr oder ihre Erstattungsfähigkeit ebenfalls von einer Beteiligung des Beschwerdegegners an dem Beschwerdeverfahren ([X.], NJW-RR 1986, 740; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 46 [X.]. 6) oder von der Notwendigkeit dieser Kosten ([X.]/[X.], ZPO, 26. Aufl., § 46 [X.]. 9) abhängig. Überwiegend wird aus dem Erfordernis, dem Beschwerdegegner rechtliches Gehör zu gewähren, allerdings der Schluß gezogen, daß eine Beschwerdegebühr nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 [X.] bereits anfällt, wenn der Prozeßbevollmächtigte des Beschwerdegegners nach Erhalt der Beschwerdeschrift pflichtgemäß geprüft hat, ob im Beschwerdeverfahren etwas für seinen Mandanten zu veranlassen ist ([X.], [X.]., - 7 - [X.] § 61 Nr. 57), und daß die Anwaltskosten nach den §§ 91 ff. ZPO erstattungsfähig sind ([X.], DJ 1979, 17; [X.], [X.] 1980, 1026; [X.], Rpfleger 1981, 408; [X.], Rpfleger 1989, 427; [X.], [X.] 1992, 310; OLG S[X.]rbrücken, [X.] 1992, 742; [X.]/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 46 [X.]. 10; [X.], [X.]., [X.] § 61 Nr. 43; vgl. auch [X.], [X.] 1994, 522). [X.]) Die zuletzt genannte Auffassung verdient den Vorzug. Das [X.]ablehnungsverfahren ist kein auf das Verhältnis zwischen der ablehnenden [X.] und dem Gericht beschränktes Verfahren. In ihm wird darüber befunden, ob der zuständige [X.] zur Entscheidung des Rechtsstreits berufen bleibt. Das berührt nicht nur die Interessen der ablehnenden [X.]. Ihrem Recht auf Bereitstellung eines unparteiischen [X.]s steht der Anspruch des Gegners auf den gesetzlichen [X.] (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) gegenüber, der bei Ersetzung eines tatsächlich nicht befangenen [X.]s verletzt wird ([X.] 89, 28, 37). Demgemäß ist heute anerkannt, daß die Frage, ob Befangenheitsgründe gegen die Mitwirkung eines [X.]s sprechen, die prozessuale Rechtsstellung beider [X.]en berührt und deshalb im [X.] beiden [X.]en rechtliches Gehör zu gewähren ist ([X.] 89, 28, 36; [X.], Urt. v. 15. Dezember 1994, [X.], NJW 1995, 1677, 1679). Aus dem Anhörungsgebot folgt zugleich, daß auch der Gegner der ablehnenden [X.] Beteiligter des [X.]s ist (so zutreffend [X.]/[X.], 2. Aufl., § 46 [X.]. 1; [X.]/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 46 [X.]. 3). Damit steht der nicht ablehnenden [X.] hinsichtlich ihrer Anwaltskosten ebenfalls die Stellung eines Verfahrensbeteiligten zu. Das ist auch sachgerecht. Ihr Recht, vor einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde angehört zu werden, verpflichtet den mit ihrer Interessenwahrnehmung beauftragten - 8 - Prozeßbevollmächtigten zu prüfen, ob die Beschwerdeschrift eine Gegenäußerung erfordert. Das gilt unabhängig davon, ob das Gericht ihm die Beschwerdeschrift lediglich mitteilt oder darüber hinaus zu einer Stellungnahme auffordert. Da der Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht zur Äußerung umfaßt (vgl. [X.] 89, 28, 35) und der Anwalt gehalten ist, dieses Recht seiner [X.] zu verwirklichen, muß er in jedem Fall prüfen, ob die Beschwerdeschrift eine Stellungnahme erfordert. Damit wird er auftragsgemäß im Beschwerdeverfahren tätig und verdient die Beschwerdegebühr des § 61 Abs. 1 Nr. 1 [X.]. Allerdings setzt die Entstehung dieser Gebühr voraus, daß der Anwalt mit der Vertretung im Beschwerdeverfahren beauftragt worden ist. Hiervon kann jedoch in der Regel ausgegangen werden, wenn der Anwalt die [X.] im Hauptsacheverfahren vertritt (a.A. [X.], [X.] 2001, 130, 132). Ergibt sich aus dem Auftragsverhältnis ausnahmsweise etwas anderes, beschränkt sich die Tätigkeit des Anwalts auf die Entgegennahme und Weiterleitung der Beschwerdeschrift an die [X.], wodurch eine Gebühr nicht ausgelöst wird (vgl. [X.], [X.] 1986, 1663, 1664; [X.], [X.] 1999, 362; Mümmler, [X.] 1991, 688; vgl. auch KG, [X.] 1995, 252). Ist hingegen von einer Beauftragung des Anwalts auszugehen, sind weder die Entstehung noch die Erstattung der Beschwerdegebühr von dem Nachweis eines besonderen Interesses oder einer erkennbar gewordenen Beteiligung am [X.] abhängig. Entsprechendes gilt für die Notwendigkeit der Anwaltsko- sten; sie wird durch § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO fingiert. [X.] - 9 - Der angefochtene [X.]uß war daher aufzuheben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden (§ 577 Abs. 5 ZPO), da weitere Feststellungen zur Entstehung der Beschwerdegebühr nicht erforderlich sind. Daß die Prozeßbevollmächtigten der Verfügungskläger mit deren Einverständnis im Beschwerdeverfahren tätig waren, ergibt sich aus der Erhebung der Rechtsbeschwerde. Eine Kostengrundentscheidung zu Lasten der Verfügungsbeklagten ist in dem [X.]uß über die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs vom 13. Mai 2003 enthalten. Das führt zur Wiederherstellung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des [X.]s. V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. [X.]

Klein

Schmidt-Räntsch

Stresemann

Meta

V ZB 25/04

06.04.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.04.2005, Az. V ZB 25/04 (REWIS RS 2005, 4204)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4204

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